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Arbeit und Soziales
Kerstin Gundt verklagt Kulturamt wegen abgelehnter Förderung ihrer Grundeinkommenskonzerte
Erster Prozess gegen das Kulturamt Pankow
Von Kerstin Gundt
Die Stadt Berlin wirbt mit dem Kreativ-Image. Kunst, Kultur und die Kreativszene gehören zu den zentralen Ressourcen Berlins, so liest man es auf den Internetseiten des Hauptstadtportals. Aber die freien Künstler leben unter katastrophalsten Bedingungen. Sie kommen nicht in den Genuss von Förderungen, müssen oftmals ohne Gage auftreten und obendrein noch dafür bezahlen, wenn sie Bücher veröffentlichen, CDs produzieren und auftreten wollen. Für Kunst wird nur 2 Prozent des Landeshaushaltes zur Verfügung gestellt. Mit dem bundesweiten Kulturetat im Jahr 2017 könnte man nur 64.000 Künstler/innen ein monatliches Gehalt von 2100 Euro zahlen. Allein in Berlin leben schon über 20.000 Künstler. Das ist ein Witz.
Vom Berliner Kulturetat fließen 95 Prozent in die Förderung von Museen, Theatern und Opern. Dabei sind hier nur 5 Prozent der Künstler beschäftigt. 95 Prozent der Künstler sind freischaffend tätig. Sie erhalten lediglich 5 Prozent des Kulturetats. Der Großteil von ihnen geht dabei leer aus. Sie konkurrieren um knappe Stipendien und Förderungen. Allein im Bezirk Pankow sind 900 Selbständige und Künstler beim Job-Center registriert, aber nur 35 Projekte werden im Jahr gefördert. Für das Literaturstipendium des Berliner Senates bewerben sich pro Jahr über 200 Autoren, aber nur 20 von ihnen kommen in den Genuss dieser Leistung. Das bedeutet für den Großteil der Künstlerinnen und Künstler eine permanente Entmutigung. Dabei müsste das alles längst nicht so sein: Wenn jeder Tourist zwei Euro pro Tag Aufenthalt zahlen würde und dieses Geld direkt an alle Künstlerinnen und Künstler ginge, dann könnte man allen 20.000 Berliner Künstlern ein monatliches Gehalt von über 2000 Euro zahlen. Die Verwaltung eines Hartz-IV-Empfängers kostet 1700 Euro im Monat. Kerstin Gundt plädiert dafür, den Künstlerinnen und Künstlern, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, dieses Geld direkt und bedingungslos auszuzahlen. Denn wie soll man von 13 Euro, die man als Hartz-IV-Empfänger am Tag zur Verfügung hat, auch noch in seine Geschäftstätigkeit investieren, wenn man keine Anschubfinanzierung bekommt und 80 Prozent seines Verdienstes wieder an das Amt zurückzahlen muss?!
Kneipen, Theater, Kultureinrichtungen, die Kirchen, Wohlfahrtsverbände, politische Gruppen, Kommunen, Wohnungsgenossenschaften, Straßenfeste, Festivals, Altenheime, Krankenhäuser, Bibliotheken, Buchläden, Gewerkschaften, Stadtteilzentren und Nachbarschaftszentren – sie alle profitieren von Kultur. Sie müssen die Künstler auch endlich bezahlen! Und es muss endlich Schluss damit sein, dass man für einen Auftritt bei ihnen zum Teil auch noch bezahlen muss, anstatt dafür bezahlt zu werden! Die Hans-Böckler-Stiftung kam 2016 zu dem Ergebnis, dass 40 Prozent der befragten Künstler unter 880 Euro im Monat verdienen und dass nur 20 Prozent von ihnen über 1600 Euro im Monat kommen. Was wäre aus Karl Marx geworden, wenn ihn sein Freund Engels nicht mit durchgefüttert hätte? Heinrich Heine war zeitlebens von seinem Millionärsonkel abhängig.
Es wird höchste Zeit, sich endlich Gedanken um eine finanzielle Absicherung der Künstler/innen und Geisteswissenschaftler/innen zu machen. Kultur darf nicht länger als Stiefkind der Gesellschaft betrachtet werden. Künstler können als Frühwarnindikator dienen, weil sie sehr viel früher als der Rest der Gesellschaft Probleme und Herausforderungen erkennen und diese künstlerisch umsetzen.
Kerstin Gundt, eine politische Künstlerin, die als Dipl. Politologin die Hintergründe und Ursachen dieser Schieflage erkennt, nimmt das nicht länger hin.
Sie arbeitet als politische Liedermacherin, Autorin und Journalistin und hat beim Kulturamt eine Förderung ihrer Grundeinkommenskonzerte beantragt. Sie sieht darin die einzige Möglichkeit, um überhaupt in größerem Rahmen auftreten zu können. Mit ihrem Grundeinkommenslied ist sie im Kinofilm "Deutschland - dein Selbstportrait" von Sönke Wortmann zu sehen. Ihr Lied zur Finanzkrise wurde im Fensehen bei "Pelzig hält sich" gespielt.
Beim Kapitalismus-Tribunal in Wien hat sie im letzten Jahr die Hartz-IV-Verbrecher verklagt und die Situation der Künstler/Innen öffentlich gemacht. Das Kulturamt Pankow hat die Förderung ihrer Grundeinkommenskonzerte ohne Begründung abgelehnt. Sie ist die erste Künstlerin, die das nicht so einfach hinnimmt und gegen das Kulturamt geklagt hat.
Bei dem Prozess wirft ihr Frau Juretzka vom Kulturamt vor, daß sie gegen die Ablehnung geklagt hätte: "Die Künstler wissen, dass nicht alle eine Förderung bekommen können." Sie hält eine Begründung nicht für nötig und beruft sich einfach darauf, daß die Mittel nicht ausgereicht hätten. Kerstin Gundt versteht aber nicht, warum die 35 Projekte zwischen 3000 und 6000 Euro erhielten und sie ganz leer ausgehen soll, obwohl sie nur 1200 Euro beantragt hat: "Worin besteht das öffentliche Interesse an Robotermusik? Sind nicht meine Grundeinkommenskonzerte von viel größerer gesellschaftlicher Relevanz?"
Sie sieht nicht ein, dass ihr Antrag abgelehnt wird. Sie schlägt vor, dass das vorhandene Geld gleichmäßig unter allen 120 Antragstellern aufgeteilt wird. Aber die Richterin wendet ein, das es keinen Anspruch darauf gebe, vom Staat als Künstlerin gefördert zu werden. Kerstin Gundt wendet ein: "Künstler/innen haben genau so ein Recht zu leben wie Ärzte, Erzieher, Lehrer, Pfarrer, Bauern, die Beamten und Politiker auch, die alle vom Staat finanziert werden. Sogar die Banken wurden gerettet, die Autoindustrie wurde durch die Abwrackprämie subventioniert, und die Hotelbetreiber erhielten als Geschenk einen verminderten Steuersatz auf Übernachtungen. Für die Flüchtlinge werden 100 Mrd Euro bereitgestellt. Beim öffentlich rechtlichen Rundfunk und Fernsehen wird ebenso wie bei den Krankenkassen und Kirchen staatlich geregelt, daß sie Mitgliedsbeiträge und Steuern erheben dürfen. Nur für die Künstler/innen fühlt sich niemand zuständig, sie können zusehen, wo sie bleiben."
Gerade vor dem Hintergrund, daß der neue Chef der Volksbühne 23 Millionen Euro dafür erhält, daß er aus dem letzten Überbleibsel der DDR-Kultur ein Tanztheater macht, in dem fast ausschließlich teure Tänzer aus dem Ausland engagiert werden, kann man nicht nachvollziehen, warum die Stadt keine 1200 Euro für zwei Grundeinkommenskonzerte übrig haben soll. Mit 23 Millionen Euro könnte man allen Berliner Künstlerinnen und Künstlern ein monatliches Gehalt von 1000 Euro zahlen.
Davon abgesehen ist diese gesellschaftskritische Kunst, wie Kerstin Gundt sie betreibt, für eine Demokratie unverzichtbar. Das Kulturamt hat aber lieber Tanzprojekte und Musik aus den Bereichen Techno, Elektro und Robotermusik gefördert. Und das soll von größerer gesellschaftlicher Relevanz sein als ihre Grundeinkommenskonzerte? Ihrer Meinung nach sollte Musik handgemacht sein, natürlich und menschlich klingen und eine Botschaft haben. Das ist aber spätestens dann nicht der Fall, wenn die Künstler nicht die deutsche Sprache beherrschen. Ein drittel der geförderten Projekte ging an Ausländer, von denen die meisten kein Deutsch sprechen. Eins dieser Projekte besteht sogar darin, die deutsche Sprache zu verfälschen. "Das geht zu weit", sagt Kerstin Gundt. "Das darf nicht sein." Sie fühlt sich benachteiligt. Auch als Frau fühlt sie sich zu kurz gekommen, denn während 8 Projekte von Männern gefördert wurden, waren es nur 5 von Frauen. Das ist alles nicht fair.
Das Argument, ihre Grundeinkommenskonzerte würden der Selbstvermarktung dienen, und das sei nicht förderungswürdig, ist an den Haaren herbeigezogen und zeigt, wie armselig Frau Juretzka in ihrem Denken ist. Damit macht sie sich lächerlich, denn jeder Künstler braucht für eine CD Produktion Geld und will die fertige Scheibe dann natürlich auch vor einem Publikum präsentieren. Das Kulturamt macht sich mit diesem Argument unglaubwürdig, denn die Grundeinkommenskonzerte wurden bereits abgelehnt, bevor überhaupt bekannt war, dass damit eine Crowdfunding Kampagne zur Produktion einer CD gestartet werden sollte.
Kerstin Gundt wollte eine Crowdfunding-Kampagne durchführen, um das Geld für ihre CD "Grundeinkommen macht glücklich" zu sammeln, und ein Konzert geben, um die Kampagne bekannt zu machen. Anschließend sollte es nach der CD-Produktion ein Record-Release-Konzert geben. Das ist ein völlig normales Vorgehen unter Musikern. Hartz-IV-Empfänger bekommen in der Regel keine Anschubfinanzierung für ihre Selbständigkeit und müssen von den 13 Euro, die sie am Tag zur Verfügung haben, auch noch in ihre Geschäftstätigkeit investieren. Wenn sie Gewinn machen, werden ihnen davon 80 Prozent sofort wieder abgezogen. Wie soll man unter solchen Umständen erfolgreich werden?! Jede Investition in die Selbständigkeit gefährdet das Überleben. Es hat den Anschein, daß hier mit formalen Argumenten verhindert werden sollte, dass es gesellschaftskritische Konzerte gibt. Kerstin Gundt widerspricht: "Es geht nicht um Marketing, sondern um ein gesellschaftlich relevantes Thema!"
Nach dem Prozess ist ihr klar, dass sie von diesem Staat keine Hilfe zu erwarten hat. "Ich wollte mal austesten, ob ich überhaupt staatliche Förderungen bekommen würde. Ich konnte nicht glauben, dass es wirklich so ist, aber in diesem Land, wo man heutzutage zum Bücher veröffentlichen, CDs produzieren und zum Auftreten auch noch Geld bezahlen muss und einen keiner dabei unterstützt, herrscht eine Diktatur des Geldes. Wir sind nicht besser als die DDR. Heute hat man ohne Geld keine Chance, bekannt zu werden. In der DDR waren die Künstler sozial abgesichert und hatten die Aufgabe, sich dem Volk zu präsentieren. Heute darf man auch nicht mehr seine Meinung sagen, und es gibt keine Möglichkeit, sie zu verbreiten und davon zu leben, wenn man gegen den Strom schwimmt."
Dass die DDR nicht alles toleriert hat, findet Kerstin Gundt gar nicht so verkehrt: "Wir befinden uns gerade in einem sittlichen und moralischen Verfall. Punk, Heavy Metall, Grufti, Horror, Action, Thriller, Krimis, star wars, Tattoos und Piercings, schwarze Klamotten sowie perverse Praktiken wie Sado Maso und satanische Messen führen zu zunehmender Aggressivität und sinkendem Mitgefühl. Ordinäre Bücher wie 'Feuchtgebiete' und das Gorki-Theater, in dem sich seit der neuen Migrantenintendantin kein Schauspieler mehr findet, der akzentfrei Deutsch spricht, wo man sich über heterosexuelle Personen lustig macht und wo Parolen wie 'Nieder mit Deutschland!' skandiert werden, sind in meinen Augen der Untergang unserer Kultur. An den geförderten Projekten des Kulturamtes zeigt sich, wie tief wir gesunken sind."
Wenn es nach ihr ginge, würde in erster Linie Kunst gefördert, die sich sozial einmischt und die etwas zu sagen hat. Sie kommt zu dem Schluss: " Mit einem Grundeinkommen wäre es möglich, dass die Menschen sich ganz ihrer Berufung widmen könnten. Sie wären viel produktiver und müssten ihre Zeit nicht länger damit vergeuden, sich mit dem Job Center herumzuschlagen oder widerwillig zur Arbeit zu gehen. Von Hartz IV kann kein Mensch dauerhaft leben, ohne Schaden davonzutragen. Jeder große Geist kann sein kreatives Potential nur dann voll entfalten, wenn er frei von Existenzsorgen ist. Ohne finanzielle Unterstützung kann man nicht groß rauskommen. Aber genau das ist mein Ziel. Geben Sie den Dichtern und Denkern eine Chance, so wird unser Land reicher und blühender. Ein Land ohne innovative Ideen und kreative Impulse ist auf Dauer nicht zukunftsfähig.“
Kerstin Gundt hat jetzt den "Freundeskreis Kerstin Gundt zur Förderung politischer Kunst und Menschenwürde" gegründet. Wer ihre Arbeit unterstützen möchte, kann gerne Mitglied werden. Damit es auch morgen noch gesellschaftskritische Lieder und Texte gibt. Kontakt über die Redaktion möglich.
Online-Flyer Nr. 624 vom 02.08.2017
Kerstin Gundt verklagt Kulturamt wegen abgelehnter Förderung ihrer Grundeinkommenskonzerte
Erster Prozess gegen das Kulturamt Pankow
Von Kerstin Gundt
Die Stadt Berlin wirbt mit dem Kreativ-Image. Kunst, Kultur und die Kreativszene gehören zu den zentralen Ressourcen Berlins, so liest man es auf den Internetseiten des Hauptstadtportals. Aber die freien Künstler leben unter katastrophalsten Bedingungen. Sie kommen nicht in den Genuss von Förderungen, müssen oftmals ohne Gage auftreten und obendrein noch dafür bezahlen, wenn sie Bücher veröffentlichen, CDs produzieren und auftreten wollen. Für Kunst wird nur 2 Prozent des Landeshaushaltes zur Verfügung gestellt. Mit dem bundesweiten Kulturetat im Jahr 2017 könnte man nur 64.000 Künstler/innen ein monatliches Gehalt von 2100 Euro zahlen. Allein in Berlin leben schon über 20.000 Künstler. Das ist ein Witz.
Vom Berliner Kulturetat fließen 95 Prozent in die Förderung von Museen, Theatern und Opern. Dabei sind hier nur 5 Prozent der Künstler beschäftigt. 95 Prozent der Künstler sind freischaffend tätig. Sie erhalten lediglich 5 Prozent des Kulturetats. Der Großteil von ihnen geht dabei leer aus. Sie konkurrieren um knappe Stipendien und Förderungen. Allein im Bezirk Pankow sind 900 Selbständige und Künstler beim Job-Center registriert, aber nur 35 Projekte werden im Jahr gefördert. Für das Literaturstipendium des Berliner Senates bewerben sich pro Jahr über 200 Autoren, aber nur 20 von ihnen kommen in den Genuss dieser Leistung. Das bedeutet für den Großteil der Künstlerinnen und Künstler eine permanente Entmutigung. Dabei müsste das alles längst nicht so sein: Wenn jeder Tourist zwei Euro pro Tag Aufenthalt zahlen würde und dieses Geld direkt an alle Künstlerinnen und Künstler ginge, dann könnte man allen 20.000 Berliner Künstlern ein monatliches Gehalt von über 2000 Euro zahlen. Die Verwaltung eines Hartz-IV-Empfängers kostet 1700 Euro im Monat. Kerstin Gundt plädiert dafür, den Künstlerinnen und Künstlern, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, dieses Geld direkt und bedingungslos auszuzahlen. Denn wie soll man von 13 Euro, die man als Hartz-IV-Empfänger am Tag zur Verfügung hat, auch noch in seine Geschäftstätigkeit investieren, wenn man keine Anschubfinanzierung bekommt und 80 Prozent seines Verdienstes wieder an das Amt zurückzahlen muss?!
Kneipen, Theater, Kultureinrichtungen, die Kirchen, Wohlfahrtsverbände, politische Gruppen, Kommunen, Wohnungsgenossenschaften, Straßenfeste, Festivals, Altenheime, Krankenhäuser, Bibliotheken, Buchläden, Gewerkschaften, Stadtteilzentren und Nachbarschaftszentren – sie alle profitieren von Kultur. Sie müssen die Künstler auch endlich bezahlen! Und es muss endlich Schluss damit sein, dass man für einen Auftritt bei ihnen zum Teil auch noch bezahlen muss, anstatt dafür bezahlt zu werden! Die Hans-Böckler-Stiftung kam 2016 zu dem Ergebnis, dass 40 Prozent der befragten Künstler unter 880 Euro im Monat verdienen und dass nur 20 Prozent von ihnen über 1600 Euro im Monat kommen. Was wäre aus Karl Marx geworden, wenn ihn sein Freund Engels nicht mit durchgefüttert hätte? Heinrich Heine war zeitlebens von seinem Millionärsonkel abhängig.
Es wird höchste Zeit, sich endlich Gedanken um eine finanzielle Absicherung der Künstler/innen und Geisteswissenschaftler/innen zu machen. Kultur darf nicht länger als Stiefkind der Gesellschaft betrachtet werden. Künstler können als Frühwarnindikator dienen, weil sie sehr viel früher als der Rest der Gesellschaft Probleme und Herausforderungen erkennen und diese künstlerisch umsetzen.
Kerstin Gundt, eine politische Künstlerin, die als Dipl. Politologin die Hintergründe und Ursachen dieser Schieflage erkennt, nimmt das nicht länger hin.
Sie arbeitet als politische Liedermacherin, Autorin und Journalistin und hat beim Kulturamt eine Förderung ihrer Grundeinkommenskonzerte beantragt. Sie sieht darin die einzige Möglichkeit, um überhaupt in größerem Rahmen auftreten zu können. Mit ihrem Grundeinkommenslied ist sie im Kinofilm "Deutschland - dein Selbstportrait" von Sönke Wortmann zu sehen. Ihr Lied zur Finanzkrise wurde im Fensehen bei "Pelzig hält sich" gespielt.
Beim Kapitalismus-Tribunal in Wien hat sie im letzten Jahr die Hartz-IV-Verbrecher verklagt und die Situation der Künstler/Innen öffentlich gemacht. Das Kulturamt Pankow hat die Förderung ihrer Grundeinkommenskonzerte ohne Begründung abgelehnt. Sie ist die erste Künstlerin, die das nicht so einfach hinnimmt und gegen das Kulturamt geklagt hat.
Bei dem Prozess wirft ihr Frau Juretzka vom Kulturamt vor, daß sie gegen die Ablehnung geklagt hätte: "Die Künstler wissen, dass nicht alle eine Förderung bekommen können." Sie hält eine Begründung nicht für nötig und beruft sich einfach darauf, daß die Mittel nicht ausgereicht hätten. Kerstin Gundt versteht aber nicht, warum die 35 Projekte zwischen 3000 und 6000 Euro erhielten und sie ganz leer ausgehen soll, obwohl sie nur 1200 Euro beantragt hat: "Worin besteht das öffentliche Interesse an Robotermusik? Sind nicht meine Grundeinkommenskonzerte von viel größerer gesellschaftlicher Relevanz?"
Sie sieht nicht ein, dass ihr Antrag abgelehnt wird. Sie schlägt vor, dass das vorhandene Geld gleichmäßig unter allen 120 Antragstellern aufgeteilt wird. Aber die Richterin wendet ein, das es keinen Anspruch darauf gebe, vom Staat als Künstlerin gefördert zu werden. Kerstin Gundt wendet ein: "Künstler/innen haben genau so ein Recht zu leben wie Ärzte, Erzieher, Lehrer, Pfarrer, Bauern, die Beamten und Politiker auch, die alle vom Staat finanziert werden. Sogar die Banken wurden gerettet, die Autoindustrie wurde durch die Abwrackprämie subventioniert, und die Hotelbetreiber erhielten als Geschenk einen verminderten Steuersatz auf Übernachtungen. Für die Flüchtlinge werden 100 Mrd Euro bereitgestellt. Beim öffentlich rechtlichen Rundfunk und Fernsehen wird ebenso wie bei den Krankenkassen und Kirchen staatlich geregelt, daß sie Mitgliedsbeiträge und Steuern erheben dürfen. Nur für die Künstler/innen fühlt sich niemand zuständig, sie können zusehen, wo sie bleiben."
Gerade vor dem Hintergrund, daß der neue Chef der Volksbühne 23 Millionen Euro dafür erhält, daß er aus dem letzten Überbleibsel der DDR-Kultur ein Tanztheater macht, in dem fast ausschließlich teure Tänzer aus dem Ausland engagiert werden, kann man nicht nachvollziehen, warum die Stadt keine 1200 Euro für zwei Grundeinkommenskonzerte übrig haben soll. Mit 23 Millionen Euro könnte man allen Berliner Künstlerinnen und Künstlern ein monatliches Gehalt von 1000 Euro zahlen.
Davon abgesehen ist diese gesellschaftskritische Kunst, wie Kerstin Gundt sie betreibt, für eine Demokratie unverzichtbar. Das Kulturamt hat aber lieber Tanzprojekte und Musik aus den Bereichen Techno, Elektro und Robotermusik gefördert. Und das soll von größerer gesellschaftlicher Relevanz sein als ihre Grundeinkommenskonzerte? Ihrer Meinung nach sollte Musik handgemacht sein, natürlich und menschlich klingen und eine Botschaft haben. Das ist aber spätestens dann nicht der Fall, wenn die Künstler nicht die deutsche Sprache beherrschen. Ein drittel der geförderten Projekte ging an Ausländer, von denen die meisten kein Deutsch sprechen. Eins dieser Projekte besteht sogar darin, die deutsche Sprache zu verfälschen. "Das geht zu weit", sagt Kerstin Gundt. "Das darf nicht sein." Sie fühlt sich benachteiligt. Auch als Frau fühlt sie sich zu kurz gekommen, denn während 8 Projekte von Männern gefördert wurden, waren es nur 5 von Frauen. Das ist alles nicht fair.
Das Argument, ihre Grundeinkommenskonzerte würden der Selbstvermarktung dienen, und das sei nicht förderungswürdig, ist an den Haaren herbeigezogen und zeigt, wie armselig Frau Juretzka in ihrem Denken ist. Damit macht sie sich lächerlich, denn jeder Künstler braucht für eine CD Produktion Geld und will die fertige Scheibe dann natürlich auch vor einem Publikum präsentieren. Das Kulturamt macht sich mit diesem Argument unglaubwürdig, denn die Grundeinkommenskonzerte wurden bereits abgelehnt, bevor überhaupt bekannt war, dass damit eine Crowdfunding Kampagne zur Produktion einer CD gestartet werden sollte.
Kerstin Gundt wollte eine Crowdfunding-Kampagne durchführen, um das Geld für ihre CD "Grundeinkommen macht glücklich" zu sammeln, und ein Konzert geben, um die Kampagne bekannt zu machen. Anschließend sollte es nach der CD-Produktion ein Record-Release-Konzert geben. Das ist ein völlig normales Vorgehen unter Musikern. Hartz-IV-Empfänger bekommen in der Regel keine Anschubfinanzierung für ihre Selbständigkeit und müssen von den 13 Euro, die sie am Tag zur Verfügung haben, auch noch in ihre Geschäftstätigkeit investieren. Wenn sie Gewinn machen, werden ihnen davon 80 Prozent sofort wieder abgezogen. Wie soll man unter solchen Umständen erfolgreich werden?! Jede Investition in die Selbständigkeit gefährdet das Überleben. Es hat den Anschein, daß hier mit formalen Argumenten verhindert werden sollte, dass es gesellschaftskritische Konzerte gibt. Kerstin Gundt widerspricht: "Es geht nicht um Marketing, sondern um ein gesellschaftlich relevantes Thema!"
Nach dem Prozess ist ihr klar, dass sie von diesem Staat keine Hilfe zu erwarten hat. "Ich wollte mal austesten, ob ich überhaupt staatliche Förderungen bekommen würde. Ich konnte nicht glauben, dass es wirklich so ist, aber in diesem Land, wo man heutzutage zum Bücher veröffentlichen, CDs produzieren und zum Auftreten auch noch Geld bezahlen muss und einen keiner dabei unterstützt, herrscht eine Diktatur des Geldes. Wir sind nicht besser als die DDR. Heute hat man ohne Geld keine Chance, bekannt zu werden. In der DDR waren die Künstler sozial abgesichert und hatten die Aufgabe, sich dem Volk zu präsentieren. Heute darf man auch nicht mehr seine Meinung sagen, und es gibt keine Möglichkeit, sie zu verbreiten und davon zu leben, wenn man gegen den Strom schwimmt."
Dass die DDR nicht alles toleriert hat, findet Kerstin Gundt gar nicht so verkehrt: "Wir befinden uns gerade in einem sittlichen und moralischen Verfall. Punk, Heavy Metall, Grufti, Horror, Action, Thriller, Krimis, star wars, Tattoos und Piercings, schwarze Klamotten sowie perverse Praktiken wie Sado Maso und satanische Messen führen zu zunehmender Aggressivität und sinkendem Mitgefühl. Ordinäre Bücher wie 'Feuchtgebiete' und das Gorki-Theater, in dem sich seit der neuen Migrantenintendantin kein Schauspieler mehr findet, der akzentfrei Deutsch spricht, wo man sich über heterosexuelle Personen lustig macht und wo Parolen wie 'Nieder mit Deutschland!' skandiert werden, sind in meinen Augen der Untergang unserer Kultur. An den geförderten Projekten des Kulturamtes zeigt sich, wie tief wir gesunken sind."
Wenn es nach ihr ginge, würde in erster Linie Kunst gefördert, die sich sozial einmischt und die etwas zu sagen hat. Sie kommt zu dem Schluss: " Mit einem Grundeinkommen wäre es möglich, dass die Menschen sich ganz ihrer Berufung widmen könnten. Sie wären viel produktiver und müssten ihre Zeit nicht länger damit vergeuden, sich mit dem Job Center herumzuschlagen oder widerwillig zur Arbeit zu gehen. Von Hartz IV kann kein Mensch dauerhaft leben, ohne Schaden davonzutragen. Jeder große Geist kann sein kreatives Potential nur dann voll entfalten, wenn er frei von Existenzsorgen ist. Ohne finanzielle Unterstützung kann man nicht groß rauskommen. Aber genau das ist mein Ziel. Geben Sie den Dichtern und Denkern eine Chance, so wird unser Land reicher und blühender. Ein Land ohne innovative Ideen und kreative Impulse ist auf Dauer nicht zukunftsfähig.“
Kerstin Gundt hat jetzt den "Freundeskreis Kerstin Gundt zur Förderung politischer Kunst und Menschenwürde" gegründet. Wer ihre Arbeit unterstützen möchte, kann gerne Mitglied werden. Damit es auch morgen noch gesellschaftskritische Lieder und Texte gibt. Kontakt über die Redaktion möglich.
Online-Flyer Nr. 624 vom 02.08.2017