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Aktueller Online-Flyer vom 26. Dezember 2024  

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Danke Donald, danke!
Mit Donald Trump raus aus der NATO
Von Ulrich Gellermann

Das muss für die Eliten des Westens ein schwerer Schock gewesen sein, als nach dem glattgesichtigen und glattzüngigen Barack Obama plötzlich der polternde Donald Trump das Land der „Freunde“ anführte. Na schön, die Regierung Obama war heftig am Mord von rund 50.000 Libyern beteiligt gewesen. Und auch Obamas Drohnen-Lynchjustiz war ziemlich unappetitlich. Aber hatte er nicht Osama Bin Laden fast persönlich erledigt? War seine Außenministerin nicht die elitäre Hillary Clinton, der gebildete Ausweis emanzipatorischer Eleganz? Und jetzt dies: Der gelbhaarige Elefant im diplomatischen Porzellan-Laden an der Spitze von God's own country, dem ultimativen Bollwerk des Westens gegen den Russen und der Verteidigung all jener Freiheiten, wie sie nur die Eliten wirklich genießen können. Dieses über Jahrzehnte von eifrigen Schönfärbern gepinselte Bild soll nun der grausamen Wahrheit über die USA weichen? Geht gar nicht.

Vor allem in den Redaktionsbüros – in denen sich die Atlantiker seit dem Ende des Weltkrieges so gemütlich mit ihren 1-A-Freund-Feindbildern an den Wänden eingerichtet hatten – war die Umwertung des Bewährten ein Tabu-Bruch, dessen Gesetzlosigkeit einem Weltuntergang gleichkam. Erstmalig konnte man in Echtzeit nachfühlen, wie sich die Dogmatiker des Vatikan damals gefühlt haben müssen, als die Bilderstürmer der Reformation die lieb gewordenen Marien-Bilder von den Wänden gerissen und alle möglichen Heiligen von den Säulen der Kirchen gestürzt hatten. Grauenvoll. Auch die Historiker-Zunft, die seit Jahrzehnten an der Legende vom Alleingang der Amerikaner bei der Befreiung Europas geschnitzt hatten, mussten nun ihre These vom Freedom als genuine Erfindung der USA plötzlich und unerwartet zu Grabe tragen. Denn Trumps Freiheit kommt als unverhüllter, brutaler Freihandel daher. Begleitet von jener Forderung, die Schutzgeld-Erpresser gern auf die Köpfe ihrer Opfer schmettern: Bezahl mir meinen Baseball-Schläger – Flugzeugträger, Atomraketen, Militärstützpunkte – sonst schütze ich Dich nicht mehr vor mir.

Noch ringt man auf den oberen Etagen von deutscher Politik und Medien um die richtigen Worte. Wie erkläre ich es nur meinen unmündigen Kindern, den Wählern, Lesern, Zuschauern? Man gerät ins Stottern: Eu-Eu-Eu! Als wäre das, was die Eliten unter Europa verstehen, nämlich die Europäische Union, nicht auch ein Zwangsapparat zur Finanzierung von Militärprojekten. Allein 17 solcher Projekte will die westeuropäische Obrigkeit in den kommenden Jahren anschaffen. Darunter auch Unterwasser-Drohnen, gepanzerte Fahrzeuge aller Art, neue deutsch-französische Kampfjets: Unterwasserdrohnen, wie stolz das klingt! Schlappe 13 Milliarden Euro soll der EU-Steuerbürger dafür auf den Tisch legen. Doch immer noch steht man in arger Konkurrenz zu Donald Trump. Denn der muss seine Rüstungsindustrie auch bedienen und fordert deshalb von seinen NATO-Partner Noch mehr und noch mehr und noch mehr Knete. Bis es quietscht.

Die armen Regierungen der EU-Staaten saßen bisher in einer selbstgebauten Falle. Zum einen waren sie der eigenen Ideologie der Bündnistreue verfallen. Auf dem Trittbrett der größten Militärmacht der Welt konnte man sich fast schon selbst als echter Imperialist fühlen und Andere, Schwächere dahin treten wo es weh tut. Zum andern hatten sie nach Jahrzehnten der politischen Erziehung ihrer Völker ein sakrosanktes Monument der FREUNDE geschaffen: Weite Teile der Bevölkerung beten diesen Fetisch immer noch an. Das schien kaum zu revidieren. Doch nun naht Hoffnung. Trump ist so abstoßend offen imperial, dass die progressive Tünche vom FREUND abgeblättert ist. Jetzt, zum ersten Mal in der Nachkriegszeit gibt es die Möglichkeit sich von den USA zu lösen, aus dem militärischen NATO-Völkergefängnis auszubrechen.

Hic Rhodus, hic salta! Nein Herr Außenminister, das bedeutet nicht man stünde an der Ro­tis­se­rie und solle nachsalzen. Jetzt, genau jetzt kann die Prahlerei über Souveränität und Äquidistanz in lebendiges eigenständiges Leben umgesetzt werden. Allerdings müsste man das russische Bedrohungs-Gespenst aus dem Medien-Zoo befreien. Denn ganz ohne Partner wird man die Scheidung von den USA nicht durchsetzen können. Selbst wenn der Scheidungsgrund – eine seelische Grausamkeit namens Trump – langsam jedermann einleuchtet. Dafür, dass diese Perspektive denkbar geworden ist, können die Deutschen aus vollem Herzen sagen: Danke Donald, danke!


Erstveröffentlichung am 18. Juni 2018 bei rationalgalerie.de – Eine Plattform für Nachdenker und Vorläufer

Top-Foto:
Ulrich Gellermann (aus Video-Interview: deutsch.rt.com)


Online-Flyer Nr. 664  vom 20.06.2018



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