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Aktueller Online-Flyer vom 27. Dezember 2024  

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Medien
Rezension und Buchzusammenfassung des Medienkritik-Kompendiums von Jens Wernicke
Lügen die Medien?
Von Ullrich Mies

In seinem Buch hat Jens Wernicke die Stellungnahmen von 22 MedienexpertInnen versammelt, die er über einen Zeitraum von zwei Jahren interviewt hat. Die Frage „Lügen die Medien?“ beantworten die einzelnen Interview-PartnerInnen sehr unterschiedlich. Manche verneinen sie, andere bejahen sie uneingeschränkt. Das ist auch kein Wunder, schließlich kommen die Interviewpartner aus den unterschiedlichsten beruflichen Zusammenhängen und ideologischen Lagern. Diese Bandbreite macht die Lektüre spannend und alle kritischen LeserInnen werden sich — je nach Schärfe der eigenen Medienkritik — mit der einen oder anderen Position identifizieren können.

Neben den Interviews hat Wernicke auch zwei Grundsatzartikel aufgenommen. In „Der Mythos der freien Presse“ entlarvt Noam Chomsky die so genannte freie Presse des Westens und stellt kategorisch fest: „Die Massenmedien im eigentlichen Sinn haben im Wesentlichen die Funktion, die Leute von Wichtigerem fernzuhalten. Sollen die Leute sich mit etwas anderem beschäftigen, Hauptsache sie stören uns nicht — wobei ‚wir‘ die Leute sind, die das Heft in der Hand halten. [...] Sie [die Elitemedien, U.M.] stehen also ganz an der Spitze der Machtstruktur der Privatwirtschaft, einer extrem tyrannischen Struktur. Diese Unternehmen sind strukturell gesehen nichts weiter als Tyranneien, hierarchische Gebilde, die von der Spitze aus kontrolliert werden. Wer sich damit nicht abfinden kann, fliegt raus.“ (S. 110f)

„Und auch das ist vorhersehbar angesichts der institutionellen Struktur — weshalb sollten die Strippenzieher sich auch selbst enttarnen? Weshalb sollten Sie zulassen, dass ihre Ziele einer kritischen Analyse unterzogen werden? [...] Die führenden Leute in diesen drei Bereichen [aus Wirtschaft, Propaganda-Branche und so genannte Intellektuelle, U.M.] sagen alle, ich zitiere sinngemäß: Die Masse der Bevölkerung besteht aus ‚ahnungslosen und lästigen Außenseitern‘. Die müssen wir aus der öffentlichen Arena heraushalten, weil sie zu dumm sind und uns nur Schwierigkeiten machten, wenn sie sich beteiligten.“ (S. 113)

In einem spannenden Beitrag der „Forschungsgruppe zu Propaganda in Schweizer Medien“ mit dem Titel „Wie globale Nachrichtenagenturen und westliche Medien Propaganda verbreiten“ untersuchen die Wissenschaftler insbesondere die fatale Rolle der PR-Agenturen und ihren Einfluss auf die gesamte Nachrichtenberichterstattung.

„Sie sind Schlüssel Institutionen mit substantieller Bedeutung für jedes Mediensystem. Sie sind das unsichtbare Nervenzentrum, dass alle Teile dieses Systems verbindet.“ (S. 156)

„Im Endeffekt entsteht durch diese Abhängigkeit von den globalen Agenturen eine frappierende Gleichartigkeit in der internationalen Berichterstattung: Von Wien bis Washington berichten unsere Medien oftmals über dieselben Themen und verwenden dabei sogar vielfach dieselben Formulierungen […].“ (S. 159)

„Zu den aktivsten Akteuren im ‚Einschleusen‘ von fragwürdigen geopolitischen Nachrichten gehören dabei die Militärs und Verteidigungsministerien […].“ (S. 163)

„Mithilfe der Medien bestimmen die Militärs die öffentliche Wahrnehmung und nutzen sie für ihre Planungen.“

„Die Spezialabteilungen für Öffentlichkeitsarbeit im Pentagon und in den Geheimdiensten sind zu Kombattanten im Informationskrieg geworden.“ (S. 164)

„[…] die Agenturen können irgendeinen Mist publizieren und es wird von den Redaktionen dennoch aufgenommen.“ (S. 165)

„Doch ohne die zentrale Rolle der globalen Agenturen wäre die weltweit synchronisierte Verbreitung von Propaganda und Desinformation unmöglich so effizient realisierbar.“ (S. 165)

Für Noam Chomsky, aber auch die meisten Medienexperten, die in diesem Band zu Wort kommen, ist Medienkritik ohne Herrschaftskritik undenkbar. Sie halten die Medien für einen integralen Teil des politischen und ökonomischen Herrschaftsbetriebes. Die Medien als kontrollierende 4. Gewalt im Staat seien eine Wunschvorstellung, vielmehr sind sie Transmissionsriemen und Verstärker der ökonomisch Mächtigen und ihrer Funktionseliten in der Politik, die in trauter Eintracht und Symbiose gegen die 99 Prozent arbeiten. „Denn je genauer man sich die Fakten beschaut, umso klarer wird, dass nicht etwa die Medien im Sinne der Bevölkerung die Politik kontrollieren, sondern dass eine Clique aus Reichen und Mächtigen die Bevölkerung — und somit eben auch die Politik — kontrolliert.“ (S. 338)


Es folgen einige markante Zitate der Interviewten:

„Ja, lügen die Medien denn nun oder nicht?“ von Walter van Rossum, Medienkritiker und Investigativjournalist:
„Massenmedien waren stets Teil des Spiels und also Sprachrohr für den vorherrschenden Konsens unter den Eliten.“ (S.23)
„Im Übrigen beruht auch das Betriebssystem unserer Gesellschaft als solcher auf einem nahezu geschlossenen Konformismus […] Journalismus ist eine Ware in neoliberal optimierten Betrieben. Ökonomisch gesehen sind die allermeisten journalistischen Produkte Verpackung für Werbung, von der die Blätter leben.“ (S. 25)
„Was wir hier konstatieren müssen, ist also mehr eine Selbst-Gleichschaltung und Selbst-Unterwerfung der Journalisten denn so etwas wie eine konzertierte Aktion.“ (S. 26)

„Wenn Regierungen lügen und Medien mitmachen“ von David Goeßmann, freier Journalist:
„Die Medien geben die offizielle Version wieder und filtern die ‚unangenehmen Tatsachen’ möglichst aus. So werden Blicke hinter die glitzernden Zahlenfassaden der Mächtigen vermieden.“ (S. 34)
„Ein zentrales öffentliches Gut [die Medien, U.M.] einer Klasse von reichen Verlegern, Investoren und Unternehmern in die Hände zu geben, ist sicherlich keine gute Idee.“ (S. 38)

„Das Ende des Journalismus wie wir ihn kannten“ von Ulrich Teusch, freier Publizist:
„Wenn meine Analyse zutrifft, müssten sich Journalisten dringend die Frage vorlegen, ob wahrhaftiger, integrer Journalismus innerhalb solcher Strukturen überhaupt möglich ist, oder zumindest die Frage, warum sie mit den Strukturen nicht viel öfter in Konflikt geraten.“ (S. 49)

„Öffentlich-rechtlicher Gesinnungsjournalismus“ von Volker Bräutigam, u.a. 1975-1985 Tagesschau-Redakteur beim NDR in Hamburg:
„Statt einer eigenen Antwort […] zitiere ich lieber den bewundernswerten Journalisten Peter Scholl-Latour. Pointierter als er könnte auch ich nämlich nicht beschreiben, was los ist: ‚Wir leben in einem Zeitalter der Massenverblödung, besonders der medialen Massenverblödung‘.“ (S. 55)
„Für ihr Unwesen würde ich sie [die Medien, U.M.] allerdings nicht ‚Lügenpresse‘ nennen, denn das wäre mir zu allgemein und milde. Als Kriegshetzer würde ich sie gegebenenfalls bezeichnen, als journalistische Friedensverräter, Beschleuniger von Völkerrechtsverbrechen, als Wasserträger von Bonzen und Magnaten, je nachdem, was zutrifft.“ (S. 62)

„Viele Wahrheiten sind zu unangenehm“ von Ulrich Tilgner, u.a. 30 Jahre Korrespondent aus dem Mittleren Osten:
„Unter dem Druck des Sparzwangs verstärken Redaktionen ihren Machtzuwachs und nutzen diesen, um die Berichterstattung zu entpolitisieren. […] die Formierung der Leitmedien ist längst vollzogen, ohne dass Zensur oder Verbot deswegen notwendig geworden wären.“ (S. 66)
„Die Medien lügen nicht — sie verkürzen, unterschlagen, verdrehen und verfälschen.“ (S. 70)
 „Das Verkümmern des kritischen Journalismus ist für mich Ausdruck eines sich wieder und weiter ausbreitenden ‚Mitläufertums‘.“ (S. 75)

„Politische Propaganda und wie wir sie durchschauen können“ von Stefan Hebel, u.a. langjähriger Redakteur der Frankfurter Rundschau:
„Was schief läuft? Um es in zwei Sätzen zusammenzufassen: Die Nähe zwischen dem politischen Journalismus und dem Politikbetrieb […].“ (S. 76)
„Es fehlt an kritischer Distanz. […] nicht auf allen Seiten und Sendeplätzen, aber doch an vielen entscheidenden Stellen. […] die Spielräume, die es gibt und um die es zu kämpfen gilt, werden meines Erachtens viel zu selten genutzt. Vom Versuch, sie zu erweitern, ganz zu schweigen.“ (S. 77)

„Wir dürfen uns den Begriff ‚Lügenpresse‘ nicht von den Rechten aus der Hand schlagen lassen“
von Werner Rügemer, interventionistischer Philosoph:
„Überhaupt nur in 25 von 151 Reaktionen wurden nach dem Krieg keine NS-Journalisten beschäftigt. Das waren neben der Frankfurter Rundschau — vor allem kleinere regionale Zeitungen.“ (S. 87f)
„Doch die Westalliierten, die sich wahrheitswidrig als Antifaschisten ausgaben, machen gerade diese nazifreien Zeitungen zwangsweise noch vor Gründung der BRD gnaden- und ausnahmslos dicht. [...] Die zweite Lüge der Wendehälse bestand im Schweigen über ihre Schreibtisch- und Schlachtfeld-Verbrechen. Die ehemaligen NS-Journalisten bildeten eine Verschwörungsgemeinschaft, eine Art Schweigekartell.“ (S. 88)
 „Die […] Leitmedien zeigten sich seit ihrer Gründungslüge auch weiter professionell opportunistisch, je nachdem, was die Verteidigung der neuen ‚westlichen Wertegemeinschaft' erforderte.“ (S. 94)

„Keine Demokratie ohne Demokratisierung der Medien!“ von Eckart Spoo, deutscher Journalist und Publizist:
„Ja, wo Linke sich zum Zwecke des Verstehens, der Verständigung und der Aufklärung mit den Erkenntnissen von Marx und Engels vertraut machen und […] von Klassengegensätzen sprechen, werden die Rechten dies […] als ‚undifferenziert‘, ‚unwissenschaftlich‘, ‚überholt‘, ‚verstaubt‘ und ‚ideologisch‘ zurückweisen und ihrerseits den Vorwurf der Propaganda erheben.“ (S. 97)
„Ohne Medienkritik sind wir der Propaganda der Mächtigen ohnmächtig ausgeliefert.“ (S. 98)
„Diese Entwicklung zur publizistischen Einfalt muss als tödliche Gefahr für Freiheit und Demokratie verstanden werden.“ (S. 99)

„Warum den Medien nicht zu trauen ist“ von Uwe Krüger, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Journalistik an der Universität Leipzig:
„Auf jeden Fall ist die Wut der Mediennutzung größer geworden und das Empfinden gewachsen, dass der Meinungskorridor zu eng ist. Ich glaube, dass der Mainstream […] in engem Zusammenhang mit dem Elitendiskurs steht, also dass die Meinungsspanne in die Medien ungefähr der Meinungsspanne in den politischen Eliten entspricht.“ (S. 124)
„Es gibt keinen Puppenspieler, Journalisten sind keine fremdgesteuerten Marionetten. Aber sie stecken in bestimmten Zwängen und Routinen der Nachrichtenproduktion, stehen unter permanentem Aktualitätsdruck, orientieren sich an Konkurrenzmedien und Nachrichtenagenturen, und sie folgen in der Themenagenda und bei der Rahmung dieser Themen oft den Vorgaben der Politikelite.“ (S. 126)
„Mein Punkt ist aber, dass sich der mediale Mainstream kaum von Fakten irritieren lässt, die nicht ins vorgefertigte Narrativ passen.“ (S. 128)
„Besonders auffallend war die Einbindung von außenpolitisch tonangebende Journalisten in ein transatlantisch geprägtes Elitenmilieu.“ (S. 128)

„Massenmediale Ideologieproduktion“ von Rainer Mausfeld, Professor em., an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel:
„Wenn man den Indoktrinationscharakter der Medien besser verstehen will, muss man zunächst ihre politischen und ökonomischen Funktionen in der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung untersuchen.“ (S. 135)
„Sie [die Medien, U.M.) dienen also dazu, uns indirekte, nämlich medial vermittelte Erfahrungen über sozialrelevante Aspekte der Welt bereitzustellen, durch die erst unser Bild von der gesellschaftlichen und politischen Realität  erzeugt und geformt wird.“ (S. 136)
„Um diese normative Funktion erfüllen zu können, darf das durch die Medien vermittelte Bild der politischen Realität nicht in systematischer Weise  zugunsten bestimmter Interessengruppen verzerrt sein.“ (S. 136)
„Die gegenwärtigen Formen repräsentativer Demokratien sind Elitedemokratien, also de facto Wahloligarchien.“ (S. 137)
„Folglich spiegeln Medien bestehende Machtstrukturen nicht nur wider, sondern werden zunehmend selbst zu politischen Akteuren zur Stabilisierung und Erweiterung dieser Strukturen.“ (S. 138)
Die „Bereitschaft und Willfährigkeit“ [der Leitmedien, U.M.], „das Weltbild transatlantischer neoliberaler und transatlantischer Eliten zu vermitteln“, […] „[…] hat zur Folge, dass Fakten, die nicht in dieses Weltbild passen, immerhin hemmungsloser [verschwiegen oder verzerrt werden, U.M.]. So erschaffen sie medial eine gesellschaftliche und soziale Realität, in der die wichtigsten Fragen gar nicht erst vorkommen und die tatsächlichen Konflikte vernebelt und verschleiert werden.“ (S. 140)

„Wie die Public-Relations-Industrie mitregiert“ von Jörg Becker, Honorarprofessor für Politikwissenschaft:
„War die PR 1950 noch der Bittsteller des Journalismus, so ist der Journalismus inzwischen zum Bittsteller und zum Knecht der PR herabgesunken.“ (S. 186)
„Ich spreche nur deswegen so häufig gerade von dieser Allianz [zwischen PR-Industrie und Krieg, U.M.] weil Krieg der Extremfall der menschlichen Existenz ist und weil die systematische Verblödung von Politik und Öffentlichkeit im Auftrag von Regierungen gerade dort besonders anstößig ist.“ (S. 189)

„Die symbolische Dekonstruktion des Sozialstaates als elitäres PR-Projekt“ von Michael Walter, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungszentrum SOCIUM der Universität Bremen
„Was wie Verschwörungstheorie klingt, erweist sich bei näherer Betrachtung der Fakten leider allzu oft als wahr: Organisationen wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und zahlreiche andere arbeiten unter Aufwendung hoher Summen und wissenschaftlicher Expertise daran, Sozialabbau als ‚Modernisierung‘, Verarmung als ‚notwendig‘ und ‚gerecht‘ und Privatisierung als ‚gut für alle‘ zu erklären […]“ (S. 196)
„[…] man kann anhand der Öffentlichkeitsarbeit der genannten Reforminitiativen beobachten, wie eine versammelte Elite in und für die Geschichte der Bundesrepublik beispielloser Weise versuchte, mit Mitteln des politischen Marketings eine neue Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung zu etablieren.“ (S. 197)

„Wie der BND die deutschen Medien steuerte“ von Erich Schmidt-Eenboom, Leiter des Forschungsinstituts für Frieden Politik e.V. In Weinheim/OBB:
„Ich kann nicht erkennen, dass es dem deutschen Journalismus mehrheitlich an kritischer Distanz zu den Diensten oder den nationalen Interessen der Bundesregierung mangelt.“ (S. 224)

„Krieg um die Köpfe“ von Klaus-Jürgen Bruder, Professor, Emeritus der Freien Universität Berlin:
„Was macht der Krieg aus den Menschen? Was macht die Vorbereitung des Krieges aus den Menschen? Was der alltägliche Krieg aller gegen alle?“ (S. 230)
„Im Fall der Kriegszustimmung beobachten wir vor allem eine Taktik der ständigen Tabubrüche und deren freche Kommentierung durch die Tabubrecher.“ (S. 231)
„Wir wissen ja, wie ‚geduldig‘ eine Bevölkerung ist, wenn man sie allmählich an etwas gewöhnt, wir kennen das Weggesehen, Ohrenverschließen und Schweigen beispielsweise angesichts von Staatsterrorismus, Demokratiezerstörung, Menschenfeindlichkeit, sozialer Stigmatisierung und Exklusion bis hin zum Nichtwahrnehmen von Serienmorden wie in den KZ.“ (S. 231f)
„Es ist die Macht, die lügt. Man könnte sogar sagen, […] Macht sei geradezu dadurch charakterisiert, ‚zu tun, was man nicht sagt, und zu sagen, was man nie tun wird; Mehreres zugleich zu sagen und genau das Gegenteil zu tun‘. Und die Rolle der Presse ist es, die Lüge der Macht zu verbreiten.“ (S. 232)

„Es begann mit einer Lüge“ von Kurt Gritsch, Lehrbeauftragter an der Academia Engiadina in Samedan:
„Ich habe […] die Konfliktberichterstattung [zum Kosovokrieg, U.M.] von FAZ, SZ, Zeit, Spiegel und TAZ im Krisenjahr 1998 bis vor Kriegsbeginn im März 1999 punktuell analysiert.“
„Auffallend war, dass alle fünf untersuchten Zeitungen zu keinem Zeitpunkt deeskalierend berichtet haben, wie dies beispielsweise die UNESCO-Mediendeklaration von 1978 verlangt, sondern stattdessen ein militärisches Eingreifen der NATO forderten.“ (S. 238f)
Aber auch Versuche der Bestechung und Einbindung von Journalisten, Informationskontrolle sowie das Timing von Wissen unter Gesichtspunkten der Medienwirksamkeit gehören zu den Aufgabenbereichen von PR.“ (S. 244)

„Vorsicht, Verschwörungstheorie!“ von Daniele Ganser, schweizer Historiker, Friedensforscher:
„Wir stecken heute mitten im Informationskrieg“. (S. 249)"
„Es ist heute wichtig zu verstehen, dass die Massenmedien in diesem laufenden Informationskrieg benutzt werden, um die Menschen zu lenken und zu steuern.“ (S. 249f)
„Die Aufgabe der Kriegspropaganda ist es, diese unschönen Fakten in den Hintergrund zu rücken und den Krieg als wertvollen Beitrag im Kampf für die Menschenrechte darzustellen.“ (S. 250)
„Die Machtelite mag es nicht, wenn ihre Strategien, die jenseits aller Ethik ablaufen und nur darauf abzielen, mehr Geld geht und mehr Macht anzusammeln, demaskiert werden.“ (S. 251)
„Außerdem versucht die Machtelite nach wie vor, die kritischen Stimmen mit dem Vorwurf ‚Das sind doch alles Verschwörungstheoretiker‘ mundtot zu machen.“
„Wer den Machtmissbrauch des Imperiums aber anspricht, und der ist empirisch messbar, wird in den NATO-Ländern dann umgehend als ‚Anti-Amerikaner‘ stigmatisiert. Das ist Teil des Informationskrieges.“ (S. 252)

„Die alltägliche Manipulation“ von Maren Müller, Vorsitzende der Ständigen Publikums Konferenz der öffentlich-rechtlich Medien e.V.:
„Was allerdings teilweise an grenzwertigen, banalen, unwahren und propagandistischen Inhalten über die Kanäle der 22 öffentlich-rechtlich TV-Sender und deren 64 Radioprogramme schwappt, ist schwer zu ertragen“ (S. 259)
„Nur eine umfassend und wahrheitsgemäß informierte Gesellschaft ist in der Lage, demokratisch, bewusst und angemessen Entscheidungen über das tägliche Leben zu treffen.“ (S. 260)
„Wir werfen der ARD vor, entgegen der Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages das Publikum mittels Informationen, Falschaussagen und Auslassungen wichtiger Informationen über Wochen und Monate regelrecht überzogen zu haben.“ (S. 264)
„Unter Verletzung ihres gesetzlichen Auftrages hat die ARD somit in manipulativer Weise Ressentiments geschürt und Feindbilder kreiert, die den Zusammenhalt der Völker in Europa gefährden und im eigenen Land die gesellschaftliche Spaltung forcieren.“ (S. 265
„Die Berichterstattung trägt staatspropagandistische Züge und ist geradezu regierungsfromm.“ (S. 272)

„Die regulär vernachlässigten Themen“ von Hektor Haarkötter, Fachbereichsleiter Journalismus und Kommunikation an Gerhard HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft am Campus Köln:
„Die Initiative Nachrichtenaufklärung möchte darauf aufmerksam machen, dass viele Themen medial unter den Tisch fallen […].“ S. 274
„Es fällt [… ] auf, dass gerade die ‚großen‘ Themen, bei denen es buchstäblich um Leib und Leben geht, medial unterrepräsentiert sind: Militärische Konflikte oder auch Fragen nach der Einkommensverteilung und der Ernährungssituation in der Welt sind nicht gerade journalistische Dauerbrenner […].“ (S. 275)
„Ich bin kein Freund ökonomistischer Engführungen […].“ (S. 276)
„Der Begriff Lüge unterstellt […] eine Intentionalität, dass also absichtsvoll die Wahrheit verschleiert oder gar das Gegenteil von Wahrheit verbreitet würde. Hier sind bei einem so ausdifferenzierten Mediensystem wie dem Deutschen wohl schon die Marktgesetze vor: Würde ein Medium absichtsvoll die Unwahrheit behaupten, würden sich doch die anderen Medienhäuser oder Sender mit Wonne darauf stürzen.“ (S. 277)

„Mit Fakten lügen“ von Sabine Schiffer, Leiterin des Instituts für Medienverantwortung:
„Jenseits bewusster Entscheidungen zum Weglassen wichtiger Informationen kann nämlich bereits das sogenannte Framing — also die Wahrnehmungsschablone, durch die man etwas betrachtet — mit darüber entscheiden, was man für relevant hält und was nicht, was man wahrnimmt und was nicht.“ (S. 286f)
„Zum Beispiel ist gerade mit Blick auf Russland und die Türkei der Blickwinkel der NATO in den Medien absolut dominant. [...] Das Wording ist darin meist schon vorgegeben, und das ist ganz entscheidend für die Wahrnehmung eines Sachverhalts.“ (S. 287)
„Allein die nicht Hinterfragung vorgegebener Sprachregelungen führt daher bereits zu Verzerrungen bis hin zur Propaganda.“ (S. 288)

„Die Freiheit, die sie meinen“ von Gert Hautsch, viele Jahre Redakteur, Publizist:
„[…] die große Linie in der Berichterstattung der Massenmedien folgte immer schon den Interessen der Herrschenden […].“ (S. 294)
„Von den zwanzig größten privaten Medienkonzernen in Deutschland gehören sechzehn Einzelverlegern oder Familienclans.“ (S. 295)
„ […] der Einzelverleger ist auch der Inhaber der Pressefreiheit, nicht etwa der Redakteur oder die Redakteurin. Er oder sie hat das Recht, [die, U.M.] Redaktion auf Linie zu zwingen. (S. 297)
„Man wird gezielt eingeladen, trifft sich, duzt sich mitunter, tauscht sich aus - & irgendwann identifiziert sich der Medienmensch dann mit jenen, über die eigentlich kritisch zu berichten wäre.“ (S. 296)
„Ja, ‚Störer‘, die sich nicht an die Eigentümer-Linie halten, dürfen aus politischen Gründen gemaßregelt oder sogar entlassen werden.“ (S. 298)
„Heute haben wir in allen strategischen Fragen der Wirtschafts-, Sozial- und Außenpolitik den neoliberalen Konsens.“ (S. 300)

„Von innerer Pressefreiheit kann keine Rede sein“ von Rainer Butenschön, politischer Redakteur:
„Das Problem ist: Die veröffentlichte Meinung wird unter nicht-öffentlichen Umständen produziert.“ (S. 303)
„Einige wenige Konzerne und ihren Interessen bestimmen die veröffentlichte Meinung.“ (S. 304)
„Ich bin deshalb der Überzeugung: Es wird keine entfaltete Demokratie geben ohne die Entprivatisierung, ohne die Demokratisierung der Massenmedien. [...] Die Geschäfts- und Machtinteressen der Lenker der Konzernmedien sind vielfach identisch mit denen der Lenker anderer Konzerne, die sich bekanntlich krass von den Interessen der ’99 Prozent’ unterscheiden.“ (S. 305)
„Warnend hat dazu Ossietzky-Herausgeber Eckart Spoo angemerkt, wir dürften uns die bürgerlichen Journalisten im Nazi-Reich nicht so grundsätzlich verschieden von den heutigen vorstellen.“ (S. 306)

„Eine Zensur findet statt“ von Markus Fiedler, Biologe, Filmautor:
„Üblicherweise geschieht […] eine Zensur mit dem Ziel, die Machtstruktur in einem Staat zu erhalten.“ (S. 315)
„Überdies ist es für mich mehr als offensichtlich, dass es den Architekten dieser ausgelagerten Staatszensur weniger um verfassungsfeindliche Hassreden, sondern mehr um Meinungslenkung und -kontrolle geht.“ (S. 316)
„Wirklich spannend wird es aber dann, wenn man Zensur nicht mehr als Machenschaften des Staates definiert, sondern wichtige Medien selbst auf Ihre Un- und Überparteilichkeit hin überprüft. In diesem Falle kommt man sehr rasch zu der Erkenntnis, dass Zensur in unserem Lande sozusagen allgegenwärtig ist, nur eben nicht vom Staat, sondern stattdessen von anderen Kreisen im Sinne der Ausgrenzung und Unterdrückung von Minderheitenpositionen betrieben wird. Wikipedia ist ein Paradebeispiel hierfür.“ (S. 316)
„Die Wikipedia ist offiziell ein Lexikon, inoffiziell aber ein Machtinstrument, um die Meinung der Massen in die von den Eliten gewünschte Richtung zu lenken.“ (S. 319, Hervorhebung im Original)
„Pressefreiheit beschreibt vor allem die Freiheit unsere Eliten, ihre Meinung in ihren eigenen Presseorganen zu veröffentlichen. Die Meinungsfreiheit des Journalisten endet in der Redaktion, die des Redakteurs spätestens beim Herausgeber der Zeitung. (S. 319)

„Zur Pressefreiheit gehört auch die Freiheit zur Kritik an der Presse“ von Daniela Dahn, Schriftstellerin und Publizistin:
„Die sich auch gern Leitmedien nennenden Organe verlieren diese Leithammel-Funktion immer mehr.“
(S. 324)
„Viele Leser sind inzwischen besser informiert als die permanent unter Zeitdruck arbeitenden Journalisten.
[...] Kritik an den grundsätzlichen Problemen wurde in der Tat aber ausschließlich im rechten Spektrum verortet. Die Denunziation der Kritiker als wirksamste Form, die Kritik selbst zu entsorgen. [...] Noch bequemer ist der Versuch, seriöse wissenschaftliche Analysen, gut recherchierte polemische Essays und anspruchsvolle alternative Webseiten öffentlich gar nicht zur Kenntnis zu nehmen. [...] Die von den Kritikern angesprochenen Schmerzzonen bleiben tabuisiert.“ (S. 325)
„Besonders viele Tabus und Einseitigkeiten finden sich dort, wo es wirklich um Macht, Geschäfte und Einflusssphären geht, also in der Außenpolitik. Was treiben die 27.000 allein vom Pentagon bezahlten PR-Leute eigentlich? So viel Power allein im Dienste der Wahrheit? [...] Deutungshoheit ist wichtiger als militärische Lufthoheit geworden.“ (S. 327)
„Die großen Zeitungen, Privatsender und Internetplattformen sind Waren, die sich verkaufen und Werbekunden bei Laune halten müssen.“ (S. 329)


Lügen die Medien?
Propaganda, Rudeljournalismus und der Kampf um die öffentliche Meinung




Herausgegeben von Jens Wernicke
Mit Beiträgen von Walter van Rossum, David Goeßmann, Ulrich Teusch, Volker Bräutigam, Ulrich Tilgner, Stephan Hebel, Werner Rügemer, Eckard Spoo, Noam Chomsky, Uwe Krüger, Rainer Mausfeld, Jörg Becker, Michael Walter, Erich Schmidt-Eenboom, Klaus-Jürgen Bruder, Kurt Gritsch, Daniele Ganser, Maren Müller, Hektor Haarkötter, Sabine Schiffer, Gert Hautsch, Rainer Butenschön, Markus Fiedler, Daniela Dahn (überwiegend von Jens Wernicke geführte Interviews)
Westendverlag Frankfurt 2017
368 Seiten, 18 Euro


Siehe auch:

Lügen die Medien? Propaganda, Rudeljournalismus und der Kampf um die öffentliche Meinung
Gezüchtete Unschärfen
Buchtipp von Harry Popow
NRhZ 631 vom 04.10.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24194

Im Kampf gegen den Manipulations-Journalismus
Das NEUE DEUTSCHLAND macht sich zum Affen
Von Ulrich Gellermann
NRhZ 632 vom 11.10.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24226

Online-Flyer Nr. 632  vom 11.10.2017



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