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Kommentar
Psychologisch-philosophische Bemerkungen zur gegenwärtigen Weltsituation
„Sapere aude!“ – „Wage es, weise zu sein!“
Von Rudolf Hänsel
Die Geschehnisse im letzten Jahrhundert wie auch heute offenbaren, dass nicht nur das „einfache“ Volk im Widerstand gegen Totalitarismus und Faschismus versagt. Auch Intellektuelle werden trotz akademischer Ausbildung und der Möglichkeit, sich Einsicht in politische, wirtschaftliche und sozialpsychologische Zusammenhänge zu verschaffen, ihrer Verantwortung nicht gerecht. Die gegenwärtige weltweite Ausnahmesituation, die gezielt hervorgerufene Panikstimmung, die unverhältnismäßige Einschränkung bürgerlicher Freiheitsrechte, die Selektion älterer und kranker Mitbürger und die ökonomische Bruchlandung, die Millionen Menschen in Arbeits- und Hoffnungslosigkeit, Hunger und schließlich in den Tod treiben wird, erfordert von uns allen dringendst, weise zu sein, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden und danach zu handeln.
"Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!"
Im 17. und 18. Jahrhundert, dem Zeitalter der Aufklärung, begannen die Menschen, sich aus dem mittelalterlichen Denken zu befreien. Die menschlichen Angelegenheiten sollten fortan vorrangig von der menschlichen Vernunft geleitet werden. Das Individuum sollte sich von Engstirnigkeit, Leichtgläubigkeit und willkürlicher Autorität befreien, die persönliche Handlungsfreiheit (Emanzipation) ausgedehnt werden.
Der deutsche Philosoph Immanuel Kant definierte „Aufklärung“ im Jahr 1784 folgendermaßen: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne die Leitung eines anderen zu bedienen.“ Die Unmündigkeit des Menschen ist nach Kant dann selbstverschuldet, wenn nicht ein Mangel an Verstand der Grund ist, sondern die Angst, sich seines eigenen Verstandes ohne die Anleitung eines anderen zu bedienen. Kant prägte den Wahlspruch der Aufklärung: „Sapere aude!“, was so viel bedeutet wie „Wage zu wissen!“, oder wie ihn Kant erläuterte: „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Aufklärung ist also die Maxime, jederzeit selbst zu denken.
Warum bleiben Menschen aber oft Zeit ihres Lebens unmündig – und dies auch noch gerne, obwohl sie längst erwachsen sind und fähig wären, selbst zu denken? Kant meinte, der Grund dafür sei Faulheit und Feigheit. Unmündig zu sein, sei bequem und eigenständiges Denken ein „verdrießliches Geschäft“. So werde es für andere leicht, meinte Kant, sich zu „Vormündern“ dieser unmündigen Menschen aufzuschwingen. Diese Vormünder würden auch alles dafür tun, dass die unmündigen Menschen den Schritt zur Mündigkeit nicht nur für beschwerlich, sondern auch noch für gefährlich halten.
Unmündiges Verhalten heute
Haben wir heute, im 21. Jahrhundert, dieses unmündige Verhalten schon abgelegt? Wie steht es gerade in der gegenwärtigen unsicheren Situation um unseren Mut, selbst zu denken? Ist es für einen verwöhnten und denkfaulen Menschen nicht bequemer, sich der Anleitung einer Autorität beziehungsweise eines Führers zu bedienen, sich im Einklang mit einem vermeintlich Mächtigen und seinen Massenmedien zu befinden und dem Kreis seiner Hofschranzen anzugehören? Er befindet sich dann stets auf der „richtigen“ Seite. Zweifel und moralische Bedenken bedrücken ihn dann nicht, da er sich immer auf die vermeintlich unfehlbare Macht berufen kann.
Es ist mühsam, selbst zu denken und für die Folgen solch mündigen Verhaltens auch verantwortlich zu sein. Zweifel überfallen den nach Wahrheit Suchenden, der nächtliche Schlaf wird unruhig. Kommt ein Selbst-Denkender dann auch noch zu unliebsamen Wahrheiten, die im Widerspruch zu den Mächtigen und zur politischen Korrektheit stehen, wenden sich bisherige Weggefährten schnell von ihm ab. Das Resultat dieses Mutes kann Einsamkeit sein. Einsamkeit jedoch nicht im Sinne des Alleinseins, sondern im Sinne der Verweigerung des Dialogs.
Die deutsch-jüdische Professorin und Schriftstellerin Hannah Arendt erlebte eine solche Verweigerung im Zusammenhang mit einer publizistischen Verleumdungs-Kampagne nach der Publikation ihres Berichts zum Eichmann-Prozess 1961: „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen“. Für sie war diese erlebte Verweigerung des Dialogs „die Extremform menschlicher Not“ (S. 34).
Was tun? Zu jeder Zeit selbst denken!
Jedes Individuum hat seinen Beitrag zur Lösung der drängenden Probleme unserer Zeit zu leisten. Und selbstverständlich sind wir dazu in der Lage, wenn wir uns bewusst sind, dass es auf jeden einzelnen von uns ankommt. Warum nicht den Mut aufbringen, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, den Mut haben, das Ungeheuerliche von heute nicht zu verdrängen, sondern es wirklich wahrzunehmen und dagegen aufzustehen – intellektuell, emotional, politisch. Allen Widrigkeiten zum Trotz die Entschlossenheit aufbringen, die Wahrheit zu suchen und dadurch die Würde als Mensch zu bewahren. Die Trägheit des Herzens überwinden und handeln.
Jeder Mensch, so Albert Camus, besitzt einen mehr oder weniger großen Einflussbereich. Der Schweizer Schriftsteller Gottfried Keller (1819-1890) drückte es so aus: „Keine Regierung und keine Bataillone (…) vermögen Recht und Freiheit zu schützen, wo der Bürger nicht imstande ist, selber vor die Haustüre zu treten und nachzusehen, was es gibt.“ (Züricher Novellen)
Die Erziehung des Heranwachsenden in Elternhaus und Schule ist für die Herausbildung eines solch mündigen Verhaltens im Erwachsenenalter von elementarer Bedeutung. Grundlage sind eine Gewissenserziehung und eine tragfähige Werte- und Tugenderziehung von früher Kindheit an. Was jede Gesellschaft dringend nötigt hat, um die Zukunft gut bewältigen und selbst bestimmt gestalten zu können, sind mündige Mit-Bürger, die Verantwortung für das allgemeine Wohl der Menschen übernehmen.
Dr. Rudolf Hänsel ist Diplom-Psychologe und Erziehungswissenschaftler
Top-Bild: aus Karikatur von Kostas Koufogiorgos
Siehe auch:
Die Karikatur der Woche
Corona-Beschränkungen
Von Kostas Koufogiorgos
NRhZ 741 vom 01.04.2020
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26712
Petition – gerichtet an Bundes- und Landesregierungen
Sofortige Aufhebung aller in der "Corona-Krise" verfügten Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten!
Von Helene und Dr. Ansgar Klein
NRhZ 740 vom 18.03.2020
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26705
Was sollten wir Menschen heute und in Zukunft am ehesten lernen?
„Gnothi seauton“ – „Erkenne dich selbst!
Von Rudolf Hänsel
NRhZ 740 vom vom 25.03.2020
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26697
Das sogenannte Corona-Virus und die Neue Weltordnung NWO
Etwas ist faul im Staate Dänemark
Von Rudolf Hänsel
NRhZ 740 vom 18.03.2020
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26681
Psychologische Bemerkungen zum allzu menschlichen Reflex des Gehorsams
"Zu schweigen ist nicht philosophisch"
Von Rudolf Hänsel
NRhZ 740 vom 18.03.2020
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26691
Online-Flyer Nr. 741 vom 01.04.2020
Psychologisch-philosophische Bemerkungen zur gegenwärtigen Weltsituation
„Sapere aude!“ – „Wage es, weise zu sein!“
Von Rudolf Hänsel
Die Geschehnisse im letzten Jahrhundert wie auch heute offenbaren, dass nicht nur das „einfache“ Volk im Widerstand gegen Totalitarismus und Faschismus versagt. Auch Intellektuelle werden trotz akademischer Ausbildung und der Möglichkeit, sich Einsicht in politische, wirtschaftliche und sozialpsychologische Zusammenhänge zu verschaffen, ihrer Verantwortung nicht gerecht. Die gegenwärtige weltweite Ausnahmesituation, die gezielt hervorgerufene Panikstimmung, die unverhältnismäßige Einschränkung bürgerlicher Freiheitsrechte, die Selektion älterer und kranker Mitbürger und die ökonomische Bruchlandung, die Millionen Menschen in Arbeits- und Hoffnungslosigkeit, Hunger und schließlich in den Tod treiben wird, erfordert von uns allen dringendst, weise zu sein, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden und danach zu handeln.
"Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!"
Im 17. und 18. Jahrhundert, dem Zeitalter der Aufklärung, begannen die Menschen, sich aus dem mittelalterlichen Denken zu befreien. Die menschlichen Angelegenheiten sollten fortan vorrangig von der menschlichen Vernunft geleitet werden. Das Individuum sollte sich von Engstirnigkeit, Leichtgläubigkeit und willkürlicher Autorität befreien, die persönliche Handlungsfreiheit (Emanzipation) ausgedehnt werden.
Der deutsche Philosoph Immanuel Kant definierte „Aufklärung“ im Jahr 1784 folgendermaßen: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne die Leitung eines anderen zu bedienen.“ Die Unmündigkeit des Menschen ist nach Kant dann selbstverschuldet, wenn nicht ein Mangel an Verstand der Grund ist, sondern die Angst, sich seines eigenen Verstandes ohne die Anleitung eines anderen zu bedienen. Kant prägte den Wahlspruch der Aufklärung: „Sapere aude!“, was so viel bedeutet wie „Wage zu wissen!“, oder wie ihn Kant erläuterte: „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Aufklärung ist also die Maxime, jederzeit selbst zu denken.
Warum bleiben Menschen aber oft Zeit ihres Lebens unmündig – und dies auch noch gerne, obwohl sie längst erwachsen sind und fähig wären, selbst zu denken? Kant meinte, der Grund dafür sei Faulheit und Feigheit. Unmündig zu sein, sei bequem und eigenständiges Denken ein „verdrießliches Geschäft“. So werde es für andere leicht, meinte Kant, sich zu „Vormündern“ dieser unmündigen Menschen aufzuschwingen. Diese Vormünder würden auch alles dafür tun, dass die unmündigen Menschen den Schritt zur Mündigkeit nicht nur für beschwerlich, sondern auch noch für gefährlich halten.
Unmündiges Verhalten heute
Haben wir heute, im 21. Jahrhundert, dieses unmündige Verhalten schon abgelegt? Wie steht es gerade in der gegenwärtigen unsicheren Situation um unseren Mut, selbst zu denken? Ist es für einen verwöhnten und denkfaulen Menschen nicht bequemer, sich der Anleitung einer Autorität beziehungsweise eines Führers zu bedienen, sich im Einklang mit einem vermeintlich Mächtigen und seinen Massenmedien zu befinden und dem Kreis seiner Hofschranzen anzugehören? Er befindet sich dann stets auf der „richtigen“ Seite. Zweifel und moralische Bedenken bedrücken ihn dann nicht, da er sich immer auf die vermeintlich unfehlbare Macht berufen kann.
Es ist mühsam, selbst zu denken und für die Folgen solch mündigen Verhaltens auch verantwortlich zu sein. Zweifel überfallen den nach Wahrheit Suchenden, der nächtliche Schlaf wird unruhig. Kommt ein Selbst-Denkender dann auch noch zu unliebsamen Wahrheiten, die im Widerspruch zu den Mächtigen und zur politischen Korrektheit stehen, wenden sich bisherige Weggefährten schnell von ihm ab. Das Resultat dieses Mutes kann Einsamkeit sein. Einsamkeit jedoch nicht im Sinne des Alleinseins, sondern im Sinne der Verweigerung des Dialogs.
Die deutsch-jüdische Professorin und Schriftstellerin Hannah Arendt erlebte eine solche Verweigerung im Zusammenhang mit einer publizistischen Verleumdungs-Kampagne nach der Publikation ihres Berichts zum Eichmann-Prozess 1961: „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen“. Für sie war diese erlebte Verweigerung des Dialogs „die Extremform menschlicher Not“ (S. 34).
Was tun? Zu jeder Zeit selbst denken!
Jedes Individuum hat seinen Beitrag zur Lösung der drängenden Probleme unserer Zeit zu leisten. Und selbstverständlich sind wir dazu in der Lage, wenn wir uns bewusst sind, dass es auf jeden einzelnen von uns ankommt. Warum nicht den Mut aufbringen, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, den Mut haben, das Ungeheuerliche von heute nicht zu verdrängen, sondern es wirklich wahrzunehmen und dagegen aufzustehen – intellektuell, emotional, politisch. Allen Widrigkeiten zum Trotz die Entschlossenheit aufbringen, die Wahrheit zu suchen und dadurch die Würde als Mensch zu bewahren. Die Trägheit des Herzens überwinden und handeln.
Jeder Mensch, so Albert Camus, besitzt einen mehr oder weniger großen Einflussbereich. Der Schweizer Schriftsteller Gottfried Keller (1819-1890) drückte es so aus: „Keine Regierung und keine Bataillone (…) vermögen Recht und Freiheit zu schützen, wo der Bürger nicht imstande ist, selber vor die Haustüre zu treten und nachzusehen, was es gibt.“ (Züricher Novellen)
Die Erziehung des Heranwachsenden in Elternhaus und Schule ist für die Herausbildung eines solch mündigen Verhaltens im Erwachsenenalter von elementarer Bedeutung. Grundlage sind eine Gewissenserziehung und eine tragfähige Werte- und Tugenderziehung von früher Kindheit an. Was jede Gesellschaft dringend nötigt hat, um die Zukunft gut bewältigen und selbst bestimmt gestalten zu können, sind mündige Mit-Bürger, die Verantwortung für das allgemeine Wohl der Menschen übernehmen.
Dr. Rudolf Hänsel ist Diplom-Psychologe und Erziehungswissenschaftler
Top-Bild: aus Karikatur von Kostas Koufogiorgos
Siehe auch:
Die Karikatur der Woche
Corona-Beschränkungen
Von Kostas Koufogiorgos
NRhZ 741 vom 01.04.2020
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26712
Petition – gerichtet an Bundes- und Landesregierungen
Sofortige Aufhebung aller in der "Corona-Krise" verfügten Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten!
Von Helene und Dr. Ansgar Klein
NRhZ 740 vom 18.03.2020
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26705
Was sollten wir Menschen heute und in Zukunft am ehesten lernen?
„Gnothi seauton“ – „Erkenne dich selbst!
Von Rudolf Hänsel
NRhZ 740 vom vom 25.03.2020
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26697
Das sogenannte Corona-Virus und die Neue Weltordnung NWO
Etwas ist faul im Staate Dänemark
Von Rudolf Hänsel
NRhZ 740 vom 18.03.2020
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26681
Psychologische Bemerkungen zum allzu menschlichen Reflex des Gehorsams
"Zu schweigen ist nicht philosophisch"
Von Rudolf Hänsel
NRhZ 740 vom 18.03.2020
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26691
Online-Flyer Nr. 741 vom 01.04.2020