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Aktueller Online-Flyer vom 03. November 2024  

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Globales
Internationales Symposium der Anti-Imperialistischen Front in Berlin, 03. bis 05.11.2023
Imperialismus, Zionismus und Rassismus gemeinsam bekämpfen
Von Markus Heizmann (Bündnis gegen Krieg, Basel)

Die Symposien der AIF (Anti-Imperialistische Front) sind mittlerweile zu einer Tradition geworden. Ursprünglich aus der Widerstandsbewegung der Türkei stammend haben die in der Regel jährlich stattfindenden Symposien inzwischen schon längst einen internationalistischen Charakter angenommen. Seit Jahren bleibt sich der bewährte Rahmen der Symposien gleich: Ausgewählte ReferentInnen und Referenten sprechen zu historischen, politischen und aktuellen Themen. Das Publikum ist in jedem Augenblick der Veranstaltungen einbezogen, sei es durch Diskussionsbeiträge oder durch die geführten Workshops. Ebenfalls gleich bleibt sich jeweils das Rahmenprogramm: Den Abschluss des Symposiums bildet ein Konzert der politischen türkischen Band Grup Yorum. Das Symposium 2023 fand vom 3. bis zum 5. November in Berlin statt. (1)



Vielfältige Themen


Waren die Symposien früherer Jahre noch fast ausschließlich vom Schwerpunkt „politische Gefangene“ geprägt, öffnete sich schon bald die Themenvielfalt. Gewiss sind schon fast naturgemäß die imperialistische Justiz, oder besser das was der Imperialismus unter Justiz versteht, sowie die Situation der politischen Gefangenen noch immer ein breites Thema. So kommen die Anwälte, welche politische Gefangene in Deutschland und im übrigen Europa vertreten, ebenso zu Wort, wie Vertreter von Gefangenenhilfsorganisationen oder die Gefangenen selbst, von denen einige per Videoschaltung aus ihrem Hausarrest zugeschaltet wurden. Es gibt indes Gründe, weshalb diese Menschen eingesperrt werden und oft unter schlimmsten Repressalien zu leiden haben. Diese Gründe zu benennen, sie zu diskutieren und zu analysieren, ist ebenfalls ein wichtiges Ziel der Symposien.

Anwesend waren auch zwei Genossinnen aus der Pan-Afrikanischen Revolutionärem Partei (2), die lebendig und kompetent die Bedingungen schilderten, mit denen die verschiedenen afrikanischen Länder heute konfrontiert sind.

Online-Schaltungen gab es u.a. zu einem Vertreter und einer Vertreterin des Jericho Movements, einer Gefangenenhilfsorganisationen in den USA, die vorwiegend die Gefangenen der ehemaligen Black Panthers Party und die Gefangenen des indigenen Widerstandes betreut. Ebenfalls online zugeschaltet wurden die Brüder Kononovich aus der Ukraine. Beide Brüder sind in Opposition zum Zelensky-Regime. Sie stehen unter Hausarrest und werden konstant von den ukrainischen Nazis bedroht. Sie zeigten sich überzeugt, dass die Solidarität und der weltweite Kommunismus schlussendlich siegen werden.

Die Situation des baskischen Befreiungskampfes in Spanien, der Kampf gegen die NATO, die Situation im Donbass, der anti-faschistische Kampf in Bulgarien oder die anhaltende pro-imperialistische und pro-zionistische Medienmanipulation sind nur einige der Themen, die mit dem Anspruch einer fundierten anti-imperialistischen Analyse auf dem Podium diskutiert wurden.

Internationalismus

Der internationale Charakter der Veranstaltung spiegelt sich jedoch nicht nur auf dem Podium, sondern ebenso im Publikum. Dieses Publikum wäre mit Sicherheit noch sehr viel bunter und vielfältiger vertreten gewesen, wenn nicht die Herrschenden nicht wenige der BesucherInnen, ebenso wie auch einige ReferentInnen an der Einreise nach Deutschland gehindert hätten: Ob sie am Flughafen von Berlin gleich an ihren Herkunftsort zurückgeschickt wurden, ob sie auf der Stelle an ihren Herkunftsorten an der Ausreise gehindert wurden oder ob die Veranstaltung anderen Repressalien ausgesetzt war: Die Erkenntnisgewinne, die Solidarität und die durchgehend revolutionäre Atmosphäre konnten nicht verhindert werden.

Gegen den Terror!

Die so genannten „Anti-Terror-Gesetze“, die in so gut wie allen NATO-Staaten, aber auch in den so genannt neutralen Staaten wie der Schweiz oder Österreich in Kraft sind, wurden sowohl von davon Betroffenen, als auch von Anwälten thematisiert. Schnell wurde klar, dass mit diesen Gesetzen, wie immer sie auch daher kommen mögen, eine juristische Grauzone geschaffen wird, in welcher die Staatsanwaltschaften mit den Angeklagten eigentlich nach Belieben umspringen können. Oder um es mit den Worten eines auf dem Podium anwesenden Anwaltes zu formulieren: „Das Strafrecht deckt jede mögliche Straftat, die begangen werden kann, ab. Diese so genannten Anti-Terrorgesetze sind also völlig unnötig. Wir haben es mit einem Präventivstrafrecht oder mit einer Gesinnungsjustiz zu tun. Beides ist in einem Rechtsstaat unzulässig.“

Das herrschende Recht jedoch ist, wie wir wissen, das Recht der Herrschenden. Wenn wir also die Justiz kritisieren, kommen wir nicht um eine allgemeine gesellschaftliche und politische Analyse herum. Wer sich Also „gegen den Terror“ wendet, muss sich auch und in erster Linie gegen den Terror wenden, den der Staat gegen missliebige Meinungen ausübt. Das es diesen Terror gibt, dass er tagtäglich in unser Leben eingreift und das sich die Repression stündlich erhöht und ausweitet ist nur allzu offensichtlich. Auch gegen diesen alltäglichen Terror sind Veranstaltungen wie das das Symposium ein Mahnmal. Das Recht auf Widerstand ist nämlich nicht irgend ein beliebiger Begriff, sondern: "Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung“ sind sowohl von der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (3) als auch von vielen staatlichen Verfassungen garantierte Rechte. „Terror“ indes ist ein schwammiger, kaum fassbarer Begriff. Auch die deutschen Nazis nannten die Widerstandskämpfer „Terroristen“. Was des Einen Freiheitskämpfer ist des Anderen Terrorist. Juristisch fassbar ist dieser Begriff auf keinen Fall.

Desinformation – der Kaiser ist nackt!

Eines greift ins andere über, auch die „Informationen“ mit denen wir täglich geflutet werden. Diese können mit Fug und Recht als Terror, als Meinungsterror nämlich bezeichnet werden. Dies wurde im Panel „Desinformation“ aufgezeigt. Anhand der Ausstellung LÜGE-MACHT-KRIEG und dem dazu gehörigen Referat wurden jedoch nicht nur imperialistische Medienlügen sondern auch Alternativen aufgezeigt. Online Portale wie die Neue Rheinische Zeitung bieten solche Alternativen, ähnliche Publikationen werden in so gut wie allen Sprachen produziert und angeboten. Wozu allerdings auch zu bemerken ist: Alternativen zu den offiziellen Medien sind in den Ländern des politischen Südens oft gar nicht notwendig. Offizielle Stationen wie Sana Syria (4), Al Mayadeen (5) oder Telesur (6) um nur drei zu nennen, vermitteln Informationen und Analysen die wir hier kaum je zu hören bekommen. Hier im transatlantischen Herrschaftsbereich unterliegen wir einer zwar unsichtbaren aber dennoch umfassenden Zensur. Der geleakte „Glossar“ der ARD (7), Schicksale wie das von Julian Assange, »Edward Snowden oder unzählige verfolgte oder ermordete JournalistInnen verdeutlichen diese Zensur. Die gute Nachricht ist jedoch: Es ist möglich die Lügen zu durchschauen, der Schleier kann zerrissen werden und siehe da: Der Kaiser ist nackt!

Politische Klarheit

Es ist hier nicht der Platz um das Symposium in allen Details und Facetten zu schildern. Allen Interessierten sei daher die entsprechende Webseite der AIF wärmstens empfohlen. (8) Dort findet sich nicht nur das detaillierte Programm zum Symposium sondern auch alle anderen wichtigen Informationen wie Zusammenfassungen von früheren Symposien, Erklärungen, Analysen usw. Ein wichtiges Moment der Symposien, welches auch auf der Webseite artikuliert wird, ist die Vernetzung. Von der Türkei nach Deutschland, von Frankreich nach Peru, von den USA nach Syrien, von den Philippinen nach Nepal, von Palästina nach Niger: Überall dort wo der Imperialismus die Menschen unterdrückt und ausbeutet ist auch der Widerstand dagegen. Aber auch die Erkenntnis, dass es falsche Propheten gibt, dass nicht überall wo „Revolution“ drauf steht auch tatsächlich Revolution drin ist muss gemacht und vermittelt werden. Oder um es mit den Worten des italienischen Anti-Faschisten Ignacio Silone zu sagen: „Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: «Ich bin der Faschismus» Nein, er wird sagen: «Ich bin der Antifaschismus».“ Nichts desto Trotz bleiben Faschisten Faschisten, ihre Anti-Faschismus-, ihre anti-imperialistischen Schwüre sind leere Worthülsen. Dies zu erkennen und die Spreu vom Weizen zu trennen ist eine der wichtigsten Aufgaben, nicht nur anlässlich solcher Anlässe. Es handelt sich hier in der Tat um eine sehr sensible und anspruchsvolle Aufgabe: Einerseits sollen Bewegungen nicht unnötig gespalten werden, andererseits müssen wir auch um jeden Preis eine Infiltrierung und Instrumentalisierung verhindern. Das solche Veranstaltungen wie das Symposium nicht konspirativ sondern offen und für alle zugänglich sind, macht die Sache nicht einfacher. Der einzige Weg wie diesen Mechanismen vorgebeugt werden kann ist, politische Schulung, politische Analyse, letztendlich politische Klarheit.

Klarheit ist unabdingbar

Niemand ist davor gefeit in eine der Propaganda-Fallgruben des Imperialismus zu fallen. Wir können uns jedoch bestmöglich dagegen wappnen, wenn wir uns selber ein fundiertes anti-imperialistisches Wissen aneignen. Einheit in sämtlichen Belangen ist weder möglich noch notwendig. Einheit und Klarheit darüber was Imperialismus ist, ist jedoch unumgänglich, wenn es zu einer globalen Einheit kommen soll. Auffällig ist, dass es solche Debatten kaum oder gar nicht im arabischen Raum, in Süd- und Mittelamerika oder in Afrika gibt. Der Grund dafür leuchtet ein: Die Menschen dort sind direkt mit der imperialistischen Penetration und Aggression konfrontiert, eine Diskussion darüber, was Imperialismus ist, erübrigt sich für sie. Widerstand ist für die Menschen in Syrien, in Palästina, in Kuba oder in anderen angegriffenen Orten kein theoretischer Begriff, über den wir uns erst in Seminaren und Kursen austauschen müssen, sondern gelebter antirassistischer und anti-imperialistischer Alltag gegen die USA, gegen die NATO. Diese Gegner, Imperialismus, Zionismus und Rassismus zu erkennen und sie gemeinsam zu bekämpfen, sollte das erklärte Ziel jeder politischen Arbeit sein. Dazu gehört auch, die Wölfe im Schafspelz zu erkennen und zu sie demaskieren.


Fußnoten:
 
1 https://anti-imperialistfront.org/symposium/program/ (Letzter Zugriff November 2023)
2 https://aaprp-intl.org/ (Letzter Zugriff November 2023)
3 https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Widerstandsrecht (Letzter Zugriff November 2023)
4 https://sana.sy/en/ (Letzter Zugriff November 2023)
5 https://english.almayadeen.net/ (Letzter Zugriff November 2023)
6 https://www.telesurtv.net/ (Letzter Zugriff November 2023)
7 https://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/231027-Glossar_Berichterstattun-gNahostkonflikt.pdf (Letzter Zugriff November 2023)
8 https://anti-imperialistfront.org/ (Letzter Zugriff November 2023)


Siehe auch:

Internationales Symposium der Anti-Imperialistischen Front in Berlin, 03. bis 05.11.2023
Vortrag "NATO - der bewaffnete Arm des Imperialismus"
Von Markus Heizmann (Bündnis gegen Krieg, Basel)
NRhZ 822 vom 01.12.2023
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=28889

Internationales Symposium der Anti-Imperialistischen Front in Berlin, 03. bis 05.11.2023
Vortrag LÜGE MACHT KRIEG
Von Eva und Markus Heizmann (Bündnis gegen Krieg, Basel)
NRhZ 822 vom 01.12.2023
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=28890

Online-Flyer Nr. 822  vom 01.12.2023



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