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Sport
Da war doch noch was?
Mensch oder Technik?
Von Harald Schauff
Neulich war wieder olympisches Treffen der Götter des Sports, dieses Mal unterm Zuckerhut. Mit Feuer, Ringen und jeder Menge Verbal-Athletik der TV-Kommentatoren. Und Sport gab es auch. Spitzensport, bei dessen Anblick ein restliches Fünkchen Hoffnung glimmt, dass er nicht gänzlich zum Spritzensport und Werbebannerträger namhafter Sponsoren verkommen ist. Rein sportlich stellt sich eine andere, eine interessante Frage: Lässt sich der menschliche Körper durch Training endlos weiter optimieren? Oder sind neue Bestleistungen nur infolge neuer und verbesserter Materialien zu erreichen?
Mensch oder Technik, wer erringt den Lorbeer? Die ZDF-Wissenschaftssendung ‘Leschs Kosmos’ (26.7.2016) wollte es wissen. In mehreren Tests ließ man Sportgrößen der Vergangenheit gegen heutige Topathleten antreten. Beim 100 m-Sprint maß sich der Kanadier Andre de Grasse, der bei der Leichtathletik-WM 2015 in 9.91 Sek. überraschend Bronze gewonnen hatte, mit dem legendären Laufwunder Jesse Owens, vierfacher Goldmedaillen-Gewinner bei der Olympiade 1936 in Berlin. Owens siegte beim damaligen 100 Meter-Lauf in 10,3 Sekunden. Er war ganze 0,7 Sekunden langsamer als der heutige Weltrekordhalter. Der Test mit de Grasse erfolgte unter denselben Bedingungen wie damals: Auf Asche, die nachgab und so die Laufgeschwindigkeit bremste. Und mit Schuhen, die alles andere als maßgeschneidert waren und lange, dürre Spikes hatten. Ebenfalls wie damals erfolgte der Start nicht aus Startblöcken, sondern einem eigens gegrabenen Loch. Unter diesen Hemmnissen brauchte de Grasse für 11 Sekunden und verlor deutlich gegen den ‘Avatar’, eine Computersimulation, von Owens.
Gegen einen Avatar trat auch der vierfache Weltmeister Paul Biedermann an: Den des Ausnahmeschwimmers und siebenmaligen Goldmedaillen-Gewinners Mark Spitz, der 1972 bei der Olympiade in München für Furore sorgte. Beim Test schwamm Biedermann unter denselben Bedingungen wie Spitz damals und verlor um einen Wimpernschlag. Und das, obwohl Spitz seinerzeit viel Körperbehaarung und einen kapitalen Schnäuzer besaß. Bremsfaktoren, die den Wasserwiderstand erhöhten. Biedermann schwamm später dieselbe Strecke nochmals in einem aus Carbonfasern gefertigten speziellen Schwimmanzug. Dieses Mal lag er fast um eine Sekunde vorn. Im Schwimmen sind das Welten. Zumindest beim Laufen und Schwimmen scheinen die natürlichen Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit erreicht. Neue Rekorde sind nur noch durch Verbesserungen beim Material zu erzielen. Auf der anderen Seite wird deutlich: Owens und Spitz waren überzeitliche Ausnahme-Athleten.
Harald Schauff ist Redakteur der Kölner Obdachlosen- und Straßenzeitung "Querkopf". Sein Artikel ist im "Querkopf", Ausgabe September 2016, erschienen.
Online-Flyer Nr. 579 vom 14.09.2016
Da war doch noch was?
Mensch oder Technik?
Von Harald Schauff
Neulich war wieder olympisches Treffen der Götter des Sports, dieses Mal unterm Zuckerhut. Mit Feuer, Ringen und jeder Menge Verbal-Athletik der TV-Kommentatoren. Und Sport gab es auch. Spitzensport, bei dessen Anblick ein restliches Fünkchen Hoffnung glimmt, dass er nicht gänzlich zum Spritzensport und Werbebannerträger namhafter Sponsoren verkommen ist. Rein sportlich stellt sich eine andere, eine interessante Frage: Lässt sich der menschliche Körper durch Training endlos weiter optimieren? Oder sind neue Bestleistungen nur infolge neuer und verbesserter Materialien zu erreichen?
Mensch oder Technik, wer erringt den Lorbeer? Die ZDF-Wissenschaftssendung ‘Leschs Kosmos’ (26.7.2016) wollte es wissen. In mehreren Tests ließ man Sportgrößen der Vergangenheit gegen heutige Topathleten antreten. Beim 100 m-Sprint maß sich der Kanadier Andre de Grasse, der bei der Leichtathletik-WM 2015 in 9.91 Sek. überraschend Bronze gewonnen hatte, mit dem legendären Laufwunder Jesse Owens, vierfacher Goldmedaillen-Gewinner bei der Olympiade 1936 in Berlin. Owens siegte beim damaligen 100 Meter-Lauf in 10,3 Sekunden. Er war ganze 0,7 Sekunden langsamer als der heutige Weltrekordhalter. Der Test mit de Grasse erfolgte unter denselben Bedingungen wie damals: Auf Asche, die nachgab und so die Laufgeschwindigkeit bremste. Und mit Schuhen, die alles andere als maßgeschneidert waren und lange, dürre Spikes hatten. Ebenfalls wie damals erfolgte der Start nicht aus Startblöcken, sondern einem eigens gegrabenen Loch. Unter diesen Hemmnissen brauchte de Grasse für 11 Sekunden und verlor deutlich gegen den ‘Avatar’, eine Computersimulation, von Owens.
Gegen einen Avatar trat auch der vierfache Weltmeister Paul Biedermann an: Den des Ausnahmeschwimmers und siebenmaligen Goldmedaillen-Gewinners Mark Spitz, der 1972 bei der Olympiade in München für Furore sorgte. Beim Test schwamm Biedermann unter denselben Bedingungen wie Spitz damals und verlor um einen Wimpernschlag. Und das, obwohl Spitz seinerzeit viel Körperbehaarung und einen kapitalen Schnäuzer besaß. Bremsfaktoren, die den Wasserwiderstand erhöhten. Biedermann schwamm später dieselbe Strecke nochmals in einem aus Carbonfasern gefertigten speziellen Schwimmanzug. Dieses Mal lag er fast um eine Sekunde vorn. Im Schwimmen sind das Welten. Zumindest beim Laufen und Schwimmen scheinen die natürlichen Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit erreicht. Neue Rekorde sind nur noch durch Verbesserungen beim Material zu erzielen. Auf der anderen Seite wird deutlich: Owens und Spitz waren überzeitliche Ausnahme-Athleten.
Harald Schauff ist Redakteur der Kölner Obdachlosen- und Straßenzeitung "Querkopf". Sein Artikel ist im "Querkopf", Ausgabe September 2016, erschienen.
Online-Flyer Nr. 579 vom 14.09.2016