NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 24. November 2024  

Fenster schließen

Kommentar
Antisemitismus-Behauptung als Diffamierung
Das ND macht in Schweinejournalismus
Von Ulrich Gellermann (mit Leserbrief von Klaus-Jürgen Bruder)

Schon in seiner Überschrift behauptet jüngst ein Autor des Neuen Deutschland (ND), der Zeitung der Linkspartei, die „Neue Gesellschaft für Psychologie“ stehe ‚womöglich‘ vor einer Spaltung. Die „Neue Gesellschaft für Psychologie“ ist jener verdienstvolle Verein, der sich seit Jahr und Tag müht, das eher Subjektive, Psychologische mit der materiellen Realität zu verbinden. Davon zeugen vor allem die Kongresse der Gesellschaft, die sich mit handfesten Themen wie der Medienmanipulation oder, wie jüngst, der „Paralyse der Kritik: Eine Gesellschaft ohne Opposition“ auseinandersetzen. Da spaltet sich zwar nix, aber das ND will offenkundig eine Spaltung herbei schreiben.

Nun könnte man sagen: Was soll’s, haben die nix besseres zu tun? Wenn der Internet-Artikel nicht mit einem obskuren Foto aufgemacht wäre, das auf einer Kachelwand die gesprayte Forderung „Gegen jeden Antisemitismus!“ zeigt. Wessen Antisemitismus, wann und wo gemeint ist, mag das Blatt seinen Lesern nicht genauer erklären. Aber als Illustration zu einem Artikel über die „Neue Gesellschaft für Psychologie“ muss es wohl deren Judenhass sein, den das ND, ohne jeden Beweis, versteht sich, mal eben ins Blaue bläst. Diese miese Art des Verdächtigungs-Journalismus kennt man aus Konzern- und Staatsmedien. Nun aber auch von der LINKEN.

Um dem Spaltungs-Artikel einen Hauch von Authentizität zu verleihen, wird der düsterere Brief einer wirren Truppe von Antideutschen zitiert, der behauptet, die „Neue Gesellschaft für Psychologie“ sei "weitgehend in den verschwörungsideologischen Sumpf der Querfront eingegangen". Auch sei von „friedenspolitisch verbrämtem Antiamerikanismus“ und „strukturellem Antisemitismus“ die Rede. Es gibt Journalisten, die prüfen solch schwere Vorwürfe. Von solchem Ehrgeiz ist das ND frei. Im Gegenteil, als der erste kritische Leserbrief an die LINKEN-Zeitung, mit einer Abo-Kündigung beschwert, in der Redaktion eintrudelte, antwortete der Chefredakteur mit dem Märchen vom "Feld der Meinungsfreiheit".

Auch diese Sätze aus dem ND-Spaltungs-Artikel mag der ND-Chef keineswegs monieren: „Der Antisemitismusvorwurf (der Gesellschaft) bezieht sich primär auf den Auftritt des israelischen Historikers Moshe Zuckermann beim NGfP-Kongress 2015. Zuckermann, ein scharfer Kritiker zumal der gegenwärtigen Regierung Israels, wird der Verharmlosung von Antisemitismus bezichtigt“. Wer den tapferen linken Regierungskritiker Zuckermann bezichtigt und auch warum, das sind alles Fragen, die dem ND-Chef offenkundig unter „Meinungsfreiheit“ fallen. Da stellt er sie lieber gar nicht.

Auch dieser Satz über den Gesellschaftsvorsitzenden Klaus-Jürgen Bruder fiel dem ND nicht unangenehm auf: Bruder habe "dem berühmt-berüchtigten Internetmoderator Ken Jebsen" ein Interview gegeben. Das ist der klassische Fall von Schweine-Journalismus: Da wird einer (Ken Jebsen) diffamiert, um einem weiteren (Klaus-Jürgen Bruder) eine schwere Kontaktschuld anzuhängen: Pfui, der hat aber mit dem geredet!

Auf dem "Feld der Meinungsfreiheit" blühen dann noch so giftige Blumen wie die vom ND-Chef ohne jeden Beleg entdeckte "heftige Kontroverse zu einem schwierigen, komplexen Thema". Zur heftigen Kontroverse bläst er jenen antideutschen Brief auf, der ohne Sachkunde allerlei behauptet, aber nichts beweist. So vermeidet der ND-Artikel konsequent so etwas wie eine Berichterstattung über den Kongress, was ja dem Zweck von Journalismus ziemlich nahe käme. Aber warum auch? Wo doch eine Spaltungs-Story ohne Spaltung für schlichte Gemüter um vieles spannender ist.


Erstveröffentlichung am 15. März 2018 bei rationalgalerie.de – Eine Plattform für Nachdenker und Vorläufer

Top-Foto:
Ulrich Gellermann (aus Video-Interview: deutsch.rt.com)



Artikel, auf den Ulrich Gellermann Bezug nimmt:

Wer zornig ist, kann sich verrennen
Die »Neue Gesellschaft für Psychologie« steht womöglich vor einer Spaltung
Velten Schäfer am 12.03.2018 in der Zeitung "Neues Deutschland"


Mit Phänomenen der Spaltung ist die Psychologie vertraut - zumindest in Theorie und Heilpraxis. Nun aber scheint sich ausgerechnet in dem kleinen Bereich derjenigen Seelenkunde, die individuelle Abweichungen noch kritisch mit sozialen Verhältnissen verbindet, selbst eine Spaltungstendenz abzuzeichnen.

Dies sorgt für Sorge im Vorstand der »Neuen Gesellschaft für Psychologie und Nachbardisziplinen« (NGfP), die sich am Wochenende in Berlin zur Jahrestagung versammelte. Es habe sich, so Vorstandsmitglied Christoph Bialluch, darob zeitweise eine »Lähmung« der Kongressvorbereitung ergeben.

Es geht um einen offenen Brief einer »Initiative kritische Psychologie« aus dem Dezember, der schwere Vorwürfe gegen den Vorstand der 1991 gegründeten NGfP erhebt. Unter dem Vorsitz von Klaus-Jürgen Bruder sei dieselbe »weitgehend in den verschwörungsideologischen Sumpf der Querfront eingegangen«. Auch ist von »friedenspolitisch verbrämtem Antiamerikanismus« und »strukturellem Antisemitismus« die Rede. Unterzeichnet haben 30 eher jüngere Fachvertreter, von denen sich etliche früher am Verband beteiligt hatten...

weiter hier:
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1081992.neue-gesellschaft-fuer-psychologie-wer-zornig-ist-kann-sich-verrennen.html



Leserbrief von Klaus-Jürgen Bruder zum Artikel von Velten Schäfer im ND

Ihr Artikel anlässlich des Kongresses der „Neuen Gesellschaft für Psychologie“, getagt in Ihrem Haus vom 8.-11.3.18, ist empörend, strotzt von Fehlern, ist nichts als eine Diffamierung. Die Unterüberschrift „Die Neue Gesellschaft steht womöglich vor einer Spaltung“ ist infam, vollkommen der Phantasie Ihres Schreibers entsprungen – in offenbar lustvoll-spalterischer Absicht. Es ist auch kein Bericht über den sehr anregenden, einhellig begeistert verfolgten 2 1/2 Tage dauernden Kongress zur Lage der linken Opposition in diesem Land, vielmehr dient Ihnen unser Kongress lediglich als Aufhänger für eine Wiederholung von idiotischen Rufschädigungen durch eine Gruppe von antideutschen Psychologen – die aber nicht, wie Sie behaupten, „Initiative kritische Psychologie“ ist. Solche dumm-antideutschen Attacken gegen mich, Prof. Dr. Klaus-Jürgen Bruder kamen schon mal von Ihrer Zeitung. Das alles ist beschämend für Sie.


Siehe auch:

Gesellschaft ohne Opposition?
Fotogalerie zum Kongress der Neuen Gesellschaft für Psychologie (NGfP), Berlin, 8.-11.3.2018
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
NRhZ 651 vom 21.03.2018
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24695

Heraus aus der Paralyse der Kritik
Video-Grußworte vom Kongress der Neuen Gesellschaft für Psychologie (NGfP), Berlin, 8.-11.3.2018
Von Christoph Bialluch und Norbert Andersch
NRhZ 651 vom 21.03.2018
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24692

Worauf bereitet der Anti-Semitismus-Diskurs uns vor?
Referat von Klaus-Jürgen Bruder beim Kongress der Neuen Gesellschaft für Psychologie (NGfP), Berlin, 9.3.2018
NRhZ 651 vom 21.03.2018
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24678

Gespräch mit dem Vorsitzenden der Neuen Gesellschaft für Psychologie NGfP am Rande der Tagung „Zur Zeit der Verleumder“
Du bist dieser Maschine nicht ausgeliefert
Klaus-Jürgen Bruder – interviewt von Anneliese Fikentscher
NRhZ 651 vom 21.03.2018
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24693

Online-Flyer Nr. 651  vom 21.03.2018



Startseite           nach oben