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Lokales
Kampf um Bürgerfunk wird weiter gehen, als es der Landesregierung lieb sein kann
Gegen verfassungswidriges Landesmediengesetz
Von Rainer Stach
Gut besucht: Pressekonferenz am 8. März in Köln
Foto: ARGE-Archiv
Dieses niederschmetternde Urteil wird in Düsseldorf zunächst nicht viel Reaktion auslösen. Hat die regierende Koalitionsfraktion aus CDU und FDP doch auch in der Vergangenheit wenig Wert auf die Meinung der Bürgerfunker gelegt. Wie Jürgen Mickley vom Landesverband darlegte, ist die Novelle allein ein Regelungswerk für den Bürgerfunk, mit dem Ziel, ihn faktisch abzuschaffen. Regelungen wie die Reduzierung auf eine Sendestunde, Verschiebung des Sendebeginns auf 21 Uhr landesweit und der Wegfall der bisherigen Finanzierung seien als Versuch zu werten, den Bürgerfunk seiner existenziellen Grundlagen zu berauben. Nutznießer sei fast einzig und allein radio nrw, dem die frei werdende Sendezeit zugute komme. Ein wirtschaftlich unnötiges Geschenk an den privaten Lokalfunk in Nordrhein-Westfalen, der ohnehin schon Reichweitensieger im Wettbewerb ist.
Vor allem die Sendezeitverschiebung, so der mit dem Gutachten befasste Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler, hat zur Folge, dass die Meinungsvielfalt, die erst durch den Bürgerfunk erzielt wird, dann deutlich absinkt, wenn der Bürgerfunk in der Zeit von 21 bis 22 Uhr gesendet wird. „Der Bürgerfunk kann insoweit nicht mehr zur Meinungsvielfalt beitragen.“ Und dies sagt nicht allein der Rechtsanwalt, sondern das stellte im Jahre 1998 schon das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in einem Urteil fest. Damals ging es genau um diese Sendezeitverschiebung auf 21 Uhr, die der private Lokalfunk vergeblich über einen Gerichtsentscheid erreichen wollte. Es stellt sich die Frage, ob eine Landesregierung es sich leisten kann, gesetzliche Regelungen entgegen höheren Gerichtsentscheidungen durchzusetzen.
Rechtsanwalt Achelpöhler (Mitte) stellt Gutachten zum Landesmediengesetz vor
Foto: ARGE-Archiv
Zweifel am gesunden Menschenverstand
Außerdem finden sich im Gesetzentwurf weitere Regelungen, die nicht nur am Sachverstand, sondern auch am gesunden Menschenverstand der Leute zweifeln lassen, die sie aufgeschrieben haben. § 72 Abs. 4: „Die Veranstaltergemeinschaften sollen in ihr Programm Programmbeiträge von Gruppen (...) von täglich höchstens 60 Minuten (...) einbeziehen.“ Das heute noch gültige Landesmediengesetz spricht von „müssen“. Aber das allein wäre vielleicht noch unerheblich. Jedoch was bedeutet „höchstens 60 Minuten“? Dürfen es auch 20 Minuten für den Bürgerfunk sein oder nur 10 oder nur eine?
Die dem Bürgerfunk entzogene Finanzierung (Merke: aus den Rundfunkgebühren) der Sendebeiträge soll in so genannte Medienkompetenzprojekte gesteckt werden. § 72 Abs. 1: „Der Bürgerfunk im lokalen Hörfunk dient dazu, (...) den Erwerb von Medienkompetenz, insbesondere von Schülerinnen und Schülern, zu ermöglichen (...).“ Aber: § 72 Abs. 5: „(...) Abweichend von diesen Regelungen (der Sendezeiten, d. Verf.) können zur Förderung der Medienkompetenz durch Schulprojekte im Einvernehmen mit der Veranstaltergemeinschaft besondere zusätzliche Sendezeiten vereinbart werden. (...)“. Und wozu dient der Bürgerfunk, wenn sich erwartungsgemäß mit den Veranstaltergemeinschaften der Lokalradios kein Einvernehmen finden lässt? Und wo bleiben dann die Medienkompetenzprojekte?
Volks- oder Privatradio-Vertreter?
Einer der Väter dieser Gesetzesnovelle ist Thorsten Schick, Landtagsabgeordneter der CDU, aber auch nebenbei freier Mitarbeiter beim Radio Märkischer Kreis (Wenn das mal kein Interessenskonflikt ist?). Bezeichnend der Schlusssatz seiner Rede bei der ersten Lesung der Gesetzesnovelle am 26. Januar: „Es ist auch nicht richtig, dass wir nur den Beifall der Verleger bekämen. Fragen Sie mal in den entsprechenden Redaktionen nach! Fragen Sie die Chefredakteure! Auch dort bekommen wir Beifall – Vielen Dank.“ Da brüstet sich der „Volksvertreter“ noch öffentlich des Beifalls, den er von denen bekommt, deren Interessen er vertreten hat.
Den Bürgerfunkern wird nichts anderes übrig bleiben als Verfassungsbeschwerde einzulegen, wenn das Gesetz denn so verabschiedet werden sollte, wie geplant. Und dass es dazu kommen wird, ist aus der bisherigen Halsstarrigkeit der Regierungskoalition zu schließen.
Thorsten Schick (links) beim Radio Märkischer Kreis
Foto: NRhZ-Archiv
Bürgerfunker rüsten zum Widerstand in Köln
Diese Pressekonferenz allein wird die Regierung in Düsseldorf nicht aufhalten, die auf vielen Ebenen mit der Brachialgewalt eines Panzers das Rechtsgefüge in Nordrhein-Westfalen ändern will. Erinnert sei nur an die im Dezember letzten Jahres beschlossene Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes, gegen die bereits Verfassungsbeschwerde eingelegt ist, sowie die geplante Änderung des Personalvertretungsgesetzes, der wahrscheinlich Gleiches beschieden sein wird.
Deshalb laden die Kölner Bürgerfunker zusammen mit dem Landesverband Bürgerfunk NRW e.V. und dem Interessenverein gemeinnütziger Rundfunk in NRW e.V. alle Bürger zu einer Protestkundgebung am 17. März ab 14 Uhr auf dem Roncalliplatz am Dom in Köln ein.
Aufruf zur Kundgebung am 17. März zum Erhalt des Bürgerfunks
Politik schafft Bürgerfunk ab!
Mit diesem Warnruf werden so prominente Redner wie Manfred Kock (Präses der Evangelischen Kirche), Hannelore Bartscherer (Vorsitzende des Katholikenausschusses Köln), Dr. Wolfgang Uellenberg – van Dawen (DGB-Vorsitzender Region Köln-Leverkusen-Erft-Berg) und Hermann-Josef Doerfner (Stellv. Vorsitzender CDA Köln), Oliver Keymis (MdL, Vizepräsident des Landtags, kultur- und medienpolitischer Sprecher der Grünen),
Marc Jan Eumann (MdL, medienpolitischer Sprecher der SPD) neben vielen anderen Stellung für den Erhalt des Bürgerfunks unter den jetzigen Bedingungen und damit der Meinungsfreiheit beziehen.
Auch im kulturellen Programmteil findet sich viel Prominenz: Gerd Köster und Frank Hocker, Wilfried Schmickler, Rolly Brings, Klaus der Geiger, Heinrich Pachl und Magic Street Voices. Sie alle lassen es sich nicht nehmen, sich hinter den Bürgerfunk zu stellen.
Lesen Sie hierzu auch den Brief aus der Werkstatt eines Bürgerfunkers in dieser Ausgabe
Online-Flyer Nr. 86 vom 14.03.2007
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Lokales
Kampf um Bürgerfunk wird weiter gehen, als es der Landesregierung lieb sein kann
Gegen verfassungswidriges Landesmediengesetz
Von Rainer Stach
Gut besucht: Pressekonferenz am 8. März in Köln
Foto: ARGE-Archiv
Dieses niederschmetternde Urteil wird in Düsseldorf zunächst nicht viel Reaktion auslösen. Hat die regierende Koalitionsfraktion aus CDU und FDP doch auch in der Vergangenheit wenig Wert auf die Meinung der Bürgerfunker gelegt. Wie Jürgen Mickley vom Landesverband darlegte, ist die Novelle allein ein Regelungswerk für den Bürgerfunk, mit dem Ziel, ihn faktisch abzuschaffen. Regelungen wie die Reduzierung auf eine Sendestunde, Verschiebung des Sendebeginns auf 21 Uhr landesweit und der Wegfall der bisherigen Finanzierung seien als Versuch zu werten, den Bürgerfunk seiner existenziellen Grundlagen zu berauben. Nutznießer sei fast einzig und allein radio nrw, dem die frei werdende Sendezeit zugute komme. Ein wirtschaftlich unnötiges Geschenk an den privaten Lokalfunk in Nordrhein-Westfalen, der ohnehin schon Reichweitensieger im Wettbewerb ist.
Vor allem die Sendezeitverschiebung, so der mit dem Gutachten befasste Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler, hat zur Folge, dass die Meinungsvielfalt, die erst durch den Bürgerfunk erzielt wird, dann deutlich absinkt, wenn der Bürgerfunk in der Zeit von 21 bis 22 Uhr gesendet wird. „Der Bürgerfunk kann insoweit nicht mehr zur Meinungsvielfalt beitragen.“ Und dies sagt nicht allein der Rechtsanwalt, sondern das stellte im Jahre 1998 schon das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in einem Urteil fest. Damals ging es genau um diese Sendezeitverschiebung auf 21 Uhr, die der private Lokalfunk vergeblich über einen Gerichtsentscheid erreichen wollte. Es stellt sich die Frage, ob eine Landesregierung es sich leisten kann, gesetzliche Regelungen entgegen höheren Gerichtsentscheidungen durchzusetzen.
Rechtsanwalt Achelpöhler (Mitte) stellt Gutachten zum Landesmediengesetz vor
Foto: ARGE-Archiv
Zweifel am gesunden Menschenverstand
Außerdem finden sich im Gesetzentwurf weitere Regelungen, die nicht nur am Sachverstand, sondern auch am gesunden Menschenverstand der Leute zweifeln lassen, die sie aufgeschrieben haben. § 72 Abs. 4: „Die Veranstaltergemeinschaften sollen in ihr Programm Programmbeiträge von Gruppen (...) von täglich höchstens 60 Minuten (...) einbeziehen.“ Das heute noch gültige Landesmediengesetz spricht von „müssen“. Aber das allein wäre vielleicht noch unerheblich. Jedoch was bedeutet „höchstens 60 Minuten“? Dürfen es auch 20 Minuten für den Bürgerfunk sein oder nur 10 oder nur eine?
Die dem Bürgerfunk entzogene Finanzierung (Merke: aus den Rundfunkgebühren) der Sendebeiträge soll in so genannte Medienkompetenzprojekte gesteckt werden. § 72 Abs. 1: „Der Bürgerfunk im lokalen Hörfunk dient dazu, (...) den Erwerb von Medienkompetenz, insbesondere von Schülerinnen und Schülern, zu ermöglichen (...).“ Aber: § 72 Abs. 5: „(...) Abweichend von diesen Regelungen (der Sendezeiten, d. Verf.) können zur Förderung der Medienkompetenz durch Schulprojekte im Einvernehmen mit der Veranstaltergemeinschaft besondere zusätzliche Sendezeiten vereinbart werden. (...)“. Und wozu dient der Bürgerfunk, wenn sich erwartungsgemäß mit den Veranstaltergemeinschaften der Lokalradios kein Einvernehmen finden lässt? Und wo bleiben dann die Medienkompetenzprojekte?
Volks- oder Privatradio-Vertreter?
Einer der Väter dieser Gesetzesnovelle ist Thorsten Schick, Landtagsabgeordneter der CDU, aber auch nebenbei freier Mitarbeiter beim Radio Märkischer Kreis (Wenn das mal kein Interessenskonflikt ist?). Bezeichnend der Schlusssatz seiner Rede bei der ersten Lesung der Gesetzesnovelle am 26. Januar: „Es ist auch nicht richtig, dass wir nur den Beifall der Verleger bekämen. Fragen Sie mal in den entsprechenden Redaktionen nach! Fragen Sie die Chefredakteure! Auch dort bekommen wir Beifall – Vielen Dank.“ Da brüstet sich der „Volksvertreter“ noch öffentlich des Beifalls, den er von denen bekommt, deren Interessen er vertreten hat.
Den Bürgerfunkern wird nichts anderes übrig bleiben als Verfassungsbeschwerde einzulegen, wenn das Gesetz denn so verabschiedet werden sollte, wie geplant. Und dass es dazu kommen wird, ist aus der bisherigen Halsstarrigkeit der Regierungskoalition zu schließen.
Thorsten Schick (links) beim Radio Märkischer Kreis
Foto: NRhZ-Archiv
Bürgerfunker rüsten zum Widerstand in Köln
Diese Pressekonferenz allein wird die Regierung in Düsseldorf nicht aufhalten, die auf vielen Ebenen mit der Brachialgewalt eines Panzers das Rechtsgefüge in Nordrhein-Westfalen ändern will. Erinnert sei nur an die im Dezember letzten Jahres beschlossene Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes, gegen die bereits Verfassungsbeschwerde eingelegt ist, sowie die geplante Änderung des Personalvertretungsgesetzes, der wahrscheinlich Gleiches beschieden sein wird.
Deshalb laden die Kölner Bürgerfunker zusammen mit dem Landesverband Bürgerfunk NRW e.V. und dem Interessenverein gemeinnütziger Rundfunk in NRW e.V. alle Bürger zu einer Protestkundgebung am 17. März ab 14 Uhr auf dem Roncalliplatz am Dom in Köln ein.
Aufruf zur Kundgebung am 17. März zum Erhalt des Bürgerfunks
Politik schafft Bürgerfunk ab!
Mit diesem Warnruf werden so prominente Redner wie Manfred Kock (Präses der Evangelischen Kirche), Hannelore Bartscherer (Vorsitzende des Katholikenausschusses Köln), Dr. Wolfgang Uellenberg – van Dawen (DGB-Vorsitzender Region Köln-Leverkusen-Erft-Berg) und Hermann-Josef Doerfner (Stellv. Vorsitzender CDA Köln), Oliver Keymis (MdL, Vizepräsident des Landtags, kultur- und medienpolitischer Sprecher der Grünen),
Marc Jan Eumann (MdL, medienpolitischer Sprecher der SPD) neben vielen anderen Stellung für den Erhalt des Bürgerfunks unter den jetzigen Bedingungen und damit der Meinungsfreiheit beziehen.
Auch im kulturellen Programmteil findet sich viel Prominenz: Gerd Köster und Frank Hocker, Wilfried Schmickler, Rolly Brings, Klaus der Geiger, Heinrich Pachl und Magic Street Voices. Sie alle lassen es sich nicht nehmen, sich hinter den Bürgerfunk zu stellen.
Lesen Sie hierzu auch den Brief aus der Werkstatt eines Bürgerfunkers in dieser Ausgabe
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