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Nonnenmacher und Kopper auf der Bühne der HSH-Nordbank
„Satyrspiel“
Von Christoph R. Hörstel

Der Aufsichtsrat der HSH Nordbank unter seinem Chef Hilmar Kopper, der bis 1997 Vorstandssprecher der Deutschen Bank und bis 2007 Aufsichtsratsvorsitzender bei Daimler war, hat am 21. Oktober seinem Vorstandschef, Prof. Dr. Dirk Jens Nonnenmacher, das Vertrauen ausgesprochen. Nonnenmacher, dessen Bankhaus u. a. wegen gescheiterter Kreditgeschäfte mit Milliarden Steuergeldern gestützt wurde, steht zudem unter Beschuss, weil ihm ein Bonus über 2,9 Millionen Euro gezahlt wurde, während das Institut mehr als 1.000 Stellen streicht. Dazu ein Kommentar von C.R. Hörstel. – Die Redaktion

Nonnenmacher – hat natürlich 
weiter Vertrauen
Quelle: www.hsh-nordbank.de
Nach dem tragischen Ende unseres Nachkriegs-Wirtschaftswunders erscheint die Provinzposse um die Nordbank unter ihrem Chaos-Banker Nonnenmacher wie das der griechischen Tragödie zugehörige Satyrspiel. Da steht ein Bankrotteur an der Spitze einer Bank, untragbare Verdachtsmomente ergeben sich gegen ihn, jeder Vorstandsvorsitzende mit einem Rest an Ehrgefühl hätte weder seine eigene unwürdige Bonusdebatte ausgesessen, noch könnte er jetzt im Amt bleiben.

Mitwirkender Weltliga-Profi
 
Wie man dazu kommt, unter diesem Vorstandsvorsitzenden mit der Anmutung eines Promi-Friseurgeschäftsführers neue Vorstandsmitglieder zu suchen, wo doch klar ist, dass keiner mit Können und Ehre sich melden würde, solange dieser noch im Amt ist? Das kann nur die nackte Angst der verantwortlichen Beteiligten vor einem echten Neubeginn sein:
 
Gestützt wird er von einem Aufsichtsratsvorsitzenden, der offenbar Weltliga-Profi ist bei der Verteidigung seiner globalen beruflichen Irrtümer. Erschwerend kommt hinzu (wenn's richtig schlimm kommt, kommt ja immer irgendetwas erschwerend hinzu), dass da ein Ministerpräsident im Amt bestätigt wurde, der in die ganze Bank-Pleite und deren Verschleppung samt Grusel-Personalie so eng verwoben ist, dass es noch nach dem Wahlsieg zum Rücktritt reicht.
 
Trauriges Kaspertheater
 
Vielleicht ist der Begriff "Satyrspiel" ja auch zu hoch gegriffen, vielleicht handelt es sich bloß um ein weiteres trauriges Kaspertheater aus Kiel, dessen Mitspieler noch gar nicht begreifen, dass hier die Glaubwürdigkeit unseres politisch-wirtschaftlichen Gesamtsystems auf dem Spiel steht. Vielleicht können sie das auch gar nicht, weil jeder gewohnheitsmäßig nur an seinen persönlichen Schrebergarten denkt.
 
Im griechischen Theater folgt das "Satyrspiel" auf eine dreiteilige Tragödie, das die Handlungsstränge der Tragödie aufnimmt und in burlesker Weise parodiert. In der Tragödie geraten die Menschen notwendigerweise mit der göttlichen Ordnung in einen tödlichen Konflikt, eine wichtige Rolle spielen dabei die Göttinnen Hybris (Hochmut) und Ate (Verblendung). Undankbare Rollen für Retter und Mahner sind typische Bestandteile einer Tragödie, hier aktuell der erfolgreiche Manager und zuletzt wütend zurückgetretene schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Werner Marnette sowie der langjährige FDP-Fraktionsvorsitzende im Kieler Landtag, Wolfgang Kubicki. Die Tragödie endet mit unserer sich seit Jahren ankündigende Wirtschaftskrise, mit Kriegen aus Raffgier und dem sich abzeichnenden furchtbaren Ende mit Staatsbankrotten und viel größerer Massenarbeitslosigkeit als heute; das "Satyrspiel" bietet, wenn alles klar und abgeschlossen ist, noch die Kieler Posse mit lächerlichen Zwergen und offensichtlich gescheiterten Selbstdarstellern, über die man wegen ihrer Absurdität nur noch lachen könnte, wenn die Gesamtlage nicht so ernst wäre.
 
Letzte Chance Schwarz-Gelb?
 
Bliebe als letzte Chance, dass die schwarz-gelbe Bundeskoalition am Ende der Aufführung in Kiel korrigierend eingreift. Doch diese Chance ist leider klein. Selbst die SZ, die sonst wenig Stiefelleckerei ausgelassen hat, kritisiert nun, in Sachen Bankenkrise habe die neue Koalition nichts im Programm. (Hatte die alte auch nicht - aber da waren ja die "eigenen" Leute dabei...)
 
Ausdrücklich gelobt sei an dieser Stelle nicht nur die ARD-Sendung "Panorama", die hier wieder einmal eine Lanze für kritischen Journalismus gebrochen hat, wie es ihn heute kaum noch gibt – und der alte FDP-Kämpfer Kubicki, der vergeblich auf Entlassung Nonnenmachers drang.

 
Anmerkung der Redaktion:
Kubicki hatte erklärt, Nonnenmacher sei auch durch Koppers Darstellungen der HSH-Affäre keineswegs entlastet. Für ihn seien das Aussagen wie die Erklärung eines Fußballvereins-Vorstandes, der einem Trainer das Vertrauen ausspricht, kurz bevor er ihn entlässt. Nur ist das in diesem Fall leider nicht geschehen. (PK)
 
Bücher des Autors: „Sprengsatz Afghanistan. Die Bundeswehr in tödlicher Mission“, Droemer/Knaur, 2007, und „Brandherd Pakistan. Wie der Terrorkrieg nach Deutschland kommt“, Kai Homilius Verlag, 2008, siehe http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=12802.




Online-Flyer Nr. 221  vom 28.10.2009



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