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Kultur und Wissen
Ein Maler, ein kölscher Patriot, einer der letzten großen alten Künstler
Raffael Becker wurde 85 Jahre alt
Von Rita Grünewald
Becker selbst führte mit einem sehr interessanten und launigen Vortrag durch seine Retrospektive „Bilder eines Rheinländers“ und hatte dabei zu jedem Bild eine eigene Geschichte zu erzählen.
Einmal ein Kölner, immer ein Kölner
„Von Raffael Becker gemalt zu werden, ist besser, als vom Leben gezeichnet zu sein.“ Dieses Zitat eines Kölners, der sein Porträt auf einem Gemälde des Malers entdeckte, ist Ausdruck des Humors, der die Menschen seiner Heimatstadt auszeichnet. Der Maler wurde am 16. März 1922 in Köln in die Künstlerfamilie Becker geboren. Nicht nur der Vater, auch der Großvater hießen Raffael.
Nach einer Lehre als Dekorationsmaler besuchte er die Werbefachschule und studierte in den Jahren 1940 und 1941 an der Düsseldorfer Kunstakademie, nebenher arbeitete er im väterlichen Malatelier. 1941 wurde Becker zur Wehrmacht eingezogen und kam als Soldat nach Frankreich und Norwegen. Seit seiner Rückkehr nach Köln 1945 war er neben seiner freien Tätigkeit als Maler zunächst vor allem als Werbegrafiker für große Autofirmen wie Borgward, Mercedes und Ford tätig, denn der Kamin musste ja rauchen, und er wollte seine große Liebe Ingeborg heiraten, was 1948 auch geschah und bis heute hielt. Im Jahr 1960 reifte sein Entschluss, sich ganz der freien Malerei zu widmen.
Der Einfluss der Malstile und der Gesellschaft
Mitte der fünfziger Jahre fanden Raffael und Ingeborg Becker eine Wohnung in Köln-Sülz, einem der ursprünglichsten Viertel, das im Krieg nicht so schlimm zerstört worden war wie die Innenstadt. Bei seinen Gängen durchs „Veedel“, auf den Straßen, Plätzen und in den Kneipen beobachtet er die Menschen: Dort, in der Nähe der Uni, leben viele Studenten, aber auch Eltern mit ihren Kindern und Menschen die in dem Stadtteil alt geworden sind. Auch viele andere Künstler und Musiker sind in Sülz ansässig. Es ist ein Stadtviertel der Ideen und Einfälle. So hat das Veedel auch auf Beckers Malerei Einfluss ausgeübt.
Die Palette seiner Gemälde reicht von gegenständlicher Kunst zu moderner gegenstandsloser. Doch die gegenständliche und die Porträtmalerei blieben sein Schwerpunkt, was ihm zeitweise Hohn und Spott eintrug. In den Kölner Malerzirkeln traf er nach 1945 auch seinen Studienfreund wieder, den vor zwei Jahren verstorbenen Malerfürsten Toni May.. Bei allem Gespött, das beide zuweilen traf, hielt die Freundschaft und Verbundenheit zeitlebens. Toni Mays häufiger Ausspruch war: „Raffael, ich glaube, wir zwei sind die einzigen, die in Köln noch malen können!“
Stadt-kulturlos-Köln
„Immer ein Herz für bella Colonia“, rühmte die Kölnische Rundschau Raffael Becker jetzt zu seinem 85. Geburtstag. Dass er den überhaupt würdig begehen konnte, verdankte er dem Freundeskreis der Abtei Brauweiler und dessen Vorsitzenden, Herrn Dr. Karlheinz Gierden. Zu seinem 80. Geburtstag hatte eine Ausstellung mit anschließender Feier im Kölner Stadtmuseum stattgefunden. Dafür musste der Jubilar allerdings 20.000 DM an die Stadtkasse zahlen. Lediglich ein Fässchen Bier wurde ihm gestiftet.
Die Retrospektive für Toni May, die als Geburtstagsfeier zu dessen 90. Geburtstag vor drei Jahren geplant war und dann unversehens durch sein Ableben zwei Wochen zuvor zur Trauerfeier und Würdigung seines Lebenswerks wurde, fand, organisiert durch Siegfried Harzheim, Chef der gleichnamigen Firma, im Karnevalsmuseum Köln-Braunsfeld statt. Offenbar nur weil Kardinal Meisner dort erschienen war, um sich für ein Porträt zu bedanken, sah sich auch der Oberbürgermeister genötigt, kurz vorbeizuschauen.
Diese Haltung ist leider typisch für die verfehlte Kulturpolitik der Stadt. Solange es nicht um eine prestigeträchtige Bewerbung als „Kulturhauptstadt Europas“ geht, wird hier von Rat und Veraltung nur wenig in Kunst und Kultur investiert – wie sich schon in der posthumen Wertung des Literaturnobelpreisträgers Heinrich Böll zeigte: durch einen Platz, der nicht viel mehr als eine bessere Fußgängerpassage ist. Wenn Köln die Rangnummer 26 auf der Liste der Städte mit besonderen kulturellen Aktivitäten halten will, muss wohl eine Kulturrevolution her, die an der Basis der Kunst und Kultur schaffenden Bürger selbst beginnt.
General Schäfer
Polonaise
Trödelmarkt in der Altstadt
Mutter des Künstlers
Gegenstandslos
Ingeborg und Raffael Becker in einer Besuchergruppe
Fotos: Rita Grünewald
Online-Flyer Nr. 89 vom 04.04.2007
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Kultur und Wissen
Ein Maler, ein kölscher Patriot, einer der letzten großen alten Künstler
Raffael Becker wurde 85 Jahre alt
Von Rita Grünewald
Becker selbst führte mit einem sehr interessanten und launigen Vortrag durch seine Retrospektive „Bilder eines Rheinländers“ und hatte dabei zu jedem Bild eine eigene Geschichte zu erzählen.
Einmal ein Kölner, immer ein Kölner
„Von Raffael Becker gemalt zu werden, ist besser, als vom Leben gezeichnet zu sein.“ Dieses Zitat eines Kölners, der sein Porträt auf einem Gemälde des Malers entdeckte, ist Ausdruck des Humors, der die Menschen seiner Heimatstadt auszeichnet. Der Maler wurde am 16. März 1922 in Köln in die Künstlerfamilie Becker geboren. Nicht nur der Vater, auch der Großvater hießen Raffael.
Nach einer Lehre als Dekorationsmaler besuchte er die Werbefachschule und studierte in den Jahren 1940 und 1941 an der Düsseldorfer Kunstakademie, nebenher arbeitete er im väterlichen Malatelier. 1941 wurde Becker zur Wehrmacht eingezogen und kam als Soldat nach Frankreich und Norwegen. Seit seiner Rückkehr nach Köln 1945 war er neben seiner freien Tätigkeit als Maler zunächst vor allem als Werbegrafiker für große Autofirmen wie Borgward, Mercedes und Ford tätig, denn der Kamin musste ja rauchen, und er wollte seine große Liebe Ingeborg heiraten, was 1948 auch geschah und bis heute hielt. Im Jahr 1960 reifte sein Entschluss, sich ganz der freien Malerei zu widmen.
Der Einfluss der Malstile und der Gesellschaft
Mitte der fünfziger Jahre fanden Raffael und Ingeborg Becker eine Wohnung in Köln-Sülz, einem der ursprünglichsten Viertel, das im Krieg nicht so schlimm zerstört worden war wie die Innenstadt. Bei seinen Gängen durchs „Veedel“, auf den Straßen, Plätzen und in den Kneipen beobachtet er die Menschen: Dort, in der Nähe der Uni, leben viele Studenten, aber auch Eltern mit ihren Kindern und Menschen die in dem Stadtteil alt geworden sind. Auch viele andere Künstler und Musiker sind in Sülz ansässig. Es ist ein Stadtviertel der Ideen und Einfälle. So hat das Veedel auch auf Beckers Malerei Einfluss ausgeübt.
Die Palette seiner Gemälde reicht von gegenständlicher Kunst zu moderner gegenstandsloser. Doch die gegenständliche und die Porträtmalerei blieben sein Schwerpunkt, was ihm zeitweise Hohn und Spott eintrug. In den Kölner Malerzirkeln traf er nach 1945 auch seinen Studienfreund wieder, den vor zwei Jahren verstorbenen Malerfürsten Toni May.. Bei allem Gespött, das beide zuweilen traf, hielt die Freundschaft und Verbundenheit zeitlebens. Toni Mays häufiger Ausspruch war: „Raffael, ich glaube, wir zwei sind die einzigen, die in Köln noch malen können!“
Stadt-kulturlos-Köln
„Immer ein Herz für bella Colonia“, rühmte die Kölnische Rundschau Raffael Becker jetzt zu seinem 85. Geburtstag. Dass er den überhaupt würdig begehen konnte, verdankte er dem Freundeskreis der Abtei Brauweiler und dessen Vorsitzenden, Herrn Dr. Karlheinz Gierden. Zu seinem 80. Geburtstag hatte eine Ausstellung mit anschließender Feier im Kölner Stadtmuseum stattgefunden. Dafür musste der Jubilar allerdings 20.000 DM an die Stadtkasse zahlen. Lediglich ein Fässchen Bier wurde ihm gestiftet.
Die Retrospektive für Toni May, die als Geburtstagsfeier zu dessen 90. Geburtstag vor drei Jahren geplant war und dann unversehens durch sein Ableben zwei Wochen zuvor zur Trauerfeier und Würdigung seines Lebenswerks wurde, fand, organisiert durch Siegfried Harzheim, Chef der gleichnamigen Firma, im Karnevalsmuseum Köln-Braunsfeld statt. Offenbar nur weil Kardinal Meisner dort erschienen war, um sich für ein Porträt zu bedanken, sah sich auch der Oberbürgermeister genötigt, kurz vorbeizuschauen.
Diese Haltung ist leider typisch für die verfehlte Kulturpolitik der Stadt. Solange es nicht um eine prestigeträchtige Bewerbung als „Kulturhauptstadt Europas“ geht, wird hier von Rat und Veraltung nur wenig in Kunst und Kultur investiert – wie sich schon in der posthumen Wertung des Literaturnobelpreisträgers Heinrich Böll zeigte: durch einen Platz, der nicht viel mehr als eine bessere Fußgängerpassage ist. Wenn Köln die Rangnummer 26 auf der Liste der Städte mit besonderen kulturellen Aktivitäten halten will, muss wohl eine Kulturrevolution her, die an der Basis der Kunst und Kultur schaffenden Bürger selbst beginnt.
General Schäfer
Polonaise
Trödelmarkt in der Altstadt
Mutter des Künstlers
Gegenstandslos
Ingeborg und Raffael Becker in einer Besuchergruppe
Fotos: Rita Grünewald
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