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Globales
Betrachtung in der Imperialismus-Frage
Der Hauptfeind steht im eigenen Land
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Ist das richtig? Steht der Hauptfeind im eigenen Land? Keine Frage: ja, das ist richtig. Hauptfeind – das ist ein von Karl Liebknecht 1915 genutzter Begriff. Wenn auch wir diesen Begriff verwenden wollen, dann ist klar, was zu sagen ist: unser Hauptfeind ist derjenige, von dem die Hauptbedrohung für unser aller Leben ausgeht. „Wie lange noch sollen die Glücksspieler des Imperialismus die Geduld des Volkes missbrauchen? Genug und übergenug der Metzelei! Nieder mit den Kriegshetzern diesseits und jenseits der Grenze“, fordert Karl Liebknecht. Unser Hauptfeind ist diejenige Kraft, von der die Hauptkriegsgefahr auf unserem Globus ausgeht – eine Gefahr, die auch uns bedroht. Der Hauptfeind steht im eigenen Land. Es ist das Imperium, das fast die ganze Welt mit Militärbasen überzogen hat – wie in Deutschland – und sie zur Führung von Angriffskriegen einsetzt. Eine davon ist Ramstein.


Berlin, 21.5.2002
Foto: arbeiterfotografie.com

Steht der Hauptfeind im eigenen Land? Keine Frage: das ist richtig. Er steht an der Spitze Deutschlands. Er hat verschiedene Namen. Merkel und Gauck lauten sie zurzeit. Sie beschwören die Verbundenheit mit dem US-Imperium – darunter auch die Verbundenheit mit einem rassistischen Staat, der systematisch seit Jahrzehnten für Unterdrückung und ethnische Säuberung in Palästina verantwortlich ist. „Es ist ein gemeinsames Verständnis von Freiheit in Verantwortung. Dafür treten wir in der einzigartigen transatlantischen Partnerschaft und in der Wertegemeinschaft der Nato ein.“ So drückte es Angela Merkel 2009 in Washington aus. Der militärische Hauptarm des US-Imperiums, die NATO, sei „viel mehr als ein militärisches Bündnis. Sie ist eine Wertegemeinschaft“. So sagte es die Bundeskanzlerin bereits 2006 in Washington. Die „transatlantische Partnerschaft“ zwischen den USA und seinem Vasall, die „deutsch-amerikanische Freundschaft“ sei und bleibe das „essenzielle strategische Bündnis unserer Tage“. So sagt es der zweite Atlantiker an der Spitze Deutschlands, Joachim Gauck, am 6. Oktober 2015 in Philadelphia/USA. Der Hauptfeind steht im eigenen Land. Es sind die Agenten der anglo-amerikanischen Machtelite. Es sind diejenigen Kräfte, die sich dem US-Imperium verkauft haben.

Steht der Hauptfeind im eigenen Land? Keine Frage: das ist richtig. Es ist das Kapital, das in Deutschland die Fäden zieht. Erst wenn die Macht des Kapitals gebrochen ist, bestehen Chancen, eine gerechte und friedliche Gesellschaft entstehen zu lassen. Lenin spricht von der „Unmöglichkeit die Kriege abzuschaffen, ohne die Klassen abzuschaffen“. Wo zeigt sich die herrschende Klasse – das Kapital? Das sind die großen Konzerne, Banken und die anderen Organisationen des Finanzkapitals. Dazu zählt zum Beispiel die Deutsche Bank. Aber was hat es für eine Bewandtnis mit dieser Deutschen Bank? Sie ist weder deutsch noch eine Bank – erkennt Werner Rügemer. Die Fassade dieser Bank steht in Deutschland in Frankfurt am Main. Aber sie ist eine „Vorfeldorganisation mehrerer Hedgefonds mit mafiaähnlicher Doppelstruktur, eine globale Vorfeldorganisation für ausländische und auch ein paar deutsche Investoren. Die Deutschheit der letzteren drückt sich u.a. in einem Wohnsitz in Florida und darin aus, dass sie in Deutschland keine Steuern bezahlen.“ Der Hauptfeind steht im eigenen Land. Es ist das ausländische Kapital, das in Deutschland Wirtschaft und Finanzwelt durchdrungen hat und damit beherrscht.

Geht vom "deutschen" Imperialismus die Hauptkriegsgefahr aus?

Nun gibt es die These, dass unser Hauptfeind der "deutsche" Imperialismus sei. Stimmt das? Geht vom "deutschen" Imperialismus die Hauptkriegsgefahr aus? Ist das global operierende Kapital in erster Linie national? Ist es – was Deutschland betrifft – "deutsch"? „Das 20. Jahrhundert ist der Wendepunkt vom alten zum neuen Kapitalismus, von der Herrschaft des Kapitals schlechthin zu der Herrschaft des Finanzkapitals“, hat Lenin spätestens 1916 erkannt. Ist dieses Finanzkapital zuvorderst "deutsch"? Ist das in Deutschland dominierende Kapital "deutsch"? Und ist es "deutsches" Kapital, das den imperialistischen Charakter deutscher Politik dominiert? Wir haben erkannt: NEIN! Wer also ist unser Hauptfeind? Keine Frage: das ist derjenige Imperialismus, dessen Ziel es ist, mittels des Militärapparats der USA und ihrer Vasallen in der NATO die Welt zu dominieren.

Seit wann ist das so? Wie war das zum Beispiel in den 1930er Jahren? Wer hat in Deutschland den Faschismus an die Macht gebracht? Wer hat Deutschland in den Zweiten Weltkrieg geführt? War es in erster Linie das "deutsche" Kapital? Es war ein gewisser Kurt Freiherr von Schröder, ein Bankier, der in seiner Kölner Villa am 4. Januar 1933 der Machtübernahme Hitlers den Weg bereitete. Doch wer war dieser Kurt Freiherr von Schröder? Er war der Verbindungsmann zu britischem und US-amerikanischem Kapital. Insbesondere agierte er für den US-amerikanischen Konzern ITT, ohne dessen Informationstechnologien Hitlers Blitzkriege, die Transportplanungen im besetzten Europa und die Judenerfassung kaum möglich gewesen wären. (siehe "Wer war Kurt Freiherr von Schröder?" in NRhZ 479 vom 08.10.2014 bzw. "US-NS-Verbindungsmann Kurt Freiherr von Schröder" in NRhZ 544 vom 06.01.2016) Und wie lief die Finanzierung der Kriegsmaschinerie der Nazis? Sie lief ganz wesentlich über die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ – eine Bank mit Sitz in Basel und einem US-Banker an der Spitze. (siehe "Wie eine US-geführte Bank den Faschismus finanzierte" in NRhZ 511 vom 20.05.2015)

Wie sieht es also aus mit der These, dass unser Hauptfeind der "deutsche" Imperialismus sei? An dieser Frage scheiden sich in der "Linken" die Geister. Wer den US-Imperialismus ins Blickfeld rückt, wird als "rechts" gebrandmarkt. Doch: der US-Imperialismus hat den "deutschen" Imperialismus weitgehend ausgeschaltet. Immer noch schreitet dieser Prozess voran. 9/11 und die anderen False-Flag-Operationen dienen der Stärkung des US-Imperiums. Ratingagenturen, TTIP und all die anderen Instrumente des Finanzkapitals dienen der Stärkung des US-Imperiums – nicht umgekehrt. Der "deutsche" Imperialismus entwickelt sich zunehmend zur Randerscheinung der Geschichte. „Der Imperialismus ist die Epoche der fortschreitenden Unterdrückung der Nationen der ganzen Welt durch eine Handvoll 'Groß'mächte...“, schreibt Lenin 1915 in "Sozialismus und Krieg". Was aber ist, wenn aus der Handvoll von Großmächten eine einzige Großmacht geworden ist, die die Welt weitgehend beherrscht? Ist der "deutsche" Imperialismus dann trotzdem – immer noch – unser Hauptfeind?


Veröffentlichung aus der Quartalsschrift DAS KROKODIL, Ausgabe 15 (Dezember 2015) – Grundsatzschrift über die Freiheit des Denkens – bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch. (PK)



Mehr dazu und wie es sich bestellen lässt, hier: http://www.das-krokodil.com/



Online-Flyer Nr. 545  vom 13.01.2016



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