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Das Ende der Narrenfreiheit proklamiert
Pünktlich zum Ende der Pressefreiheit
Von Felicitas Rabe
In der Sendung „Lokalzeit aus Köln“ am Abend des 28. Februar berichtete der WDR über eine öffentliche Karnevalsveranstaltung am Kölner Chlodwigplatz. Dort wird an Weiberfastnacht traditionell die Jan-und-Gried-Legende von der Karnevalsgesellschaft „Reiter-Korps Jan von Werth e.V.“ aufgeführt. Nach Aussage des WDR gab es vom Karnevalspräsidenten am Ende der Aufführung noch eine Ermahnung für die Karnevalsjecken: „Der Präsident des Reiter-Korps erinnerte, bevor es los ging, die Feiernden daran, worum es im Karneval eigentlich ginge, nämlich darum, den Alltag zu vergessen und seine Sorgen wenigstens während der tollen Tage hinter sich zu lassen. Gleichzeitig sprach er den Appell, den Karneval nicht für politische zwecke zu instrumentalisieren. Der Karneval sei da für den Spass an der Freud.“ Mit diesen Worten zitierte der WDR-Sprecher den Präsidenten. Das wirft allerdings ein paar Fragen auf.
Hat der Jan-von-Werth-Präsident sich eigentlich schon einmal den Rosenmontagszug angesehen? Da würden ihm aber anlässlich der vielen Parodien auf die Politik die Federn an seinem Karnevalshut zu Berge stehen! Oder hat er schon mitbekommen, dass an Weiberfastnacht traditionell die Übergabe der Rathausschlüssel an die Jecken stattfindet, weil sie jetzt die „Regierung“ übernehmen?
Ist ihm bekannt, dass Weiberfastnacht im Rheinland auch entstand, weil Waschweiber aus Bonner Wäscherei-Betrieben im Jahr 1824 die Nase voll hatten von der Vorherrschaft der Männer? Mit dem öffentlichen Abschneiden von Krawatten am Donnerstag vor Karneval wollten Frauen gegen die Herrschaft der Männer in der Politik und auch im Karneval protestieren und ihre Teilnahme erzwingen.
Schließlich geht die Tradition der militärischen Uniformen im rheinischen Karneval auch auf den Protest gegen die militärische Besetzung des Rheinlands durch die Franzosen zurück.
Narren und insbesondere die Hofnarren genossen in allen Zeiten das Privileg, den Herrschenden die Meinung zusagen. Die Narrenfreiheit an Karneval war ein Ventil für die Unzufriedenheit der Bürger, denen ein paar Tage im Jahr zugestanden wurde, ihre Herrscher zu kritisieren und zu veräppeln.
Wie kann dem Präsidenten der Jan-von-Werth-Gesellschaft und dem westdeutschen Rundfunk das alles entgangen sein? Oder ist die Angst der herrschenden Politiker vor der unkontrollierten Kritik der Narren im Straßenkarneval jenseits von wohl zensierten Sitzungsvorträgen und Karnevalsumzügen mittlerweile so groß, dass man auf allen Ebenen gegensteuern muss?
Nachdem eine Medienanstalt unter Berufung auf deutsche Gerichte ausgerechnet am Karnevalsfreitag die Pressefreiheit mit Füßen getreten hat, indem sie ab diesem Tag den Radiosender SNA Sputniknews in Berlin und Brandenburg verbietet (1)(2), ist es vielleicht nicht mehr ausgeschlossen, dass demnächst auch Karnevalskostüme einer Zensur unterliegen oder verboten werden.
Dabei darf man nicht vergessen, was mutige Karnevalisten wie der Kölner Kabarettist Karl Küpper (1905–1970) in schwierigen Zeiten riskierten. Für ihn war die Zeit des Karnevals ausdrücklich die Zeit der Kritik und Aufmüpfigkeit gegen die Obrigkeit. In einer seiner legendären Karnevalsreden während der Nazi-Zeit machte er den Hitlergruß mit den Worten „So hoch steht bei uns der Dreck im Keller.“ Daraufhin wurde er 1939 mit lebenslänglichem Redeverbot bestraft.
„Feindsender“ hören und Narrenfreiheit in Anspruch nehmen, werden langsam wieder zu riskanten Unternehmen, die von den Herrschenden im Lande bekämpft werden. Nehmen wir uns ein Beispiel an den mutigen Vorkämpfern der Narrenfreiheit!
Fußnoten:
1 Pressemitteilung der Medienanstalt Berlin Brandenburg (mabb) vom 25. Februar 2019
MEGA Radio wird zum 1. März 2019 in Berlin abgeschaltet
https://www.mabb.de/uber-die-mabb/presse/pressemitteilungen-details/mega-radio-wird-zum-1-maerz-2019-in-berlin-abgeschaltet.html
2 Mitteilung von Sputnik News vom 28. Februar 2019
In eigener Sache: SNA-Radio darf in Berlin nicht mehr senden
https://de.sputniknews.com/panorama/20190228324142181-sna-radio-sendeschluss-berlin-brandenburg/
Online-Flyer Nr. 695 vom 06.03.2019
Das Ende der Narrenfreiheit proklamiert
Pünktlich zum Ende der Pressefreiheit
Von Felicitas Rabe
In der Sendung „Lokalzeit aus Köln“ am Abend des 28. Februar berichtete der WDR über eine öffentliche Karnevalsveranstaltung am Kölner Chlodwigplatz. Dort wird an Weiberfastnacht traditionell die Jan-und-Gried-Legende von der Karnevalsgesellschaft „Reiter-Korps Jan von Werth e.V.“ aufgeführt. Nach Aussage des WDR gab es vom Karnevalspräsidenten am Ende der Aufführung noch eine Ermahnung für die Karnevalsjecken: „Der Präsident des Reiter-Korps erinnerte, bevor es los ging, die Feiernden daran, worum es im Karneval eigentlich ginge, nämlich darum, den Alltag zu vergessen und seine Sorgen wenigstens während der tollen Tage hinter sich zu lassen. Gleichzeitig sprach er den Appell, den Karneval nicht für politische zwecke zu instrumentalisieren. Der Karneval sei da für den Spass an der Freud.“ Mit diesen Worten zitierte der WDR-Sprecher den Präsidenten. Das wirft allerdings ein paar Fragen auf.
Hat der Jan-von-Werth-Präsident sich eigentlich schon einmal den Rosenmontagszug angesehen? Da würden ihm aber anlässlich der vielen Parodien auf die Politik die Federn an seinem Karnevalshut zu Berge stehen! Oder hat er schon mitbekommen, dass an Weiberfastnacht traditionell die Übergabe der Rathausschlüssel an die Jecken stattfindet, weil sie jetzt die „Regierung“ übernehmen?
Ist ihm bekannt, dass Weiberfastnacht im Rheinland auch entstand, weil Waschweiber aus Bonner Wäscherei-Betrieben im Jahr 1824 die Nase voll hatten von der Vorherrschaft der Männer? Mit dem öffentlichen Abschneiden von Krawatten am Donnerstag vor Karneval wollten Frauen gegen die Herrschaft der Männer in der Politik und auch im Karneval protestieren und ihre Teilnahme erzwingen.
Schließlich geht die Tradition der militärischen Uniformen im rheinischen Karneval auch auf den Protest gegen die militärische Besetzung des Rheinlands durch die Franzosen zurück.
Narren und insbesondere die Hofnarren genossen in allen Zeiten das Privileg, den Herrschenden die Meinung zusagen. Die Narrenfreiheit an Karneval war ein Ventil für die Unzufriedenheit der Bürger, denen ein paar Tage im Jahr zugestanden wurde, ihre Herrscher zu kritisieren und zu veräppeln.
Wie kann dem Präsidenten der Jan-von-Werth-Gesellschaft und dem westdeutschen Rundfunk das alles entgangen sein? Oder ist die Angst der herrschenden Politiker vor der unkontrollierten Kritik der Narren im Straßenkarneval jenseits von wohl zensierten Sitzungsvorträgen und Karnevalsumzügen mittlerweile so groß, dass man auf allen Ebenen gegensteuern muss?
Nachdem eine Medienanstalt unter Berufung auf deutsche Gerichte ausgerechnet am Karnevalsfreitag die Pressefreiheit mit Füßen getreten hat, indem sie ab diesem Tag den Radiosender SNA Sputniknews in Berlin und Brandenburg verbietet (1)(2), ist es vielleicht nicht mehr ausgeschlossen, dass demnächst auch Karnevalskostüme einer Zensur unterliegen oder verboten werden.
Dabei darf man nicht vergessen, was mutige Karnevalisten wie der Kölner Kabarettist Karl Küpper (1905–1970) in schwierigen Zeiten riskierten. Für ihn war die Zeit des Karnevals ausdrücklich die Zeit der Kritik und Aufmüpfigkeit gegen die Obrigkeit. In einer seiner legendären Karnevalsreden während der Nazi-Zeit machte er den Hitlergruß mit den Worten „So hoch steht bei uns der Dreck im Keller.“ Daraufhin wurde er 1939 mit lebenslänglichem Redeverbot bestraft.
„Feindsender“ hören und Narrenfreiheit in Anspruch nehmen, werden langsam wieder zu riskanten Unternehmen, die von den Herrschenden im Lande bekämpft werden. Nehmen wir uns ein Beispiel an den mutigen Vorkämpfern der Narrenfreiheit!
Fußnoten:
1 Pressemitteilung der Medienanstalt Berlin Brandenburg (mabb) vom 25. Februar 2019
MEGA Radio wird zum 1. März 2019 in Berlin abgeschaltet
https://www.mabb.de/uber-die-mabb/presse/pressemitteilungen-details/mega-radio-wird-zum-1-maerz-2019-in-berlin-abgeschaltet.html
2 Mitteilung von Sputnik News vom 28. Februar 2019
In eigener Sache: SNA-Radio darf in Berlin nicht mehr senden
https://de.sputniknews.com/panorama/20190228324142181-sna-radio-sendeschluss-berlin-brandenburg/
Online-Flyer Nr. 695 vom 06.03.2019