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Aktueller Online-Flyer vom 05. Oktober 2025  

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Kommentar
Gedanken zu den Demonstrationen am 03.10.2025 in Berlin und Stuttgart
Sehnsucht nach Frieden und das schädliche Tun domestizierter Linker
Von tibursein

Vor ziemlich genau einem Jahr wurde auch zu Kundgebung und Demonstration für Frieden aufgerufen mit einem Initiatorenkreis ähnlich dem, der für den 03.10.2025 in Berlin und Stuttgart wieder aufruft. Der Aufruf der Veranstalter unter dem Titel „Nie wieder kriegstüchtig!“ zeugt sicher auch von einer gewissen Neigung, etwas für Frieden in der Welt machen zu wollen. Indes dürften die meisten Interessenten von dem zugrunde liegenden Aufruf eher nicht besonders angetan sein. Die denken sich wohl: Aufruf hin oder her, man wünscht sich einfach, mit seinem Erscheinen irgendwie doch einen Beitrag gegen den drohenden europäischen Krieg und den aktuellen im Nahen Osten leisten zu können. Aber es gibt eben diesen auf den ersten Blick nichtssagenden Aufruf mit, nolens-volens, russophoben Akzenten und Pro-Israel-Staatsräson – nach dem Motto: Kommt ihr nur erst einmal zur Demo, ihr Friedensfreunde, den PR-Ertrag streichen wir dann ein!



Sektiererischer Pazifismus! Schlechte Erfahrungen aus dem letzten Jahr.


Die damals von den Veranstaltern gemeldeten und großzügig aufgehübschten  dreißigtausend Teilnehmer mußten sich allerhand Selbstdarstellung von der Rednerbühne anhören (vgl. hier). Frau Wagenknecht z.B. gefiel es, in beleidigender Form über Wladimir Putin her zu ziehen und nannte ihn einen „Verbrecher“. Stegner (SPD) versuchte reichlich unsicher seine Spitzenstellung in einer Kriegspartei wie der SPD zu rechtfertigen mit deren Eintreten für Waffenlieferungen in die Ukraine und ihrem Kurs als führende russophobe Kraft der deutschen Kriegswirtschaft.

Stegner wie Wagenknecht fordern ununterbrochen Diplomatie statt Waffen, wohlwissend, dass in den Jahren seit 2014 ja bereits eine Menge von Diplomatie via Minsker Vereinbarungen stattgefunden hatte. Unter Frau Merkels sehr spezieller Garantiemacht mündete diese tolle Diplomatie dann eingestandenermaßen in das Auffüllen der NATO-Waffenkammern in der Ukraine und bis 2022 zur Tötung von – lt. UNO -14.000 Menschen aus dem ethnisch-russischen Donbass durch die Kiewer Soldateska.

Ein Leser dieser website und Teilnehmer der Berliner Demo von damals äußerte in einer email an ‚Timur sein!‘:
    „Die Rednerinnen und Redner hier stellen sich den Konflikt in der Ukraine vor wie eine Veranstaltung zum Thema in akademischen Festsälen. Aber ‚Frieden schaffen ohne Waffen!‘ zu rufen, verkennt doch, dass dieses Credo vor Ort im Donbass keine Bedeutung haben kann, denn wenn du dich und deine Familie, deine Freunde oder Kollegen dort nicht selbst bewaffnet schützen oder dich nicht auf die russischen Militärs verlassen kannst, dann machen dir die Ukro-Nazis das Leben zur Hölle. „Frieden schaffen geht nur mit besseren Waffen!“ ist daher wohl die realistische Losung. Die Menschen im Donbass können sich inzwischen mehr und mehr schützen, die in Palästina können es leider kaum…“
Übrigens wollten sich die Veranstalter von vor einem Jahr ihren sektiererischen Pazifismus nicht durch die damals schon erfreulich aktive palästinensische Migrantengemeinschaft hierzulande ausreden lassen und taten mit ihrem Orga-Team alles, um deren Teilnahme an der Demo zu verhindern. Dies gelang ihnen leider. Das Gleiche sollte damals auch denjenigen widerfahren, die russische Fahnen als Zeichen des Protests gegen die herrschende Russophobie und andererseits als ihre Unterstützung des russischen Standpunkts mit sich trugen. Dies gelang dem Orga-Team glücklicherweise nicht ganz.

Wird es dieses Mal Signale für einen positiven Aufbruch geben?


Für den Teil von Friedensbewegung um BSW und ‚Bundesausschuss Friedensratschlag‘ ist es längst Zeit, einmal genau hinzusehen, was sich da in der Ukraine tut. Je deutlicher sich die russischen Militärs gegen die NATO durchsetzen, je deutlicher sich andererseits Protest gegen die Waffenlieferungen der NATO an die Adresse Kiews und die Kriegswirtschaft hier im Lande artikuliert, desto schneller wird der Krieg in der Ukraine beendet werden. Man muß nicht lange herumreden: Im Fall des israelischen Genozids gegen die Palästinenser ist die Antisemitismus-Keule („Staatsräson!“) platte Abwiegelei. Also ist es erforderlich, die Erfinder dieser Antisemitismus-Keule anzuklagen.

U.a. wegen Behinderung von Friedensbewegung waren dann in der Zwischenzeit die Wortführer des BSW etwa bei den Bundestagswahlen zurecht abgestraft worden.

Ergänzt um Reiner Braun und Willi v. Ooyen vom ‚Bundesausschuss Friedensratschlag‘ wollen sie jetzt in ihrem Aufruf aber noch nicht einmal zum Ausdruck bringen, dass die Milliarden aus dem Bundeshaushalt nach Israel oder in die Ukraine gehen. Wie kann man Kriegswirtschaft kritisieren, wenn man dies verschweigt? Es wird auch systematisch vermieden, auf den aggressiven Charakter der NATO hinzuweisen. War denn der faschistische Putsch auf dem Kiewer Maidan nicht von der NATO inszeniert? ‚Raus aus der NATO!‘ muß es also heißen.

Sie gehen auch derzeit leider nicht davon ab, ihre Klientel für den 03.10. weiter spalterisch einzuschränken: Man wendet sich ausgerechnet gegen die gut zehn Millionen Wähler der AfD, von denen sehr viele über die letzten Jahre regelmäßig gegen Waffenlieferungen und den Krieg in der Ukraine auf der Straße waren und sind und bezichtigt diese pauschal per einem über den Daumen gepeilten Weltbild als menschenfeindliche Rechtsextreme.

Davon ganz abgesehen: Die AfD-Wähler sind ohnehin viel zu selbstbewußt, sich irgendwelchen elitären Linken v.a. der Marke BSW unterzuordnen. Gerade die sind ihnen seit den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg als offenkundige Wahlbetrüger gut in Erinnerung.

Spalterisch auch der Versuch von „Nie wieder kriegstüchtig!“ für den 03.10. die Reste der Unterstützer der Ampelkoalition („Gegen Rräächts!) zur Teilnahme zu motivieren, kann nicht gut gehen – ausgerechnet die! Einerseits fehlte es  denen im Frühjahr 2024 schon an ‚Tiefenschärfe‘ in ihrem bloßen Hass gegen die AfD und andererseits vermißt diese Ampelkoalition niemand, denn der wirtschaftliche Niedergang Deutschlands gepaart mit den selbstmörderischen russophoben Sanktionen kennt ja vor allem die Namen Scholz, Pistorius, Baerbock und Habeck!

Man zeigt sich bei „Nie wieder kriegstüchtig!“ per Akklamation auch offen für alle Klimahysteriker, die uns mit viel ‚Cancel Culture‘ im Kopf und mit noch mehr sehr teuren ‚klimaneutralen‘ Verordnungen per Gesetz sozial bedrohen, aber darüberhinaus keinen Beweis dafür anbieten, dass so etwas wie ‚Menschen gemachter Klimawandel‘ überhaupt existiert. Es gelang dann auch nicht, im Demoaufruf für den 03.10. wenigstens kurz mitzuteilen, wie ‚Menschen gemachter Klimawandel‘ denn zu stoppen sein soll.

Am 03.10. ohne zeitgemäßen Fokus, dafür aber reichlich verwässert

Also teilnehmen an diesem 03.10. in Berlin oder Stuttgart? Der Aufruf und das gesamte Arrangement für Demo und Kundgebung verheißt nichts gutes. Eigentlich sollte man aktuell eine positive öffentliche Reaktion erwarten können, denn die Kriegsgeilheit der herrschenden Politik gepaart mit dem anti-russischen Sanktionsregime hat schon zu einer starken Deindustrialisierung mit massenhaftem Verlust von Erwerbsarbeit und damit sozialer Demontage geführt.

Die latente anti-russische Aggressivität der NATO als Ursprung nicht nur des Ukrainekonflikts nehmen die Organisatoren des 03.10.  allerdings gar nicht zur Kenntnis und damit auch nicht, wie dieser Konflikt 2014 angefangen hat. Vor allem aber, dass derzeit die Westeuropäer in der EU diejenigen sind, die am intensivsten die Fortführung des Kriegs gegen Russland betreiben und nach dem Teilrückzug der USA zugleich die Hauptstützen der Ukro-Nazis in Kiew sind (vgl.hier). Genau aus diesem Umstand heraus wächst hier in Deutschland täglich die Kriegsgefahr. Das müßte doch bei einem Aufruf zu einer Friedensdemo heute der zentrale Fokus sein!

Es ist daher auch nicht verwunderlich, wenn einer der Spitzenvertreter des BSW, der liberale Ex-Diplomat und EU-Parlamentarier, v.d. Schulenburg, in der Berlner Zeitung vom August diesen Jahres, ein Zukunftsbild der Ukraine halluziniert, welches von Weltoffenheit in alle geografische Richtungen und ganz schick international geprägt ist, aber mit der Realität von heute gar nichts zu tun hat. Und dann fordert dieser Mann mindestens die Leser dieser Zeitung auch noch unumwunden auf, einzustimmen in den Bandera-Nazi-Spruch „Slawa Ukraina!“ und glaubt damit allen Ernstes zu einer friedlichen Lösung beitragen zu können.

Guten Gewissens kann man aus meiner Sicht eher nicht zur Teilnahme in Berlin oder Stuttgart raten. Es droht vertane Zeit und wieder Frustration wie vor einem Jahr bei den Auftritten von Frau Wagenknecht und Herrn Stegner. Die Organisatoren scheinen ihrer Neigung als domestizierte Linke treu bleiben zu wollen.


Erstveröffentlichung am 19. September 2025 bei timursein.de


Online-Flyer Nr. 851  vom 26.09.2025



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