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Aktueller Online-Flyer vom 24. November 2024  

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Medien
Programmbeschwerde bei ARD wegen Tendenzberichterstattung:
Für die Tagesschau gilt zweierlei Maß
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Die ehemaligen NDR-Mitarbeiter Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam haben dem ARD-Intendanten und der NDR-Rundfunkratsvorsitzenden eine begründete Programmbeschwerde wegen der schrägen, einseitigen und propagandistischen Syrien- und Nahostberichterstattung in Tagesschau  und Tagesthemen vorgelegt. Klinkhammer war früher Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und zeitweise Vorsitzender des Betriebsgewerkschaftsverbandes von ver.di im NDR, Bräutigam zehn Jahre lang Redakteur in der Tagesschau, später wie Klinkhammer Gewerkschaftsvorsitzender und schließlich in der Kulturredaktion von N3, verließ den NDR allerdings 1996....

 



Dagmar Pohl-Laukamp Vorsitzende des NDR-Rundfunkrats                
ARD-Intendant Lutz Marmor       
NRhZ-Archiv
                
                                       

Programmbeschwerde wg. Nachrichtenunterdrückung, u.a. Krankenhaus/Vorwurf gegen Russland und saudi-arabisches Bombardement auf Krankenhaus im Jemen 

Sehr geehrte Frau Pohl-Laukamp,

Sehr geehrter Herr Marmor, 

ARD-aktuell hat es erneut unterlassen, über wichtige Ereignisse im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen im Nahen Osten zu informieren und damit seine im Staatsvertrag festgelegten Aufgaben zu erfüllen.  Wir nennen pars pro toto: 

1.

Am 26.10. 15 bestellte das russische Verteidigungsministerium in Moskau die Militärattachés sämtlicher NATO-Mitgliedsstaaten ein, voran den der USA sowie den Militärattaché der Türkei. Bei diesem in der Diplomatie höchst ungewöhnlichen Vorgang verlangte Vize-Verteidigungsminister Anatoli Antonow ultimativ Beweise für die im Westen verbreitete Behauptung, die russische Luftwaffe habe in Syrien ein Krankenhaus bombardiert (auch ARD-aktuell hatte sich in dieser Gerüchteküche bewegt, s. dazu unsere gesonderte Programmbeschwerde vom 23.10.15 wg. Falschberichterstattung). 

Minister Antonow unterrichtete auf einer Pressekonferenz über den diplomatischen Vorstoß. Die Nachrichtenagenturen zitierten Antonow: „Sollte die US-geführte Koalition innerhalb der nächsten Tage keine Beweise für die angeblichen russischen Luftschläge gegen Krankenhäuser und Zivilobjekte in Syrien liefern, wird Russlands Außenministerium diese Beschuldigungen als bewusste Falschmeldungen betrachten. Wir haben heute (...) dazu aufgerufen, eine offizielle Begründung der davor gemachten Aussagen zu geben, oder ein Dementi zu liefern.“ Es sei bedauernswert, dass „einige offizielle Persönlichkeiten und Politiker einer ganzen Reihe von Ländern derartige Äußerungen von sich geben“. Moskau sei der Meinung, dass einige Tage ausreichen sollten, um Beweise oder Dementis für die angeblichen Opfer unter der Zivilbevölkerung und die Luftschläge gegen syrische Zivilobjekte, darunter Moscheen, Krankenhäuser und Schulen, zu liefern. "Falls jedoch keine Beweise vorgelegt werden oder offizielle Dementis erfolgen sollten, gehen wir davon aus, dass diese antirussischen Lügenmeldungen ein Teil des Informationskriegs gegen Russland sind." 

Es entbehrt nicht einer immanenten propagandistischen Logik, dass ARD-aktuell sich zwar aktiv an der Verbreitung der Gerüchte beteiligt hatte, aber es unterließ, darüber zu informieren, dass Moskau nun auf internationaler Bühne Beweisführung für solche Beschuldigungen verlangt – und dass nicht Moskau allein von Lügenmeldungen auszugehen hat, wenn solch eine Beweisführung nicht erfolgen kann. Darin, dass ARD-aktuell zwar problematische „Informationen“ über das angebliche Krankenhaus-Bombardement verbreitete, nicht aber Nachrichten über Russlands Verlangen nach Beweisführung oder Dementi, ist ein weiterer Fall tendenziöser Nachrichtengebung zu erkennen und ein Fall gezielter Nachrichtenunterdrückung. 

 


ARD-Chefredakteur Dr. Kai Gniffke
Quelle: http://blog.tagesschau.de

 

Falls ARD-Chefredakteur Dr. Gniffke wider Erwarten doch über gesicherte und objektiv zutreffende Erkenntnisse verfügt und nachweisen kann, dass die russische Luftwaffe tatsächlich ein syrisches Krankenhaus bombardierte, schlagen wir gem. § 13 Staatsvertrag  vor, ihn diese Beweise im Rahmen eines eigenen Blocks in der Tagesschau vorlegen zu lassen; falls er nichts belegen kann, sollte er veranlasst werden, die Bombardement-Berichte im Rahmen der Sendungen von Tagesschau und Tagesthemen zu dementieren. Für die ARD ergäbe sich damit eine wirksamere Darbietung, verlorenes Vertrauen des Publikums zurückzugewinnen, als bei den als „Faktenchecks“ ausgegebenen aufwändigen Selbstinszeierungen der Intendanten. 

2.

In der Nacht vom 26.10. auf den 27.10. 15 bombardierte das von Saudi-Arabien angeführte Bündnis in der jemenitischen Provinz Sadaa ein Krankenhaus der Organisation "Ärzte ohne Grenzen“ mehrmals und legte es vollständig in Trümmer. Über dieses von der Ärzteorganisation - von Riad bestrittene - sofort mit Videodokumentation bewiesene Bombardement – Angriffe auf Krankenhäuser sind Kriegsverbrechen – berichteten zwar die Agenturen. Nicht aber ARD-aktuell (aber erfreulicherweise NDR-Info). Ein klarer Fall von Nachrichtenunterdrückung, wie wir meinen. 

Provokative Frage: Erachtet Dr. Gniffke die Saudis, Verbündete des Westens und Empfänger von Wohltaten der Berliner Regierung sowie der deutschen Rüstungsindustrie, als die „Guten“, über deren Untaten und Verbrechen tunlichst hinweggeschwiegen werden sollte? 

Erlauben Sie bitte noch eine Nachbemerkung zu dem Schreiben, mit dem Dr. Gniffke unsere vorige Programmbeschwerde über Tendenzberichterstattung zurückwies: Er macht darin das frappierende Eingeständnis, die Lage in Syrien sei „mehr als unübersichtlich“, die Angaben der „syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ seien deshalb  „... von unabhängiger Stelle nicht zu überprüfen“.  Ach ja? Aber Tagesschau und Tagesthemen versenden die dubiosen Informationen dieser „Beobachtungsstelle" mit Sitz in einem Londoner Hinterhof trotzdem? Auf die Gefahr hin, propagandistischen Gerüchten aufzusitzen und das eigene Millionenpublikum an der Nase herumführen zu lassen? 

Wir hätten für Herrn Marmor statt der Beobachtungsstelle einen Alternativorschlag im Blick: Es gibt sie ja, die unabhängigen deutschen Journalisten, die sich in Syrien-Fragen hervorragend auskennen und auch schon im öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgetreten sind: z. B. Karin Leukefeld oder Michael Lüders. Denen sind in ihrer Korrespondententätigkeit in Bezug auf Syrien solche Fehlleistungen nicht unterlaufen. Sie haben aber vermutlich ein Manko: Sie schreiben nicht USA- und regierungsfromm und überdies für eher linke Publikationen. In unseren Systemmedien, ganz besonders in ARD-aktuell, herrscht aber der hierzulande übliche Rechtsverkehr. Schade, nicht? 

Mit besten Grüßen
Volker Bräutigam 

[Die ursprüngliche Nachricht wurde nicht vollständig eingefügt.] (PK)

 



Online-Flyer Nr. 535  vom 04.11.2015



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