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Kommentar
Kommentar vom Hochblauen
Der tolerierte Staatsterrorismus des "Werte-Westens"
Von Evelyn Hecht-Galinski

Die gezielten Mossad- und CIA-Morde rund um den Globus sind nicht nur erschreckend, sondern auch deren mediale und politische „Normalität“. Wo bleiben die Betroffenheit, die kritische Reaktion, und eine öffentliche Verurteilung mit drohenden Konsequenzen? Wo bleibt die Anteilnahme mit Iran zu der schändlichen Ermordung eines Wissenschaftlers? Nichts anderes war Mohsen Fakhrizadeh schließlich. Hätte es sich um einen jüdisch-israelischen Staatsbürger gehandelt, wäre die Reaktion ganz sicher eine andere. Die Beileidsbekundungen an den „jüdischen Staat“ hätten sich überschlagen! Man hätte das bis zum Erbrechen immer wieder durchgekaute Mantra vom „kleinen Israel, von Feinden umgebenen Israel“ wiederholt, das von einem „neuen Holocaust“ bedroht ist und auch nicht die Hisbollah, die Hamas, die Raketen und Luftballons aus Gaza, und die palästinensischen „Terroristen“ vergessen, die den armen verängstigten jüdisch-israelischen Bürgern, die doch nur in Frieden leben wollen, nach dem Leben trachten. Deshalb ist das zionistische Regime in „Selbstverteidigung“ präventiv auf Mord aus, um die „gefährdeten“ Bürger seines Besatzerstaates zu „schützen“. Auch all die kriegerischen Angriffe mit immenser militärischer Überlegenheit sollen für „Frieden“ sorgen, der allerdings ganz nach zionistischer Machart, der nur dazu dient, den jüdischen Alleinanspruch auf Palästina zu zementieren, bis in alle Ewigkeit, „ganz nach Gottes Wille, für das auserwählte Volk“.

Kein Platz für andere Länder wie Iran?

Da ist kein Platz für andere Länder wie Iran, der noch nie ein anders Land militärisch angegriffen hat, aber aufgrund seiner schrecklichen Erfahrungen gerade mit dem „Werte-Westen“ den verständlichen Wunsch hat, sich nicht völlig wehrlos seinen Feinden zu ergeben. Das aber ist für den „Werte-Westen“ nicht akzeptabel, dass ein „Mullah-Staat“ nach Atomwaffen und Bewaffnung strebt, und nennt dies gefährlich. Der „jüdisch-judaistische Staat“ jedoch, der seit Jahren im Besitz von Atomwaffen und bis an die Zähne bewaffnet ist, will das mit allen – terroristischen – Mitteln verhindern. Schließlich betont Netanjahu immer wieder, wie wichtig alles ist, was sein Regime in dieser Richtung macht, es dient schließlich dem Frieden der ganzen Welt und dafür müssen wir dankbar sein.

Tatsächlich war laut iranischer Nachrichtenagentur Fars der Mossad schon seit Jahren bemüht, Fakhrizadeh „auszuschalten“. Es war ein „Spezialfeind“ Netanjahus, der der Welt schon 2018 mitteilte, „merken sie sich diesen Namen Fakhrizadeh“. Dieser „Hochmut“, der einher geht mit Netanjahus selbstdarstellerischer Chuzpe mit immer wieder neuen „Fake- News-Beweistafeln“, die seine Mordaufträge vor der „westlichen Wertegemeinschaft“ legitimieren sollen, ist beängstigend. Eine unfassbare Steigerung war sein Video auf Facebook und Twitter: „Ich möchte euch eine Liste vorlesen mit Dingen, die ich in dieser Woche gemacht habe. Diese Liste ist aber lückenhaft, denn ich darf nicht alles erzählen.“ Selbst israelische Medien, die von Netanjahus puncto „schmutziger Wäsche“ viel gewöhnt sind, reagierten entsetzt. Ebenso der ehemalige Armeegeneral Amos Gilad im israelischen Fernsehkanal 12, der diese „Andeutungen“ als Dummheit missbilligte. (1)

"Der Stolz Israels: Attentate"

Als die Berichte über die feige Ermordung des iranischen Top-Nuklearwissenschaftlers interessanter Weise zuerst durch israelische Medien publik wurden, konnte man schon erkennen, was hinter der Botschaft steckt. Es war der Ausdruck der zionistischen Macht, die sich ihrer Stärke so bewusst war, dass sie diese auch zum Ausdruck bringen wollte. Gideon Levy brachte es in der israelischen Zeitung Haaretz auf den Punkt: „Der Stolz Israels: Attentate“.

Als der israelische Geheimdienstminister Eli Cohen eine vielsagende Andeutung machte und feststellte: „Wer nuklear aufrüstet, ist des Todes“, da vergaß er wohl, dass Israel längst nuklear aufgerüstet hat. Auch er forderte erneut Sanktionen gegen Iran, und auch das beweist immer wieder die schändlichen Doppelstandards, wenn es um den „jüdischen Staat“ geht. Die BDS-Kampagne wird vom „Werte-Westen“ kriminalisiert, weil sie Sanktionen gegen Israel fordert, bis es die Besatzung palästinensischen Bodens beendet. (2)

"Provozierender terroristischer Akt"

Nur der türkische Präsident Erdogan, der das Attentat an Mohsen Fakhrizadeh als „abscheulichen Mord“ verurteilte, hat der iranischen Regierung und der Familie des Verstorbenen kondoliert. Auch der ehemalige CIA-Chef O.Brennan kritisierte den Mord an Fakhrizadeh als „kriminelle Handlung“. Zumindest das hätte man von einer „Wertegemeinschaft“ erwartet. Aber da kam nichts. Auch Russland hat am Montag die Ermordung des iranischen Atomwissenschaftlers Mohsen Fakhrizadeh verurteilt, berichtet die Agentur Anadolu. In einer Erklärung bezeichnete das Außenministerium den Vorfall als "provozierenden terroristischen Akt, der darauf abzielt, die Situation zu destabilisieren und einen potentiellen Konflikt in der Region zu schüren". (3)

Dem deutschen Auschwitzminister Maas fiel nichts Passenderes ein, als zur „Besonnenheit“ aufzurufen. Ebenso tönte der UN-Generalsekretär Guterres, dessen Aufgabe es gewesen wäre, eine UN-Untersuchung anzuordnen.

Weiter gäbe es eine Verpflichtung der Mitunterzeichner des Iran-Atomdeals, Russland, China, Deutschland, Großbritannien und Frankreich, dieses Attentat zu verurteilen und sich gemeinsam zur Weiterführung und Einhaltung des Abkommen zu verpflichten, die Blockade des iranischen Antrags auf ein IWF-Darlehen in Höhe von 5 Milliarden Dollar zu beenden und eine neue Ära mit dem Iran einzuläuten. Die Europäische Union hat den Mordanschlag zwar als „Straftat“ bezeichnet, ohne weitere Androhungen von Konsequenzen, wie sonst üblich gegen die Türkei oder Russland. Ich erinnere nur an die bis heute unbewiesenen Beschuldigungen gegen Russland, die einher geht mit einer skandalösen Verweigerung der Kooperation mit Russland, unter bewusster Inkaufnahme der Verschlechterung der Beziehungen zu Russland, alles in Sachen „Kreml-Kritiker“ Nawalny, der sich wohl noch immer im schönen Schwarzwald erholt.

Netanjahu-Staatsterrorregime: Konfrontation, Angriff und Zerstörung

Besonnenheit, wie das wohl gemeint war? Hat sich das Netanjahu-Staatsterrorregime jemals besonnen gezeigt? Dieser Ausdruck ist dem Mossad so fremd wie dem Regime selbst. Sie sind aus auf Konfrontation, Angriff und Zerstörung und zeigen dies auch ganz offen. Sie werden alles dafür tun, um Trumps letzte Tage im Weißen Haus zu nutzen. Tatsächlich fragt man sich nach Trumps Ankündigungen, wird ein Schlag gegen Iran kommen und wann?

Mich macht diese „Normalität“, mit der zionistische Morde hingenommen werden, wütend. Alles ist „normal“, was dieser „jüdische Staat“ tut. Es ist diese Banalität, mit der über zionistische Verbrechen berichtet und klaglos hingenommen wird. Wen regt es denn noch auf, wenn hier selten genug über ethnische Säuberung, neue Siedlungen auf geraubtem Land, Häuserzerstörung und Apartheid des Besatzungsregimes berichtet wird? Wenige, und ganz im Gegenteil, immer wieder wird im Namen des Holocaust alles toleriert, was dem zionistischen Staatsterrorsystem zur „Selbstverteidigung“ einfällt. Dass sie dazu Atomwaffen und deutsche U-Boote, Korvetten und Rüstungsgüter benötigen, versteht sich von selbst. Deutschland ist sich seiner „Verantwortung“ bewusst, dem „jüdischen Staat“ in seiner kriminellen Politik mit aller Macht beizustehen.

Enge Verbindung von CIA und Mossad

Die feige Ermordung des Wissenschaftlers beweist doch nur die enge Verbindung von CIA und Mossad und diese schon seit Jahrzehnten. Dieser ausgeklügelte Mordplan konnte auch nicht ohne Kollaborateure vor Ort geschehen, in Verdacht steht die iranische Terrorgruppe „Volksmudjahedin“, mit deren Hilfe auch schon vier andere iranische Atomwissenschaftler zwischen 2010 und 2012 ermordet wurden. Auch ohne Mithilfe der USA konnten diese Morde sicher nicht begangen werden. Schon nachdem US-Präsident Trump im Januar die Ermordung des iranischen General Soleimani feierte, den er beschuldigte, ohne Beweise vorzulegen, verantwortlich für den Tod „Tausender US-Bürger“ zu sein und damit rücksichtslos einen Konflikt mit dem Iran anzuzetteln, da wusste man, was die Zukunft bringen würde. Da war es nur ein kurzer Schritt bis zum Mord an Fakhrizadeh. Auch dieser Mord hatte Trumps ausdrückliche Zustimmung.

Inzwischen werden immer mehr Einzelheiten bekannt. Der Verdacht erhärtet sich, dass ferngesteuerte Waffen eingesetzt wurden, die den Wissenschaftler, der mit seiner Frau in einem gepanzerten Wagen unterwegs war, und er etwas wie Schüsse hörte, verließ er den Wagen, um zu schauen was da vor sich ging. Daraufhin wurde er aus einem Nissan aus ca.150 Meter Entfernung mit vermutlich einem ferngesteuerten Maschinengewehr tödlich getroffen. Auch sein Leibwächter wurde erschossen. Der Nissan explodierte danach sofort, auch das deutet auf Fernsteuerung hin. (4)

Staatsterrorismus befördert Antisemitismus

Das führt mich zu einer ganz anderen Thematik, nämlich zu der Frage, wie gefährdet jüdische Bürger weltweit werden durch den zionistischen Staatsterrorismus? Ist es nicht gerade diese „hausgemachte“ Bedrohung, von der die Gefahr ausgeht? Wäre es nicht endlich an der Zeit, sich gegen zionistische Sprachrohre und angebliche Vertretungen der Diaspora-Juden wie den Zentralrat zu positionieren und sich klar gegen diesen Staatsterrorismus zu wehren, der nämlich den Antisemitismus befördert und ganz bestimmt nicht die jüdischen Sympathiewerte in der Öffentlichkeit steigert. Wenn also jetzt wie berichtet, Israel den Schutz seiner Botschaften weltweit verstärkt, weil es offenbar Vergeltung fürchtet, und auch jüdische Gemeinden hätten ihre Schutzmaßahmen erhöht, dann ist die Frage zu stellen, wer dafür zahlt?

Sind es nicht die jeweiligen Steuerzahler, die die blutige Zeche für zionistische Straftaten und Terrorismus zu bezahlen haben? Ist das richtig, dass wir damit diese Morde noch finanziell unterstützen und ermöglichen? Wohl kaum, und dagegen müssen wir protestieren.

Jüdische Bürger müssen sich endlich fragen, ob sie es wirklich mit ihrem Gewissen vereinbaren können und wollen, für das „Gelobte Land“ in Haftung genommen zu werden. Natürlich kämen gegen diese Art der Opposition direkt das Echo und die Antisemitismus-Beschuldigung. Aber das sollte uns nicht abschrecken, für die Meinungsfreiheit und ein freies Palästina zu kämpfen, und gegen den tolerierten „Staatsterrorismus des Werte-Westens“.


Fußnoten:

(1) https://www.jpost.com/middle-east/iran-news/yadlin-iran-may-wait-until-end-of-trump-era-to-retaliate-650623
(2) https://www.spiegel.de/politik/ausland/israel-zu-iran-wer-nuklear-aufruestet-ist-des-todes-a-0ad3806d-3a59-4fc5-9883-067e54efc02d
(3) https://www.middleeastmonitor.com/20201130-russia-condemns-killing-of-iranian-nuclear-scientist/
(4) https://edition.cnn.com/2020/11/29/middleeast/iran-mohsen-fakhrizadeh-remote-control-machine-gun/index.html


Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1165 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (http://sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten "Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik" ausgezeichnet.

Online-Flyer Nr. 758  vom 02.12.2020



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