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Apropos UN-Gipfel:
Sprachregelungen – Pfui deibel!
Von Kai Ehlers

Sorry, liebe Leserinnen und Leser – ich kann mir diese bitteren Anmerkungen zu den weltpolitischen Sprachregelungen der letzten Tage nicht verkneifen. BILD-online titelte am Vorabend der UN-Vollversammlung: „UN-Gipfel in New York: Was tut die Welt gegen Isis, Ebola und Putin?“
 
Einen Tag später referierte die FAZ die Kernbotschaft Barak Obamas vor der UNO so: „Es gebe ‚ein Gefühl, dass gerade die Kräfte, die uns zusammengebracht haben, neue Gefahren entstehen lassen. ‘Als Beispiele führte Obama neben der Bedrohung durch den IS die Ebola-Epidemie in Westafrika und die ‚russische Aggression‘ in Europa an. Der amerikanische Präsident zeichnete einen starken Kontrast zwischen seiner Führung und der Vision Russlands. Moskau fordere die Nachkriegsordnung heraus. Es sei der Ansicht, dass aus Macht Rechte erwüchsen. Amerika dagegen glaube, dass Macht aus der Achtung vor Rechten entstehe, ‚dass größere Nationen kleinere nicht bedrängen sollten‘.“ (25.9.2014)
 
Der Beweis wird aktuell gleich wieder einmal durch die Tat angetreten: Die USA können massive Bombereinsätze gegen die IS auf syrischem Staatsgebiet ohne UN-Mandat fliegen, weil das durch den § 51 der UN-Charta legitimiert sei, der, wie es die FAZ formuliert, „angegriffenen Staaten das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung“ gebe. Begründung: Russland hätte im Sicherheitsrat der UN einen Einsatz in Syrien ohnehin mit Hinweis auf das Völkerrecht blockiert. Die „pragmatische“ Zustimmung „Berlins“ zu diesem US-Vorgehen wird in der FAZ dann mit dem Kraftspruch festgeklopft: „Soll heißen: Der Kampf gegen den IS ist nicht für Seminare über internationales Recht geeignet.“ Na, bitte!
 
Russland dagegen, man erinnert sich, habe durch seine aktive Unterstützung des Referendums auf der Krim und deren anschließende Aufnahme in die Föderation das Völkerrecht gebrochen, obwohl es seit Aufnahme von Wilsons 14 Punkten und auch Lenins Initiative Völkern und Gruppen ausdrücklich ein Austrittsrecht zubilligt, wenn sie sich durch den Staat, in dem sie leben, berechtigter Weise nicht mehr vertreten oder gar gefährdet sehen. Genau eine solche Situation war nach dem Umsturz in Kiew gegeben, als die Übergangsregierung mit der Aufhebung des Sprachenschutzgesetzes die Perspektive einer gewaltsamen „Ukrainisierung der Ukraine", also auch der mehrheitlich russisch sprechenden Bevölkerung der Krim auf die Tagesordnung setzte. Es fiel im Prozess der Eingliederung nicht ein einziger Schuss, von einer Annektion ganz zu schweigen!
 
Wer es immer noch nicht verstanden hat, kann es jetzt verstehen: es geht auch bei diesem neuen US-Einsatz, so erschreckend die IS-Praktiken auch sind, so gefährlich die Ebola, so wenig bereit Russland auch ist, darum, sich der US-Dominanz weiter zu beugen, nicht um das Völkerrecht, auch nicht um Menschenrechte, sondern um „Isis, Ebola und Putin“, eine Seuche, über die man uns offenbar nahebringen will, dass die Existenz der Menschheit bedroht und die ausgemerzt werden muss.
 
Die Sprache, in die das inzwischen gekleidet wird, hatten wir schon einmal. (PK)
 
Kai Ehlers (*1944 in Brüx, Sudetenland) ist ein deutscher Journalist, Publizist, Schriftsteller, Forscher und Organisator, der sich vor allem mit der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung des post-sowjetischen Raumes beschäftigt. In Druck- und online-Medien veröffentlicht er regelmäßig Reportagen und politische Kommentare, so in Russland.ru und Eurasisches Magazin. Seine Bücher haben überwiegend publizistischen, teils wissenschaftlichen, vereinzelt auch lyrischen Charakter. Er lebt und arbeitet seit 1969 in Hamburg. Siehe zu den Fragen der Autarkie u.a.: Kai Ehlers, "Kartoffeln haben wir immer. Überleben in Russland zwischen Supermarkt und Datscha", Verlag Horlemann, Bad Honnef, 2010 Mehr über ihn: www.kai-ehlers.de


Online-Flyer Nr. 477  vom 25.09.2014



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