SUCHE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Druckversion
Lokales
Düsseldorfer Abschiebeverfahren beruhte auf haltlosen Unterstellungen.
Roma-Familie Idic darf bleiben
Von Georg Lehner
Wie die NRhZ in ihren Ausgaben 62 und 63 berichtete, sind alle Kinder der Familie in Deutschland aufgewachsen und besuchen mit Erfolg die Schule. Die Mutter kann eine Arbeitsplatzzusage vorweisen, Semra eine Ausbildungsstelle. Außerdem hat die Familie eine Wohnung gefunden.
Breite Solidarität
Große Freude auch beim Unterstützerkreis. Über 3.000 Menschen, darunter die Spitzen der Kirchengemeinden von Düsseldorf, hatten in Appellen an Politiker des Landes und der Kommune ein Bleiberecht für Familie Idic gefordert. „Das glückliche Ende des Dramas zeigt, dass Solidarität und Engagement sich auszahlen“, so Franziskanerbruder Matthäus Werner vom Straßenmagazin „fiftyfifty“, bei dem Semra ehrenamtlich Artikel schreibt.
Familie Idic – ohne den abgeschobenen Vater - demonstriert vor dem Düsseldorfer Innenministerium
Foto: Galerie fiftyfifty
Solidarität war auch notwendig. Nach einem verlorenen Verfahren vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht und der vergeblichen Intervention von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers stand die Familie unmittelbar vor der Abschiebung nach Bujanovac, einem Elendsdorf im „Tal des Zorns“ an der Grenze zu Albanien, wohin der Vater bereits im November 2005 unter Missachtung humanitärer Grundsätze gebracht worden war. Als er wieder einmal bei der Ausländerbehörde vorsprechen musste, wurde er vor den Augen seiner Liebsten kurzerhand festgenommen, in Abschiebehaft gesteckt und ins nächste Flugzeug nach Belgrad verfrachtet – die Familie war getrennt. „Mit meinem Vater ist auch ein Stück von mir selbst verloren gegangen“, hatte Semra in einem bewegenden Beitrag geschrieben.
Falsche Schuldvorwürfe
Verzweifelt wandte sich die Familie nun an die Härtefallkommission des Landes NRW. Doch die konnte sich nicht zu einem komplett positiven Votum durchringen. Zu schwerwiegend schienen die von der Stadt Düsseldorf vorgetragenen Schuldvorwürfe. Die Familie sei kriminell und habe Sozialhilfebetrug zu verantworten, hieß es. Die Wende im Fall ist erst eingetreten, als spät, aber nicht zu spät, das Gegenteil bewiesen werden konnte. Semra hatte zusammen mit einem Unterstützer die Altakte bei dem Vorgängeranwalt besorgt. Dieser wollte zwar nicht kooperieren, doch die freundlich-resolute junge Frau verkündete, sie verließe die Kanzlei nicht ohne den entsprechenden Leitz-Ordner.
Semra Idic – konnte nachweisen, dass man ihrer Familie zu Unrecht kriminelle Handlungen unterstellt hatte
Foto: Hubert Ostendorf
Nach intensiver Lektüre der Schriftsätze kam dann die Überraschung: Eine Anklage wegen Sozialhilfe-Betrugs oder gar eine Verurteilung hatte es nie gegeben, lediglich die Aufforderung zur Rückerstattung einer Überzahlung. Kriminelle Handlungen konnten ebenfalls nicht angeführt werden. Ein aktuell beantragtes polizeiliches Führungszeugnis für die Mutter war „ohne Eintrag“. Semra klapperte nun alle Parteien im Rathaus ab und präsentierte die neue Erkenntnis. Die Gesprächspartner dort konnten es nicht glauben, ebenso wenig die Mitglieder der Härtefallkommission, die versprachen, bei einer wiederholten Ablehnung des Bleiberechtsantrags erneut über den Fall Idic zu beraten.
„Der ganze Abschiebungsprozess basiert auf Vorwürfen, die sich als falsch erwiesen haben“, empört sich Bruder Matthäus. „Man hat versucht, mit nicht zutreffenden Darstellungen fünf Menschen ins Elend zu stürzen.“ Wie in der Lokalpresse berichtet, hatte Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin, im Erstberuf Jurist, sogar auf einer öffentlichen Feier vor Zeugen behauptet, Familie Idic sei „kriminell“. Dieser Vorwurf ist moralisch verwerflich und rechtlich haltlos, meint auch der Anwalt der Familie, Jens Dieckmann. Seinen akribischen Eingaben ist es zu verdanken, dass selbst das Oberverwaltungsgericht in Münster, das in der Regel die meisten Eilanträge ablehnt, in diesem Fall einen Vergleich vorgeschlagen hat, der nun mit dem Bleiberecht umgesetzt wurde.
Düsseldorfer OB Joachim Erwin - falsche Schuldvorwürfe
Foto: NRhZ-Archiv
Und was meint die Familie? „Natürlich atmen wir auf“, sagt Mutter Resmi. „Aber unser guter Ruf muss wieder hergestellt werden“, findet Merima und der kleine Edijan ergänzt: „Wir sind doch eine nette Familie.“
Lesen Sie hierzu den Artikel über die Ingelheimer Demonstration gegen Abschiebeknäste in dieser NRhZ.
Online-Flyer Nr. 99 vom 13.06.2007
Druckversion
Lokales
Düsseldorfer Abschiebeverfahren beruhte auf haltlosen Unterstellungen.
Roma-Familie Idic darf bleiben
Von Georg Lehner
Wie die NRhZ in ihren Ausgaben 62 und 63 berichtete, sind alle Kinder der Familie in Deutschland aufgewachsen und besuchen mit Erfolg die Schule. Die Mutter kann eine Arbeitsplatzzusage vorweisen, Semra eine Ausbildungsstelle. Außerdem hat die Familie eine Wohnung gefunden.
Breite Solidarität
Große Freude auch beim Unterstützerkreis. Über 3.000 Menschen, darunter die Spitzen der Kirchengemeinden von Düsseldorf, hatten in Appellen an Politiker des Landes und der Kommune ein Bleiberecht für Familie Idic gefordert. „Das glückliche Ende des Dramas zeigt, dass Solidarität und Engagement sich auszahlen“, so Franziskanerbruder Matthäus Werner vom Straßenmagazin „fiftyfifty“, bei dem Semra ehrenamtlich Artikel schreibt.
Familie Idic – ohne den abgeschobenen Vater - demonstriert vor dem Düsseldorfer Innenministerium
Foto: Galerie fiftyfifty
Solidarität war auch notwendig. Nach einem verlorenen Verfahren vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht und der vergeblichen Intervention von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers stand die Familie unmittelbar vor der Abschiebung nach Bujanovac, einem Elendsdorf im „Tal des Zorns“ an der Grenze zu Albanien, wohin der Vater bereits im November 2005 unter Missachtung humanitärer Grundsätze gebracht worden war. Als er wieder einmal bei der Ausländerbehörde vorsprechen musste, wurde er vor den Augen seiner Liebsten kurzerhand festgenommen, in Abschiebehaft gesteckt und ins nächste Flugzeug nach Belgrad verfrachtet – die Familie war getrennt. „Mit meinem Vater ist auch ein Stück von mir selbst verloren gegangen“, hatte Semra in einem bewegenden Beitrag geschrieben.
Falsche Schuldvorwürfe
Verzweifelt wandte sich die Familie nun an die Härtefallkommission des Landes NRW. Doch die konnte sich nicht zu einem komplett positiven Votum durchringen. Zu schwerwiegend schienen die von der Stadt Düsseldorf vorgetragenen Schuldvorwürfe. Die Familie sei kriminell und habe Sozialhilfebetrug zu verantworten, hieß es. Die Wende im Fall ist erst eingetreten, als spät, aber nicht zu spät, das Gegenteil bewiesen werden konnte. Semra hatte zusammen mit einem Unterstützer die Altakte bei dem Vorgängeranwalt besorgt. Dieser wollte zwar nicht kooperieren, doch die freundlich-resolute junge Frau verkündete, sie verließe die Kanzlei nicht ohne den entsprechenden Leitz-Ordner.
Semra Idic – konnte nachweisen, dass man ihrer Familie zu Unrecht kriminelle Handlungen unterstellt hatte
Foto: Hubert Ostendorf
Nach intensiver Lektüre der Schriftsätze kam dann die Überraschung: Eine Anklage wegen Sozialhilfe-Betrugs oder gar eine Verurteilung hatte es nie gegeben, lediglich die Aufforderung zur Rückerstattung einer Überzahlung. Kriminelle Handlungen konnten ebenfalls nicht angeführt werden. Ein aktuell beantragtes polizeiliches Führungszeugnis für die Mutter war „ohne Eintrag“. Semra klapperte nun alle Parteien im Rathaus ab und präsentierte die neue Erkenntnis. Die Gesprächspartner dort konnten es nicht glauben, ebenso wenig die Mitglieder der Härtefallkommission, die versprachen, bei einer wiederholten Ablehnung des Bleiberechtsantrags erneut über den Fall Idic zu beraten.
„Der ganze Abschiebungsprozess basiert auf Vorwürfen, die sich als falsch erwiesen haben“, empört sich Bruder Matthäus. „Man hat versucht, mit nicht zutreffenden Darstellungen fünf Menschen ins Elend zu stürzen.“ Wie in der Lokalpresse berichtet, hatte Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin, im Erstberuf Jurist, sogar auf einer öffentlichen Feier vor Zeugen behauptet, Familie Idic sei „kriminell“. Dieser Vorwurf ist moralisch verwerflich und rechtlich haltlos, meint auch der Anwalt der Familie, Jens Dieckmann. Seinen akribischen Eingaben ist es zu verdanken, dass selbst das Oberverwaltungsgericht in Münster, das in der Regel die meisten Eilanträge ablehnt, in diesem Fall einen Vergleich vorgeschlagen hat, der nun mit dem Bleiberecht umgesetzt wurde.
Düsseldorfer OB Joachim Erwin - falsche Schuldvorwürfe
Foto: NRhZ-Archiv
Und was meint die Familie? „Natürlich atmen wir auf“, sagt Mutter Resmi. „Aber unser guter Ruf muss wieder hergestellt werden“, findet Merima und der kleine Edijan ergänzt: „Wir sind doch eine nette Familie.“
Lesen Sie hierzu den Artikel über die Ingelheimer Demonstration gegen Abschiebeknäste in dieser NRhZ.
Online-Flyer Nr. 99 vom 13.06.2007
Druckversion
NEWS
KÖLNER KLAGEMAUER
FILMCLIP
FOTOGALERIE