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Globales
Nach Bombendrohung und Zwischenlandung der Ryanair in Minsk, bei der der Oppositionelle Protasewitsch verhaftet wurde
US/NATO-Staaten messen mit zweierlei Maß
Von Brigitte Queck

Am 21. Mai 2021 musste eine Ryanair-Maschine auf ihrem Flug von Athen nach Vilnius durch eine Bombendrohung in Minsk zwischen landen, wo dann ein Passagier, der Oppositionelle Roman Protasewitsch, verhaftet wurde, der sich als Passagier an Bord befand. Die westlichen Staaten sprachen sogleich von „Luftpiraterie“, der man mit Sanktionen gegen Belarus begegnen müsse. Die meisten Menschen – auch in Deutschland, von der etablierten Presse seit Jahren in die Irre geführt – reagierten irritiert bzw. empört. Viele wissen bis heute nicht, dass es die US/NATO-Staaten waren, die als erste internationales Recht mit Füßen traten.

Am 3. Juli 2013 wurde das Flugzeug des bolivarischen Präsidenten Morales auf dem Rückflug von Moskau nach Bolivien – auf Veranlassung der USA —
in Wien zur Landung gezwungen und durchsucht, weil sie darin den Whistleblower Snowden vermuteten! Frankreich, Spanien und andere westliche Länder haben damals bei diesem Ränkespiel gegen den investigativen Journalisten Snowden mitgespielt und ihren Luftraum gesperrt!

Ein weiteres Beispiel ist die erzwungene Landung eines weißrussischen Flugzeugs in der Ukraine im Jahr 2016, weil die ukrainische Regierung einen an Bord befindlichen Armenier, der bis 2014 in der Ukraine gelebt hatte und ein Gegner des Maidan war, verhaften wollte und dies auch tat! Erst danach durfte das Flugzeug erneut nach Minsk fliegen. Dieser Fall wurde den westlichen Lesern schlichtweg verschwiegen!

Zum Verstoß gegen das internationale Flugrecht im Fall der erzwungenen Landung des damaligen bolivarischen Präsidenten Morales in Wien schrieb der Spiegel am 3. Juli 2013 unter der Überschrift „Morales-Eklat – Juristen geben Überflug-Verweigerern recht“ folgendes: „Durften europäische Staaten der Maschine von Evo Morales das Überflugsrecht verweigern und sie so zur Landung in Wien zwingen? Ja, sagen Rechtsexperten. Jede Nation herrscht über ihren eigenen Luftraum. (...) Zur Landung zwingen dürfte ein Staat ein Flugzeug nur aus schwerwiegenden Gründen – wenn etwa der Verdacht besteht, dass die Maschine zur Spionage oder als Terrorwaffe missbraucht wird.“

Der gleiche Spiegel zitiert zu der erzwungenen Zwischenlandung der Ryanair-Maschine in Minsk wegen einer vorangegangenen Bombendrohung am 21. Mai 2021, den stellvertretenden FDP-Fraktionsvorsitzenden Alexander Graf Lambsdorff, der erklärte: „Belarus' Machthaber Alexander Lukaschenko habe sich einer Entführung schuldig gemacht und eine 'rote Linie' überschritten. »Er muss ab sofort als Krimineller behandelt werden.« Alle westlichen Medien einschließlich der Fernsehsender stimmten in dieses Kriegsgeheul ein.

Kein Wort wert gewesen war den US/NATO-Medien hingegen der Mordanschlag auf den belorussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko, der am 9. Mai 2021, dem Tag des Sieges über den deutschen Faschismus – einem der denkwürdigsten und allen ehemaligen Völkern der Sowjetunion heiligsten Feiertage – ermordet werden sollte.

Dieser Plan wurde am 13. April 2021 durch den russischen Geheimdienst in Moskau vereitelt, der drei Männer festnahm, die diesen Putsch in Minsk geplant hatten. Der Plan war es, Präsident Lukaschenko und seine Söhne zu erschießen, das Stromnetz abzuschalten, einen bewaffneten Aufstand anzuzetteln, bei dem es viele Tote gegeben hätte, und am Ende – wie in der Ukraine im Jahre 2014 – eine Staatsmacht a la USA zu übernehmen. Der russische Geheimdienst hatte die Aussagen der Geheimdienstleute gefilmt und die Aufnahmen dazu veröffentlicht, auf denen klar zu hören ist, wie die bekannten Oppositionellen die Details des Putschplans besprochen haben. Den Bericht, inklusive der Aufnahmen, finden Sie unter Anti-Spiegel.

Dass die US-Geheimdienste hinter diesem Mordanschlag standen und den Plan und mit einem Hackerangriff das weißrussische Stromnetz lahmlegen wollten, um die Putschisten zu unterstützen, war wohl selbst den deutschen Medien zu peinlich - die sonst immer lautstark die westlichen Werte preisen und andere Staatsführer wie Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko als Diktatoren hinstellen.

Da die Menschen von diesem Mordanschlag des "freiesten" Staates der Welt und deren Hintermännern nichts erfahren haben, konnten die „Qualitätsmedien“ der US/NATO-Staaten nun ihrer Entrüstung über die Verhaftung des Oppositionellen Protasewitsch freien Lauf lassen. Wer ist dieser vom Westen gelobte Oppositionelle Protasewitsch? Der in Minsk verhaftete Protasewitsch ist der Gründer des Telegram-Kanals Nexta. Nexta organisiert mit freundlicher finanzieller Unterstützung westlicher Regimechange-Experten Proteste in Weißrussland und Russland, was laut internationalem Recht eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten ist und in jedem Staat der Welt geahndet wird.

In Minsk wurde eine Kommission eingerichtet, die den Fall des Ryanair–Fluges untersuchen soll, und das weißrussische Außenministerium erklärte: „Es besteht kein Zweifel daran, dass das Vorgehen unserer zuständigen Behörden in vollem Einklang mit den etablierten internationalen Regeln stand.“ (1)

Fassen wir also zusammen: Während die Nato 2013 und 2016 keine internationale Untersuchung der Vorfälle in Wien und Kiew gefordert hat, werden vom Westen bezüglich des Stopps des Ryanair-Fluges in Belarus Konsequenzen gefordert. Das EU-Parlament sprach von „Staatsterrorismus“ durch Weißrussland. Litauen hat sogar vorgeschlagen, Weißrussland aus der Interpol auszuschließen…

Wie sich „der Luftfahrtführer“ bei einer Bombendrohung für sein Flugzeug zu verhalten hat, ist vor allem im Internationalen Montrealer Abkommen geregelt. (2) Dieses Abkommen „regelt die die Haftung des Luftfrachtführers für Tod oder Körperverletzung“ der Reisenden. Bisher haben sich alle Luftfahrtführer an dieses Internationale Abkommen gehalten und sind bei Bombendrohungen zwischengelandet. Das betraf auch die Singapur-Airlines auf dem Flug von Frankfurt am Main nach New York Anfang Oktober 2004, als auch die United Airlines auf dem Weg von Frankfurt am Main nach Chicago, ebenfalls Anfang Oktober 2004. (3)

Nicht aufgezählt und auf allen deutschen TV-Sendern unerwähnt blieb die Zwischenlandung von Ryanair von Dublin nach Krakau am 30. Mai 2021 in Deutschland, weil sie ebenfalls eine Bombendrohung erhalten hatte. (4)


Fußnoten:

1 https://www.anti-spiegel.ru/2021/alle-fakten-ueber-die-landung-des-ryanair-fluges-in-minsk-und-die-verhaftung-des-oppositionellen
2 https://storage.googleapis.com/alltours-prod/cms/Dokumente/montrealer_uebereinkommen_17062015.pdf
3 https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/luftverkehr-bombendrohungen-gegen-passagiermaschinen-nehmen-zu-1191369.html
4 https://www.merkur.de/welt/ryanair-berlin-ber-landung-polizei-zr-90781377.html

Online-Flyer Nr. 772  vom 23.06.2021



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