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Lokales
Im "Erzählcafé für NS-Verfolgte" 
Der "Euthanasie"-Überlebende Paul Brune
Von Sonja Schlegel

Seit März 2005 veranstaltet der Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte e.V. mit Hilfe von engagierten Freiwilligen im Restaurant der Seniorenresidenz am Dom alle 14 Tage das "Erzähl- und Begegnungscafé für NS-Verfolgte". Fünf dieser Nachmittage im Jahr sind öffentliche Veranstaltungen mit einem Erzähler oder einer Erzählerin. Diesmal standen der "Kindereuthanasie"-Überlebende Paul Brune und der über ihn von Robert Krieg und Monika Nolte gemachte Film Dokumentarfilm "Lebensunwert" im Mittelpunkt.
Der Film über Paul Brune wurde mit gespannter Aufmerksamkeit betrachtet. Als nach 45 Minuten das Licht wieder anging, konnte man Betroffenheit und Erschütterung der Zuschauer auf deren Gesichtern wahrnehmen: Der kleine Paul, unehelicher Sohn einer verheirateten Frau in Westfalen, kam nach einem Selbstmordversuch der Mutter mit ihren Kindern in ein katholisches Kinderheim. Der überdurchschnittlich intelligente kleine Junge wurde wegen seiner lebhaften Neugier gestraft, für psychisch krank und debil erklärt und in die "Kinderfachabteilung" nach Dortmund-Applerbeck ausgeliefert.

Paul Brune
Sonja überreicht die Blumen

Er überlebte das vielfache Morden, entkam der Psychiatrie aber erst in den späten Fünfziger Jahren. Seine Psychiatrie-Akte jedoch holte ihn trotz Abitur und Studium immer wieder ein.

Trotzdem der großen Betroffenheit der Cafégäste kam ein lebhaftes Gespräch mit dem sehr eloquent reagierenden Paul Brune auf. Er beklagte unter anderem die große Differenz zwischen den vollkommen verwahrlosten Kindergräbern und den gepflegten Gräbern der Peiniger. Bei dieser Debatte entstand die Idee, Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e. V. zu bitten, ein Workcamp zur Restaurierung der Kindergräber in Niedermarsberg - eine der Leidensstationen des Paul Brune - zu organisieren.

Paul Brune und Klaus Nierhoff
Klaus Nierhoff bekundet seinen Respekt vor Paul Brune

Unter den vielen "auswärtigen" Gästen waren u. a. die SchauspielerInnen Andrea Spatzek und Klaus Nierhoff aus der ARD Serie "Die Lindenstraße" unter den gut 60 Teilnehmern im Café. Nierhoff bekundete seinen großen Respekt vor Paul Brune. Seine offensichtliche Stärke sei bewundernswert. Einige ältere Menschen bekannten später, selbst Opfer der Heimerziehung im Nationalsozialismus gewesen zu sein.

Paul Brune fühlte sich bei dieser Veranstaltung offenbar am richtigen Platz. Er werde gern auch an weiteren Veranstaltungen des Erzähl- und Begegnungscafés für NS-Verfolgte teilnehmen, sagte er.

Das nächste öffentliche "Erzählcafé für NS-Verfolgte" findet am 28.September um 15.00 Uhr statt. Erzähler ist dann ein slowakischer KZ-Überlebender, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Information und Beratung für NS-Verfolgte.

Einen Ausschnitt aus dem Film "Lebensunwert" zeigen wir in dieser Ausgabe. Dazu auch einen Text der Filmemacher.

Informationen zum Erzählcafé bei Angela Fischer, 0221-17929416
fischer@nsberatung.de, http://www.nsberatung.de

Online-Flyer Nr. 58  vom 22.08.2006

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