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Krieg und Frieden
Zum folgenden Artikel "Friedenswinter am Ende" von Dietrich Schulze
Das Geschäft der anderen Seite
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Am 23.04.2015 ist in der NRhZ ein Artikel von Dietrich Schulze erschienen. Er ist überschrieben mit dem Titel "'Friedenswinter' am Ende – Solidarität mit Monty Schädel (DFG-VK) – für Neustart der Friedensbewegung". Das in das erste Bild eingeblendete Motto geht noch weiter. "Friedenswinter macht kaputt und ist am Ende" lautet es. Der Autor Dietrich Schulze behauptet, seine Darstellung sei begründet und belegt. Doch eine Analyse zeigt, dass dem nicht so ist. Eher drängt sich der Verdacht auf, dass mit dem Artikel das Geschäft der anderen Seite betrieben wird. Wir gehen dem Verdacht nach und erhalten einen Einblick, inwieweit die herrschenden Kräfte "linke" Organisationen und die Friedensbewegung im Griff haben. Auch NRhZ-Autorin Evelyn Hecht-Galinski steht voll und ganz hinter den hier vorgetragenen Positionen.


Von einer breiten Medienfront torpedierte und dennoch erfolgreiche Friedenswinter-Aktion am 13.12.2014 in Berlin vor Schloss Bellevue, dem Sitz von Bundespräsident Gauck, mit Eugen Drewermann: „Und Pfarrer auf der Kanzel – Herr Gauck! Wenn sie wieder kommen und dir sagen, du sollst die Waffen segnen und den Krieg rechtfertigen – Pfarrer auf der Kanzel, sag NEIN!“ (Foto: arbeiterfotografie.com)

Dietrich Schulze schreibt: „Zum Jahre 70 der Befreiung von Faschismus und Krieg hat der Geschäftsführer der DFG-VK, Monty Schädel, einen bedeutenden Beitrag geleistet. Er hat sich klar für die Beendigung eines nach rechts offenen Antimilitarismus in Gestalt des 'Friedenswinter' ausgesprochen.“

Halt! Stopp! Von einem nach rechts offenen Antimilitarismus in Gestalt des "Friedenswinter" ist die Rede. Das ist eine bösartige, unbelegte Behauptung. Zudem ist der Begriff "rechts" nicht definiert. Es gibt in der Linken Rechte, die bis hinein in die Atlantikbrücke organisiert sind, und die offen "Antideutschen". Sind die gemeint? Die SPD ist überwiegend rechts. Ist die gemeint? Ist die CDU gemeint? Oder ist nur die von Geheimdienstkräften durchsetzte Neonazi-Szene gemeint?

Dietrich Schulze schreibt, Monty Schädel habe der TAZ ein Interview gegeben.

Halt! Stopp! Die TAZ ist ein Organ aus dem Spektrum der Herrschaftsmedien, die Feindbilder schüren und damit zum Krieg aufstacheln. Einer solchen Zeitung ein Interview zu geben, ist bedenklich. Wenn Kriegshetze rechts ist, dann ist die TAZ eine "rechte" Zeitung. Wie sieht es hier mit der Abgrenzung nach rechts aus? Fehlanzeige!

Das ist die Querfront

Dietrich Schulze schreibt, Monty Schädel habe in dem TAZ-Interview, das am 14.3.2015 erschienen ist, „die Zusammenarbeit der Friedensbewegung mit den von Neonazis durchsetzten Mahnwachen unmissverständlich zurückgewiesen“.

Halt! Stopp! Von Neonazis durchsetzt? Das transportiert eine perfide, unbelegte Behauptung, mit der das Friedenswinter-Bündnis diskreditiert wird. Es fehlt jeder Gedanke daran, dass die von Geheimdiensten durchsetzen Neonazi-Organisationen dazu dienen, für die Herrschenden gefährliche Initiativen zu diskreditieren, indem als Neonazis bekannte Personen eingeschleust werden. Bereits im April 2014 hatte Jutta Ditfurth, die seit Jahren systematisch Front macht gegen Kritiker des US-Imperialismus, sich den Herrschaftsmedien zur Verfügung gestellt und versucht, den Montagsmahnwachen pauschal den Stempel "neu-rechts" aufzudrücken. Am 16.3.2015, zwei Tage nach Erscheinen des TAZ-Interviews, hat Ken Jebsen, der sich mit dem Frontalangriff auf Friedenswinter und Montagsmahnwachen angesprochen gefühlt haben musste, die Rolle so genannter "linker" Medien wie der TAZ und mit ihnen kollaborierender Personen charakterisiert: „Das ist der Feind. Das ist die Querfront. Die Querfront heißt heute TAZ. Das ist die Querfront. Die Querfront heißt heute Jutta Ditfurth oder Monty Schädel.“ Das sind deutliche, harte Worte. Aber sie treffen den Kern des Problems. Das Problem ist, wenn Funktionsträger, die sich der Linken oder der Friedensbewegung zurechnen, sich in einer Front mit den Herrschenden bewegen.

Faschismus, der sich als Antifaschismus tarnt

Dietrich Schulze zitiert aus Ken Jebsens Rede vom 16. März die wiedergegebenen Sätze über die reale Querfront. Er zitiert Ken Jebsens Worte über dessen Erfahrungen mit "verkleideten Linken, die sich für Antifa ausgeben, aber die NATO-Schergen sind", von denen er mehrfach angegriffen worden sei. Und auch Ken Jebsens Satz "Denn der Faschismus kommt natürlich, indem der sagt: Das ist der Antifaschismus." gibt Dietrich Schulze wieder, um dann zu resümieren: "Das ist an hetzerischer Selbstentlarvung schwer zu überbieten."

Halt! Stopp! Dietrich Schulze wirft einem der Wenigen, die das Spiel der Herrschenden durchschauen, "hetzerische, schwer zu überbietende Selbstentlarvung" vor. Das ist diffamierend. Dietrich Schulze könnte vielleicht – wenn er Ken Jebsen nicht zu verstehen in der Lage sein sollte – erklären, was er nicht versteht. Die Aussage über den Faschismus, der sich als Antifaschismus tarnt, ist bittere Realität. Sie erinnert an das Adorno-Zitat „Ich habe keine Angst vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten.“ Die den faschistoiden US-Imperialismus und den Rassismus Israels deckenden, als "Demokraten" auftretenden Kräfte dominieren nicht nur Bundestag und Regierung, sie treiben ihr übles Spiel auch in der Linken und in der Friedensbewegung – darunter auch diejenigen, die sich Antifa nennen.

Dietrich Schulze erwähnt positiv den Anti-Friedenswinter-Beschluss der VVN-BdA vom 29. November 2014. Dabei ist es nicht schwer zu erkennen, was es mit diesem Papier auf sich hat. Die Formulierungen aus dem Propaganda-Arsenal des US-Imperialismus sind nicht zu übersehen. Ein VVN-Mitglied erkennt: „In diesem Papier wurden die 'Mahnwachen für den Frieden', obwohl sich etliche ihrer führenden VertreterInnen eindeutig antifaschistisch positionieren, pauschal der Rechten zugeordnet und ihnen eine 'platte Art von Kapitalismus- und Imperialismus-Kritik', 'simple antiamerikanische Ressentiments und undifferenzierte Pro-Russland-Haltung', 'einseitige Israel-Schelte', eine 'allgemeine Eliten-Kritik mit Schwerpunkt auf Banken, Politiker und Medien' vorgeworfen – eine Argumentation…, die direkt aus dem Arsenal der in der Tat eindeutig pro-imperialistischen Antideutschen stammen könnte.“ Die VVN diffamiert in ihrer Erklärung zudem Ken Jebsen als Antisemiten und bewegt sich damit in einer Front mit Henryk M. Broder, der für den dem US-Imperialismus verpflichteten Springer-Konzern tätig ist und mit seinen unhaltbaren Antisemitismus-Vorwürfen dazu beigetragen hat, dass Ken Jebsen seinen Job als Moderator beim RBB verloren hat. Es ist kaum denkbar, dass ein intelligenter Kopf wie Dietrich Schulze das alles nicht weiß oder nicht erkennt.

Auf der Welle derer, die Kritiker des US-Imperialismus als "rechts" diffamieren

Dietrich Schulze zitiert Monty Schädel aus einem am 21.03.2015 in der Tageszeitung "junge Welt" erschienenen Interview mit dem Satz: „Wir müssen uns ständig gegen alles Mögliche, gegen Pegida und Endgame, gegen Elsässer und andere Rechte abgrenzen...“ Monty Schädel greift darin das Vokabular von Jutta Ditfurth auf und diffamiert Endgame als "neu-rechts". Dietrich Schulze kennt sicher auch die Äußerungen Monty Schädels bei den Ostermärschen in Berlin und Hamburg. Beim Ostermarsch in Hamburg am 6.4.2015 formulierte Monty Schädel einen ähnlich desorientierenden Satz: „Egal ob Front National, Flams Block, NPD, DIE RECHTE, die AFD oder auch bei Pegida, Pegada, Endgame, die können noch soviel vom Frieden reden, die gehören nicht zur Friedensbewegung.“ Es ist eindeutig falsch, Kräfte aus dem rechten Spektrum und eine Initiative wie Endgame in einen Topf zu werfen. Die "Engagierten Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas" (abgekürzt Endgame) sind eine Initiative, die als Gegenpol zu den Demagogen von Pegida ("Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes") entstanden ist und die den Blick statt auf die Pseudo-Bedrohung durch den Islam auf die reale Bedrohung durch den US-Imperialismus richtet.

Es gehört zur Strategie des US-Imperialismus, diejenigen, die in den USA und ihren Vasallen die eigentlichen Schurkenstaaten sehen und öffentlichkeitswirksam deren Kapital-Verbrechen als die größte Bedrohung für die Menschheit ins Blickfeld rücken, als "rechts" verunglimpfen zu lassen. Es ist bedauerlich. Aber wir müssen erkennen: der Artikel von Dietrich Schulze operiert in dieser Richtung, und er torpediert Bestrebungen in Richtung Stärkung und Verbreiterung der Bewegung gegen laufende und drohende Kriege. Es ist ein Artikel, der auch in der TAZ oder Springers WELT erschienen sein könnte. Das verdient keine Solidarität sondern scharfe Kritik.


Artikel von Dietrich Schulze:

Solidarität mit Monty Schädel (DFG-VK) für Neustart der Friedensbewegung
"Friedenswinter“ am Ende
NRhZ Nr. 507 vom 23.04.2015
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21545


Weitere Hinweise:

Entgegnung auf einen "Debattenbeitrag" von Leander Sukov in "junge Welt"
Im Irrgarten imaginierter Querfronten
Von Klaus von Raussendorff
NRhZ Nr. 508 vom 29.04.2015
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21568

Ostermärsche im Friedenswinter 2014/15
Das Imperium im Kampf gegen die Friedensbewegung
NRhZ Nr. 505 vom 08.04.2015
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21490

Zur Debatte um die "Engagierten Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas"
"Mir fallen da nur Stalin und Pol Pot ein"
NRhZ Nr. 504  vom 01.04.2015
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21460

Hannover: Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas (Endgame)
Das Spiel ist aus
NRhZ Nr. 502 vom 18.03.2015
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21428

Es herrscht Krieg
Betrachtung zu den Ereignissen bei Endgame am 21.2.2015 in Halle
NRhZ Nr. 501 vom 11.03.2015
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21402

Debatte um den Appell der Arbeiterfotografie zum Jahreswechsel 2014/15
Klar und gut – genial – lesenswert – verkommen
NRhZ Nr. 495 vom 28.01.2015
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21248

2015 zu einem Jahr der Befreiung machen!
Appell des Bundesverbands Arbeiterfotografie zum Jahreswechsel 2014/15
NRhZ Nr. 491 vom 31.12.2014
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21159

Gemeinsamer Start in den Friedenswinter 2014/2015
Die Friedensbewegung lebt auf
NRhZ Nr. 489 vom 17.12.2014
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21106

Online-Flyer Nr. 508  vom 27.04.2015



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