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Wirtschaft und Umwelt
Bundesamt für Bauwesen (BBR) muss Urbanität am Kulturforum öffentlich realisieren!
PPP-Museum der Moderne Berlin?
Von Ulrike von Wiesenau
Das Museum der Moderne am Kulturforum ist Berlins neues Prestigeprojekt. Das geplante Museum, das die Berliner Kunst des 20. Jahrhunderts und drei Sammlungen von privaten Mäzenen zusammenführen soll, ist das spannendste und herausforderndste Kultur-Bauprojekt der Stadt. Denn bis jetzt ist es nicht gelungen, zwischen der Nationalgalerie von Mies van der Rohe und der Philharmonie von Hans Scharoun einen lebendigen Stadtraum entstehen zu lassen.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) will Public Private Partnership (Montage: NRhZ)
In einer Sondersitzung hat der Haushaltsausschuss des Bundestags im Juli 2015 die ersten Gelder freigegeben und 2,4 Millionen Euro für den insgesamt 200 Millionen teuren Bau bewilligt. Am 12. Februar präsentierten Kulturstaatsministerin Monika Grütters und der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, zehn Entwürfe aus einem internationalen Ideenwettbewerb.
Doch das neue Museum könnte die öffentliche Hand teuer zu stehen kommen. Es ist geplant, den Neubau nach dem Geschäftsmodell der Öffentlich-Privaten Partnerschaft / Public Private Partnership" (ÖPP/PPP) zu errichten. Die Kulturstaatsministerin hat dazu eine Wirtschaftlichkeitsstudie in Auftrag gegeben. Diese wird voraussichtlich im Dezember 2016 im Haushaltsausschuss des Bundestages beraten werden. Wenn die Studie zu dem Schluss kommt, dass PPP die "effizientere" Variante ist, dann wird dieses Modell beschlossen werden. Mit der Studie ist die ÖPP Deutschland AG beauftragt, eine von der Bundesregierung unter Beteiligung der interessierten Konzerne gegründete Agentur zur Förderung von PPP-Projekten. Da ist das gewünschte Ergebnis mit großer Sicherheit zu erwarten.
Von Anfang an hat die Debatte zum "Neuen Museum der Moderne" einen fatalen Beigeschmack. Noch bevor die Kulturstaatsministerin Anfang September den „Ideenwettbewerb“ einläutete, hatte sie über den Standort des Neubaus entschieden und damit die Expertise und die Phantasie der Stadtplaner und Architekten an die Kette gelegt. War das eine Rückversicherung gegen zu geringe Effizienzvorteile? Gegen die Proteste der Architektenverbände und die Einwände vieler kluger Einzelstimmen wurde vorschnell eine Festlegung auf den Standort Potsdamer Straße getroffen. Als Argument für die unterstellte Alternativlosigkeit führte Monica Grütters an, dass der Bund „Mittel für einen Museumsbau“, nicht aber „für städtebauliche Visionen“ zugesagt habe. Und das, obwohl auch der Haushaltsausschuss die städtebauliche und kulturelle Diskussion offen halten wollte.
Die autokratische Entscheidung über den Standort und die Bereitschaft, eine investorengesteuerte Architektur in Kauf zu nehmen ergeben sich aus der Absicht, das Museum der Moderne als Modell einer „Öffentlich-Privaten Partnerschaft“ zu bauen. Der Wunsch, privates Kapital in die Errichtung öffentlicher Institutionen „einzubinden“ (wer bindet wen?), wird den Bau in jedem Fall teurer machen als er durch konventionelle Verfahren würde. Es bedeutet zudem, eine von den Investoren dominierte Ästhetik in Kauf zu nehmen, obwohl die Finanzierung durch die 200 Millionen-Zusage des Bundes großzügig gesichert ist.
Doch die Kulturstaatsministerin redet das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) permanent schlecht und behauptet, es könne das Museum nicht unter Einhaltung des Kostenrahmens bauen. Und das, obwohl das Bundesamt über große Erfahrung in der Umsetzung von Bauaufgaben verfügt. Gelungene Neubauten und Sanierungen, wie auf der Museumsinsel, zeigen, dass das BBR in der Lage ist, mit Architekten und Fachleuten Baukultur auf höchstem Niveau zu realisieren.
Was aber beinhaltet eine der Allgemeinheit immer noch wenig durchschaubare „Öffentlich-Private Partnerschaft“? Finanzierung, Planung, Bau und Betrieb, letzteres für 25 bis 30 Jahre, werden an eine privates Unternehmen oder ein Konsortium abgegeben, von dem die öffentliche Hand das Gebäude nach Fertigstellung zurückmietet. Frau Grütters bezeichnet das in einem Interview als „eine neue Baupraxis“, die man erproben wolle, ein Verfahren das „Neuland für alle“ sei. Dem steht entgegen, dass das Finanzierungs- und Beschaffungsmodell ÖPP längst durch verunglückte Projekte, durch wissenschaftliche Studien und durch wiederholt kritische Berichte von Rechnungshöfen in Frage gestellt worden ist. Die "neue Baupraxis" hat in Deutschland eine über zwanzigjährige Geschichte des Scheiterns hinter sich, deren wohl spektakulärste Fälle die PPP-Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe, die den Berliner Landeshaushalt auch nach der Rekommunalisierung noch auf Jahre belasten wird, und der Bau der Elbphilharmonie, die nun 789 Millionen - statt der anfangs angegebenen 77 Millionen Euro- kosten wird, waren. Trotzdem besteht die Gefahr, dass das Museum der Moderne nun mit dieser gigantisch teuren und intransparenten Finanzierungs-Variante umgesetzt werden könnte. Zwar führen auch bei Bauten der öffentlichen Hand eine kaputt gesparte Bauverwaltung und schwache staatliche Kontrollinstanzen mitunter zu Terminverzögerungen und Kostensteigerungen. Bei der Elbphilharmonie sowie bei PPP-Bauten generell war und ist jede Kontrolle jedoch von vornherein unmöglich.
22.04.2016: Aktion. PPP-Projekt Museum der Moderne? - Kulturstaatsministerin muss umsteuern! (Foto: Klaus Ihlau)
Was die Debatte um das „Neue Museum der Moderne“ und die „neue Bauweise“ vergessen lässt ist, dass die Entscheidung auf eine Privatisierung hinausläuft, die die öffentliche Kulturstätte einer rein betriebswirtschaftlichen Logik und „unternehmerischer Gestaltungsfreiheit“, einer Dominanz der Investoren, unterwirft, nicht zuletzt durch die Berufung auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Während die öffentliche Hand bei Errichtung und Betrieb ihrer Infrastruktur und der Sicherung der Daseinsvorsorge demokratisch kontrolliert werden kann, folgen die Entscheidungen der privaten Investoren dem Prinzip der Geheimhaltung und Gewinnmaximierung. Das führt bei PPP-Projekten fast zwangsläufig zum Verlust von Arbeitsplätzen, zur Verdichtung von Arbeit und Senkung der Einkommen, zu Gebührenerhöhungen und Qualitätsverlusten.
Deshalb trat am 22. April ein Bündnis namhafter Akteure aus Politik, Kultur und Gesellschaft mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit, um gegen die Pläne von Kulturstaatsministerin Grütters zu protestieren, das geplante Museum der Moderne per "Public Private Partnership" bauen zu lassen. Bei der Realisierung eines staatlichen Museums dieser Größenordnung und Bedeutung für das Gemeinwesen müssen Unabhängigkeit der Entscheidung, öffentliche Beteiligung, Mitsprachemöglichkeit für unabhängige Experten und Transparenz oberste Priorität haben. Ein Museum der Moderne, von den Bürgerinnen und Bürgern als Gemeingut der Kultur getragen und finanziert.
Zur Autorin: Ulrike von Wiesenau studierte Orgel, Gesang und Musikgeschichte an der Universität der Künste Berlin. Seit den 80er Jahren ist sie Mitorganisatorin diverser internationaler Friedenskonferenzen und künstlerisch-politischer Aktionen. Als Pressesprecherin des Berliner Wassertisches war sie federführend am Entwurf der Kampagne des erfolgreichen Berliner Wasser-Volksentscheides beteiligt. Sie ist Mitbegründerin des direkt-demokratischen Untersuchungsausschusses "Klaerwerk", des Berliner Wasserrates und arbeitet als Expertin für direkte Demokratie, u.a. bei "Gemeingut in Bürgerhand", gegen Demokratieabbau und Privatisierung der Daseinsvorsorge. Als Beraterin von NGO´s, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Regierungsdelegationen sieht sie das Demokratiegebot der Zukunft in einer direkt-demokratischen Partizipation mit klar definierten Rechten, die die repräsentative Demokratie zu einer politischen Kultur der beglaubigten Repräsentanz ergänzen.
Siehe auch:
Vortrag zu Privatisierung und Re-Kommunalisierung in den Kommunen
Von der Selbst- zur Fremdverwaltung
Von Werner Rügemer
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22792
Online-Flyer Nr. 561 vom 11.05.2016
Bundesamt für Bauwesen (BBR) muss Urbanität am Kulturforum öffentlich realisieren!
PPP-Museum der Moderne Berlin?
Von Ulrike von Wiesenau
Das Museum der Moderne am Kulturforum ist Berlins neues Prestigeprojekt. Das geplante Museum, das die Berliner Kunst des 20. Jahrhunderts und drei Sammlungen von privaten Mäzenen zusammenführen soll, ist das spannendste und herausforderndste Kultur-Bauprojekt der Stadt. Denn bis jetzt ist es nicht gelungen, zwischen der Nationalgalerie von Mies van der Rohe und der Philharmonie von Hans Scharoun einen lebendigen Stadtraum entstehen zu lassen.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) will Public Private Partnership (Montage: NRhZ)
In einer Sondersitzung hat der Haushaltsausschuss des Bundestags im Juli 2015 die ersten Gelder freigegeben und 2,4 Millionen Euro für den insgesamt 200 Millionen teuren Bau bewilligt. Am 12. Februar präsentierten Kulturstaatsministerin Monika Grütters und der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, zehn Entwürfe aus einem internationalen Ideenwettbewerb.
Doch das neue Museum könnte die öffentliche Hand teuer zu stehen kommen. Es ist geplant, den Neubau nach dem Geschäftsmodell der Öffentlich-Privaten Partnerschaft / Public Private Partnership" (ÖPP/PPP) zu errichten. Die Kulturstaatsministerin hat dazu eine Wirtschaftlichkeitsstudie in Auftrag gegeben. Diese wird voraussichtlich im Dezember 2016 im Haushaltsausschuss des Bundestages beraten werden. Wenn die Studie zu dem Schluss kommt, dass PPP die "effizientere" Variante ist, dann wird dieses Modell beschlossen werden. Mit der Studie ist die ÖPP Deutschland AG beauftragt, eine von der Bundesregierung unter Beteiligung der interessierten Konzerne gegründete Agentur zur Förderung von PPP-Projekten. Da ist das gewünschte Ergebnis mit großer Sicherheit zu erwarten.
Von Anfang an hat die Debatte zum "Neuen Museum der Moderne" einen fatalen Beigeschmack. Noch bevor die Kulturstaatsministerin Anfang September den „Ideenwettbewerb“ einläutete, hatte sie über den Standort des Neubaus entschieden und damit die Expertise und die Phantasie der Stadtplaner und Architekten an die Kette gelegt. War das eine Rückversicherung gegen zu geringe Effizienzvorteile? Gegen die Proteste der Architektenverbände und die Einwände vieler kluger Einzelstimmen wurde vorschnell eine Festlegung auf den Standort Potsdamer Straße getroffen. Als Argument für die unterstellte Alternativlosigkeit führte Monica Grütters an, dass der Bund „Mittel für einen Museumsbau“, nicht aber „für städtebauliche Visionen“ zugesagt habe. Und das, obwohl auch der Haushaltsausschuss die städtebauliche und kulturelle Diskussion offen halten wollte.
Die autokratische Entscheidung über den Standort und die Bereitschaft, eine investorengesteuerte Architektur in Kauf zu nehmen ergeben sich aus der Absicht, das Museum der Moderne als Modell einer „Öffentlich-Privaten Partnerschaft“ zu bauen. Der Wunsch, privates Kapital in die Errichtung öffentlicher Institutionen „einzubinden“ (wer bindet wen?), wird den Bau in jedem Fall teurer machen als er durch konventionelle Verfahren würde. Es bedeutet zudem, eine von den Investoren dominierte Ästhetik in Kauf zu nehmen, obwohl die Finanzierung durch die 200 Millionen-Zusage des Bundes großzügig gesichert ist.
Doch die Kulturstaatsministerin redet das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) permanent schlecht und behauptet, es könne das Museum nicht unter Einhaltung des Kostenrahmens bauen. Und das, obwohl das Bundesamt über große Erfahrung in der Umsetzung von Bauaufgaben verfügt. Gelungene Neubauten und Sanierungen, wie auf der Museumsinsel, zeigen, dass das BBR in der Lage ist, mit Architekten und Fachleuten Baukultur auf höchstem Niveau zu realisieren.
Was aber beinhaltet eine der Allgemeinheit immer noch wenig durchschaubare „Öffentlich-Private Partnerschaft“? Finanzierung, Planung, Bau und Betrieb, letzteres für 25 bis 30 Jahre, werden an eine privates Unternehmen oder ein Konsortium abgegeben, von dem die öffentliche Hand das Gebäude nach Fertigstellung zurückmietet. Frau Grütters bezeichnet das in einem Interview als „eine neue Baupraxis“, die man erproben wolle, ein Verfahren das „Neuland für alle“ sei. Dem steht entgegen, dass das Finanzierungs- und Beschaffungsmodell ÖPP längst durch verunglückte Projekte, durch wissenschaftliche Studien und durch wiederholt kritische Berichte von Rechnungshöfen in Frage gestellt worden ist. Die "neue Baupraxis" hat in Deutschland eine über zwanzigjährige Geschichte des Scheiterns hinter sich, deren wohl spektakulärste Fälle die PPP-Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe, die den Berliner Landeshaushalt auch nach der Rekommunalisierung noch auf Jahre belasten wird, und der Bau der Elbphilharmonie, die nun 789 Millionen - statt der anfangs angegebenen 77 Millionen Euro- kosten wird, waren. Trotzdem besteht die Gefahr, dass das Museum der Moderne nun mit dieser gigantisch teuren und intransparenten Finanzierungs-Variante umgesetzt werden könnte. Zwar führen auch bei Bauten der öffentlichen Hand eine kaputt gesparte Bauverwaltung und schwache staatliche Kontrollinstanzen mitunter zu Terminverzögerungen und Kostensteigerungen. Bei der Elbphilharmonie sowie bei PPP-Bauten generell war und ist jede Kontrolle jedoch von vornherein unmöglich.
22.04.2016: Aktion. PPP-Projekt Museum der Moderne? - Kulturstaatsministerin muss umsteuern! (Foto: Klaus Ihlau)
Was die Debatte um das „Neue Museum der Moderne“ und die „neue Bauweise“ vergessen lässt ist, dass die Entscheidung auf eine Privatisierung hinausläuft, die die öffentliche Kulturstätte einer rein betriebswirtschaftlichen Logik und „unternehmerischer Gestaltungsfreiheit“, einer Dominanz der Investoren, unterwirft, nicht zuletzt durch die Berufung auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Während die öffentliche Hand bei Errichtung und Betrieb ihrer Infrastruktur und der Sicherung der Daseinsvorsorge demokratisch kontrolliert werden kann, folgen die Entscheidungen der privaten Investoren dem Prinzip der Geheimhaltung und Gewinnmaximierung. Das führt bei PPP-Projekten fast zwangsläufig zum Verlust von Arbeitsplätzen, zur Verdichtung von Arbeit und Senkung der Einkommen, zu Gebührenerhöhungen und Qualitätsverlusten.
Deshalb trat am 22. April ein Bündnis namhafter Akteure aus Politik, Kultur und Gesellschaft mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit, um gegen die Pläne von Kulturstaatsministerin Grütters zu protestieren, das geplante Museum der Moderne per "Public Private Partnership" bauen zu lassen. Bei der Realisierung eines staatlichen Museums dieser Größenordnung und Bedeutung für das Gemeinwesen müssen Unabhängigkeit der Entscheidung, öffentliche Beteiligung, Mitsprachemöglichkeit für unabhängige Experten und Transparenz oberste Priorität haben. Ein Museum der Moderne, von den Bürgerinnen und Bürgern als Gemeingut der Kultur getragen und finanziert.
Zur Autorin: Ulrike von Wiesenau studierte Orgel, Gesang und Musikgeschichte an der Universität der Künste Berlin. Seit den 80er Jahren ist sie Mitorganisatorin diverser internationaler Friedenskonferenzen und künstlerisch-politischer Aktionen. Als Pressesprecherin des Berliner Wassertisches war sie federführend am Entwurf der Kampagne des erfolgreichen Berliner Wasser-Volksentscheides beteiligt. Sie ist Mitbegründerin des direkt-demokratischen Untersuchungsausschusses "Klaerwerk", des Berliner Wasserrates und arbeitet als Expertin für direkte Demokratie, u.a. bei "Gemeingut in Bürgerhand", gegen Demokratieabbau und Privatisierung der Daseinsvorsorge. Als Beraterin von NGO´s, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Regierungsdelegationen sieht sie das Demokratiegebot der Zukunft in einer direkt-demokratischen Partizipation mit klar definierten Rechten, die die repräsentative Demokratie zu einer politischen Kultur der beglaubigten Repräsentanz ergänzen.
Siehe auch:
Vortrag zu Privatisierung und Re-Kommunalisierung in den Kommunen
Von der Selbst- zur Fremdverwaltung
Von Werner Rügemer
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22792
Online-Flyer Nr. 561 vom 11.05.2016