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Literatur
Debatte um das Buch "Nichts ist, wie es scheint - Über Verschwörungstheorien" von Michael Butter
Ohne Scheren im Kopf prüfen
Von Gabriele Röwer
Bei Suhrkamp ist ein Buch von Michael Butter erschienen. Es trägt den neutral anmutenden Titel "Nichts ist, wie es scheint - Über Verschwörungstheorien". Armin Pfahl-Traughber hat dazu am 20. März 2018 auf der website des "Humanistischen Pressedienstes" hpd eine Rezension verfasst. Mit dem Buchautor fragt er, was "Verschwörungstheorien gefährlich mache und was man dagegen tun könne" und bezeichnet den Schweizer Historiker Daniele Ganser als einen "bekannten Repräsentanten des Verschwörungsdenkens". Diese Rezension hat eine kontroverse Debatte ausgelöst. Gabriele Röwer, die das Werk von Karlheinz Deschner (1924-2014) jahrzehntelang freundschaftlich-kritisch begleitete, hat sich in diese Debatte eingebracht. Die NRhZ dokumentiert ihren Beitrag.
"Nichts ist, wie es scheint." Der Titel machte mich als Agnostikerin (nicht nur weltanschaulich ohne metaphysische oder andere irrationale Hintertürchen jeglicher Art) neugierig, auch mich leitet dieser Satz fast täglich, zumal politisch, zumal gegenüber gewissen Deutungshoheiten in öffentlichen Disputen.
Indes: Dieser Titel gilt offenbar lediglich der resümierenden Kritik des Autors an jenen, die, einst dafür gejagt, später in den mainstream-Medien zumeist totgeschwiegen, bereit sind zu jeder Falsifikation, zur gründlichen (!) Hinterfragung sakrosankter Deutungsmuster in Geschichte und Politik - landauf landab auch heutzutage noch von vornherein weithin abgetan hingegen als "Verschwörungstheoretiker".
Etwa die Hinterfrager diverser "false-flag"-Aktionen - Zwei Beispiele stehen für viele: Alexander Bahar und Wilfried Kugel untersuchten akribisch - nachlesbar in einer umfangreichen Studie - Dokumente zum Reichstagsbrand in der Nacht vom 27. zum 28. Februar 1933, Auftakt der prompt folgenden, längst vorbereiteten Ausschaltung aller demokratischen Rechte und ihrer Verteidiger, gipfelnd vorerst im Ermächtigungsgesetz Hitlers am 24. März 1933. "Verschwörungstheoretiker" nannte man sie, die Bezweifler der öffentlich zumeist anerkannten Alleintäter-These (Marinus van der Lubbe...) - u.a. vom Spiegel lanciert noch lange nach Kriegsende, nicht selten noch heute.
Auch heute noch umstritten ist ebenfalls, wie weit US-Präsident Roosevelt zuvor informiert war über den japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 mit über 3.500 toten und verletzten Marines, woraufhin sich die Stimmung in den USA rapide wandelte zugunsten des von Roosevelt propagierten Eintritts in den 2. Weltkrieg: "Verschwörungstheoretiker" nennt man die Zweifler, auch hier.
So berechtigt die Kritik an völlig irrationalen, keinerlei Falsifikation standhaltenden Verschwörungsphantasien auch ist: ich vermisse in Rezension (und wohl auch Buch) eine angemessener Würdigung der Not-Wendigkeit des Zweifels gegenüber allzu rasch in Umlauf gebrachten und dann omnipräsenten Deutungsmustern gegenüber wahrlich frag-würdigen Ereignissen in Geschichte und Gegenwart. Ich vermisse das offene Ohr und Auge für gründliche Recherchen dazu bis hin zur Falsifikation gängiger apodiktischer Behauptungen, zumal über historisch-politische Wendpunkte wie die zuvor genannten.
So sollten auch folgende Fragen noch - Fragen nur! - erlaubt sein, um Frag-würdiges aufzeigen: Wurde die "gültige" Version zu 9/11 [des Verbrechens vom 11. September 2001] - woraufhin, gemäß Bush-Doktrin, prompt der radikale Wandel in der US-Außenpolitik folgte mit Invasion in Afghanistan, im Irak - wurde diese inzwischen sakrosankte Version von 9/11 wirklich völlig zweifelsfrei, nachprüfbar, begründet? Bleiben nicht Fragen über Fragen? Wurden die Ergebnisse gegenteiliger genauester Untersuchungen etwa all der renommierten Architekten und Bauingenieure weltweit wirklich en détail widerlegt, durch die jene veranlasst wurden, die offizielle 9/11-Version substantiell zu bezweifeln? Wie genau kennt man ihre Untersuchungsergebnisse überhaupt? Sind auch diese Wissenschaftler und kundigen Praktiker allesamt lediglich "Verschwörungstheoretiker", ihre Kritiker hingegen Verteidiger reinster Rationalität? Cui bono, hier wie da?
Bemühungen um Falsifikation tradierter Deutungen, in den Naturwissenschaften gang und gäbe, sollten, so meine ich, in Politik und Gesellschaft nicht, wie noch immer vielfach Usus, von vornherein geächtet, als pure "Verschwörungstheorie" diffamiert und abgetan, sondern sachlich, aufmerksam-vorurteilsfrei geprüft und in den Medien vorgestellt werden - ohne Scheren im Kopf. Nur dann wären wir Nachfolger der "Auf-Klärung"!
Die gesamte kontrovers geführte Debatte zur Rezension des Buches "Nichts ist, wie es scheint - Über Verschwörungstheorien" siehe hier:
https://hpd.de/artikel/nichts-es-scheint-15390
Michael Butter: »Nichts ist, wie es scheint« - Über Verschwörungstheorien
Suhrkamp, 2018
Online-Flyer Nr. 652 vom 28.03.2018
Debatte um das Buch "Nichts ist, wie es scheint - Über Verschwörungstheorien" von Michael Butter
Ohne Scheren im Kopf prüfen
Von Gabriele Röwer
Bei Suhrkamp ist ein Buch von Michael Butter erschienen. Es trägt den neutral anmutenden Titel "Nichts ist, wie es scheint - Über Verschwörungstheorien". Armin Pfahl-Traughber hat dazu am 20. März 2018 auf der website des "Humanistischen Pressedienstes" hpd eine Rezension verfasst. Mit dem Buchautor fragt er, was "Verschwörungstheorien gefährlich mache und was man dagegen tun könne" und bezeichnet den Schweizer Historiker Daniele Ganser als einen "bekannten Repräsentanten des Verschwörungsdenkens". Diese Rezension hat eine kontroverse Debatte ausgelöst. Gabriele Röwer, die das Werk von Karlheinz Deschner (1924-2014) jahrzehntelang freundschaftlich-kritisch begleitete, hat sich in diese Debatte eingebracht. Die NRhZ dokumentiert ihren Beitrag.
"Nichts ist, wie es scheint." Der Titel machte mich als Agnostikerin (nicht nur weltanschaulich ohne metaphysische oder andere irrationale Hintertürchen jeglicher Art) neugierig, auch mich leitet dieser Satz fast täglich, zumal politisch, zumal gegenüber gewissen Deutungshoheiten in öffentlichen Disputen.
Indes: Dieser Titel gilt offenbar lediglich der resümierenden Kritik des Autors an jenen, die, einst dafür gejagt, später in den mainstream-Medien zumeist totgeschwiegen, bereit sind zu jeder Falsifikation, zur gründlichen (!) Hinterfragung sakrosankter Deutungsmuster in Geschichte und Politik - landauf landab auch heutzutage noch von vornherein weithin abgetan hingegen als "Verschwörungstheoretiker".
Etwa die Hinterfrager diverser "false-flag"-Aktionen - Zwei Beispiele stehen für viele: Alexander Bahar und Wilfried Kugel untersuchten akribisch - nachlesbar in einer umfangreichen Studie - Dokumente zum Reichstagsbrand in der Nacht vom 27. zum 28. Februar 1933, Auftakt der prompt folgenden, längst vorbereiteten Ausschaltung aller demokratischen Rechte und ihrer Verteidiger, gipfelnd vorerst im Ermächtigungsgesetz Hitlers am 24. März 1933. "Verschwörungstheoretiker" nannte man sie, die Bezweifler der öffentlich zumeist anerkannten Alleintäter-These (Marinus van der Lubbe...) - u.a. vom Spiegel lanciert noch lange nach Kriegsende, nicht selten noch heute.
Auch heute noch umstritten ist ebenfalls, wie weit US-Präsident Roosevelt zuvor informiert war über den japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 mit über 3.500 toten und verletzten Marines, woraufhin sich die Stimmung in den USA rapide wandelte zugunsten des von Roosevelt propagierten Eintritts in den 2. Weltkrieg: "Verschwörungstheoretiker" nennt man die Zweifler, auch hier.
So berechtigt die Kritik an völlig irrationalen, keinerlei Falsifikation standhaltenden Verschwörungsphantasien auch ist: ich vermisse in Rezension (und wohl auch Buch) eine angemessener Würdigung der Not-Wendigkeit des Zweifels gegenüber allzu rasch in Umlauf gebrachten und dann omnipräsenten Deutungsmustern gegenüber wahrlich frag-würdigen Ereignissen in Geschichte und Gegenwart. Ich vermisse das offene Ohr und Auge für gründliche Recherchen dazu bis hin zur Falsifikation gängiger apodiktischer Behauptungen, zumal über historisch-politische Wendpunkte wie die zuvor genannten.
So sollten auch folgende Fragen noch - Fragen nur! - erlaubt sein, um Frag-würdiges aufzeigen: Wurde die "gültige" Version zu 9/11 [des Verbrechens vom 11. September 2001] - woraufhin, gemäß Bush-Doktrin, prompt der radikale Wandel in der US-Außenpolitik folgte mit Invasion in Afghanistan, im Irak - wurde diese inzwischen sakrosankte Version von 9/11 wirklich völlig zweifelsfrei, nachprüfbar, begründet? Bleiben nicht Fragen über Fragen? Wurden die Ergebnisse gegenteiliger genauester Untersuchungen etwa all der renommierten Architekten und Bauingenieure weltweit wirklich en détail widerlegt, durch die jene veranlasst wurden, die offizielle 9/11-Version substantiell zu bezweifeln? Wie genau kennt man ihre Untersuchungsergebnisse überhaupt? Sind auch diese Wissenschaftler und kundigen Praktiker allesamt lediglich "Verschwörungstheoretiker", ihre Kritiker hingegen Verteidiger reinster Rationalität? Cui bono, hier wie da?
Bemühungen um Falsifikation tradierter Deutungen, in den Naturwissenschaften gang und gäbe, sollten, so meine ich, in Politik und Gesellschaft nicht, wie noch immer vielfach Usus, von vornherein geächtet, als pure "Verschwörungstheorie" diffamiert und abgetan, sondern sachlich, aufmerksam-vorurteilsfrei geprüft und in den Medien vorgestellt werden - ohne Scheren im Kopf. Nur dann wären wir Nachfolger der "Auf-Klärung"!
Die gesamte kontrovers geführte Debatte zur Rezension des Buches "Nichts ist, wie es scheint - Über Verschwörungstheorien" siehe hier:
https://hpd.de/artikel/nichts-es-scheint-15390
Michael Butter: »Nichts ist, wie es scheint« - Über Verschwörungstheorien
Suhrkamp, 2018
Online-Flyer Nr. 652 vom 28.03.2018