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Ein Leserbrief, den die SZ lieber nicht veröffentlichte
„Hehler für Hitler“ Otto Wolff von Amerongen
Von Werner Rügemer
Am 8. März 2007 starb 88jährig Otto Wolff von Amerongen in Köln. Er war jahrzehntelang der wichtigste Unternehmerfunktionär der Bundesrepublik Deutschland: als Inhaber des Otto Wolff-Konzerns (Stahlhandel, Blechproduktion) brachte er es vom Kölner IHK-Präsidenten zum Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT). Über vier Jahrzehnte stand er dem Ostausschuss der deutschen Wirtschaft vor. Er begleitete Bundeskanzler Adenauer nach Moskau und beriet Willy Brandt und Helmut Kohl.
Enthüllungen in „Hehler für Hitler“
Von Anfang an war er Mitglied der trilateralen Kommission, mit seinem Freund, dem Kölner Bankier Alfred Freiherr von Oppenheim (siehe NRhZ 5), mischte er in der deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik mit. Die Otto Wolff-Stiftung förderte die Ausbreitung des Kapitalismus in den ehemals sozialistischen Staaten, Amerongen war u.a. Präsident des deutsch-ungarischen Forums, mit Boris Jelzin stand er auf du und du. 1990 verkaufte er seinen Konzern an Thyssen und gründete die Otto Wolff Industrieberatung und Beteiligungen GmbH. 1991 Ingolf Gritschneder und Werner Rügemer enthüllten mit ihrer TV-Dokumentation "Hehler für Hitler - die geheimen Aufträge der Firma Otto Wolff" (die story) die jahrzehntelang tabuisierte Aktivität Amerongens bei der Beschaffung kriegsentscheidender Metalle und Finanzen für das Hitler-Regime, ausführlich nachzulesen in Rügemers Buch "Colonia Corrupta".
1941 war Otto Wolff (links) schon mal beim "Brückenbau nach Osten" tätig - als Leutnant im Artillerie-Regiment 83 der Deutschen Wehrmacht beim Feldzug gegen die Sowjetunion. Dafür bekam er das Eiserne Kreuz 1. Klasse, das er allerdings für diesen Buchtitel von 1992 mit Weizsäcker und Gorbatschow lieber im Tresor ließ.
Foto: Droemer Knaur
Zum Tod Amerongens erschienen lange Würdigungen. In der Süddeutschen Zeitung vom 10./11.3.2007, Seite 26, machte Nikolaus Piper unter dem Titel „Ein Pionier der deutschen Ostpolitik“ unklare Andeutungen über "Vorwürfe" hinsichtlich der NS-Zeit. Werner Rügemer schrieb dazu den hier folgenden Leserbrief, den die SZ kommentarlos nie abdruckte. – Die Redaktion.
Nicht „vorgeworfen“, sondern nachgewiesen
Nikolaus Piper schreibt, man habe Otto Wolff von Amerongen in den letzen Jahren „vorgeworfen, damals im Auftrag der Nazis das Vermögen von deportierten Juden verkauft zu haben“. Das ist in mehrfacher Hinsicht unrichtig. Es wurde ihm nichts „vorgeworfen“, sondern in der TV-Dokumentation „Hehler für Hitler – die geheimen Aufträge der Firma Otto Wolff“ (WDR, die story, 2001) wurde nachgewiesen, dass die Fa. Otto Wolff während des 2. Weltkrieges von den Devisenschutzkommandos Paris und Brüssel Raubaktien aus den westlichen Besatzungsländern erhielt und diese vor allem an Schweizer Banken verkaufte und den Erlös unter Abzug einer Provision an die Reichsbank überwies.
Werner Rügemer – seine Dokumentation wurde vom WDR gesendet, sein Leserbrief fiel bei der Süddeutschen Zeitung in den Papierkorb
Foto: NRhZ-Archiv
Die Aktien stammten nicht nur von Juden, sondern auch Nichtjuden, die gegen die NS-Devisengesetze verstießen. Damit verschaffte die Fa. Otto Wolff dem Deutschen Reich Devisen für den Kauf kriegsnotwendiger Rohstoffe auf dem Weltmarkt, etwa für das Edelmetall Wolfram, das für die Härtung von Kanonenrohren, Kugellagern u.ä. unverzichtbar war.
Koordinierte für die Nazis Bezahlen mit Raubgold
Von Amerongen, seit 1940 Haupterbe, war als Repräsentant seiner Firma und von Rüstungsfirmen wie Rheinmetall und Krupp in Portugal, dem einzigen Staat, der Deutschland Wolfram lieferte. Von Amerongen, der auch Mitglied des Geheimdienstes der Wehrmacht war, koordinierte nicht nur den Wolframexport, sondern auch die Bezahlung mit Devisen, auch mit Raubgold. Dazu traf er sich in Lissabon regelmäßig mit Ministern der Salazar-Regierung.
Er hat trotz viermaliger Einladung ein Interview für die Dokumentation abgelehnt, hat sie aber durch eine Intervention beim WDR-Intendanten zu verhindern versucht. Sie wurde bis 2006 ein gutes Dutzend mal ausgestrahlt, in der ARD, in BR, HR, WDR, in Phoenix, auch in der Schweiz und Österreich. Von Amerongen hat keinen Versuch unternommen, eine Gegendarstellung, eine einstweilige Verfügung o.ä. zu erwirken. Eine Entschuldigung, die von Erben der Beraubten vorgeschlagen wurde, hat er abgelehnt.
Dr. Werner Rügemer, Köln
Online-Flyer Nr. 93 vom 02.05.2007
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Ein Leserbrief, den die SZ lieber nicht veröffentlichte
„Hehler für Hitler“ Otto Wolff von Amerongen
Von Werner Rügemer
Am 8. März 2007 starb 88jährig Otto Wolff von Amerongen in Köln. Er war jahrzehntelang der wichtigste Unternehmerfunktionär der Bundesrepublik Deutschland: als Inhaber des Otto Wolff-Konzerns (Stahlhandel, Blechproduktion) brachte er es vom Kölner IHK-Präsidenten zum Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT). Über vier Jahrzehnte stand er dem Ostausschuss der deutschen Wirtschaft vor. Er begleitete Bundeskanzler Adenauer nach Moskau und beriet Willy Brandt und Helmut Kohl.
Enthüllungen in „Hehler für Hitler“
Von Anfang an war er Mitglied der trilateralen Kommission, mit seinem Freund, dem Kölner Bankier Alfred Freiherr von Oppenheim (siehe NRhZ 5), mischte er in der deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik mit. Die Otto Wolff-Stiftung förderte die Ausbreitung des Kapitalismus in den ehemals sozialistischen Staaten, Amerongen war u.a. Präsident des deutsch-ungarischen Forums, mit Boris Jelzin stand er auf du und du. 1990 verkaufte er seinen Konzern an Thyssen und gründete die Otto Wolff Industrieberatung und Beteiligungen GmbH. 1991 Ingolf Gritschneder und Werner Rügemer enthüllten mit ihrer TV-Dokumentation "Hehler für Hitler - die geheimen Aufträge der Firma Otto Wolff" (die story) die jahrzehntelang tabuisierte Aktivität Amerongens bei der Beschaffung kriegsentscheidender Metalle und Finanzen für das Hitler-Regime, ausführlich nachzulesen in Rügemers Buch "Colonia Corrupta".
1941 war Otto Wolff (links) schon mal beim "Brückenbau nach Osten" tätig - als Leutnant im Artillerie-Regiment 83 der Deutschen Wehrmacht beim Feldzug gegen die Sowjetunion. Dafür bekam er das Eiserne Kreuz 1. Klasse, das er allerdings für diesen Buchtitel von 1992 mit Weizsäcker und Gorbatschow lieber im Tresor ließ.
Foto: Droemer Knaur
Zum Tod Amerongens erschienen lange Würdigungen. In der Süddeutschen Zeitung vom 10./11.3.2007, Seite 26, machte Nikolaus Piper unter dem Titel „Ein Pionier der deutschen Ostpolitik“ unklare Andeutungen über "Vorwürfe" hinsichtlich der NS-Zeit. Werner Rügemer schrieb dazu den hier folgenden Leserbrief, den die SZ kommentarlos nie abdruckte. – Die Redaktion.
Nicht „vorgeworfen“, sondern nachgewiesen
Nikolaus Piper schreibt, man habe Otto Wolff von Amerongen in den letzen Jahren „vorgeworfen, damals im Auftrag der Nazis das Vermögen von deportierten Juden verkauft zu haben“. Das ist in mehrfacher Hinsicht unrichtig. Es wurde ihm nichts „vorgeworfen“, sondern in der TV-Dokumentation „Hehler für Hitler – die geheimen Aufträge der Firma Otto Wolff“ (WDR, die story, 2001) wurde nachgewiesen, dass die Fa. Otto Wolff während des 2. Weltkrieges von den Devisenschutzkommandos Paris und Brüssel Raubaktien aus den westlichen Besatzungsländern erhielt und diese vor allem an Schweizer Banken verkaufte und den Erlös unter Abzug einer Provision an die Reichsbank überwies.
Werner Rügemer – seine Dokumentation wurde vom WDR gesendet, sein Leserbrief fiel bei der Süddeutschen Zeitung in den Papierkorb
Foto: NRhZ-Archiv
Die Aktien stammten nicht nur von Juden, sondern auch Nichtjuden, die gegen die NS-Devisengesetze verstießen. Damit verschaffte die Fa. Otto Wolff dem Deutschen Reich Devisen für den Kauf kriegsnotwendiger Rohstoffe auf dem Weltmarkt, etwa für das Edelmetall Wolfram, das für die Härtung von Kanonenrohren, Kugellagern u.ä. unverzichtbar war.
Koordinierte für die Nazis Bezahlen mit Raubgold
Von Amerongen, seit 1940 Haupterbe, war als Repräsentant seiner Firma und von Rüstungsfirmen wie Rheinmetall und Krupp in Portugal, dem einzigen Staat, der Deutschland Wolfram lieferte. Von Amerongen, der auch Mitglied des Geheimdienstes der Wehrmacht war, koordinierte nicht nur den Wolframexport, sondern auch die Bezahlung mit Devisen, auch mit Raubgold. Dazu traf er sich in Lissabon regelmäßig mit Ministern der Salazar-Regierung.
Er hat trotz viermaliger Einladung ein Interview für die Dokumentation abgelehnt, hat sie aber durch eine Intervention beim WDR-Intendanten zu verhindern versucht. Sie wurde bis 2006 ein gutes Dutzend mal ausgestrahlt, in der ARD, in BR, HR, WDR, in Phoenix, auch in der Schweiz und Österreich. Von Amerongen hat keinen Versuch unternommen, eine Gegendarstellung, eine einstweilige Verfügung o.ä. zu erwirken. Eine Entschuldigung, die von Erben der Beraubten vorgeschlagen wurde, hat er abgelehnt.
Dr. Werner Rügemer, Köln
Online-Flyer Nr. 93 vom 02.05.2007
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