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Literatur
"Die Liebe der Anderen" - Neuer Erzählband von Renate Schoof
Liebe macht die Welt heller
Von Beate Grazianski

Wenn zwei sich ineinander verlieben, oder auch wenn eine vertrauensvolle Freundschaft beginnt, empfinden die Betroffenen das oft als Wunder. Renate Schoof gelingt es in ihrer poetischen Sprache, die Leichtigkeit, das immer vom Absturz bedrohte Schweben dieses Zustands miterlebbar zu machen. „Liebe macht die Welt heller …“ heißt es im Vorwort ihres neuen Erzählbandes „Die Liebe der Anderen“; und weiter: „Sie ist eins der schönsten und faszinierendsten Gefühle. Tiefer als vieles andere greift sie in Leben ein und schenkt, wenn es gut geht, den Liebenden Glück, Gemeinsamkeit, Geborgenheit – vielleicht für Stunden, vielleicht für länger. Fünfzehn Erzählungen umkreisen dieses Geheimnis, das jeder Mensch auf ganz eigene Art erlebt.“

Schon die Vorfreude auf das Wiedersehen verzaubert den Alltag der Liebenden. So kann die Protagonistin in der Erzählung „Die Therapie“ die graue Brille aus Enttäuschung und Wut beiseitelegen. Weil sie sich gesehen fühlt, nimmt sie alles um sich her auf eine neue, frohe Art wahr. Als Freundin innerer Bilder beschreibt Renate Schoof die Natur als Spiegel dieser Entwicklung: Der winterlich kahle Baum vor dem Fenster bekommt zunächst erste Blätter, und: „Eines Tages stehen die Kastanienbäume in voller Blüte“.

In einigen der Geschichten währt die Freude eher kurz – in anderen erleben Paare, dass sie das Glück einer von Liebe getragenen dauerhaften Beziehung nur in Auseinandersetzung, vor allem mit sich selber und den eigenen Bedürfnissen, erringen können.

Paare leben wohl zeitweise im Paradies; aber da ist immer auch das Außen, nicht zuletzt die Arbeitswelt, die das Privatleben begleitet. Anschaulich erzählt davon die Geschichte „Ohne Stimme“ mit interessanten Ausflügen in die innere Not und die schwer erfüllbaren Träume eines jungen Lehrers.

Auch in der Geschichte „Schrecklich krank und furchtbar glücklich“ geht es um das Gleichgewicht zwischen beruflicher Überforderung und Zeit für Gemeinsamkeit. „Wäre da nur nicht ihre irrationale Liebe zu ihm, und seine Liebe, die sie unter dem Alltagsschutt spürt. Wäre da nicht immer wieder die Hoffnung, dass die Beziehung es wert ist, gerettet zu werden, …“

Dass die Familie eines der Partner und unterschiedliche Vorstellungen von einem gelungenen Fest Liebende empfindlich stören kann, wird deutlich in der Erzählung „Die Hochzeitsnacht“. In zum Teil wunderbar bizarren nahezu absurden Bildern nimmt ein bei aller Dramatik seltsam leises Geschehen Fahrt auf.

Facettenreich, wahrhaftig und nachfühlbar erzählt die Autorin aus verschiedenen Perspektiven vom Himmelhochjauchzen und zu Tode betrübt sein. Doch niemals lässt sie ihre Figuren im Regen stehen. Eine Rezensentin fasste das einmal in dem Satz zusammen: „Wo sich immer ein Ausweg findet“.

So findet in der Geschichte „Himmel und Erde“ die Protagonistin, nachdem sie das Verlassen worden sein aus der Bahn geworfen hatte, auf kreative Art zu sich selbst zurück. Und dann ist da noch die bittersüße Trauer über eine lebenslange Liebe, die der andere nur mit freundschaftlichen Gefühlen erwidert konnte.

Die Erzählungen laden ein, Fäden weiterzuspinnen, sich tiefer in den Kosmos der handelnden Figuren hineinzuträumen. Und gern würde man einige der atmosphärisch dichten Szenen verfilmt sehen, wobei das eigene innere Kino den Vorteil hat, ganz eigen auf alles schauen zu können.

Es lohnt sich, das Buch mehrmals zu lesen: Zunächst, weil alle Geschichten eine innere Spannung haben und man wissen möchte, wie sie ausgehen. Und dann noch einmal, um nachdenkliche Passagen auszuschöpfen, Zitate wahrzunehmen oder einfach in Bildern zu schwelgen.


Renate Schoof: Erzählungen "Die Liebe der Anderen"



Bärenklau-Exklusiv, Oberkrämer 2025, Taschenbuch, 224 Seiten, 15.99 Euro, ISBN 978-3-8190-2184-8

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