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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Soldatengottesdienst 2016 in Köln mit Kardinal Woelki von Protest begleitet
Für Frieden kein Raum?
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Die Tradition, alljährlich den mörderischen Charakter von "Streitkräften" als "Friedensdienst" zu verbrämen, ist noch nicht gebrochen. Am 21. Januar 2016 fand im Kölner Dom zum wiederholten Male ein Soldatengottesdienst statt – nach den langen Jahren mit Kardinal Meisner zum zweiten Mal mit Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki. „Soldatinnen und Soldaten verrichten... einen Dienst, der dazu beitragen kann, dass erbarmungsloses Morden, erbarmungslose Gewalt begrenzt und wenn möglich bekämpft werden“, bekamen die Teilnehmer der Veranstaltung im Dom zu hören. Immerhin kam das Wort "Frieden" in seiner Predigt kein einziges Mal vor. Das könnte ein Zeichen sein, das besagt: Frieden hat unter Menschen, die der Kriegsführung dienen, keinen Raum. Das Antimilitaristische Aktionsbündnis Köln rief dazu auf, die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschlands an den Kriegen "gegen den Terror" sofort zu beenden, und forderte die „Bundeswehrsoldat*innen auf, sich nicht für den illegalen Syrieneinsatz missbrauchen zu lassen, den Kriegsdienst zu verweigern oder zu desertieren“.


Bundeswehr-Parkplatz auf dem Roncalli-Platz am Kölner Dom (alle Fotos: arbeiterfotografie.com)


„Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus“


Bundeswehr-Parkplatz auf dem Roncalli-Platz am Kölner Dom


„Es ist Krieg. Entrüstet Euch!“


Bundeswehr-Parkplatz auf dem Roncalli-Platz am Kölner Dom


Export von Kriegsgütern erzeugt den Import von Flüchtlingen


Bundeswehr-Parkplatz auf dem Roncalli-Platz am Kölner Dom


Otto Pankoks Christus, der das Gewehr zerbricht


Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki: „Ich freue mich, dass wir am heutigen Vormittag gemeinsam innehalten und unser Leben, unsere Fragen, unsere Sorgen und unseren Dank vor Gott tragen.“


„Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus“


Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki: „Natürlich … versuche [ich] mit meinem Wort, Menschen Mut zu machen, die Welt zu verändern, zu verbessern.“


„Bücher statt Bomben“


Zeremonie an einem Ort, der Frieden keinen Raum gibt


Export von Kriegsgütern erzeugt den Import von Flüchtlingen


Zeremonie an einem Ort, der Frieden keinen Raum gibt


Export von Kriegsgütern erzeugt den Import von Flüchtlingen


Zeremonie an einem Ort, der Frieden keinen Raum gibt


Waffen fließen hin, Flüchtlinge zurück


Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki: „Das vergangene Jahr hat uns alle auf sehr eindringliche Weise gelehrt, wie verwoben unsere Welt ist und wie sehr Probleme, Konflikte und Herausforderungen zusammenhängen.“


„Noch mehr Rüstung, noch mehr Waffen werden keinen Frieden schaffen“


Zeremonie an einem Ort, der Frieden keinen Raum gibt


Stop Wars (Kriege stoppen)


Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki: „Froh und dankbar bin ich für alle Männer und Frauen, die … als Soldat oder Soldatin … weltweit bereit sind, ihr Leben dafür einzusetzen.“


„Der Tod dankt für gesegnete Ernte“


Der Kriegsführung Dienende kommen zu Wort


„Es ist Krieg. Entrüstet Euch!“


Der Kriegsführung Dienende verlassen den Ort, der Frieden keinen Raum gibt


„Terror – Krieg – Terror – Krieg…“


Der Kriegsführung Dienende verlassen den Ort, der Frieden keinen Raum gibt


Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki: „Soldatinnen und Soldaten verrichten... einen Dienst, der dazu beitragen kann, dass erbarmungsloses Morden, erbarmungslose Gewalt begrenzt und wenn möglich bekämpft werden“


Die Entwicklung ist krass. 2015 hatte Kardinal Woelki in seiner Soldatengottesdienst-Predigt das Wort "Frieden" noch 22 Mal verwendet. Dieses Mal nahm er es kein einziges Mal mehr in den Mund. Wie ist das zu werten?

Beim Soldatengottesdienst 2015 war zu hören, Frieden sei mehr als die Abwesenheit von Krieg. Der Frieden, den uns die biblischen Schriften verheißen und den das hebräische Wort Schalom bezeichnet, bedeute ein Leben in Freiheit, in Gerechtigkeit und Sicherheit. Ein solcher Friede bedürfe der Umkehr von unzähligen Gewohnheiten unseres täglichen Lebens. Ein solches Verständnis von Frieden frage nach den tieferen Zusammenhängen von Ungerechtigkeit in unserem Lebensstil. Es sei Gerechtigkeit, die Frieden schaffe.

Doch ein Jahr später, spricht aus dem Kardinal die offizielle Militärpropaganda: „Soldatinnen und Soldaten verrichten... einen Dienst, der dazu beitragen kann, dass erbarmungsloses Morden, erbarmungslose Gewalt begrenzt und wenn möglich bekämpft werden.“ Es ist zu hoffen, dass der Kardinal die Kraft findet, gegen alle Widerstände und Einflüsterungen auf seinem verhängnisvollen Weg umzukehren.

Das Antimilitaristische Aktionsbündnis Köln zitiert den Juristen und ehemaligen Staatssekretär im Verteidigungsministerium Willy Wimmer. Der halte den Einsatz der Bundeswehr beim Krieg in Syrien für verfassungswidrig. In einem Interview am 5.12.2015 sagte er: „Die Piloten, die sich da in die Tornados setzen, fliegen je nach Gang der Dinge direkt zum Internationalen Strafgerichtshof nach Den Haag wegen Kriegsverbrechen.“ Es ist nicht die Aufgabe von Kirchen, diesen Gang der Dinge zu befördern. Geschieht dies doch, muss der Satz heißen: Die Geistlichen, die denen, die sich in die Tornados setzen, ihren Segen geben, werden je nach Gang der Dinge wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen direkt zum Internationalen Strafgerichtshof nach Den Haag geflogen.


Anhang

Kundgebung anlässlich des Soldat*innengottesdienstes Köln
Pressemitteilung des Antimilitaristischen Aktionsbündnisses Köln vom 19.1.2016


Das Antimilitaristische Aktionsbündnis Köln ruft dazu auf, die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschlands an den Kriegen „gegen den Terror“ sofort zu beenden.

Anlässlich des Internationalen Soldat*innengottesdienstes am 21. Januar 2016 im Kölner Dom wendet sich das Bündnis ab 8:30 Uhr auf dem Domvorplatz mit einer Kundgebung und Informationen an die Öffentlichkeit und auch direkt an die Soldat*innen, die sich nach dem Gottesdienst auf dem Roncalliplatz versammeln.

Die Bundesregierung hat Anfang Dezember im Rekordtempo und ohne eindeutiges UN-Mandat beschlossen, an der Bombardierung Syriens teilzunehmen. Die Intervention der Bundeswehr an der Seite Frankreichs im Mittleren Osten treibt die Militarisierung der EU voran, unschuldige Zivilist*innen werden getötet oder zurFlucht gezwungen. Das bezeichnet das Aktionsbündnis politisch und ethisch falsch und gefährlich.

Michael Sünner, einer der Sprecher des Antimilitaristischen Aktionsbündnisses Köln: „Wir lehnen die Bundeswehrbeteiligung an dem aus unserer Sicht auch völkerrechts- und grundgesetzwidrigen Krieg ab. Dafür bekommen wir sogar Unterstützung aus Militärkreisen, beispielsweise dem Arbeitskreis Darmstädter Signal, der sich aus aktiven und ehemaligen Bundeswehroffizieren zusammensetzt und deutlich formuliert: Der Kampf gegen den Terrorismus ist nicht mit militärischem Aktionismus zu gewinnen.“

Und es gibt noch mehr kritische Stimmen von Militärprofis: Harald Kujat, der ehemalige NATO-General, hat die Bundesregierung eindringlich vor dem Einsatz gewarnt, ebenso der ehemalige Oberstleutnant und NATO-Einsatzplaner Ulrich Scholz. Er erklärte am 26.11.2015 in der Tagesschau sinngemäß, es sei nicht sinnvoll, die Infrastruktur in Syrien zu bombardieren, wenn man den terroristischen „Islamischen Staat“ bekämpfen wolle. Der Jurist und ehemalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium Willy Wimmer hält den Einsatz für verfassungswidrig. In einem Interview am 5.12.2015 sagte er: „Die Piloten, die sich da in die Tornados setzen, fliegen je nach Gang der Dinge direkt zum Internationalen Strafgerichtshof nach Den Haag wegen Kriegsverbrechen.“

Das Aktionsbündnis hält nichtmilitärische Maßnahmen für dringend notwendig: Beispielsweise sollte die Bundesregierung Waffenlieferungen in die Region unterbinden und politischen Druck auf die Türkei und Saudi-Arabien ausüben, welche die terroristischen Gruppen in Syrien unterstützt haben.

Das Bündnis fordert die Bundeswehrsoldat*innen auf, sich nicht für den illegalen Syrieneinsatz missbrauchen zu lassen, den Kriegsdienst zu verweigern oder zu desertieren.

Kontakt: Michael Sünner, Tel.: 0174 9509932

Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, Gruppe Köln, www.friedenkoeln.de
DIE LINKE. Köln, http://www.die-linke-koeln.de
Deutsche Kommunistische Partei, http://koeln.dkp-nrw.net
Interventionistische Linke, https://www.facebook.com/ilkoeln
Kölner Friedensforum, http://koelnerfriedensforum.org
Sozialistisch Demokratischer Studierenden Verband Solid, http://linke-sds.org
Sozialistische Deutsche Arbeiter Jugend, http://www.sdaj-koeln.de
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / BdA, http://koeln.vvn-bda.de


Predigt von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki anlässlich des Internationalen Soldatengottesdiensts im Hohen Dom zu Köln am 21.01.2016 (erzbistum-koeln.de)

Lesung: Tobit 4,5-11
Evangelium: Lk 14,12-14

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

viele von Ihnen lesen, hören und sehen die Nachrichten aus aller Welt anders, als ich das tue.

Natürlich bewegen und beschäftigen mich Nachrichten, natürlich gebe ich meinen Kommentar zu Ereignissen ab und versuche mit meinem Wort, Menschen Mut zu machen, die Welt zu verändern, zu verbessern.

Aber ich kann das in der Regel aus sicherer Entfernung tun. Sichere Entfernung ist genau das, was Sie, liebe Soldatinnen und Soldaten, in ihrem Beruf in der Regel nicht haben. Für Sie kann jede Nachricht einen Einsatz bedeuten, und zwar in genau eine solche Region, deren Situation die Welt, in der wir leben, so schwierig und so komplex und so gefährlich macht.

Das vergangene Jahr hat uns alle auf sehr eindringliche Weise gelehrt, wie verwoben unsere Welt ist und wie sehr Probleme, Konflikte und Herausforderungen zusammenhängen – und wir mittendrin. Ich freue mich, dass wir am heutigen Vormittag gemeinsam innehalten und unser Leben, unsere Fragen, unsere Sorgen und unseren Dank vor Gott tragen. Überall auf der Welt tragen Menschen ihr Leben, ihre Fragen, ihre Sorgen und ihren Dank vor Gott. Und es gibt so viele Gründe, sich fragend und klagend an Gott zu wenden, seinen Schutz zu erflehen, ihn um Erlösung zu bitten oder um Rettung – für sich selbst, für Menschen in Not, oder wenigstens für die Kinder. Froh und dankbar bin ich für alle Männer und Frauen, die in ganz verschiedenen Berufen – sei es als Soldat oder Soldatin, sei es als Entwicklungshelfer oder -helferin, sei es als Jugendliche im Rahmen eines Austauschprogramms – weltweit bereit sind, ihr Leben dafür einzusetzen, dass Recht und Gerechtigkeit walten und die Welt, in der wir leben, für alle sicherer und besser wird. Gott will ja, dass wir nicht unter uns bleiben und nur die Freunde und Verwandten beehren oder einladen. Er will ausdrücklich, dass wir unser Leben mit denen teilen, die uns nichts zurückgeben können, die buchstäblich nichts mehr haben als ihr nacktes Leben. Wir sind als Christin und Christ weltweit aufgerufen, das, was wir haben, zu teilen. „Und“, so hieß es eben im Buch Tobit, „hast Du wenig, dann zögere nicht, auch mit dem Wenigen Gutes zu tun“ (Tobit 4,8).

Das Erbarmen Gottes gehört allen Menschen – aber besonders gehört es denjenigen, die leiden und denjenigen, die auf je ihre Weise das Leid anderer lindern und schmälern. Es sind für Gott diejenigen, die selbst barmherzig sind. Immer barmherziger zu werden, dazu lädt uns das von Papst Franziskus ausgerufene Heilige Jahr der Barmherzigkeit in besonderer Weise ein. Und es lädt nicht nur jede und jeden Einzelnen dazu ein, es lädt auch die Kirche als Ganze ein, immer mehr zu ihrer Sendung zu finden, nämlich selbst Zeugin der Barmherzigkeit zu sein. Von Gottes Erbarmen Zeugnis abzulegen, wird an vielen Stellen und Situationen im kommenden Jahr nötig sein.

Dort, wo Menschen verletzt und gedemütigt werden, zeigt sich Gottes Erbarmen in den Menschen, die dazwischen gehen und Menschen vor den Gewaltausbrüchen anderer schützen – in unmittelbarer Nähe zum Kölner Hauptbahnhof ist das eine sehr konkrete und alles andere als ungefährliche Weise, Erbarmen zu zeigen.

Aber auch dort wird unser Erbarmen gefragt sein, wo Menschen allein deswegen, weil sie Flüchtlinge sind, von anderen Menschen missachtet oder abgelehnt oder gar verleumdet werden. Immer müssen wir uns klarmachen: Der überwiegende Teil aller Flüchtlinge flieht genau vor Gewalt, Terror und Menschenverachtung und will hier in Deutschland und in Europa in Sicherheit leben – und viele würden am liebsten in ihrer Heimat in Sicherheit leben. Denn wer verlässt schon freiwillig sein Zuhause? Erbarmen, liebe Schwestern, liebe Brüder, wird auch an vielen anderen Stellen unseres Lebens gefragt sein.

Dort, wo Zoff und Antipathie uns das Leben in der Truppe, im Kollegenkreis und ebenso auch unter Mitbrüdern schwer machen und wir das gleich als Freifahrtschein dafür nutzen, selbst unfair und ausgrenzend zu werden. Wo Menschen zusammenkommen, sind erbärmliche Konflikte vorprogrammiert.

Nur das Erbarmen Gottes, an das wir selbst uns immer wieder erinnern dürfen und das uns selbst alle Tage unseres Lebens umfängt, kann hier eine Lösung bieten. Weil Gott uns mit seinem Erbarmen entgegenkommt, können wir anderen voll Erbarmen begegnen und ihnen entgegengehen.

Diese Weise, anderen zu begegnen, ist uns auch dann geboten, wenn Verteidigung oder Krieg den anderen zum Feind macht. Soldatinnen und Soldaten verrichten – und das ist die andere Seite der Medaille – einen Dienst, der dazu beitragen kann, dass erbarmungsloses Morden, erbarmungslose Gewalt begrenzt und wenn möglich bekämpft werden, damit überhaupt erst wieder ein Raum entstehen kann, in dem Gottes Erbarmen gedeihen und das Leben wachsen kann. Dabei wissen Soldatinnen und Soldaten, wie hoch der Preis ihres Dienstes sein kann. Er kann ein Leben kosten – das eigene.

In der heutigen Lesung im Buch Tobit finden wir einen Vers, dem in diesem dramatischen Zusammenhang eine besondere Bedeutung zukommt: „Denn Gutes zu tun, rettet vor dem Tod“ (Tobit 4,10). Wie kann das gemeint sein? Es ist so gemeint, dass der Tod als Niederlage, als bloßes Ende des Lebens, als Sieg des Bösen über das Gute, dass dieser grausamste aller Tode keine Chance hat, wenn wir Gutes tun. Dieses Gute ragt über unser Leben und über einen solchen Tod hinaus in ein wirklich ewiges Leben nach dem Tod. Es rettet vor dem Vergessen, vor der Beliebigkeit, vor der Belanglosigkeit, vor der Boshaftigkeit – und welche Namen wir sonst noch für den Tod finden mögen. Gutes Tun gibt dem Erbarmen Gottes ein Gesicht: unser Gesicht. Dieses bleibt auf ewig unvergessen. Das ist der eigentliche Sieg im Leben: dem Leben mehr zu trauen als dem Tod!

Amen.

Online-Flyer Nr. 547  vom 03.02.2016



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