SUCHE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Literatur
Hubert Krammer: Jenseits der Mythen – Imperialismus – Zionismus, Faschismus
Die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis
Buchbesprechung von Markus Heizmann (Bündnis gegen Krieg, Basel)
Das Palästina-Komitee Stuttgart veröffentlicht auf seiner Webseite ein Gespräch mit Tony Greenstein über dessen neues Buch «Zionism During the Holocaust». (1) Greensteins Buch ist ganz bestimmt ein wichtiges Werk. Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik ist heute notwendiger denn je. Nora Barrows-Friedman und Asa Winstanley, welche in dem Artikel das Gespräch mit Greenstein führen, stellen kompetente Fragen und qualifizieren sich als Kennerinnen der Sache. (2) Gleichwohl sehen wir uns genötigt, Greenstein in mindestens einem Punkt zu korrigieren. Er sagt in diesem Gespräch: «Das erste Buch über die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis wurde vor fast 40 Jahren von Lenni Brenner geschrieben. Seitdem ist nichts mehr erschienen.» (3) Das ist nicht richtig. Im Januar 1978 erschien im Verlag Neue Einheit (Hartmut Dicke Verlag), Berlin das Buch «Die Zionisten und Nazi-Deutschland» von Faris Yahya.
Hanna Arendt bezieht sich in ihrem Prozessbericht «Eichmann in Jerusalem» (4) ansatzweise ebenfalls auf das Thema. Dies wird jedoch von Greenstein erwähnt. Wie Tony Greenstein im Gespräch richtig erwähnt, geht es um die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis. Ein brisantes Thema in der Tat! Bereits im Jahr 2010 griff Hubert Krammer dieses heiße Eisen auf. Im TuP (Theorie und Praxis) Verlag in Hamburg erschien sein Buch «Jenseits der Mythen – Eine Quellenrecherche über die Geschichte einer Kontinuität». Hubert Krammers Buch kann heute mit Fug und Recht als das Standardwerk zu diesem Thema benannt werden.
Kein Zufall
Die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis ist eine Tatsache. Ebenso ist es eine Tatsache, dass diese Zusammenarbeit von den erwähnten AutorInnen thematisiert und diskutiert wird. Dass diese Publikationen jedoch kaum besprochen werden und schon gar nicht auf den Bestseller- Listen landen, ist gewiss kein Zufall. Von den tatsächlich wenigen Werken zum Thema sticht das von Hubert Krammer besonders heraus. Dies nicht nur, weil es seinem Untertitel «...eine Quellenrecherche» voll und ganz gerecht wird. Diese Besprechung von Krammers Buch ist also auch der Versuch, dieses wichtige Werk einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Die Verbrechen der zionistischen Staatsmacht gegenüber dem palästinensischen Volk dürfen in der Zwischenzeit - wenn auch nur unter bestimmten Auflagen - schüchtern erwähnt werden. Nicht erwähnt werden jedoch in der Regel die historischen Zusammenhänge, wie der «moderne Staat Israel» überhaupt entstanden ist. Welche Umstände führten dazu, dass ein «Volk ohne Land ein Land ohne Volk» besetzen und das darin lebende, offiziell ja «nicht existierende» Volk vertreiben und ermorden kann, und das bis zum heutigen Tag? Diese und andere Fragen beantwortet uns Hubert Krammer auf eine kompetente, faktenbasierte und daher unangreifbare Art und Weise.
Der Aufbau des Buches
Hubert Krammer gliedert «Jenseits der Mythen» historisch. Er beginnt mit dem imperialistischen Projekt eines Siedlerkolonialismus in Palästina und somit mit den Anfängen des Zionismus in Palästina. Hier weist er nach, dass der rassistische Ideologe Theodor Herzl, u.a. Autor des Buches «Der Judenstaat», keineswegs der geistige Vater des Zionismus war, wie dies oft kolportiert wird. Wohl war Herzl ein wichtiger Exponent der zionistischen Gesinnung. Diese Ideologie gärte in Europa indes schon lange vor dem ersten Zionistenkongress, der 1896 in Basel auf Herzls Initiative abgehalten wurde. Die Idee eines «Judenstaates» ist älter, eine imperialistische Idee, geboren aus den Allmachtsphantasien der europäischen Kolonialisten, namentlich der englischen, der französischen und der deutschen Herrscherhäuser der damaligen Zeit.
Der Zionistenkongress
Anschaulich wird beschrieben, wie sich Herzl einerseits benutzen liess, andererseits aber auch Andere benutzte. Herzl als Anhänger von Militarismus und Krieg wird ebenso demaskiert wie sein zentrales Anliegen, die Vertreibung des palästinensischen Volkes um Platz zu schaffen für den zu gründenden Staat. Mit Herzls Tod wurde gleichzeitig der Mythos Herzl geboren.
Es folgte das Sykes-Picot Abkommen und der Konkurrenzkampf der imperialistischen Mächte um das Land im Arabischen Raum, inklusive Palästina. Zur Erinnerung: Das Sykes-Picot Abkommen vom 16. Mai 1916 war eine geheime Übereinkunft zwischen den Regierungen Großbritanniens und Frankreichs, durch die deren koloniale Interessengebiete im Arabischen Raum nach der erwarteten Niederlage des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg festgelegt wurden. Nach der Oktoberrevolution in Russland (1917) brachten die Bolschewiken den Text des Abkommens an die Öffentlichkeit. Der Zar und alle anderen im Abkommen erwähnten imperialistischen Mächte wollten das Abkommen geheim halten. Man gestatte uns einen Gedanken am Rande: Ohne diese Offenlegung durch die Bolschewiken wären heute alle, die von einem geheimen Abkommen zwischen Großbritannien und Frankreich im Jahr 1916 sprechen, Verschwörungstheoretiker.
Die faschistische Machtergreifung in Deutschland und ihr Abkommen mit den Zionisten
Als die Nazis in Deutschland an die Macht kamen, beeilten sie sich, ein Abkommen mit der Zionistischen Weltorganisation zu schließen. Das Haavara Abkommen regelte den Menschen- Waren- und Finanztransfer von Juden im Einflussgebiet der Nazis nach Palästina. Wohlgemerkt: Nach Palästina und nur nach Palästina. Migrationen nach anderen Destinationen, USA, Australien, wohin auch immer waren nicht vorgesehen. Im Rahmen des Haavara Abkommens emigrierten bis 1939 mehr als 50‘000 jüdische Menschen im Einflussgebiet der Nazis nach Palästina Sie nahmen Besitz im Wert von ca. 140 Millionen Reichsmark mit. Weiter analysiert Krammer die deutsch zionistische Militärallianz während des 2. Weltkriegs und die zionistische Kollaboration zwischen Wien und Palästina. All dies – es kann nicht genug betont werden – belegt der Autor mit detaillierten und exakten Quellennachweisen.
Die Verfolgung
Die Verfolgung jüdischer Menschen unter faschistischer Herrschaft in Europa wird ebenso untersucht. Krammer kommt zum Schluss, dass diese Verfolgung nicht, oder mindestens nicht in dem verheerenden Ausmaß hätte stattfinden können, ohne die massive Kollaboration der damaligen «Judenräte» mit den Nazis. Mit minutiös recherchierten Fallbeispielen wird diese Zusammenarbeit aufgezeigt: Warschauer Ghetto, Wilnaer Ghetto, Ghetto von Lodz u.a.m. Eben diese Zusammenarbeit sollte eigentlich auch in Hanna Arendts Buch «Banalität des Bösen» thematisiert werden. Dies wurde jedoch verunmöglicht. Hanna Arendt war als Prozessbeobachterin in Jerusalem und just als diese Zusammenarbeit verhandelt wurde, schlossen die Richter die Öffentlichkeit und damit auch die Presse von den Verhandlungen aus.
Nach der Staatsgründung
Die Behauptung, die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis sei nur deswegen erfolgt weil «einige Wenige geopfert werden mussten um Viele zu retten», ist eine reine Schutzbehauptung, um nicht zu sagen eine Lüge. Ein Zitat des noch heute in hohen Ehren stehenden «Staatsgründers» und ersten Premierministers von Israel, David Ben Gurion mag dies verdeutlichen: «Wenn ich wüsste, dass es möglich wäre, alle [jüdischen] Kinder Deutschlands zu retten, indem ich sie nach England bringe, und nur die Hälfte, indem ich sie ins Land Israel bringe, würde ich mich für Letzteres entscheiden, denn vor uns liegt nicht nur die Zahl dieser Kinder, sondern auch die historische Bilanz des Volkes Israel.» (5)
Diese Menschenverachtung, dieser abgrundtiefe Zynismus zieht sich wie ein roter Faden durch die israelische Politik. Die Zeit kurz vor und nach der Staatsgründung wird von Krammer ebenfalls anhand von Fallbeispielen akribisch dokumentiert: Deir Yassin, Kufr Kassem, Hebron, Jenin, oder aktuell Gaza, sind nur einige der Massaker am palästinensischen Volk, welche die Israelis anrichteten und noch immer anrichten.
Aktuelle Bezüge
Die Politik der Vergangenheit hat Auswirkungen auf die Gegenwart. So lernen wir bei Krammer einiges über die engsten Verbündeten Israels: Kolonialherren, Diktatoren und Neonazis waren und sind diejenigen, welche gemeinsame Sache mit den Zionisten machen und die selbst Zionisten sind. So leistete Israel u.a Militärhilfe an die diktatorischen Regime von Nicaragua (Somoza), El Salvador (von den USA unterstützte Militärdiktatur) und dem Apartheid Regime in Südafrika. Dass sich unter diesen Umständen die israelische Regierung als engen Verbündeten der NATO und der USA sieht, versteht sich von selbst. Das Buch listet am Ende Berichte über israelische «Verhörmethoden» auf, die sämtliche Institutionen als Folter deklarieren. Ein Bericht über Einschüchterungsversuche gegen die KritikerInnen der israelischen Politik und eine ausführliche Chronologie, ergänzt mit einer Literaturliste, bilden schliesslich den Abschluss des Buches.
Zu erwähnen bleibt, dass der kürzlich verstorbene Wissenschaftler und Hochschullehrer Dr. Karam Khella sowohl eine Einführung in das Werk, als auch ein Nachwort dazu verfasst hat.
Notwendige und wichtige Literatur
Es ist dem Palästina Komitee Stuttgart hoch anzurechnen, dass sie das Buch von Tony Greenstein in einem Gespräch mit dem Autor auf solidarische Art und Weise besprechen und würdigen. Indes steht Greensteins Buch, wie schon oben erwähnt, nicht allein da. Zahlreiche namhafte AutorInnen legen Zeugnis davon ab, dass Israel der weltweit einzig verbliebene Apartheid Staat ist. Auch die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis wird, wie diese Rezension zeigt, auf fachliche Art dokumentiert und publiziert. Israel ist weder die «einzige Demokratie des Nahen Ostens», noch zogen die die Zionisten in ein «Land ohne Volk». All dies sind Mythen, dies ist der Sand, der uns in die Augen gestreut wird.
Die Gründe weshalb es soweit kommen konnte, liegen in der Vergangenheit. Diese Vergangenheit aufzuarbeiten und sie ohne ideologische Scheuklappen und ohne Angst vor der omnipräsenten Antisemitismus Keule der Zionisten an die Öffentlichkeit zu tragen, ist richtig, notwendig und wichtig. Es ist das grosse Verdienst von Hubert Krammer und anderen AutorInnen, dass diese Lücke geschlossen wird. Die Erkenntnisse, die wir darin finden und die wir auch selbst recherchierten können, sprechen für sich. Wir sind diejenigen, die vor den nach uns kommenden Generationen verantwortlich sind. Niemand wird sagen können, wir hätten von nichts gewusst!
Hubert Krammer: Jenseits der Mythen – Imperialismus – Zionismus, Faschismus
Eine Quellenrecherche über die Geschichte einer Kontinuität mit einer Einführung von Dr. Karam Khella, Theorie und Praxis Verlag, Hamburg, 2010, 360 Seiten, 19 Euro
Fußnoten:
1 https://bookshop.org/p/books/zionism-during-the-holocaust-the-weaponisation-of-memory-in-the-service-ofstate-and-nation-tony-greenstein/19007515?ean=9781803693040
(Letzter Zugriff Dezember 2022)
2 https://senderfreiespalaestina.de/pdfs/transcript-podcast-tony-greenstein-ueber-neues-buch-nov-22.pdf
(Letzter Zugriff Dezember 2022)
3 Gemeint ist «Zionism in the Age of the Dictators» in deutscher Sprache unter dem Titel «Zionismus und Faschismus» im Kai Homilius Verlag erschienen.
4 «Eichmann in Jerusalem – von der Banalität des Bösen» Hanna Arendt, Piper Verlag
5 http://query.nytimes.com/gst/fullpage.html?res=9B0DE2DB1539F932A15755C0A961948260&pagewanted=2
(Letzter Zugriff Dezember 2022)
Online-Flyer Nr. 803 vom 16.12.2022
Hubert Krammer: Jenseits der Mythen – Imperialismus – Zionismus, Faschismus
Die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis
Buchbesprechung von Markus Heizmann (Bündnis gegen Krieg, Basel)
Das Palästina-Komitee Stuttgart veröffentlicht auf seiner Webseite ein Gespräch mit Tony Greenstein über dessen neues Buch «Zionism During the Holocaust». (1) Greensteins Buch ist ganz bestimmt ein wichtiges Werk. Die Auseinandersetzung mit dieser Thematik ist heute notwendiger denn je. Nora Barrows-Friedman und Asa Winstanley, welche in dem Artikel das Gespräch mit Greenstein führen, stellen kompetente Fragen und qualifizieren sich als Kennerinnen der Sache. (2) Gleichwohl sehen wir uns genötigt, Greenstein in mindestens einem Punkt zu korrigieren. Er sagt in diesem Gespräch: «Das erste Buch über die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis wurde vor fast 40 Jahren von Lenni Brenner geschrieben. Seitdem ist nichts mehr erschienen.» (3) Das ist nicht richtig. Im Januar 1978 erschien im Verlag Neue Einheit (Hartmut Dicke Verlag), Berlin das Buch «Die Zionisten und Nazi-Deutschland» von Faris Yahya.
Hanna Arendt bezieht sich in ihrem Prozessbericht «Eichmann in Jerusalem» (4) ansatzweise ebenfalls auf das Thema. Dies wird jedoch von Greenstein erwähnt. Wie Tony Greenstein im Gespräch richtig erwähnt, geht es um die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis. Ein brisantes Thema in der Tat! Bereits im Jahr 2010 griff Hubert Krammer dieses heiße Eisen auf. Im TuP (Theorie und Praxis) Verlag in Hamburg erschien sein Buch «Jenseits der Mythen – Eine Quellenrecherche über die Geschichte einer Kontinuität». Hubert Krammers Buch kann heute mit Fug und Recht als das Standardwerk zu diesem Thema benannt werden.
Kein Zufall
Die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis ist eine Tatsache. Ebenso ist es eine Tatsache, dass diese Zusammenarbeit von den erwähnten AutorInnen thematisiert und diskutiert wird. Dass diese Publikationen jedoch kaum besprochen werden und schon gar nicht auf den Bestseller- Listen landen, ist gewiss kein Zufall. Von den tatsächlich wenigen Werken zum Thema sticht das von Hubert Krammer besonders heraus. Dies nicht nur, weil es seinem Untertitel «...eine Quellenrecherche» voll und ganz gerecht wird. Diese Besprechung von Krammers Buch ist also auch der Versuch, dieses wichtige Werk einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Die Verbrechen der zionistischen Staatsmacht gegenüber dem palästinensischen Volk dürfen in der Zwischenzeit - wenn auch nur unter bestimmten Auflagen - schüchtern erwähnt werden. Nicht erwähnt werden jedoch in der Regel die historischen Zusammenhänge, wie der «moderne Staat Israel» überhaupt entstanden ist. Welche Umstände führten dazu, dass ein «Volk ohne Land ein Land ohne Volk» besetzen und das darin lebende, offiziell ja «nicht existierende» Volk vertreiben und ermorden kann, und das bis zum heutigen Tag? Diese und andere Fragen beantwortet uns Hubert Krammer auf eine kompetente, faktenbasierte und daher unangreifbare Art und Weise.
Der Aufbau des Buches
Hubert Krammer gliedert «Jenseits der Mythen» historisch. Er beginnt mit dem imperialistischen Projekt eines Siedlerkolonialismus in Palästina und somit mit den Anfängen des Zionismus in Palästina. Hier weist er nach, dass der rassistische Ideologe Theodor Herzl, u.a. Autor des Buches «Der Judenstaat», keineswegs der geistige Vater des Zionismus war, wie dies oft kolportiert wird. Wohl war Herzl ein wichtiger Exponent der zionistischen Gesinnung. Diese Ideologie gärte in Europa indes schon lange vor dem ersten Zionistenkongress, der 1896 in Basel auf Herzls Initiative abgehalten wurde. Die Idee eines «Judenstaates» ist älter, eine imperialistische Idee, geboren aus den Allmachtsphantasien der europäischen Kolonialisten, namentlich der englischen, der französischen und der deutschen Herrscherhäuser der damaligen Zeit.
Der Zionistenkongress
Anschaulich wird beschrieben, wie sich Herzl einerseits benutzen liess, andererseits aber auch Andere benutzte. Herzl als Anhänger von Militarismus und Krieg wird ebenso demaskiert wie sein zentrales Anliegen, die Vertreibung des palästinensischen Volkes um Platz zu schaffen für den zu gründenden Staat. Mit Herzls Tod wurde gleichzeitig der Mythos Herzl geboren.
Es folgte das Sykes-Picot Abkommen und der Konkurrenzkampf der imperialistischen Mächte um das Land im Arabischen Raum, inklusive Palästina. Zur Erinnerung: Das Sykes-Picot Abkommen vom 16. Mai 1916 war eine geheime Übereinkunft zwischen den Regierungen Großbritanniens und Frankreichs, durch die deren koloniale Interessengebiete im Arabischen Raum nach der erwarteten Niederlage des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg festgelegt wurden. Nach der Oktoberrevolution in Russland (1917) brachten die Bolschewiken den Text des Abkommens an die Öffentlichkeit. Der Zar und alle anderen im Abkommen erwähnten imperialistischen Mächte wollten das Abkommen geheim halten. Man gestatte uns einen Gedanken am Rande: Ohne diese Offenlegung durch die Bolschewiken wären heute alle, die von einem geheimen Abkommen zwischen Großbritannien und Frankreich im Jahr 1916 sprechen, Verschwörungstheoretiker.
Die faschistische Machtergreifung in Deutschland und ihr Abkommen mit den Zionisten
Als die Nazis in Deutschland an die Macht kamen, beeilten sie sich, ein Abkommen mit der Zionistischen Weltorganisation zu schließen. Das Haavara Abkommen regelte den Menschen- Waren- und Finanztransfer von Juden im Einflussgebiet der Nazis nach Palästina. Wohlgemerkt: Nach Palästina und nur nach Palästina. Migrationen nach anderen Destinationen, USA, Australien, wohin auch immer waren nicht vorgesehen. Im Rahmen des Haavara Abkommens emigrierten bis 1939 mehr als 50‘000 jüdische Menschen im Einflussgebiet der Nazis nach Palästina Sie nahmen Besitz im Wert von ca. 140 Millionen Reichsmark mit. Weiter analysiert Krammer die deutsch zionistische Militärallianz während des 2. Weltkriegs und die zionistische Kollaboration zwischen Wien und Palästina. All dies – es kann nicht genug betont werden – belegt der Autor mit detaillierten und exakten Quellennachweisen.
Die Verfolgung
Die Verfolgung jüdischer Menschen unter faschistischer Herrschaft in Europa wird ebenso untersucht. Krammer kommt zum Schluss, dass diese Verfolgung nicht, oder mindestens nicht in dem verheerenden Ausmaß hätte stattfinden können, ohne die massive Kollaboration der damaligen «Judenräte» mit den Nazis. Mit minutiös recherchierten Fallbeispielen wird diese Zusammenarbeit aufgezeigt: Warschauer Ghetto, Wilnaer Ghetto, Ghetto von Lodz u.a.m. Eben diese Zusammenarbeit sollte eigentlich auch in Hanna Arendts Buch «Banalität des Bösen» thematisiert werden. Dies wurde jedoch verunmöglicht. Hanna Arendt war als Prozessbeobachterin in Jerusalem und just als diese Zusammenarbeit verhandelt wurde, schlossen die Richter die Öffentlichkeit und damit auch die Presse von den Verhandlungen aus.
Nach der Staatsgründung
Die Behauptung, die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis sei nur deswegen erfolgt weil «einige Wenige geopfert werden mussten um Viele zu retten», ist eine reine Schutzbehauptung, um nicht zu sagen eine Lüge. Ein Zitat des noch heute in hohen Ehren stehenden «Staatsgründers» und ersten Premierministers von Israel, David Ben Gurion mag dies verdeutlichen: «Wenn ich wüsste, dass es möglich wäre, alle [jüdischen] Kinder Deutschlands zu retten, indem ich sie nach England bringe, und nur die Hälfte, indem ich sie ins Land Israel bringe, würde ich mich für Letzteres entscheiden, denn vor uns liegt nicht nur die Zahl dieser Kinder, sondern auch die historische Bilanz des Volkes Israel.» (5)
Diese Menschenverachtung, dieser abgrundtiefe Zynismus zieht sich wie ein roter Faden durch die israelische Politik. Die Zeit kurz vor und nach der Staatsgründung wird von Krammer ebenfalls anhand von Fallbeispielen akribisch dokumentiert: Deir Yassin, Kufr Kassem, Hebron, Jenin, oder aktuell Gaza, sind nur einige der Massaker am palästinensischen Volk, welche die Israelis anrichteten und noch immer anrichten.
Aktuelle Bezüge
Die Politik der Vergangenheit hat Auswirkungen auf die Gegenwart. So lernen wir bei Krammer einiges über die engsten Verbündeten Israels: Kolonialherren, Diktatoren und Neonazis waren und sind diejenigen, welche gemeinsame Sache mit den Zionisten machen und die selbst Zionisten sind. So leistete Israel u.a Militärhilfe an die diktatorischen Regime von Nicaragua (Somoza), El Salvador (von den USA unterstützte Militärdiktatur) und dem Apartheid Regime in Südafrika. Dass sich unter diesen Umständen die israelische Regierung als engen Verbündeten der NATO und der USA sieht, versteht sich von selbst. Das Buch listet am Ende Berichte über israelische «Verhörmethoden» auf, die sämtliche Institutionen als Folter deklarieren. Ein Bericht über Einschüchterungsversuche gegen die KritikerInnen der israelischen Politik und eine ausführliche Chronologie, ergänzt mit einer Literaturliste, bilden schliesslich den Abschluss des Buches.
Zu erwähnen bleibt, dass der kürzlich verstorbene Wissenschaftler und Hochschullehrer Dr. Karam Khella sowohl eine Einführung in das Werk, als auch ein Nachwort dazu verfasst hat.
Notwendige und wichtige Literatur
Es ist dem Palästina Komitee Stuttgart hoch anzurechnen, dass sie das Buch von Tony Greenstein in einem Gespräch mit dem Autor auf solidarische Art und Weise besprechen und würdigen. Indes steht Greensteins Buch, wie schon oben erwähnt, nicht allein da. Zahlreiche namhafte AutorInnen legen Zeugnis davon ab, dass Israel der weltweit einzig verbliebene Apartheid Staat ist. Auch die Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis wird, wie diese Rezension zeigt, auf fachliche Art dokumentiert und publiziert. Israel ist weder die «einzige Demokratie des Nahen Ostens», noch zogen die die Zionisten in ein «Land ohne Volk». All dies sind Mythen, dies ist der Sand, der uns in die Augen gestreut wird.
Die Gründe weshalb es soweit kommen konnte, liegen in der Vergangenheit. Diese Vergangenheit aufzuarbeiten und sie ohne ideologische Scheuklappen und ohne Angst vor der omnipräsenten Antisemitismus Keule der Zionisten an die Öffentlichkeit zu tragen, ist richtig, notwendig und wichtig. Es ist das grosse Verdienst von Hubert Krammer und anderen AutorInnen, dass diese Lücke geschlossen wird. Die Erkenntnisse, die wir darin finden und die wir auch selbst recherchierten können, sprechen für sich. Wir sind diejenigen, die vor den nach uns kommenden Generationen verantwortlich sind. Niemand wird sagen können, wir hätten von nichts gewusst!
Hubert Krammer: Jenseits der Mythen – Imperialismus – Zionismus, Faschismus
Eine Quellenrecherche über die Geschichte einer Kontinuität mit einer Einführung von Dr. Karam Khella, Theorie und Praxis Verlag, Hamburg, 2010, 360 Seiten, 19 Euro
Fußnoten:
1 https://bookshop.org/p/books/zionism-during-the-holocaust-the-weaponisation-of-memory-in-the-service-ofstate-and-nation-tony-greenstein/19007515?ean=9781803693040
(Letzter Zugriff Dezember 2022)
2 https://senderfreiespalaestina.de/pdfs/transcript-podcast-tony-greenstein-ueber-neues-buch-nov-22.pdf
(Letzter Zugriff Dezember 2022)
3 Gemeint ist «Zionism in the Age of the Dictators» in deutscher Sprache unter dem Titel «Zionismus und Faschismus» im Kai Homilius Verlag erschienen.
4 «Eichmann in Jerusalem – von der Banalität des Bösen» Hanna Arendt, Piper Verlag
5 http://query.nytimes.com/gst/fullpage.html?res=9B0DE2DB1539F932A15755C0A961948260&pagewanted=2
(Letzter Zugriff Dezember 2022)
Online-Flyer Nr. 803 vom 16.12.2022