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Nach den Präsidentschaftswahlen in Frankreich
Champagner auf Macron
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Es ist noch einmal alles gut gegangen. Die Präsidentschaftswahlen in Frankreich sind entschieden. Das internationale Kapital ist der Sieger. Zusammen mit millionenfachen Massenmördern, den internationalen Kapital-Verbrechern, die ohne mit der Wimper zu zucken ganze Staaten zerstören, können wir das Glas erheben und anstoßen auf den Sieg des Rothschild-Bankers Emmanuel Macron. Uri Avnery klärt uns auf: Emmanuel ist ein hebräischer Name und bedeutet "Gott ist mit uns" (1). Der Gott des großen Geldes bleibt uns erhalten. „Er zeigt, dass anständige Leute sich zusammentun und den Lauf der Geschichte ändern können. Das ist die bedeutsame Botschaft nicht nur für Frankreich.“ (1) Die Strategen des imperialistischen Projekts namens EU können aufatmen. Es besteht die große Hoffnung, dass die zum Zwecke des Abbaus sozialer und demokratischer Errungenschaften geschaffene EU weiter bestehen kann. Die Diktatur des Kapitals kann weiter ausgebaut werden. Jahrzehnte harter Arbeit mit dem Ziel, mit der EU den Störfaktor nationale Souveränität auszuschalten, dürfen nicht vergebens sein. Das wäre der pure Horror. Deshalb: eine Flasche Champagner auf Macron!
Mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier können wir jubilieren: „Ich freue mich, dass sich die französischen Wähler mit Ihrer Wahl mehrheitlich für Weltoffenheit... entschieden haben.“ (2) Mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sind wir „glücklich, dass die Franzosen eine europäische Zukunft gewählt haben“ (2). „Hoch lebe Präsident Macron“ können wir mit Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni ausrufen (3). „Deutschland und Frankreich können wieder Motor für Europa werden“, spricht uns Ex-EU-Parlamentspräsident und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz aus der Seele (4). „Es lohnt sich, auf Europa zu setzen“, lassen wir Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sagen (2). Macrons „großer Sieg bestätigt, dass eine große Mehrheit unserer Mitbürger... ihre Verbundenheit mit der Europäischen Union sowie mit der Öffnung Frankreichs zur Welt ausdrücken wollte“, lassen wir Frankreichs Ex-Staatschef François Hollande zum Ausdruck bringen (2).
Die EU gehört uns
Ja, wir müssen unseren Weg weitergehen. Die Kreation des US-Imperiums mit der Bezeichnung Europäische Union darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. Es war ein langer Weg, den wir bereits hinter uns haben. Soll das alles vergebens gewesen sein? Spätestens in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg hat es begonnen – mit dem so genannten Marshallplan. Werner Rügemer führt aus: „Der Marshallplan war die Vorarbeit, die Vorstufe der Europäischen Union. Für die Amerikaner – Banken, Konzerne usw. – war dieses Vielvölkergewusel Provinz.“ (5) Deshalb wurden bereits im Rahmen des Marshallplans von den USA Forderungen aufgestellt und Vorformen einer Zahlungsunion (Payment Union) und gemeinsame Handelsrichtlinien eingerichtet. So ist die Europäische Union vorbereitet worden. Und weiter: „Das American Committee on United Europe [ACUE] förderte und finanzierte über die CIA sowie mithilfe der Ford Foundation und des Rockefeller Institute neue Medien, Kongresse 'Freiheit der Kultur', die Europäische Bewegung und die Bilderberg-Konferenz. CIA-Gründungsdirektor Allen Dulles verkörperte die enge Verzahnung des Geheimdienstes mit Wall Street und US-Konzernen: Er war Anwalt der Chase Manhattan, von United Fruit, Ford und während des Zweiten Weltkrieges der eng mit der US-Chemieindustrie verbundenen I.G. Farben. Die NATO vereinte auf Initiative und unter Führung Washingtons die westeuropäischen Staaten militärisch, wobei auch eine faschistische Diktatur wie die Salazars in Portugal (Gründungsmitglied 1949) für die US-Variante der Demokratie geeignet war. Spanien wurde unter Diktator Franco mit US-Militärbastionen bestückt.“ (6) Mit dieser Tradition darf nicht gebrochen werden. Auch heute setzen wir auf faschistische Kräfte, um mit ihrer Hilfe Staaten in den Einflussbereich von EU und NATO zu bringen. Die Ukraine ist ein hervorragendes aktuelles Beispiel dafür.
Ja, wir brauchen die Europäische Union. Wir brauchen angrenzend an Russland ein Gebiet, in dem wir unsere Militärbasen betreiben können. Werner Rügemer holt etwas weiter aus, um das deutlich zu machen. „Nach dem Ersten Weltkrieg waren die USA der große Sieger. Die sind mit vielen Soldaten in Europa – gegen Ende des Krieges – gekommen und haben dann gesiegt. Und dann sind sie wieder abgezogen. Und dann hat sich das im Zweiten Weltkrieg so etwa wiederholt. Elf Monate vor Kriegsschluss kamen die Amis und haben wieder gesiegt. Aber dann sind sie nicht mehr abgezogen. Und das ist ja bis heute so. Und da gibt es ein gewisses Ungleichverhältnis. Die USA haben nicht nur die Führung in der NATO... Nun ist ja die Bundesrepublik Deutschland als wahrscheinlich der beste Freund der USA Mitglied in der NATO. Warum aber haben die USA noch zusätzlich Militärstützpunkte in der BRD? Weiß jemand wieviel? Ich habe 26 gezählt. Das sind nicht nur Militärstützpunkte, die übrig geblieben sind aus der Besatzungszeit vom Zweiten Weltkrieg, sondern es sind auch ganz wichtige neue dabei, z.B. Africom in Stuttgart. Ich frage mal: wieviele Militärstützpunkte haben die BRD und die EU in den USA? Wissen Sie das? Da gibt es keine." (5)
Ja, wir brauchen eine Europäische Union, in der starke Rating-Agenturen ein wirkungsvolles Mittel der Einflussnahme sind und mit denen aufmüpfige Staaten zur Vernunft gebracht werden können. Werner Rügemer fragt: "Wem gehören die Rating-Agenturen?" Und wem gehören sie? Den großen Banken. Die Rating-Agenturen sind als private Kapitalgesellschaften Teil des Welt-Banken- und -Finanzwesens und dabei noch staatlich legitimiert. Und was kennzeichnet die drei großen, den Welt-Rating-Markt beherrschenden Agenturen? Sie „sind zufälligerweise alle amerikanische Unternehmen“. Und wie verhält sich dazu die Europäische Union? Hat sie eigene Rating-Agenturen gegründet? Nein! Die EU hat bereits in den 1990er Jahren gesagt: „Ach, ihr lieben großen amerikanischen Rating-Agenturen, ihr macht das schon so lange und so gut. Dann nehmen wir euch auch. War einfach. So dass seitdem in den Statuten der Europäischen Zentralbank, der Bundesaufsicht für das Finanzdienstwesen in Deutschland die drei großen Rating-Agenturen drinstehen, nach denen man sich hier in Europa überall richtet – bei der Bewertung von Griechenland“ zum Beispiel. (5) Das ist so ein Staat, der zur Räson gebracht werden musste.
Die ganz großen Feindbilder bauen wir
Ja, wir brauchen eine Europäische Union, die auf der Basis transatlantischer Werte auf Feindbilder setzt. Ohne Feindbilder gibt es keinen Zusammenhalt. Wir brauchen das Feindbild Russland. Und vor allem brauchen wir das Feindbild Islam. Das haben wir, als das Feindbild Sowjetunion – nicht ohne unser Zutun – verloren ging, mit immensem Aufwand nicht ohne Risiko geschaffen. Denken Sie nur an die Operation 9/11, das große Verbrechen am 11. September 2001, das wir Muslimen in die Schuhe geschoben haben. Stellen Sie sich vor, was geschehen würde, wenn dieses Komplott aufflöge. Das transatlantische Machtgefüge würde in seinen Grundfesten erschüttert. Immer wieder musste das Feindbild Islam deshalb gefestigt werden – mit den Anschlägen 2005 in London, den Anschlägen 2015 in Frankreich und kurz vor Weihnachten 2016 in Berlin – um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Von besonderer Bedeutung war auch der Anschlag im November 2015 in Paris. Ohne ihn wäre das verstärkte militärische Engagement von EU-Staaten in Syrien nicht möglich geworden – eine gelungene Operation: erst schaffen wir den so genannten "Islamischen Staat", dann behaupten wir, er habe den Anschlag verübt, und dann geben wir vor, gegen ihn Krieg führen zu müssen – in Syrien.
Die ganz großen Demagogen sind wir
Zum Abschluss müssen wir uns noch ein besonderes Lob aussprechen. Obwohl wir es sind, denen es gelungen ist, das Feindbild Islam für die internationale Politik weltweit zu etablieren, lassen wir es so erscheinen, als seien es fast ausschließlich die anderen, die so genannten Rechtspopulisten, die mit Fremdenhass und Islamophobie das Böse verkörpern. Ihnen überlassen wir das Feindbild im regionalen Rahmen. Obwohl wir es sind, die unter Nutzung des Feindbilds Islam den so genannten "Krieg gegen den Terror" mit weit mehr als einer Million Toten und unter Auslösung von gewaltigen Flüchtlingsströmen geführt haben und immer noch führen, obwohl wir es sind, die zeigen, welche Kapital-Verbrechen möglich sind, ohne dass ein Sturm der Entrüstung durch die Bevölkerung geht, können wir das Böse auf die anderen projizieren. Und ein Sigmar Gabriel kann – ohne zu erröten – sagen: „Die Franzosen haben sich... entschieden – für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und gegen Abschottung, Zynismus und Hass.“ (2)
Es lebe das Frankreich der revolutionären Parolen, hinter denen sich die Konterrevolution versteckt. Es lebe das Frankreich, das von Reformen spricht, aber Konterreformen meint. Es lebe das Frankreich, das im Verbund mit dem global operierenden Kapital bereit ist, über Leichen zu gehen – und das im ganz großen Stil. Libyen 2011 war ein ausgezeichnetes Beispiel. Frankreichs Staatspräsident Sarkozy hatte die Weichen in Richtung "Weltoffenheit" gestellt. Das unter Gaddafi blühende Land mit dem höchsten Lebensstandard in ganz Afrika (7) liegt noch heute am Boden. Die Welt soll es wissen: die ganz großen Demagogen sind wir. In diesem Sinne: eine Flasche Champagner auf Macron!
Fussnoten:
1 Französische Präsidentschaftswahlen 2017 - Der israelische Macron
Uri Avnery in NRhZ 611 vom 03.05.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23775
2 Reaktionen auf Wahlausgang in Frankreich, 15.05.2017
https://www.merkur.de/politik/reaktionen-auf-wahlausgang-in-frankreich-bundesregierung-beglueckwuenscht-macron-zr-8268795.html
3 Zitate zum Wahlausgang in Frankreich, 07.05.2017
https://deutsch.rt.com/international/50269-du-gewinnst-das-naechste-mal-und-ich-auch-zitate-zum-wahlausgang-in-frankreich/
4 Frankreichs neuer Staatschef muss liefern, 08.05.2017
http://www.sueddeutsche.de/news/politik/wahlen-frankreichs-neuer-staatschef-muss-liefern-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170506-99-344807
5 Herrscher und Vasallen - Werner Rügemer über den Jahrhundertfeldzug der Weltmacht Nr. 1 in Europa
NRhZ 557 vom 13.04.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22690
6 Der unaufhaltsame Aufstieg des US-Imperiums
Werner Rügemer in KROKODIL 7, Dezember 2013
7 Operation Nordafrika - Libyen: Die Schlächter sind unter uns. Stoppen wir sie!
Appell des Bundesverbands Arbeiterfotografie vom 21.3.2011
http://www.arbeiterfotografie.com/nordafrika/index-nordafrika-0012.html
Siehe auch:
Französische Präsidentschaftswahlen 2017
Macron wurde "erkoren" - Milliardäre und Banker jubeln
Diana Johnstone in NRhZ vom 17.05.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23805
Online-Flyer Nr. 613 vom 17.05.2017
Nach den Präsidentschaftswahlen in Frankreich
Champagner auf Macron
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Es ist noch einmal alles gut gegangen. Die Präsidentschaftswahlen in Frankreich sind entschieden. Das internationale Kapital ist der Sieger. Zusammen mit millionenfachen Massenmördern, den internationalen Kapital-Verbrechern, die ohne mit der Wimper zu zucken ganze Staaten zerstören, können wir das Glas erheben und anstoßen auf den Sieg des Rothschild-Bankers Emmanuel Macron. Uri Avnery klärt uns auf: Emmanuel ist ein hebräischer Name und bedeutet "Gott ist mit uns" (1). Der Gott des großen Geldes bleibt uns erhalten. „Er zeigt, dass anständige Leute sich zusammentun und den Lauf der Geschichte ändern können. Das ist die bedeutsame Botschaft nicht nur für Frankreich.“ (1) Die Strategen des imperialistischen Projekts namens EU können aufatmen. Es besteht die große Hoffnung, dass die zum Zwecke des Abbaus sozialer und demokratischer Errungenschaften geschaffene EU weiter bestehen kann. Die Diktatur des Kapitals kann weiter ausgebaut werden. Jahrzehnte harter Arbeit mit dem Ziel, mit der EU den Störfaktor nationale Souveränität auszuschalten, dürfen nicht vergebens sein. Das wäre der pure Horror. Deshalb: eine Flasche Champagner auf Macron!
Mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier können wir jubilieren: „Ich freue mich, dass sich die französischen Wähler mit Ihrer Wahl mehrheitlich für Weltoffenheit... entschieden haben.“ (2) Mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sind wir „glücklich, dass die Franzosen eine europäische Zukunft gewählt haben“ (2). „Hoch lebe Präsident Macron“ können wir mit Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni ausrufen (3). „Deutschland und Frankreich können wieder Motor für Europa werden“, spricht uns Ex-EU-Parlamentspräsident und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz aus der Seele (4). „Es lohnt sich, auf Europa zu setzen“, lassen wir Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sagen (2). Macrons „großer Sieg bestätigt, dass eine große Mehrheit unserer Mitbürger... ihre Verbundenheit mit der Europäischen Union sowie mit der Öffnung Frankreichs zur Welt ausdrücken wollte“, lassen wir Frankreichs Ex-Staatschef François Hollande zum Ausdruck bringen (2).
Die EU gehört uns
Ja, wir müssen unseren Weg weitergehen. Die Kreation des US-Imperiums mit der Bezeichnung Europäische Union darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. Es war ein langer Weg, den wir bereits hinter uns haben. Soll das alles vergebens gewesen sein? Spätestens in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg hat es begonnen – mit dem so genannten Marshallplan. Werner Rügemer führt aus: „Der Marshallplan war die Vorarbeit, die Vorstufe der Europäischen Union. Für die Amerikaner – Banken, Konzerne usw. – war dieses Vielvölkergewusel Provinz.“ (5) Deshalb wurden bereits im Rahmen des Marshallplans von den USA Forderungen aufgestellt und Vorformen einer Zahlungsunion (Payment Union) und gemeinsame Handelsrichtlinien eingerichtet. So ist die Europäische Union vorbereitet worden. Und weiter: „Das American Committee on United Europe [ACUE] förderte und finanzierte über die CIA sowie mithilfe der Ford Foundation und des Rockefeller Institute neue Medien, Kongresse 'Freiheit der Kultur', die Europäische Bewegung und die Bilderberg-Konferenz. CIA-Gründungsdirektor Allen Dulles verkörperte die enge Verzahnung des Geheimdienstes mit Wall Street und US-Konzernen: Er war Anwalt der Chase Manhattan, von United Fruit, Ford und während des Zweiten Weltkrieges der eng mit der US-Chemieindustrie verbundenen I.G. Farben. Die NATO vereinte auf Initiative und unter Führung Washingtons die westeuropäischen Staaten militärisch, wobei auch eine faschistische Diktatur wie die Salazars in Portugal (Gründungsmitglied 1949) für die US-Variante der Demokratie geeignet war. Spanien wurde unter Diktator Franco mit US-Militärbastionen bestückt.“ (6) Mit dieser Tradition darf nicht gebrochen werden. Auch heute setzen wir auf faschistische Kräfte, um mit ihrer Hilfe Staaten in den Einflussbereich von EU und NATO zu bringen. Die Ukraine ist ein hervorragendes aktuelles Beispiel dafür.
Ja, wir brauchen die Europäische Union. Wir brauchen angrenzend an Russland ein Gebiet, in dem wir unsere Militärbasen betreiben können. Werner Rügemer holt etwas weiter aus, um das deutlich zu machen. „Nach dem Ersten Weltkrieg waren die USA der große Sieger. Die sind mit vielen Soldaten in Europa – gegen Ende des Krieges – gekommen und haben dann gesiegt. Und dann sind sie wieder abgezogen. Und dann hat sich das im Zweiten Weltkrieg so etwa wiederholt. Elf Monate vor Kriegsschluss kamen die Amis und haben wieder gesiegt. Aber dann sind sie nicht mehr abgezogen. Und das ist ja bis heute so. Und da gibt es ein gewisses Ungleichverhältnis. Die USA haben nicht nur die Führung in der NATO... Nun ist ja die Bundesrepublik Deutschland als wahrscheinlich der beste Freund der USA Mitglied in der NATO. Warum aber haben die USA noch zusätzlich Militärstützpunkte in der BRD? Weiß jemand wieviel? Ich habe 26 gezählt. Das sind nicht nur Militärstützpunkte, die übrig geblieben sind aus der Besatzungszeit vom Zweiten Weltkrieg, sondern es sind auch ganz wichtige neue dabei, z.B. Africom in Stuttgart. Ich frage mal: wieviele Militärstützpunkte haben die BRD und die EU in den USA? Wissen Sie das? Da gibt es keine." (5)
Ja, wir brauchen eine Europäische Union, in der starke Rating-Agenturen ein wirkungsvolles Mittel der Einflussnahme sind und mit denen aufmüpfige Staaten zur Vernunft gebracht werden können. Werner Rügemer fragt: "Wem gehören die Rating-Agenturen?" Und wem gehören sie? Den großen Banken. Die Rating-Agenturen sind als private Kapitalgesellschaften Teil des Welt-Banken- und -Finanzwesens und dabei noch staatlich legitimiert. Und was kennzeichnet die drei großen, den Welt-Rating-Markt beherrschenden Agenturen? Sie „sind zufälligerweise alle amerikanische Unternehmen“. Und wie verhält sich dazu die Europäische Union? Hat sie eigene Rating-Agenturen gegründet? Nein! Die EU hat bereits in den 1990er Jahren gesagt: „Ach, ihr lieben großen amerikanischen Rating-Agenturen, ihr macht das schon so lange und so gut. Dann nehmen wir euch auch. War einfach. So dass seitdem in den Statuten der Europäischen Zentralbank, der Bundesaufsicht für das Finanzdienstwesen in Deutschland die drei großen Rating-Agenturen drinstehen, nach denen man sich hier in Europa überall richtet – bei der Bewertung von Griechenland“ zum Beispiel. (5) Das ist so ein Staat, der zur Räson gebracht werden musste.
Die ganz großen Feindbilder bauen wir
Ja, wir brauchen eine Europäische Union, die auf der Basis transatlantischer Werte auf Feindbilder setzt. Ohne Feindbilder gibt es keinen Zusammenhalt. Wir brauchen das Feindbild Russland. Und vor allem brauchen wir das Feindbild Islam. Das haben wir, als das Feindbild Sowjetunion – nicht ohne unser Zutun – verloren ging, mit immensem Aufwand nicht ohne Risiko geschaffen. Denken Sie nur an die Operation 9/11, das große Verbrechen am 11. September 2001, das wir Muslimen in die Schuhe geschoben haben. Stellen Sie sich vor, was geschehen würde, wenn dieses Komplott aufflöge. Das transatlantische Machtgefüge würde in seinen Grundfesten erschüttert. Immer wieder musste das Feindbild Islam deshalb gefestigt werden – mit den Anschlägen 2005 in London, den Anschlägen 2015 in Frankreich und kurz vor Weihnachten 2016 in Berlin – um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Von besonderer Bedeutung war auch der Anschlag im November 2015 in Paris. Ohne ihn wäre das verstärkte militärische Engagement von EU-Staaten in Syrien nicht möglich geworden – eine gelungene Operation: erst schaffen wir den so genannten "Islamischen Staat", dann behaupten wir, er habe den Anschlag verübt, und dann geben wir vor, gegen ihn Krieg führen zu müssen – in Syrien.
Die ganz großen Demagogen sind wir
Zum Abschluss müssen wir uns noch ein besonderes Lob aussprechen. Obwohl wir es sind, denen es gelungen ist, das Feindbild Islam für die internationale Politik weltweit zu etablieren, lassen wir es so erscheinen, als seien es fast ausschließlich die anderen, die so genannten Rechtspopulisten, die mit Fremdenhass und Islamophobie das Böse verkörpern. Ihnen überlassen wir das Feindbild im regionalen Rahmen. Obwohl wir es sind, die unter Nutzung des Feindbilds Islam den so genannten "Krieg gegen den Terror" mit weit mehr als einer Million Toten und unter Auslösung von gewaltigen Flüchtlingsströmen geführt haben und immer noch führen, obwohl wir es sind, die zeigen, welche Kapital-Verbrechen möglich sind, ohne dass ein Sturm der Entrüstung durch die Bevölkerung geht, können wir das Böse auf die anderen projizieren. Und ein Sigmar Gabriel kann – ohne zu erröten – sagen: „Die Franzosen haben sich... entschieden – für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und gegen Abschottung, Zynismus und Hass.“ (2)
Es lebe das Frankreich der revolutionären Parolen, hinter denen sich die Konterrevolution versteckt. Es lebe das Frankreich, das von Reformen spricht, aber Konterreformen meint. Es lebe das Frankreich, das im Verbund mit dem global operierenden Kapital bereit ist, über Leichen zu gehen – und das im ganz großen Stil. Libyen 2011 war ein ausgezeichnetes Beispiel. Frankreichs Staatspräsident Sarkozy hatte die Weichen in Richtung "Weltoffenheit" gestellt. Das unter Gaddafi blühende Land mit dem höchsten Lebensstandard in ganz Afrika (7) liegt noch heute am Boden. Die Welt soll es wissen: die ganz großen Demagogen sind wir. In diesem Sinne: eine Flasche Champagner auf Macron!
Fussnoten:
1 Französische Präsidentschaftswahlen 2017 - Der israelische Macron
Uri Avnery in NRhZ 611 vom 03.05.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23775
2 Reaktionen auf Wahlausgang in Frankreich, 15.05.2017
https://www.merkur.de/politik/reaktionen-auf-wahlausgang-in-frankreich-bundesregierung-beglueckwuenscht-macron-zr-8268795.html
3 Zitate zum Wahlausgang in Frankreich, 07.05.2017
https://deutsch.rt.com/international/50269-du-gewinnst-das-naechste-mal-und-ich-auch-zitate-zum-wahlausgang-in-frankreich/
4 Frankreichs neuer Staatschef muss liefern, 08.05.2017
http://www.sueddeutsche.de/news/politik/wahlen-frankreichs-neuer-staatschef-muss-liefern-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170506-99-344807
5 Herrscher und Vasallen - Werner Rügemer über den Jahrhundertfeldzug der Weltmacht Nr. 1 in Europa
NRhZ 557 vom 13.04.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22690
6 Der unaufhaltsame Aufstieg des US-Imperiums
Werner Rügemer in KROKODIL 7, Dezember 2013
7 Operation Nordafrika - Libyen: Die Schlächter sind unter uns. Stoppen wir sie!
Appell des Bundesverbands Arbeiterfotografie vom 21.3.2011
http://www.arbeiterfotografie.com/nordafrika/index-nordafrika-0012.html
Siehe auch:
Französische Präsidentschaftswahlen 2017
Macron wurde "erkoren" - Milliardäre und Banker jubeln
Diana Johnstone in NRhZ vom 17.05.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23805
Online-Flyer Nr. 613 vom 17.05.2017