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Aktueller Online-Flyer vom 21. November 2024  

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Krieg und Frieden
Stellungnahme zum Aufruf "Frieden schaffen"
Einseitigkeit durch Weglassen
Von Ansgar Klein

Am 1. Oktober 2023 soll in Frankfurt/Main die Konferenz "Frieden schaffen" stattfinden. Die Initiative "Frieden schaffen" ist entwickelt von "Prof. Dr. Peter Brandt, Historiker; Reiner Braun, Internationales Friedensbüro; Reiner Hoffmann, ehem. DGB-Vorsitzender; Michael Müller, Bundesvorsitzender der Naturfreunde, Parl. Staatssekretär a.D.". Damit verbunden ist der von diesen vier initiierte und verantwortete Aufruf "Frieden schaffen!". Der beginnt mit dem das Feindbild Russland bedienenden, die Vorgeschichte ausblendenden Satz: "Mehr als ein Jahr dauert bereits der russische Angriffskrieg auf die Ukraine." Ansgar Klein von der Initiative "Aachener für eine menschliche Zukunft" hat dazu eine Stellungnahme verfasst.

Guter Ansatz! Ganz wichtig: "Aber wir brauchen eine gemeinsame Zukunft, auch mit Russland!" Schön wäre es, in dem Punkt "die 'Europäisierung Europas' (Willy Brandt) als Friedens- und Entspannungspolitik im Sinn der Charta von Paris mit neuem Leben zu erfüllen", auch Gorbatschows "Haus Europa - von Wladiwostok bis Lissabon" zu erwähnen!

Leider fehlt im Aufruf (Erster Satz: "Mehr als ein Jahr dauert bereits der russische Angriffskrieg auf die Ukraine") die Vorgeschichte des russischen Einmarsches, nämlich
  1. der 8-jährige Krieg des Kiew-Regimes gegen die Donbass-Region, der von der US-geführten NATO, insbesondere von Deutschland und Frankreich, unterstützt wurde, wie es aus den 'Geständnissen' von Merkel und Hollande über den Sinn von 'Minsk 2' hervorgeht!,
  2. die NATO-Osterweiterung - entgegen dem Versprechen, das innerhalb der '2+4-Verhandlungen' seitens der USA und Deutschlands gegeben wurde, - , die mit der erklärten Option, die Ukraine in die NATO aufzunehmen, noch verschärft wurde,
  3. der einseitige Bruch mehrerer Abrüstungsverträge durch die USA und Aufstellung von Raketenabschussbasen in  Rumänien und Polen (geplant),
  4. die Ablehnung mehrer russischer Verhandlungsangebote zu Sicherheitsgarantien durch die USA.
Ferner fehlt im Aufruf die Torpedierung von Waffenstillstands-Verhandlungen durch den "Westen", wie im März in Ankara durch den britischen Premier Johnson geschehen. Diese Einseitigkeit hindert sicher viele Menschen, u.a. uns, diesen ansonsten friedfertigen Aufruf zu unterzeichnen.


Anhang: Aufruf "Frieden schaffen!"

Mehr als ein Jahr dauert bereits der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Jeder weitere Tag Krieg bedeutet für die betroffenen Menschen mehr Leid und Zerstörung, mehr Verwundete und Tote. Mit jedem Tag wächst die Gefahr der Ausweitung der Kampfhandlungen. Der Schatten eines Atomkrieges liegt über Europa. Aber die Welt darf nicht in einen neuen großen Krieg hineinschlittern. Die Welt braucht Frieden. Das Wichtigste ist, alles für einen schnellen Waffenstillstand zu tun, den russischen Angriffskrieg zu stoppen und den Weg zu Verhandlungen zu finden.

Aus dem Krieg ist ein blutiger Stellungskrieg geworden, bei dem es nur Verlierer gibt. Ein großer Teil unserer Bürger und Bürgerinnen will nicht, dass es zu einer Gewaltspirale ohne Ende kommt. Statt der Dominanz des Militärs brauchen wir die Sprache der Diplomatie und des Friedens.

Die Friedens- und Entspannungspolitik, der wir die deutsche Einheit und die Überwindung der europäischen Spaltung verdanken, ist nicht überholt. Wir haben uns in der Vergangenheit für ihre Ziele eingesetzt und tun das auch heute. Um es mit Willy Brandt zu sagen: „Es gilt sich gegen den Strom zu stellen, wenn dieser wieder einmal ein falsches Bett zu graben versucht.“

Die Vereinten Nationen haben mit dem Konzept der gemeinsamen Sicherheit den Weg in eine friedliche Welt aufgezeigt. Es hat seine Wurzeln in der deutschen Friedens- und Entspannungspolitik. In diesem Geist kam es zur Schlussakte von Helsinki und zur Charta von Paris für ein neues Europa. Daran knüpfen wir an. Frieden kann nur auf der Grundlage des Völkerrechts und auch nur mit Russland geschaffen werden.

Unsere Welt ist auf Gegenseitigkeit angewiesen, nur so sind die großen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Entscheidend ist es, die Eskalation des Krieges zu stoppen. Wir ermutigen den Bundeskanzler, zusammen mit Frankreich insbesondere Brasilien, China, Indien und Indonesien für eine Vermittlung zu gewinnen, um schnell einen Waffenstillstand zu erreichen. Das wäre ein notwendiger Schritt, um das Töten zu beenden und Friedensmöglichkeiten auszuloten. Nur dann kann der Weg zu einer gemeinsamen Sicherheitsordnung in Europa geebnet werden.

Initiatoren und Verantwortliche: Prof. Dr. Peter Brandt, Historiker; Reiner Braun, Internationales Friedensbüro; Reiner Hoffmann, ehem. DGB-Vorsitzender; Michael Müller, Bundesvorsitzender der Naturfreunde, Parl. Staatssekretär a.D.

Quelle: https://friedenschaffen.net/


Anhang: Text zur Konferenz "Frieden schaffen!"

Wir leben in einem „Jahrzehnt der Extreme“. Es ist auch unsere Aufgabe, alles zu tun, dass es nicht katastrophal endet. Die Summe und Parallelität der Krisen sind jedenfalls beängstigend, aber es scheint jedes Verständnis dafür verloren gegangen zu sein, dass uns Menschheitsgefahren bedrohen, die nur gemeinsam zu lösen sind. Das ist eine Frage von Vernunft und Verantwortung.

Es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum der Krieg in der Ukraine schnell gestoppt werden muss. Jeden Tag werden Menschen sinnlos getötet, jeden Tag wächst die Gefahr einer Eskalation des Krieges. Jeden Tag vertieft sich die Spaltung der Welt. Aber wir brauchen eine gemeinsame Zukunft, auch mit Russland, um die großen Herausforderungen zu bewältigen. Wir bekennen uns deshalb zu den Leitideen der Gemeinsamen Sicherheit und der Nachhaltigkeit.

Ziel der Veranstaltung ist es, entsprechend dem Aufruf „Frieden schaffen!“
  • für diplomatische Initiativen der Bundesregierung einzutreten, um möglichst zusammen mit EU-Partnern und den BRICS-Staaten internationale Vorschläge für einen Waffenstillstand in der Ukraine und für Verhandlungen über eine neue Sicherheitsordnung in Europa zu machen;
  • für Rüstungskontrolle, Rüstungsbegrenzung und Abrüstung zu werben, gerade angesichts der steigenden Militärausgaben und ihrer dramatischen sozialen und ökologischen Auswirkungen bei uns und weltweit;
  • für die Leitidee der Gemeinsamen Sicherheit einzutreten, die eng verbunden ist mit den Zielen Nachhaltigkeit und Nord-Süd-Partnerschaft;
  • die „Europäisierung Europas“ (Willy Brandt) als Friedens- und Entspannungspolitik im Sinn der Charta von Paris mit neuem Leben zu erfüllen;
  • einen Beitrag zur Stärkung der Friedensbewegung zu leisten: „Frieden von unten“.


Online-Flyer Nr. 819  vom 20.09.2023



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