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Krieg und Frieden
Schweizer Kriegsmaterialexporte:
Beihilfe zum Mord
Von Heinrich Frei

Voraussichtlich Ende Februar 2019 wird das Staatssekretariat für Wirtschaft, das SECO, in Bern wieder eine Medienorientierung über die Kriegsmaterialexporte der Schweiz durchführen. Wie werden die Funktionäre des Bundes die vielen widerrechtlichen Kriegsmaterialexporte rechtfertigen? Laut der Kriegsmaterialverordnung sind Waffenexporte der Schweiz an die im Jemen kriegführenden Staaten wie Saudi-Arabien, Bahrain, die Arabischen Emirate, Oman und Kuwait nicht erlaubt. Wie werden die Beauftragten des Bundesrates erklären, dass an Staaten der NATO, die USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland usw. Waffen geliefert werden, obwohl sie sich am Krieg in Afghanistan, in Syrien, im Jemen, in Somalia, in Libyen und an anderen Kriegen in Afrika beteiligen?


Demonstration vor der Medienorientierung über die Kriegsmaterialexporte der Schweiz des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) in Bern, am 27. Februar 2018 (Foto: Heinrich Frei)

Kommentar zu den schweizerischen Kriegsmaterialexporten vom Januar 2016 bis September 2018: Schweizer Kriegsmaterialexporte sind verboten, «wenn das Land in einen internen oder internationalen Konflikt verwickelt ist».

Deutschland, die USA und viele andere Länder blieben trotz den Kriegen, an denen sie beteiligt waren, beste Kunden der Schweizer-Kriegsmaterialindustrie. Vom Januar 2016 bis zum September 2018 exportierte die Schweiz nach Deutschland für 271 Millionen Franken Kriegsmaterial, nach den Vereinigten Staaten von Amerika für 102,2 Millionen Franken. (1) (1 Schweizer Franken = 0,88 Euro)

Kriegsmaterialexporte sind nach der Kriegmaterialverordnung verboten, «wenn das Land in einen internen oder internationalen Konflikt verwickelt ist.» (2) Aber diese Kriegsmaterialverordnung kümmert den Bundesrat nicht und auch nicht die Nationalbank, die Banken, Versicherungen und Pensionskassen (auch die Pensionskasse der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und der Stadt Zürich nicht). Um maximale Profite zu erzielen investieren diese Institutionen ihre Gelder in ausländische Rüstungskonzerne, sogar in Firmen, die an der Produktion von verbotenen Waffen wie Atombomben, Antipersonenminen und Streubomben beteiligt sind.


Gruppe für eine Schweiz ohne Armee, GsoA

Kein strafrechtlicher Freipass für Rüstungs-Fabrikanten und Politiker

Für Kriegsmateriallieferungen ist das Strafrecht nicht einfach ausser Kraft gesetzt. Es gibt keinen strafrechtlichen Freipass für Fabrikanten und Politiker die Rüstungsgüter liefern lassen, an Regime die Kriege führen, die foltern, die ihre Bevölkerung unterdrücken und hungern lassen. Unter Artikel 25 des Schweizerischen Strafgesetzbuches fallen nämlich Delikte wie Beihilfe zum Mord, zu vorsätzlicher Tötung, zu schwerer Köperverletzung und zu schwerer Sachbeschädigung. Gehilfe bei solchen Straftaten ist derjenige welcher «zu einem Verbrechen oder zu einem Vergehen vorsätzliche Hilfe leistet», wer also auch «vorsätzlich in untergeordneter Stellung die Vorsatztat eines andern fördert». Diese Verbrechen sind, laut Artikel 75 bis des Strafgesetzbuches, sogar unverjährbar und sind Offizialdelikte die von der Justiz geahndet werden müssten. Ein Offizialdelikt ist in der Schweiz eine Straftat, die die Strafverfolgungsbehörde von Amts wegen verfolgen muss, wenn es ihr zur Kenntnis gelangt. Soweit die Stellungsnahme des verstorbenen Berner Juristen Christoph Bürki. (7. Februar 1929 bis 3. Dezember 2016)

Die vom Staat angestellten Justizbeamten dürfen aber heute nicht gegen den Bundesrat vorgehen, der letztlich verantwortlich ist für Kriegsmaterialexporte an Staaten die Kriege führen, foltern und ganze Völker hungern lassen.

Waffenlieferungen an Staaten, die im Jemen Krieg führen

Trotz der Militärintervention im Jemen seit 2015, durch eine von Saudi-Arabien angeführten Militärallianz, werden von der Schweiz weiter an die im Jemen kriegführenden Staaten Rüstungsgüter geliefert: nach Saudi-Arabien, Bahrain, die Arabischen Emirate, nach Oman und Kuwait. Trotz der logistischen Unterstützung des Massakers im Jemen durch die USA, Frankreich und Großbritanniens blieben auch diese Länder weiter gute Kunden der in der Schweiz angesiedelten Rüstungsindustrie, der deutschen Firma Rheinmetall, des US-Rüstungskonzerns General Dynamics (Mowag), der bundeseigenen Rüstungsbetriebe Ruag und weiteren Produzenten von Waffen.

Ohne die logistische Unterstützung und die Waffenlieferungen der Vereinigten Staaten von Amerika, von Frankreich, Großbritannien und Deutschland könnte Saudi-Arabien mit seinen Verbündeten den Krieg im Jemen gar nicht führen. Durch den durch die UNO verhängten Boykott ist im Jemen die Zivilbevölkerung, besonders die Kinder von Krieg betroffen, wie seinerzeit während dem UNO-Boykott im Irak. 80.000 Kinder sind im Jemen als Folge des Krieges schon gestorben. (3)

Kriegsmaterialexporte der Schweiz: Januar 2016 bis September 2018 (1):



US-Bombardierungen und Drohnenangriffe in Somalia


Auch in Somalia wird Krieg geführt, seit 28 Jahren. Bei einem Luftangriff der US-Streitkräfte auf ein Lager der islamistischen Terrormiliz Al-Shabab in Somalia sind wieder mindestens 24 Extremisten getötet worden. Damit stieg die Zahl der nach US-Angaben im Januar dieses Jahres getöteten Kämpfer der Terrormiliz auf rund 100. Wie es bei solchen Angriffen immer wieder heißt seien keine Zivilpersonen zu Schaden gekommen. - Bei Bombardierungen und Drohnenangriffen kommen aber viele Zivilpersonen um. Es wird damit gerechnet, dass 80 Prozent der Opfer beim Einsatz von Killerdrohnen Zivilisten sind Männer, Frauen und Kinder, also nicht Kämpfer.

UNO: 130 UN-Mitglieder stimmen für ein Verbot von Kampfdrohnen, 40 UN-Mitglieder waren gegen ein Verbot

In der UNO Generalversammlung wurde mit großen Mehrheit zwar ein Verbot des Einsatzes von Kampfdrohnen verlangt. 130 Mitglieder der UNO stimmten für ein Verbot von Kampfdrohnen und 40 stimmten dagegen. Also nur eine Minderheit von Staaten halten an Killerdrohnen fest, weil durch ferngesteuerte Tötungen es keine eigenen Soldaten gibt die in Leichensäcken oder als Schwerverletzte in die Heimat heimgeholt werden müssen. Wie Reiner Braun in seinem Vortrag über den Drohnenkrieg sagte, stimmte Deutschland in der UNO gegen ein Verbot von Killerdrohnen, es enthielt sich nicht einmal der Stimme. (7)


Der frühere Air Force Pilot Brandon Bryant zum globalen Mordprogramm unter US Präsident Barack Obama (Screenshot des Interviews von Democracy Now) (4)


Vortrag: «Drohnenkrieg - Der heimliche Tod aus Deutschland - US-Airbase Ramstein - Reiner Braun» (Screenshot) (7) Wie Reiner Braun in seinem Vortrag ausführte, verlangt die Friedensbewegung eine Konversion des US-Militär-Stützpunktes Ramstein, also eine zivile Nutzung der Anlage.

Die vielen zivilen Opfer bei Kampfdrohneneinsätzen bezeugte auch der desertierte US-Drohnenpilot Bryant Brandon (4) und die Amerikanerin Madiha Tahir in ihrem Dokumentarfilm «Die Wunden von Waziristan». (5) Auch Daniela Gschweng berichtete auf Info Sperber über den US-Drohnenkrieg. (6) Trotz diesen Angriffen der USA in Somalia, darf in der Schweiz weiter Kriegsmaterial nach den Vereinigten Staaten geliefert werden und auch die Rüstungs- und die Militärzusammenarbeit der Eidgenossenschaft mit den USA wurde nicht beendet.

Somalia: Drohnen, Wasser auf die Mühle von Al Shabab

Die Luftangriffe und die Drohnenattacken der US-Streitkräfte in Somalia gegen die Al Shabab Milizen, die wie schon erwähnt immer wieder viele zivile Opfer fordern, sind Wasser auf die Mühle der islamistischen Milizen. Gesteuert werden die Bombardierungen und Drohnenangriffe in Somalia via den US-Stützpunkt in Ramstein mit dem stillen Einverständnis der deutschen Regierung. Der Stationierungsvertrag, den die Bundesrepublik mit den Vereinigten Staaten für Ramstein abgeschlossen hat, würde solche Einsätze, diese außergerichtlichen Hinrichtungen via Ramstein verbieten. Das deutsche Grundgesetz besagt: Es darf kein Krieg vom deutschen Boden mehr ausgehen.

Nachtrag: Handgranaten der Ruag kommen im Jemen wie in Syrien zum Einsatz


Wie der Blick am 8. Februar 2019 berichtete kommen Handgranaten der bundeseigenen Schweizer Waffenschmiede Ruag auch im Jemen zum Einsatz, wie auch schon im Krieg in Syrien. (8) Die Ruag hatte 2013 Granaten an die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert, ein Teil ging an IS-Terroristen in Syrien. Laut dem Staatssekretariats für Wirtschaft, dem SECO, sind auch die Handgranaten die jetzt im Jemen aufgetaucht sind, ein Teil dieser Lieferung.

Fazit: Wohin Kriegsmaterial auch geliefert wird: Es wird nie garantiert werden können, dass diese Waffen nicht irgendwohin weiterverkauft werden und dann in einem Kriegsgebiet zum Einsatz kommen. Die somalischen Soldaten haben zum Beispiel jeweils ihre Waffen den Al-Shabab Milizen verkauft, da sie keinen Sold mehr bekamen.


Blick 8. Februar 2019, Seite 5, Ausschnitt, (Foto Heinrich Frei)


Fußnoten

(1) https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/Aussenwirtschaftspolitik_Wirtschaftliche_Zusammenarbeit/Wirtschaftsbeziehungen/exportkontrollen-und-sanktionen/ruestungskontrolle-und-ruestungskontrollpolitik--bwrp-/zahlen-und-statistiken0/2018.html
(2) https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19980112/index.html
(3) https://www.savethechildren.ch/de/news_and_media/news/?329/Jemen-Jedes-10-Kind-vom-Konflikt-aus-seinem-Zuhause-vertrieben
(4) https://www.democracynow.org/2015/11/20/numbing_horrible_former_drone_operator_brandon
“Numbing & Horrible”: Former Drone Operator Brandon Bryant on His Haunting First Kill
(5) https://youtu.be/eDy4zqZ0pEo
Der Dokumentarfilm «Die Wunden von Waziristan» der Amerikanerin Madiha Tahir zeigt eindrücklich den Terror, den die US-Regierung mit ihren Killerdrohnen gegen die Bevölkerung im Nordwesten Pakistans tagtäglich ausübt. – Nicht zu vergessen: Dank der deutschen Regierung, die es zulässt, dass diese Mordaktionen über die Air Base Ramstein gesteuert werden dürfen.
(6) https://www.infosperber.ch/FreiheitRecht/Der-US-Drohnenkrieg-geht-weiter
Der US-Drohnenkrieg geht weiter. Daniela Gschweng / 05. Dezember 2018
(7) https://www.youtube.com/watch?v=kDdNhoRZH5s7
Drohnenkrieg - Der heimliche Tod aus Deutschland - US-Airbase Ramstein - Reiner Braun
(8) https://www.blick.ch/news/politik/ruag-bestaetigt-waffenlieferung-an-die-scheichs-schweizer-handgranaten-nun-auch-im-jemen-krieg-id15158313.html
Ruag Handgranaten im Jemen aufgetaucht“, Blick, 8. Februar 2017

Von 1975 bis September 2018 für 18,2 Milliarden Franken für den Krieg, zum töten - Wie viel Kriegsmaterial exportiert die Schweiz? Laut der offiziellen Statistik des Bundes exportierte die Schweiz von 1975 – bis zum September 2018 für 18,2 Milliarden Franken Kriegsmaterial. Verkauft wurden diese Rüstungsgüter zu einem großen Teil an kriegführende Staaten, in Spannungsgebiete, an menschenrechtsverletzende Regimes und an arme Länder in der Dritten Welt, in denen Menschen hungern und verhungern. In den 18,2 Milliarden Franken sind die besonderen militärischen Güter nicht eingerechnet, die ebenfalls exportiert wurden, aber nicht in der offiziellen Statistik erscheinen. Auch die Finanzierung von Waffengeschäften durch Schweizer Banken erscheinen in diesen Zahlen nicht. Schweizer Geldinstitute, die Nationalbank, Banken und Pensionskassen investierten in den letzten Jahren sogar in Firmen, die an der Atomwaffenproduktion, an der Herstellung von Anti-Personenminen und Clusterbomben beteiligt sind. (Zahlen 1975-1982: Kriegsmaterial-Exportstatistik 1975-1982, aus «Waffenplatz Schweiz, Beiträge zur schweizerischen Rüstungsindustrie und Waffenausfuhr», Herausgegeben vom Tagungssekretariat «Für das Leben produzieren», Oktober 1983. Zahlen 1983–2017: «Staatssekretariat für Wirtschaft SECO»)


Hinweis:

Die von Heinrich Frei verfassten, von 2015 bis 2018 in der NRhZ erschienenen Artikel sind in gedruckter Form erhältlich:



Broschüre: 162 Seiten
Preis: CHF 20 oder Euro 20 inkl. Versandkosten
Bestellung: heinrich-frei@bluewin.ch
oder Heinrich Frei, Affolternstrasse 171, 8050 Zürich SCHWEIZ

Die Broschüre «Achtundfünfzig Texte» und auch die frühere Broschüre „Neununddreißig Texte“, ebenfalls in der Neuen Rheinischen Zeitung erschienen, Dezember 2014, können gratis auch als pdf-Doku angefordert werden - bei: heinrich-frei@bluewin.ch

Online-Flyer Nr. 692  vom 13.02.2019



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