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Nach den israelischen Angriffen auf den Gazastreifen im Mai 2021
Kampf um Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung
Maged Abu Saleh* – interviewt von Gustav Schiedel (Gazainfo)
Das Interview mit Maged Abu Saleh, einem Bewohner des Gazastreifens, wurde am 05.06.2021 geführt und beschäftigt sich mit dem Leben nach der Konfrontation sowie mit den Fragen: Hält die Feuerpause, und was ist mit dem Wiederaufbau? Darauf antwortet Maged Abu Saleh u.a.: "Es wird wieder aufgebaut und die Trümmer werden weggeräumt. Trotzdem wird der Kampf des palästinensischen Volks weitergehen, so lange die israelische Besatzung andauert. Der Gazastreifen ist noch von der israelischen Armee belagert, die israelische Armee ist noch in der Westbank, hunderte israelische Siedlungen bestehen noch in Ostjerusalem und der Westbank, mehr als 650.000 Siedler leben dort. Der Rassismus und das Apartheidsystem und die Ungleichbehandlung sind noch in allen Städten der 1948er-Gebiete existent. Heute gibt es nur eine kleine Pause, um den Kampf für die Freiheit, um Unabhängigkeit und Selbstbestimmung weiterzuführen und das Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge durchzusetzen."
Kannst du die Situation im Gazastreifen nach der Aggression und während der Feuerpause beschreiben?
Ja, man denkt, dass die israelische Aggression gegen den Gazastreifen abgeschlossen ist – ohne weitere Raketenangriffe, Artillerie und Bombardements, keine Toten und keine Angst der Zivilbevölkerung. Aber die Tatsache ist, dass es sich nur um eine vorübergehende so genannte Feuerpause handelt, die jeden Tag und jede Minute vorüber sein kann, bevor die Konfrontation und Angriffe wieder neu anfangen. Weil die Ursachen dieser Aggression noch da sind. Die Situation in Ostjerusalem ist noch angespannt und die Siedler, unterstützt von den faschistischen Abgeordneten aus der Knesset und unter dem Schutz der israelischen Sicherheitskräfte setzen ihre Provokationen gegen die palästinensische Zivilbevölkerung fort, wie auch die Erstürmung der Plätze vor der Al Aqsa Moschee zeigte.
Die Lage im Sheikh Jarrah-Bezirk ist zwar jetzt ruhiger geworden, aber das bedeutet nur, dass der Rausschmiss der BewohnerInnen und die Enteignung ihrer Wohnungen um 6 Monate verschoben wurden, bis sich wieder ein israelisches Gericht damit beschäftigt. Aber die Situation ist nach wie vor angespannt, d.h. die israelischen Kräfte sind noch dort stationiert. Die Straßen wurden mit Betonblöcken abgesperrt und den Medien wurde ein Verbot erteilt, darüber zu berichten. Die Korrespondenten dürfen nichts über die Lage dort weitergeben oder Interviews mit den BewohnerInnen des Bezirks durchführen.
Siegesfeier im Gazastreifen (Privataufnahme)
Gleichzeitig geht die wirtschaftliche Blockade gegen den Gazastreifen weiter. Die Fischer dürfen nicht ins Meer, um ihre Arbeit zu machen. Die Übergänge zwischen dem Gazastreifen und dem zionistischen Gebilde Israel sind noch zu, es gibt keine Möglichkeit, um fehlende Lebensmittel, Öl und die notwendigen Medikamente und medizinischen Geräte zu besorgen - trotz dem Elend, das im Gazastreifen herrscht, besonders seit 15 Jahren unter dieser mörderischen Blockade, als größtes Freiluftgefängnis, in dem 2 Millionen BewohnerInnen in einem 360 km² großen Gebiet leben müssen. Wo die Bevölkerung seit Ende 2008 vier israelische Aggressionen erleben musste, wo das Leben und die existenziellen Bedürfnisse der Menschen zunichte gemacht wurden durch die israelischen Bombardements. Wo tausende Häuser in Schutt und Asche gelegt wurden, hunderte Firmen und Fabriken, Schulen und Spitäler, zivile Einrichtungen, Regierungsgebäude bzw. öffentliche Einrichtungen, Moscheen, Kirchen, Kommunikationszentren, Wasser- und Abwasserwerke und Stromwerke schwer beschädigt oder total bombardiert und tausende Menschen getötet wurden, Frauen, Kinder, alte Leute und zehntausende sind verletzt worden. Innerhalb dieser kurzen Zeit wurde alles wieder aufgebaut und noch einmal bombardiert. Und wieder wurden die Menschen getötet. Heute, 11 Tage nach der israelischen Aggression gegen den Gazastreifen, die bis zum 21. Mai dauerte, herrscht trotz der Siegesfeiern auch Trauer über die getöteten Menschen. Laut dem Gesundheitsministerium sind durch dieses barbarische Bombardement 252 Menschen getötet worden. Darunter waren 69 Kinder, 39 Frauen und 17 alte Menschen. Und mehr als 1950 Personen wurden leichter oder schwerer verletzt, davon befinden sich 90 noch immer in Lebensgefahr. Mehr als 9 Familien wurden durch dieses Bombardement unter den Trümmern ihrer Häuser begraben und völlig ausgelöscht, aus dem Leben gestrichen, Väter, Mütter, Söhne und Töchter. In dieser Aggression, wo das verbrecherische, barbarische Gesicht der mörderischen israelischen Kriegsmaschinerie live vor den Kameras gezeigt wurde. Wo die F16 und F35 Häuser, Hochhäuser, Regierungsgebäude ohne Warnungen bombardiert wurden.
Laut dem UNRWA-Sprecher wurden mehr als 75.000 PalästinenserInnen evakuiert. Sie haben nach Sicherheit gesucht, besonders im Osten und im Norden des Gazastreifens, da diese Orte und Gebiete Tag und Nacht mit schweren Artilleriegeschossen angegriffen wurden. Diese Menschen sind teilweise in UNRWA-Schulen untergebracht worden. Obwohl die UNRWA als Komplize der israelischen Regierungs- und Besatzungsmacht eine schmutzige Rolle spielte, da sie diese Schulen nicht für die Menschen öffneten, sondern die Flüchtlinge haben die Schulen gestürmt, weil sie nach Sicherheit suchten. Auch hat der UNRWA–Operationsmanager, Matthias Schmali, jegliche Unterstützung für diese Familien, die in den UN-Schulen Schutz suchten, verweigert und jegliche Hilfe wie Lebensmittel, Medikamente, Matratzen, Decken, sogar Wasser abgelehnt, da ihre Zutrittsverweigerung gescheitert war.
Siegesfeier im Gazastreifen (Privataufnahme)
Deshalb wurden Schmali und sein Assistent von allen palästinensischen Widerstandsorganisationen zu unerwünschten Personen erklärt und aufgefordert, den Gazastreifen zu verlassen. Auch wegen dem, was dieser Schmali vor den Medien erzählte, besonders vor israelischen Medien, wo er sagte, die israelische Luftwaffe und Artillerie hätten keine Angriffe gegen zivile Einrichtungen geführt. Laut UN-Statistik und Informationen des Gesundheitsministeriums und den Bildern der Medien wurde aber gezeigt, dass der überwiegende Teil der Opfer aus Zivilbevölkerung stammen und die meisten davon Kinder und Frauen sind. Und viele davon waren zuvor SchülerInnen der UNRWA im Gazastreifen. So wurden seine Lügen bekannt und auch, dass er ein Teil ist der israelischen Propaganda- und Kriegsmaschinerie gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist.
Auch wurde durch die Statistiken der Notstandskomitees im Gazastreifen veröffentlicht, welche materiellen Verluste Israel in dieser kurzen Zeit verursacht hat. Es wurden 3 Moscheen komplett zerstört und 40 schwer oder teilweise beschädigt. Auch eine Kirche wurde schwer beschädigt. Es wurden mehr als 1450 Häuser komplett zerstört und mehr als 20.000 teilweise beschädigt. 75 Regierungsgebäude, also öffentliche Einrichtungen, wurden total bombardiert. 68 Schulen, medizinische Kliniken, 490 landwirtschaftliche Einrichtungen wie auch die Tierställe. Es wurden auch mehr als 300 wirtschaftliche, industrielle und Handelseinrichtungen wie Fabriken oder Firmen zerstört. Auch auf den Tourismusbereich wurde gezielt und Hotels, Restaurants, Kaffeehäuser, Cafeterias zerstört oder teilweise bombardiert. Auch die Infrastruktur des armen Gazastreifens wurde nicht verschont. Es wurden viele Kilometer von Straßen absichtlich angegriffen und ruiniert, Stromwerke, Wasserwerke, Abwasserwerke wurden zerstört oder beschädigt. Auch der Transportbereich oder der Kommunikationsbereich wurden angegriffen. Dadurch wurden 16 Kommunikationsfirmen dem Erdboden gleichgemacht. Mehr als 450 Autos und LKWs wurden total zerstört oder hunderte defekt. Auch die Medienagenturen und –Einrichtungen wie auch Vereine und humanitäre Organisationen wurden angegriffen und dadurch 33 Einrichtungen zerstört. Dutzende wurden teilweise demoliert.
Seit dem Stopp der Angriffe auf den Gazastreifen haben die Räumungsarbeiten angefangen. Es wurde mit 200.000 Tonnen an Trümmern gerechnet, die von den Häusern, Hochhäusern und Firmengebäuden wegzuräumen wären. Wie der Generaldirektor des Wirtschaftsministeriums, Herr Dr. Nofal, sagte, wurden bis heute von verschiedenen Ländern 2 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau versprochen, aber bis heute ist noch kein Groschen geflossen. So wie die versprochenen Milliarden zum Wiederaufbau nach den vorherigen Aggressionen, die sich auch als Seifenblase herausgestellt haben. Weil die ganzen Geldgeber nicht gehalten haben, was sie auf den Friedenskonferenzen versprochen haben.
Warum wir auch sagen, dass die Feuerpause schwach ist und die Konfrontation jede Minute wieder anfangen könnte: Weil Israel versucht, das was es durch seine Bombardements und Kriegsmaschinerie nicht geschafft hat, mit Unterstützung der USA und Europas und der reaktionären arabischen Regierungen anders durchzusetzen. D.h. Israel verlangt, dass der Wiederaufbau des Gazastreifens durch die UNO, Ägypten und die Palästinensische Behörde durchgeführt werden soll und alle Widerstandsorganisationen von diesem Wiederaufbau ferngehalten werden müssen. Auch verlangen Israel und diese so genannten Vermittler wie USA-Außenminister Blinken und auch die Außenminister von England, Deutschland, Frankreich und alle diese anderen Heuchler - wie auch der ägyptische Vermittler - die Freilassung aller israelischen Soldaten, die bei der Aggression 2014 gegen den Gazastreifen von den Widerstandsorganisationen verhaftet wurden. Das wird verlangt, bevor der Wiederaufbau in Gang gesetzt wird. Auch versucht Israel Druck auszuüben, um die zugesagte Geldspende aus Qatar für die armen Familien im Norden des Gazastreifens zu verhindern. Israel verlangt, dass das Geld durch die Behörde in Ramallah verteilt wird und das bedeutet in Wirklichkeit: unter israelischer Geheimdienstkontrolle und unter Kontrolle von israelischen Banken.
Deshalb haben die Widerstandsorganisationen in ihren Communiqués und in Interviews verlautbart: Wir lassen uns von niemandem erpressen, weder von den USA, noch von Israel, noch von irgendjemandem! Und sie haben eine Warnung an Israel herausgegeben, dass diese Feuerpause zu Ende gehen könnte. Wir warten auf die nächste Woche, wo die israelische Regierung mit diesen Vermittlern zusammentreffen wird.
Bombardierung (Quelle: alwatanvoice.com)
Momentan besucht die USA die EU-Länder, wie auch ihre Diener und Sklaven im Arabischen Raum - wie die ägyptische Regierung unter Sisi, wie auch die Saudis, die jordanische Regierung, wie auch die Regierung in Qatar. Sie machen das, um Druck auf die Hamas auszuüben – wenn sie von Hamas reden, meinen sie in Wirklichkeit alle Widerstandsorganisationen. Sie machen politischen, finanziellen und logistischen Druck, um den Sieg des Widerstands zu klauen. Um diese Erfolge des Widerstands wieder zunichte zu machen.
Aber wir sind sicher, der palästinensische Widerstand ist nicht naiv oder dumm oder so machtlos, dass er einfach aufgeben könnte - gegen die imperialistischen Bosse und ihre arabischen Kollaborateure, um Israel auf Kosten des palästinensischen Elends vor seinen eigenen Problemen und Krisen zu retten, ob das jetzt innenpolitische oder außenpolitische Probleme sind. Wie das palästinensische Volk jetzt während dieser 11 Tage der Aggression und Bombardements gezeigt hat, will es sich nicht spalten lassen, weder im Gazastreifen, in Jerusalem, der Westbank, den 1948er Gebieten noch im Ausland in der Diaspora. Gleichzeitig hat der Widerstand gezeigt, wie schwach das zionistische Gebilde und das imperialistische Projekt im Nahen Osten ist. Ohne die Unterstützung der imperialistischen Länder, politisch, finanziell, durch die Medien, die wirtschaftliche wie auch militärische Hilfe durch Lieferung von Waffensystemen und F16 und F35, die deutschen U-Boote und Kriegsschiffe und ohne die Vetos im UN-Sicherheitsrat hat Israel keine Chance. Das alles wird gemacht, damit Israel die westlichen Interessen und imperialistischen Projekte in diesem Gebiet durchsetzen kann. In diesen Tagen der Aggression wurde aber klar und deutlich, dass das zionistische Gebilde Israel seine Aufgaben als Wachhund der imperialistischen Interessen im Arabischen Raum nicht mehr schaffen kann. Es konnte sich nicht einmal mehr selbst schützen. Deshalb braucht Israel die Unterstützung des Westens, besonders der USA und der NATO-Staaten, um als zionistischer Staat zu existieren.
Heute ist aber auch klar und deutlich, dass die Stimmen gegen die zionistische Barbarei und ihre Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen lauter geworden sind. Sogar in den USA-Medien wurde über die Apartheid in Israel berichtet - und wie Israel gegen seine eigenen Bürger in den so genannten 1948er Gebieten vorgeht, Weil sogar dort Apartheid herrscht und versucht wird, dieses System gegen die nichtjüdische Bevölkerung durchzusetzen, so dass dort für die BürgerInnen keine Gleichberechtigung herrscht. Deshalb befinden sich die PalästinenserInnen in den 1948er Gebieten in einem Aufstand gegen die israelischen Polizei- und Sicherheitskräfte und sind in allen Städten auf die Straße gegangen. Sie haben klar und deutlich ihre Unterstützung für die palästinensischen Massen in Jerusalem, wie auch für die Widerstandsorganisationen im Gazastreifen gezeigt. Deshalb hat es dort auch Tote gegeben und mehr als 2100 Personen wurden festgenommen. Sie warten auf ihren Gerichtsprozess, während die israelischen Siedler mit ihren Waffen in Jerusalem wie auch in Sheikh Jarrah (Scheich Dscharrah) und den gemischten Städten wie Lud (Lod, Lydda), Ramle, Nasrat, Haifa- Jaffa demonstrieren und die Menschen dort provozieren.
Auch mehrere amerikanische Abgeordnete im Kongress und der Regierung erhoben ihre Stimme gegen die israelischen Verbrechen, die gegen die palästinensische Zivilbevölkerung ausgeübt wurden und die live im US-Fernsehen zu beobachten waren, als Häuser und Hochhäuser mit F16 und F35 bombardiert wurden; und die Leichen von Frauen, Kindern und alten Leuten, die im Schlaf getötet wurden, aus den Trümmern geholt wurden.
Auch gibt es heute die Massen, die gegen die israelische Aggression gegen den Gazastreifen demonstriert und Kundgebungen durchgeführt haben; ob jetzt in New York, wo mehr als 250.000 auf die Straße gegangen sind, wie auch in dutzenden von amerikanischen Städten, wie auch in England oder in Frankreich, in Deutschland und anderen Staaten, deren Regierungen für die Unterstützung von Israel stehen und ein Demonstrationsverbot verhängt hatten. Aber die Massen haben trotzdem demonstriert, um ihre Stimme zu erheben, gegen diese verbrecherische zionistische Aggression gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen und um die israelische Kriegsmaschinerie zu stoppen.
Es wird wieder aufgebaut und die Trümmer werden weggeräumt. Trotzdem wird der Kampf des palästinensischen Volks weitergehen, so lange die israelische Besatzung andauert. Der Gazastreifen ist noch von der israelischen Armee belagert, die israelische Armee ist noch in der Westbank, hunderte israelische Siedlungen bestehen noch in Ostjerusalem und der Westbank, mehr als 650.000 Siedler leben dort. Der Rassismus und das Apartheidsystem und die Ungleichbehandlung sind noch in allen Städten der 1948er-Gebiete existent. Heute gibt es nur eine kleine Pause, um den Kampf für die Freiheit, um Unabhängigkeit und Selbstbestimmung weiterzuführen und das Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge durchzusetzen.
* Name von der Redaktion geändert
Online-Flyer Nr. 771 vom 09.06.2021
Nach den israelischen Angriffen auf den Gazastreifen im Mai 2021
Kampf um Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung
Maged Abu Saleh* – interviewt von Gustav Schiedel (Gazainfo)
Das Interview mit Maged Abu Saleh, einem Bewohner des Gazastreifens, wurde am 05.06.2021 geführt und beschäftigt sich mit dem Leben nach der Konfrontation sowie mit den Fragen: Hält die Feuerpause, und was ist mit dem Wiederaufbau? Darauf antwortet Maged Abu Saleh u.a.: "Es wird wieder aufgebaut und die Trümmer werden weggeräumt. Trotzdem wird der Kampf des palästinensischen Volks weitergehen, so lange die israelische Besatzung andauert. Der Gazastreifen ist noch von der israelischen Armee belagert, die israelische Armee ist noch in der Westbank, hunderte israelische Siedlungen bestehen noch in Ostjerusalem und der Westbank, mehr als 650.000 Siedler leben dort. Der Rassismus und das Apartheidsystem und die Ungleichbehandlung sind noch in allen Städten der 1948er-Gebiete existent. Heute gibt es nur eine kleine Pause, um den Kampf für die Freiheit, um Unabhängigkeit und Selbstbestimmung weiterzuführen und das Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge durchzusetzen."
Kannst du die Situation im Gazastreifen nach der Aggression und während der Feuerpause beschreiben?
Ja, man denkt, dass die israelische Aggression gegen den Gazastreifen abgeschlossen ist – ohne weitere Raketenangriffe, Artillerie und Bombardements, keine Toten und keine Angst der Zivilbevölkerung. Aber die Tatsache ist, dass es sich nur um eine vorübergehende so genannte Feuerpause handelt, die jeden Tag und jede Minute vorüber sein kann, bevor die Konfrontation und Angriffe wieder neu anfangen. Weil die Ursachen dieser Aggression noch da sind. Die Situation in Ostjerusalem ist noch angespannt und die Siedler, unterstützt von den faschistischen Abgeordneten aus der Knesset und unter dem Schutz der israelischen Sicherheitskräfte setzen ihre Provokationen gegen die palästinensische Zivilbevölkerung fort, wie auch die Erstürmung der Plätze vor der Al Aqsa Moschee zeigte.
Die Lage im Sheikh Jarrah-Bezirk ist zwar jetzt ruhiger geworden, aber das bedeutet nur, dass der Rausschmiss der BewohnerInnen und die Enteignung ihrer Wohnungen um 6 Monate verschoben wurden, bis sich wieder ein israelisches Gericht damit beschäftigt. Aber die Situation ist nach wie vor angespannt, d.h. die israelischen Kräfte sind noch dort stationiert. Die Straßen wurden mit Betonblöcken abgesperrt und den Medien wurde ein Verbot erteilt, darüber zu berichten. Die Korrespondenten dürfen nichts über die Lage dort weitergeben oder Interviews mit den BewohnerInnen des Bezirks durchführen.
Siegesfeier im Gazastreifen (Privataufnahme)
Gleichzeitig geht die wirtschaftliche Blockade gegen den Gazastreifen weiter. Die Fischer dürfen nicht ins Meer, um ihre Arbeit zu machen. Die Übergänge zwischen dem Gazastreifen und dem zionistischen Gebilde Israel sind noch zu, es gibt keine Möglichkeit, um fehlende Lebensmittel, Öl und die notwendigen Medikamente und medizinischen Geräte zu besorgen - trotz dem Elend, das im Gazastreifen herrscht, besonders seit 15 Jahren unter dieser mörderischen Blockade, als größtes Freiluftgefängnis, in dem 2 Millionen BewohnerInnen in einem 360 km² großen Gebiet leben müssen. Wo die Bevölkerung seit Ende 2008 vier israelische Aggressionen erleben musste, wo das Leben und die existenziellen Bedürfnisse der Menschen zunichte gemacht wurden durch die israelischen Bombardements. Wo tausende Häuser in Schutt und Asche gelegt wurden, hunderte Firmen und Fabriken, Schulen und Spitäler, zivile Einrichtungen, Regierungsgebäude bzw. öffentliche Einrichtungen, Moscheen, Kirchen, Kommunikationszentren, Wasser- und Abwasserwerke und Stromwerke schwer beschädigt oder total bombardiert und tausende Menschen getötet wurden, Frauen, Kinder, alte Leute und zehntausende sind verletzt worden. Innerhalb dieser kurzen Zeit wurde alles wieder aufgebaut und noch einmal bombardiert. Und wieder wurden die Menschen getötet. Heute, 11 Tage nach der israelischen Aggression gegen den Gazastreifen, die bis zum 21. Mai dauerte, herrscht trotz der Siegesfeiern auch Trauer über die getöteten Menschen. Laut dem Gesundheitsministerium sind durch dieses barbarische Bombardement 252 Menschen getötet worden. Darunter waren 69 Kinder, 39 Frauen und 17 alte Menschen. Und mehr als 1950 Personen wurden leichter oder schwerer verletzt, davon befinden sich 90 noch immer in Lebensgefahr. Mehr als 9 Familien wurden durch dieses Bombardement unter den Trümmern ihrer Häuser begraben und völlig ausgelöscht, aus dem Leben gestrichen, Väter, Mütter, Söhne und Töchter. In dieser Aggression, wo das verbrecherische, barbarische Gesicht der mörderischen israelischen Kriegsmaschinerie live vor den Kameras gezeigt wurde. Wo die F16 und F35 Häuser, Hochhäuser, Regierungsgebäude ohne Warnungen bombardiert wurden.
Laut dem UNRWA-Sprecher wurden mehr als 75.000 PalästinenserInnen evakuiert. Sie haben nach Sicherheit gesucht, besonders im Osten und im Norden des Gazastreifens, da diese Orte und Gebiete Tag und Nacht mit schweren Artilleriegeschossen angegriffen wurden. Diese Menschen sind teilweise in UNRWA-Schulen untergebracht worden. Obwohl die UNRWA als Komplize der israelischen Regierungs- und Besatzungsmacht eine schmutzige Rolle spielte, da sie diese Schulen nicht für die Menschen öffneten, sondern die Flüchtlinge haben die Schulen gestürmt, weil sie nach Sicherheit suchten. Auch hat der UNRWA–Operationsmanager, Matthias Schmali, jegliche Unterstützung für diese Familien, die in den UN-Schulen Schutz suchten, verweigert und jegliche Hilfe wie Lebensmittel, Medikamente, Matratzen, Decken, sogar Wasser abgelehnt, da ihre Zutrittsverweigerung gescheitert war.
Siegesfeier im Gazastreifen (Privataufnahme)
Deshalb wurden Schmali und sein Assistent von allen palästinensischen Widerstandsorganisationen zu unerwünschten Personen erklärt und aufgefordert, den Gazastreifen zu verlassen. Auch wegen dem, was dieser Schmali vor den Medien erzählte, besonders vor israelischen Medien, wo er sagte, die israelische Luftwaffe und Artillerie hätten keine Angriffe gegen zivile Einrichtungen geführt. Laut UN-Statistik und Informationen des Gesundheitsministeriums und den Bildern der Medien wurde aber gezeigt, dass der überwiegende Teil der Opfer aus Zivilbevölkerung stammen und die meisten davon Kinder und Frauen sind. Und viele davon waren zuvor SchülerInnen der UNRWA im Gazastreifen. So wurden seine Lügen bekannt und auch, dass er ein Teil ist der israelischen Propaganda- und Kriegsmaschinerie gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist.
Auch wurde durch die Statistiken der Notstandskomitees im Gazastreifen veröffentlicht, welche materiellen Verluste Israel in dieser kurzen Zeit verursacht hat. Es wurden 3 Moscheen komplett zerstört und 40 schwer oder teilweise beschädigt. Auch eine Kirche wurde schwer beschädigt. Es wurden mehr als 1450 Häuser komplett zerstört und mehr als 20.000 teilweise beschädigt. 75 Regierungsgebäude, also öffentliche Einrichtungen, wurden total bombardiert. 68 Schulen, medizinische Kliniken, 490 landwirtschaftliche Einrichtungen wie auch die Tierställe. Es wurden auch mehr als 300 wirtschaftliche, industrielle und Handelseinrichtungen wie Fabriken oder Firmen zerstört. Auch auf den Tourismusbereich wurde gezielt und Hotels, Restaurants, Kaffeehäuser, Cafeterias zerstört oder teilweise bombardiert. Auch die Infrastruktur des armen Gazastreifens wurde nicht verschont. Es wurden viele Kilometer von Straßen absichtlich angegriffen und ruiniert, Stromwerke, Wasserwerke, Abwasserwerke wurden zerstört oder beschädigt. Auch der Transportbereich oder der Kommunikationsbereich wurden angegriffen. Dadurch wurden 16 Kommunikationsfirmen dem Erdboden gleichgemacht. Mehr als 450 Autos und LKWs wurden total zerstört oder hunderte defekt. Auch die Medienagenturen und –Einrichtungen wie auch Vereine und humanitäre Organisationen wurden angegriffen und dadurch 33 Einrichtungen zerstört. Dutzende wurden teilweise demoliert.
Seit dem Stopp der Angriffe auf den Gazastreifen haben die Räumungsarbeiten angefangen. Es wurde mit 200.000 Tonnen an Trümmern gerechnet, die von den Häusern, Hochhäusern und Firmengebäuden wegzuräumen wären. Wie der Generaldirektor des Wirtschaftsministeriums, Herr Dr. Nofal, sagte, wurden bis heute von verschiedenen Ländern 2 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau versprochen, aber bis heute ist noch kein Groschen geflossen. So wie die versprochenen Milliarden zum Wiederaufbau nach den vorherigen Aggressionen, die sich auch als Seifenblase herausgestellt haben. Weil die ganzen Geldgeber nicht gehalten haben, was sie auf den Friedenskonferenzen versprochen haben.
Warum wir auch sagen, dass die Feuerpause schwach ist und die Konfrontation jede Minute wieder anfangen könnte: Weil Israel versucht, das was es durch seine Bombardements und Kriegsmaschinerie nicht geschafft hat, mit Unterstützung der USA und Europas und der reaktionären arabischen Regierungen anders durchzusetzen. D.h. Israel verlangt, dass der Wiederaufbau des Gazastreifens durch die UNO, Ägypten und die Palästinensische Behörde durchgeführt werden soll und alle Widerstandsorganisationen von diesem Wiederaufbau ferngehalten werden müssen. Auch verlangen Israel und diese so genannten Vermittler wie USA-Außenminister Blinken und auch die Außenminister von England, Deutschland, Frankreich und alle diese anderen Heuchler - wie auch der ägyptische Vermittler - die Freilassung aller israelischen Soldaten, die bei der Aggression 2014 gegen den Gazastreifen von den Widerstandsorganisationen verhaftet wurden. Das wird verlangt, bevor der Wiederaufbau in Gang gesetzt wird. Auch versucht Israel Druck auszuüben, um die zugesagte Geldspende aus Qatar für die armen Familien im Norden des Gazastreifens zu verhindern. Israel verlangt, dass das Geld durch die Behörde in Ramallah verteilt wird und das bedeutet in Wirklichkeit: unter israelischer Geheimdienstkontrolle und unter Kontrolle von israelischen Banken.
Deshalb haben die Widerstandsorganisationen in ihren Communiqués und in Interviews verlautbart: Wir lassen uns von niemandem erpressen, weder von den USA, noch von Israel, noch von irgendjemandem! Und sie haben eine Warnung an Israel herausgegeben, dass diese Feuerpause zu Ende gehen könnte. Wir warten auf die nächste Woche, wo die israelische Regierung mit diesen Vermittlern zusammentreffen wird.
Bombardierung (Quelle: alwatanvoice.com)
Momentan besucht die USA die EU-Länder, wie auch ihre Diener und Sklaven im Arabischen Raum - wie die ägyptische Regierung unter Sisi, wie auch die Saudis, die jordanische Regierung, wie auch die Regierung in Qatar. Sie machen das, um Druck auf die Hamas auszuüben – wenn sie von Hamas reden, meinen sie in Wirklichkeit alle Widerstandsorganisationen. Sie machen politischen, finanziellen und logistischen Druck, um den Sieg des Widerstands zu klauen. Um diese Erfolge des Widerstands wieder zunichte zu machen.
Aber wir sind sicher, der palästinensische Widerstand ist nicht naiv oder dumm oder so machtlos, dass er einfach aufgeben könnte - gegen die imperialistischen Bosse und ihre arabischen Kollaborateure, um Israel auf Kosten des palästinensischen Elends vor seinen eigenen Problemen und Krisen zu retten, ob das jetzt innenpolitische oder außenpolitische Probleme sind. Wie das palästinensische Volk jetzt während dieser 11 Tage der Aggression und Bombardements gezeigt hat, will es sich nicht spalten lassen, weder im Gazastreifen, in Jerusalem, der Westbank, den 1948er Gebieten noch im Ausland in der Diaspora. Gleichzeitig hat der Widerstand gezeigt, wie schwach das zionistische Gebilde und das imperialistische Projekt im Nahen Osten ist. Ohne die Unterstützung der imperialistischen Länder, politisch, finanziell, durch die Medien, die wirtschaftliche wie auch militärische Hilfe durch Lieferung von Waffensystemen und F16 und F35, die deutschen U-Boote und Kriegsschiffe und ohne die Vetos im UN-Sicherheitsrat hat Israel keine Chance. Das alles wird gemacht, damit Israel die westlichen Interessen und imperialistischen Projekte in diesem Gebiet durchsetzen kann. In diesen Tagen der Aggression wurde aber klar und deutlich, dass das zionistische Gebilde Israel seine Aufgaben als Wachhund der imperialistischen Interessen im Arabischen Raum nicht mehr schaffen kann. Es konnte sich nicht einmal mehr selbst schützen. Deshalb braucht Israel die Unterstützung des Westens, besonders der USA und der NATO-Staaten, um als zionistischer Staat zu existieren.
Heute ist aber auch klar und deutlich, dass die Stimmen gegen die zionistische Barbarei und ihre Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen lauter geworden sind. Sogar in den USA-Medien wurde über die Apartheid in Israel berichtet - und wie Israel gegen seine eigenen Bürger in den so genannten 1948er Gebieten vorgeht, Weil sogar dort Apartheid herrscht und versucht wird, dieses System gegen die nichtjüdische Bevölkerung durchzusetzen, so dass dort für die BürgerInnen keine Gleichberechtigung herrscht. Deshalb befinden sich die PalästinenserInnen in den 1948er Gebieten in einem Aufstand gegen die israelischen Polizei- und Sicherheitskräfte und sind in allen Städten auf die Straße gegangen. Sie haben klar und deutlich ihre Unterstützung für die palästinensischen Massen in Jerusalem, wie auch für die Widerstandsorganisationen im Gazastreifen gezeigt. Deshalb hat es dort auch Tote gegeben und mehr als 2100 Personen wurden festgenommen. Sie warten auf ihren Gerichtsprozess, während die israelischen Siedler mit ihren Waffen in Jerusalem wie auch in Sheikh Jarrah (Scheich Dscharrah) und den gemischten Städten wie Lud (Lod, Lydda), Ramle, Nasrat, Haifa- Jaffa demonstrieren und die Menschen dort provozieren.
Auch mehrere amerikanische Abgeordnete im Kongress und der Regierung erhoben ihre Stimme gegen die israelischen Verbrechen, die gegen die palästinensische Zivilbevölkerung ausgeübt wurden und die live im US-Fernsehen zu beobachten waren, als Häuser und Hochhäuser mit F16 und F35 bombardiert wurden; und die Leichen von Frauen, Kindern und alten Leuten, die im Schlaf getötet wurden, aus den Trümmern geholt wurden.
Auch gibt es heute die Massen, die gegen die israelische Aggression gegen den Gazastreifen demonstriert und Kundgebungen durchgeführt haben; ob jetzt in New York, wo mehr als 250.000 auf die Straße gegangen sind, wie auch in dutzenden von amerikanischen Städten, wie auch in England oder in Frankreich, in Deutschland und anderen Staaten, deren Regierungen für die Unterstützung von Israel stehen und ein Demonstrationsverbot verhängt hatten. Aber die Massen haben trotzdem demonstriert, um ihre Stimme zu erheben, gegen diese verbrecherische zionistische Aggression gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen und um die israelische Kriegsmaschinerie zu stoppen.
Es wird wieder aufgebaut und die Trümmer werden weggeräumt. Trotzdem wird der Kampf des palästinensischen Volks weitergehen, so lange die israelische Besatzung andauert. Der Gazastreifen ist noch von der israelischen Armee belagert, die israelische Armee ist noch in der Westbank, hunderte israelische Siedlungen bestehen noch in Ostjerusalem und der Westbank, mehr als 650.000 Siedler leben dort. Der Rassismus und das Apartheidsystem und die Ungleichbehandlung sind noch in allen Städten der 1948er-Gebiete existent. Heute gibt es nur eine kleine Pause, um den Kampf für die Freiheit, um Unabhängigkeit und Selbstbestimmung weiterzuführen und das Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge durchzusetzen.
* Name von der Redaktion geändert
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