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Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hartwig Fischer: "Mmmh, lecker"
Galoppierender Zynismus: Pferd für Arme
Von Ulrich Gellermann

Endlich, nach 25 Jahren lautloser parlamentarischer Arbeit, nimmt man von ihm Notiz. Für die Bildzeitung darf er sogar ein Demo-Video-Essen zelebrieren: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hartwig Fischer isst Pferdefleisch. "Mmmh, lecker", schmatzt er, "die Konsistenz ist sehr gut", stelzt er sich durch die Lasagne, um dann gequält zu bestätigen "Wie beim normalen Essen."
 

Der deutsche Normal-Politiker
Hartwig Fischer
Quelle: wikipedia
So tapfer ist Fischer, der jüngst empfohlen hatte, man solle doch den 1,5 Millionen Menschen in Deutschland, die jetzt schon von der "Deutschen Tafel" mit alten Lebensmitteln versorgt werden, die falsch deklarierten Pferdefleisch-Produkte auf den Teller legen. Unter dem Mantel der Mildtätigkeit lugt die Verachtung hervor: Lass doch die Verlierer das Müllfleisch essen, meint der dicke Mann, solange mein Rehbraten vom Reh ist, bleibt alles in Ordnung.
 
Hartwig Fischer ist der deutsche Normal-Politiker. Darin liegt all sein Schrecken, die Banalität des Blöden: Aus Verden an der Aller kommt der Mann ursprünglich, den sie aus der Jungen Union haben rauswerfen müssen, als er die Altersgrenze von 35 Jahren erreicht hatte. Und weil er unbedingt populär sein will, ist er Mitglied in den Schützenvereinen von Geismar bei Göttingen, von Holtensen bei Göttingen und von Grone bei Göttingen. Dort sitzt man gern bei Bier und Korn, bis man von der Bank fällt. Bei der "Jägerschaft Göttingen e.V." hat unser aller Hartwig schon 1965 die Jägerprüfung abgelegt, ein Verein, der auf seiner Website verkündet: "Kriminelle Jagdgegner müssen bestraft werden." Richtig so, das Gesocks über Kimme und Korn anvisieren, mal sehen wie schnell die laufen können!
 
Heia Safari treibt den Abgeordneten auch bei der "Deutschen Afrika Stiftung" um, dort ist der Mann aus Südniedersachsen Präsident und somit Herausgeber der "afrikapost", der ältesten deutschen Zeitschrift, die schon 1888 deutsche Kolonialpolitik propagierte und auch heute sicher weiß: "Mali-Mission der Bundeswehr: Terrorismus nicht dulden!" Da ist sie wieder, die Mission der Deutschen, auch wenn Lettow-Vorbeck mit der deutschen "Schutztruppe" in Afrika letztlich gescheitert ist, die Bundeswehr wird sich im Kampf gegen den Terror schon bewähren und den Afrikanern das bisschen Demokratie beibringen, das dort nötig ist.
 
"Viele seiner Wegbegleiter", lässt Hartwig Fischer über sich selbst auf seiner Website texten, "sind angetan, wenn sie über Fischers unermüdlichen Einsatz, seine Spontaneität, seine ehrliche Art, sich den Menschen zuzuwenden und seine Zuverlässigkeit sprechen." Es ist diese Zuverlässigkeit, die auch von der Firma Carl Zeiss in Göttingen geschätzt wird: Er, Fischer, sei ein aktives Bindeglied zwischen Politik und Wirtschaft, er lege Grundsteine, lässt das Unternehmen über den Lobbyisten verlauten. Ob damit die Zeiss-Zielfernrohre für deutsche Kampfpanzer oder die Zeiss-Sehrohre für deutsche U-Boote als Bindeglieder deutscher Außenpolitik gemeint sind, ist ungewiss.
 
Mag der CDU-Politiker auch noch so grauenhaft der Normalität des deutschen Politikers entsprechen, in einem ragt er eindeutig heraus: Während seine Koalition der Öffentlichkeit immer noch einen ungeschminkten Armutsbericht verweigert, benennt er die öffentliche Schande, dass in einem reichen Land 1,5 Millionen Menschen trotz der Hartz-Vier-Almosen nicht satt werden und auf Lebensmittelspenden angewiesen sind. Auch wenn ihm diese Information, zynisch und geltungssüchtig, eher entglitten ist: Man sollte ihn, in Geismar, Holtensen und Grone, zum Schützenkönig küren. Hat der Präsident des "Deutschen Jagdschutzverbandes" Hartwig Fischer doch fraglos den Vogel dieses Monats abgeschossen. Waidmanns Dank! (PK)

Diese Glosse haben wir von Ulrich Gellermanns Seite "Rationalgalerie" übernommen.
 


Online-Flyer Nr. 395  vom 27.02.2013



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