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Globales
Presseclub "Eskalation am Golf – Gefährdet Trump den Weltfrieden?"
Inkompetenz oder Auftrag?
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Ein größerer Leerlauf über die ernstzunehmenden Spannungen in der Golfregion ist kaum vorstellbar als das, was der Fernsehsender Westdeutscher Rundfunk aus Köln am 23.6.2019 mit seinem Presseclub unter dem Thema "Eskalation am Golf – Gefährdet Trump den Weltfrieden?" ablieferte. Der Presseclub-Moderator, Jörg Schönenborn, wirkte völlig unprofessionell, da uninformiert hinsichtlich der angespannten Lage zwischen dem Iran und den USA. Seine peinlich deplatzierte kindische Botschaft sollte wohl sein, den Iran als Schurken darzustellen. Wie er es selbst in der Sendung erklärte, ging es ihm darum, die Akteure in Gut und Böse einzuteilen, eine völlig unzumutbare törichte Masche, die schon seit der 1950er Jahre während der gesamten Post-Nazi-Zeit hierzulande jede vernünftige sachliche Überlegung verhindert hat. Redaktionen scheinen völlig überfordert zu sein, wenn es darum geht, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden und nach gesundem Menschenverstand eine Lage zu beurteilen. Das trifft peinlicherweise auch auf die WDR-Redaktion zu, die den jüngsten Presseclub zu verantworten hat, wie die Sendung vom 23.6.2019 zeigt.

Die Präsenz von Befürwortern eines Angriffs auf den Iran in der Umgebung des US-Präsidenten, nämlich der finstere Sicherheitsberater John Bolton und Mike Pompeo war keine Frage im Presseclub, auch nicht der Rücktritt des Verteidigungsminister Patrick Shanahan, der sich gerade dann ereignete, als dieser US-Minister dabei war, die Kriegsmaschinerie am Golf zu verstärken (18.6.2019).

Weder der Moderator noch irgendeiner der Teilnehmer begrüßte die Absage in letzter Minute der angekündigten Militärschläge gegen den Iran durch den US-Präsidenten Donald Trump höchstpersönlich. Stattdessen stellte der Presseclub den US-Präsidenten an den Pranger, als ob deutsche Kriegstreiber und Hardliner hinter der Sendung stünden, die die präsidentielle Absage des Angriffs auf den Iran zutieftst enttäuscht haben muss. Mit diesem merkwürdigen Verhalten des Moderators der Sendung „Presseclub“ und der eingeladenen Gäste drängt sich der Eindruck auf, die deutsche Öffentlichkeit solle auf einen Krieg gegen den Iran eingestimmt werden, den der israelische Premier zusammen mit John Bolton und den Kronprinz Saudi Arabien und der Vereinigten Arabischen Emiraten in einem merkwürdigen morgigen Treffen in Jerusalem (24.6.2019) dabei sind, weiter abzustimmen.

Diese krankhafte Masche der Einstimmung auf Krieg bei einigen WDR-Redaktionsmitgliedern und Journalisten (Die Welt, Der Tagesspiegel, Stern), die offenbar mit Sympathie die seit Jahren aggressiv und völkerrechtswidrig agierende israelische Regierung betrachten, widerspricht der Besonnenheit des US-Präsidenten Trump, die vorbereiteten Militärschläge gestoppt zu haben. Diese fehlende Würdigung der Entscheidung eines US-Präsidenten, die eine Aggression und womöglich einen Krieg am Golf verhindert hat, kollidiert auch mit der Position der Bundesregierung, die darin besteht, wie die Bundeskanzlerin erklärte, die Lage am Golf zu entschärfen und eben nicht mit dubios begründeten Vergeltungsschlägen anzuheizen und einen kriegerischen Flächenbrand zu riskieren. Wie außerordentlich erbärmlich dieser WDR-Moderator, seine ihn assistierenden Mitarbeiter und die geladenen Journalisten von (immer noch) hoch angesehenen Presseorganen Die Welt, Der Tagesspiegel, Stern und Neue Züricher Zeitung!

Nicht der US-Präsident gefährdet den Frieden im Nahen/Mittleren Osten und damit den Weltfrieden, sondern gewisse Falken und eine Kriegsclique, die sowohl in Washington als auch in Berlin, aber vor allem in Tel Aviv in der Regierung Netanjahu agieren genauso wie in Riad und Dubai. Wie sich der jüngste Presseclub dazu verhielt, sollten die Alarmglocken beim WDR-Programmdirektor, bei allen ARD-Intendanten und im Bundeskanzleramt schrillen lassen. Der Moderator war sich auch nicht zu schade mit nicht zu fassender Unbedarftheit zu fragen, was Trumps Stopp der Militärschläge gegen den Iran bedeute, wo doch die ganze Welt weiß, dass Trump keinen Krieg gegen den Iran will und jeder Beobachter die treffende Absage des Präsidenten deshalb richtig deuten kann, nur die WDR-Redaktion und ihr Presseclub-Moderator nicht. Woran liegt's? Inkompetenz oder Auftrag? Wird sich der Sender WDR jemals dazu äußern?

Israel ist wiederholt von den Vereinten Nationen als Aggressor identifiziert und mehrmals verurteilt worden. Seine Angriffe sind dokumentiert. Iran ist niemals als Aggressor verurteilt worden, weil Teheran kein Land angegriffen oder destabilisiert hat. Im Gegenteil. Der Presseclub-Moderator, die WDR-Redaktion muss es wissen: Der Iran hilft auf Bitte der Regierung Syriens, dieses Land gegen Terroristen zu verteidigen, diverse Kampfgruppen, die Saudi Arabien zusammen mit NATO-Staaten finanzieren, anleiten und bewaffnen, um den syrischen Präsidenten zu stürzen. Ein höchst kriminelles und völkerrechtswidriges Vorgehen. Der Iran hat den Aufbau des Libanons mitfinanziert sowie den Aufbau des Iraks nach zerstörerischen Kriegen Israels und der USA. Diese Wirklichkeit wurde total verkehrt und verdreht in der Sendung, ohne Eingreifen des Moderators, der hilflos inkompetent jeden Unsinn durchgehen ließ, anstatt die Teilnehmer durch Nachfragen zum Nachdenken über Fakten zu zwingen, wenn er schon nicht direkt mit Richtigstellungen eingreifen darf oder wollte.

Die treffende Frage, warum der wiederholte Aggressor Israel, ohne jemals Sanktionen oder Drohungen fürchten zu müssen, Atombomben entwickeln durfte und sie vorrätig hält, wie auch im Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI dokumentiert, hat der Moderator auch nicht gestellt.

Was Irans Reaktion im Fall eines Militärschlags angeht, gibt es keinen Zweifel, deshalb auch keinen Anlass für bodenlose Spekulationen, denn die iranischen Autoritäten waren sehr klar und eindeutig darüber. Der Moderator und seine Redaktion müssen es auch wissen. Nach den Angriffen auf Öl-Tanker im Golf von Oman (12.5.2019 und 13.6.2019), die auf die ominöse militärische US-Präsenz am Golf hindeuten, ist das iranische Militär in höchster Alarmbereitschaft und reagiert sofort auf jede verdächtige Erscheinung. Der Abschuss der US-Spionagedrohne war eine entschlossene, klare Reaktion des Irans auf unerwünschte und verdächtige Inkursionen. Was hatte eigentlich eine US-Drohne im Golf von Oman zu suchen? Der Iran hat nicht vor, mit irgendeinem Land Krieg zu führen, aber ist vollkommen auf einen Krieg vorbereitet, wie der Kommandeur der Revolutionsgarde, Hussein Salami, mitteilte (SZ, 21.6.2019).

Der US-Präsident wurde von den Falken gedrängt, Vergeltungsmaßnahmen anzuordnen, aber er ließ sich nicht beeinflussen und stoppte nach gesundem Menschenverstand im Moment der klaren Erkenntnis der unermesslichen Gefahr die vorgesehenen Militärschläge des Pentagons, deren Folgen unverhältnismäßig gewesen wären. (ZDF-Heute und ARD-Tagesschau, 21.6.2019) Die Kriegsclique und Iran-Falken in Washington sind sofort aus der Trump-Administration zu entfernen. Sie sind verantwortlich für die Zuspitzung der Lage am Golf, nicht der US-Präsident, nicht der Iran. Dies blieb im Presseclub unbehandelt.

Auf die Worte der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich für eine Entspannung der Krise am Golf stark macht, müssen Taten folgen. Die Beschuldigung des Iran seitens Bolton und Pompeo für die Angriffe auf Öl-Tanker im Golf von Oman am 12. Mai und am 13. Juni 2019 war haltlos, da sie an jeglichem Beweis mangelte. Seit dem Angriff auf den Irak 2003 weiß die Öffentlichkeit, dass die USA mit Kriegslügen einen zwingenden Angriffsgrund konstruieren, wenn sie es für nötig halten.

Deeskalation ist jetzt oberste Pflicht. Aber genau darüber gab es keinen Gedankenaustausch im prekären Presseclub - eine auffällig gravierende Lücke. Was Deutschland und seine Sicherheit betrifft, ist es wichtig, dass die Bundeskanzlerin die militärische Infrastruktur der USA hierzulande und den deutschen Luftraum für einen Krieg gegen den Iran nicht zur Disposition der USA stellt. Der Bundestag muss die Kanzlerin zu diesem Punkt anhören, der Europas ganze Existenz betrifft. Auch hierzu Schweigen im jüngsten Presseclub.

Dass ein US-Präsident Donald Trump Europa nicht berücksichtigt, hat ein Presseclub-Teilnehmer richtig beobachtet, aber ihm fehlte zu erklären, warum: Europa zählt nicht in der Weltpolitik, weil es niemals als souveränes Subjekt oder als souveräner Akteur in der internationalen Arena auftritt. In einer zweiten Amtszeit würde der US-Präsident Trump noch weniger Europa beachten. Diese Aussage im Presseclub war treffend. Aber der Moderator versäumte es, sie zur Diskussion zu stellen und damit klar werden zu lassen, dass die EU nicht als Akteur auf internationalem Parkett erkennbar ist. Daher auch die EU-Schwäche hinsichtlich der Golf-Krise. Nichts davon im Presseclub.

Was das Thema Atombomben betrifft, so sollte nie der Hinweis auf den Atomwaffensperrvertrag fehlen mit seinen 189 Unterzeichnerstaaten, darunter der Iran, aber nicht Israel. Auch davon nichts im Presseclub.

Immer wenn es um das Atomabkommen mit dem Iran geht und um Verlautbarungen oder Ereignisse, die sich auf die Außen- und Sicherheitspolitik des Irans beziehen, müsste die Position des Iran klar herausgestellt werden: Beseitigung aller Atomwaffen aus der Region und Schaffen einer atomaffenfreien Zone im Mittleren/Nahen Osten. Genau diese Position des Iran ist entscheidend, um sich ein ausgewogenes, gerechtes Urteil über das Vorgehen und die Erklärungen der USA und ihrer Verbündeten hinsichtlich des Iran zu bilden, aber genau diese Position des Iran bleibt wie auf Befehl ständig in allen führenden deutschen Medien veschwiegen. So auch in der jüngsten Presseclub-Sendung von 23.6.2019. Was soll ein gut informierter Zuschauer davon halten?


Verfasst am 23.06.2019 unter Bezugnahme auf ARD-Fernsehsendung „Presseclub“ am 23.6.2019: „Eskalation am Golf – Gefährdet Trump den Weltfrieden?“

Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 711  vom 26.06.2019



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