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Medien
Sie stimmt diese Zeitungs-Nachricht aus Münster, sie ist nackte Realität:
„Anders is nich!“
Von Frank Biermann
Am Freitag, den 19. Januar abends, stellt der Dortmunder Zeitungsverleger Lambert Lensing-Wolff die komplette Lokal- und Sportredaktion der Münsterschen Zeitung nach getaner Arbeit von der Arbeit frei! 19 Kolleginnen und Kollegen, Redakteuerinnen und Redakteure,
Fotografen und Sekretärinnen sind von dieser Maßnahme betroffen. Abgeschoben hatte er sie einfach in schmucklose Räumlichkeiten an das Druckhaus weit draussen vor die Türen dieser Stadt an die Harkortstrasse.
Jüngere billigere Leute hat er eingestellt, die jetzt ihre Arbeit erledigen im Verlagsgebäude unweit von hier an der Neubrückenstrasse. Tariflohn, nein danke, dass ist nicht mehr. Geregelte Arbeitszeiten auch nicht. Dafür hat er ihnen ein chices neues Newsdesk hingestellt,
da fühlt man sich gleich wie im Raumschiff Enterprise. Aber um die Neuen geht es mir hier gar nicht.
Exilredaktion im Kirchenasyl
Denn was haben sie gemacht, die Kolleginnen und Kollegen aus der Alt-Redaktion, fast jeder von Ihnen wird einen kennen, die von dieser bundesweit einmaligen Aktion betroffen waren?
Nein, sie haben sich nicht frustriert zurückgezogen in die eigenen vier Wände und ihr Schicksal beweint. Oder wenn, dann haben sie sich das nicht anmerken lassen. Nein, sie haben ihr Schicksal in die Hand genommen, unter dem Dach der Kirche Asyl gesucht und gefunden und sich zu einer Exilredaktion zusammengetan. Und von diesem Kirchenasyl aus haben sie Aktionen geplant und durchführt. Aktionen, die von Anfang von einem immensen Medieninteresse begleitet waren. Jedes Blatt, was noch etwas auf sich hält, hat über diese beispiellose münsteraner Aktion berichtet, zuletzt der Spiegel in einer dreiseitigen Geschichte.
Schon wenige Tage nach der Freistellung haben sie mit uns, den Journalistengewerkschaften und ihren Angehörigen, Flugblätter verteilt auf dem Wochenmarkt. Wir hatten alle eiskalte Füße hinterher, aber das machte nichts. Und schon eine Woche danach hat es eine erste große Protestdemo vor dem alten Verlagsgebäude am Drubbel gegeben. Inzwischen hatten wir ein paar Liter Glühwein dabei, gegen die Kälte. Und wieder eine Woche drauf haben wir gemeinsam mit mehr als 350 Menschen vor dem Firmensitz der Lensing-Wolffs am Westenhellweg demonstriert.
Martin Krehl, dju-Landesvorsitzender, vor der MZ-Geschäftsstelle
Foto: NRhZ-Archiv
Grade mal noch elf Drucker entlassen
Inzwischen hatten wir nicht nur eine feine Polizeiescorte, Fahnen, Plakate, Megafone, Kostüme und ein richtig großes langes Banner, wo drauf stand „MZ, das Unsozialste am Morgen“. Denn: als ob es noch nicht gut gewesen wäre, haben die Herren Verleger eben in Dortmund gerade mal noch 11 Drucker entlassen und durch billigere Mechatroniker ersetzt. Und wer wartete in Dortmund schon auf uns? Vater Florian und sein Sohnemann Lambert, mit eigenen Flugblättern, gedruckt auf teurem Büttenpapier. Doch der billige Inhalt war das teure Papier nicht wert. Denn die Täter, die schon so vielen Menschen und deren Familien ihre Existenzgrundlage entzogen haben, nur um ihren eigenen Profit noch weiter zu erhöhen, sind so dreist und stilisieren sich noch als Opfer. Als Opfer einer Schmutzkampagne, die angeblich die Westfälischen Nachrichten und die Gewerkschaften gemeinsam gegen sie inszeniert hätten.
Liebe Münsteraner, ich muss doch sehr bitten. Das ist doch einfach lächerlich und von
offenkundigem Realitätsverlust gekennzeichnet! Vor wenigen Tagen hat Lensing-Wolff bei einem Hintergrundgespräch für die Medien ganz hier in der Nähe, im Stuhlmacher, erzählt, natürlich habe er mit diesen massiven Protesten und diesem Medienecho gerechnet, alles andere wäre ja blauäugig gewesen.
Den Lensing-Wölfen die Zähne gestutzt
Sehr geehrter Herr Jungverleger, ich sage Ihnen, sie waren so blauäugig, sie haben eben nicht damit gerechnet, sie haben gedacht, damit komme ich auch noch durch. Es merkt mal wieder keiner, es muckt mal wieder keiner auf, es ducken sich wieder alle weg, wie so oft, und der Betriebsrat kriegt das Gesäß nicht hoch, und Gewerkschaften nehme ich sowieso nicht ernst..
Jaja, Die olle-MZ-Redaktion, die meier ich grad mal weg.
Von wegen. Und dann haben Sie mal ordentlich, aber ganz ordentlich ihr Fett wegbekommen. Den Lensing-Wölfen sind die Zähne gestutzt und die Bärte rasiert worden. Aber gründlich.
Und aus dieser Nummer hilft Ihnen jetzt auch nicht die teure PR-Agentur heraus, die sie engagiert haben: Krisenkommunikationsprofis, die für Tagesätze arbeiten, bei denen es jedem Hartz IV-Empfänger schwindelig wird. Sie haben einfach nicht kapiert, wie Münster tickt. Münster ist noch nicht reif für den Heuschreckenkapitalismus. Ich zitiere jetzt einfach mal den Kollegen Jürgen Kehrer: Und das ist auch gut so.
Spätpubertäre Allmachtsphantasien des Erben
Keine Frage: Wir brauchen hier dringend weiter eine zweite Zeitung, wir wollen keine Meinungsmonopole, sondern Presse- und Medienvielfalt. Aber wir brauchen keine Menschen, die mit dem vom Vater geerbten Verlagsimperium so verantwortungslos umgehen, wie mit einem Spielzeug, mit einem Spielzeug, mit dem man seine spätpubertären Allmachtsphantasien ausleben kann. Wir brauchen hier Menschen mit einer hoher sozialer Intelligenz, keine Rambos, die sich noch als große Reformatoren des Zeitungswesens hinstellen, nur weil sie ihre Redaktion nun Newsdesks nennen und aus ihrer Verlagsgesellschaft eine News Media Service GmbH oder was auch immer geworden ist.
Und dann, dass muss mal sich mal vorstellen, ist der Jungverleger noch so dreist, das altgediente geschasste Personal auch noch zu demütigen. Die Kollegen als reformunfähig zu beschimpfen, ihnen eine unterirdische Qualität in der Arbeit zu bescheinigen. Liebe Münsteraner, da bleibt einem doch die Spucke weg. Da nimmt jemand den Menschen nicht nur die Arbeit weg, er diskreditiert und verhöhnt sie noch in aller Öffentlichkeit vor laufenden Kameras, so dass sie auf dem ohnehin schwierigen journalistischen Arbeitsmarkt absehbar keine Arbeit finden werden. In Münster, wo sie und ihre Familien leben, schon gar nicht.
Das hat Münster nicht verdient
Und den Chef vons Ganze, den Chefredakteur, den adeln sie noch zum Herausgeber, so als habe der mit der ganzen Chose nichts zu tun gehabt. Grotesk! Und nach getaner Arbeit findet sich der Jungverleger in feiner Gesellschaft noch mit anderen Gutmenschen zusammen im Orden vom heiligen Grab von Jerusalem und mimt den frommen gottesfürchtigen Katholiken. Bigotter geht es nimmer.
Ich sage es in aller Deutlichkeit: So eine verlegerische Persönlichkeit, so einen Medienunternehmer hat diese Stadt nicht verdient. Lambert Lensing-Wolff, ich rufe Ihnen von hier aus zu, und hoffentlich hören Sie es: Wenn Sie noch halbwegs unbeschadet aus dieser unseligen Affäre herauskommen wollen, dann bleibt Ihnen nur eins: Ersparen Sie uns den Weg durch die Arbeitsgerichte dieser Welt, lassen sie das Geschacher in Einzelgesprächen, stellen sie die Kolleginnen und Kollegen, die überhaupt noch bei Ihnen arbeiten wollen, wieder ein, zu unveränderten Konditionen und nach Tarif versteht nicht.
Und mit den anderen machen sie bitte anderweitig ihren Frieden.
Anders is nich. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Frank Biermann von der Deutschen Journalisten-Union in ver.di.
Online-Flyer Nr. 84 vom 28.02.2007
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Sie stimmt diese Zeitungs-Nachricht aus Münster, sie ist nackte Realität:
„Anders is nich!“
Von Frank Biermann
Am Freitag, den 19. Januar abends, stellt der Dortmunder Zeitungsverleger Lambert Lensing-Wolff die komplette Lokal- und Sportredaktion der Münsterschen Zeitung nach getaner Arbeit von der Arbeit frei! 19 Kolleginnen und Kollegen, Redakteuerinnen und Redakteure,
Fotografen und Sekretärinnen sind von dieser Maßnahme betroffen. Abgeschoben hatte er sie einfach in schmucklose Räumlichkeiten an das Druckhaus weit draussen vor die Türen dieser Stadt an die Harkortstrasse.
Jüngere billigere Leute hat er eingestellt, die jetzt ihre Arbeit erledigen im Verlagsgebäude unweit von hier an der Neubrückenstrasse. Tariflohn, nein danke, dass ist nicht mehr. Geregelte Arbeitszeiten auch nicht. Dafür hat er ihnen ein chices neues Newsdesk hingestellt,
da fühlt man sich gleich wie im Raumschiff Enterprise. Aber um die Neuen geht es mir hier gar nicht.
Exilredaktion im Kirchenasyl
Denn was haben sie gemacht, die Kolleginnen und Kollegen aus der Alt-Redaktion, fast jeder von Ihnen wird einen kennen, die von dieser bundesweit einmaligen Aktion betroffen waren?
Nein, sie haben sich nicht frustriert zurückgezogen in die eigenen vier Wände und ihr Schicksal beweint. Oder wenn, dann haben sie sich das nicht anmerken lassen. Nein, sie haben ihr Schicksal in die Hand genommen, unter dem Dach der Kirche Asyl gesucht und gefunden und sich zu einer Exilredaktion zusammengetan. Und von diesem Kirchenasyl aus haben sie Aktionen geplant und durchführt. Aktionen, die von Anfang von einem immensen Medieninteresse begleitet waren. Jedes Blatt, was noch etwas auf sich hält, hat über diese beispiellose münsteraner Aktion berichtet, zuletzt der Spiegel in einer dreiseitigen Geschichte.
Schon wenige Tage nach der Freistellung haben sie mit uns, den Journalistengewerkschaften und ihren Angehörigen, Flugblätter verteilt auf dem Wochenmarkt. Wir hatten alle eiskalte Füße hinterher, aber das machte nichts. Und schon eine Woche danach hat es eine erste große Protestdemo vor dem alten Verlagsgebäude am Drubbel gegeben. Inzwischen hatten wir ein paar Liter Glühwein dabei, gegen die Kälte. Und wieder eine Woche drauf haben wir gemeinsam mit mehr als 350 Menschen vor dem Firmensitz der Lensing-Wolffs am Westenhellweg demonstriert.
Martin Krehl, dju-Landesvorsitzender, vor der MZ-Geschäftsstelle
Foto: NRhZ-Archiv
Grade mal noch elf Drucker entlassen
Inzwischen hatten wir nicht nur eine feine Polizeiescorte, Fahnen, Plakate, Megafone, Kostüme und ein richtig großes langes Banner, wo drauf stand „MZ, das Unsozialste am Morgen“. Denn: als ob es noch nicht gut gewesen wäre, haben die Herren Verleger eben in Dortmund gerade mal noch 11 Drucker entlassen und durch billigere Mechatroniker ersetzt. Und wer wartete in Dortmund schon auf uns? Vater Florian und sein Sohnemann Lambert, mit eigenen Flugblättern, gedruckt auf teurem Büttenpapier. Doch der billige Inhalt war das teure Papier nicht wert. Denn die Täter, die schon so vielen Menschen und deren Familien ihre Existenzgrundlage entzogen haben, nur um ihren eigenen Profit noch weiter zu erhöhen, sind so dreist und stilisieren sich noch als Opfer. Als Opfer einer Schmutzkampagne, die angeblich die Westfälischen Nachrichten und die Gewerkschaften gemeinsam gegen sie inszeniert hätten.
Liebe Münsteraner, ich muss doch sehr bitten. Das ist doch einfach lächerlich und von
offenkundigem Realitätsverlust gekennzeichnet! Vor wenigen Tagen hat Lensing-Wolff bei einem Hintergrundgespräch für die Medien ganz hier in der Nähe, im Stuhlmacher, erzählt, natürlich habe er mit diesen massiven Protesten und diesem Medienecho gerechnet, alles andere wäre ja blauäugig gewesen.
Den Lensing-Wölfen die Zähne gestutzt
Sehr geehrter Herr Jungverleger, ich sage Ihnen, sie waren so blauäugig, sie haben eben nicht damit gerechnet, sie haben gedacht, damit komme ich auch noch durch. Es merkt mal wieder keiner, es muckt mal wieder keiner auf, es ducken sich wieder alle weg, wie so oft, und der Betriebsrat kriegt das Gesäß nicht hoch, und Gewerkschaften nehme ich sowieso nicht ernst..
Jaja, Die olle-MZ-Redaktion, die meier ich grad mal weg.
Von wegen. Und dann haben Sie mal ordentlich, aber ganz ordentlich ihr Fett wegbekommen. Den Lensing-Wölfen sind die Zähne gestutzt und die Bärte rasiert worden. Aber gründlich.
Und aus dieser Nummer hilft Ihnen jetzt auch nicht die teure PR-Agentur heraus, die sie engagiert haben: Krisenkommunikationsprofis, die für Tagesätze arbeiten, bei denen es jedem Hartz IV-Empfänger schwindelig wird. Sie haben einfach nicht kapiert, wie Münster tickt. Münster ist noch nicht reif für den Heuschreckenkapitalismus. Ich zitiere jetzt einfach mal den Kollegen Jürgen Kehrer: Und das ist auch gut so.
Spätpubertäre Allmachtsphantasien des Erben
Keine Frage: Wir brauchen hier dringend weiter eine zweite Zeitung, wir wollen keine Meinungsmonopole, sondern Presse- und Medienvielfalt. Aber wir brauchen keine Menschen, die mit dem vom Vater geerbten Verlagsimperium so verantwortungslos umgehen, wie mit einem Spielzeug, mit einem Spielzeug, mit dem man seine spätpubertären Allmachtsphantasien ausleben kann. Wir brauchen hier Menschen mit einer hoher sozialer Intelligenz, keine Rambos, die sich noch als große Reformatoren des Zeitungswesens hinstellen, nur weil sie ihre Redaktion nun Newsdesks nennen und aus ihrer Verlagsgesellschaft eine News Media Service GmbH oder was auch immer geworden ist.
Und dann, dass muss mal sich mal vorstellen, ist der Jungverleger noch so dreist, das altgediente geschasste Personal auch noch zu demütigen. Die Kollegen als reformunfähig zu beschimpfen, ihnen eine unterirdische Qualität in der Arbeit zu bescheinigen. Liebe Münsteraner, da bleibt einem doch die Spucke weg. Da nimmt jemand den Menschen nicht nur die Arbeit weg, er diskreditiert und verhöhnt sie noch in aller Öffentlichkeit vor laufenden Kameras, so dass sie auf dem ohnehin schwierigen journalistischen Arbeitsmarkt absehbar keine Arbeit finden werden. In Münster, wo sie und ihre Familien leben, schon gar nicht.
Das hat Münster nicht verdient
Und den Chef vons Ganze, den Chefredakteur, den adeln sie noch zum Herausgeber, so als habe der mit der ganzen Chose nichts zu tun gehabt. Grotesk! Und nach getaner Arbeit findet sich der Jungverleger in feiner Gesellschaft noch mit anderen Gutmenschen zusammen im Orden vom heiligen Grab von Jerusalem und mimt den frommen gottesfürchtigen Katholiken. Bigotter geht es nimmer.
Ich sage es in aller Deutlichkeit: So eine verlegerische Persönlichkeit, so einen Medienunternehmer hat diese Stadt nicht verdient. Lambert Lensing-Wolff, ich rufe Ihnen von hier aus zu, und hoffentlich hören Sie es: Wenn Sie noch halbwegs unbeschadet aus dieser unseligen Affäre herauskommen wollen, dann bleibt Ihnen nur eins: Ersparen Sie uns den Weg durch die Arbeitsgerichte dieser Welt, lassen sie das Geschacher in Einzelgesprächen, stellen sie die Kolleginnen und Kollegen, die überhaupt noch bei Ihnen arbeiten wollen, wieder ein, zu unveränderten Konditionen und nach Tarif versteht nicht.
Und mit den anderen machen sie bitte anderweitig ihren Frieden.
Anders is nich. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Frank Biermann von der Deutschen Journalisten-Union in ver.di.
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