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Rechte demonstrieren in Köln – ein breites Bürgerbündnis auch: dagegen!
Biedermänner und Brandstifter
Von Carl H. Ewald und Hans-Dieter Hey
„Es gibt kein Grundrecht auf den Bau einer Großmoschee“, hatte Ralph Giordano, jüdischer Schriftsteller aus Köln im „Fernsehen“ des Kölner Stadt-Anzeiger verkündet (siehe NRhZ 97). Zum Dank trugen Rechtsextreme seine Worte auf einem großen Transparent bei einem Demonstrationszug durch Ehrenfeld – eins der lebendigsten Stadtviertel Kölns. Dort möchte die moderat-islamische DITIB-Gemeinde schlichtweg ihre längst vorhandene Moschee ausbauen, wogegen die rechtsextreme Gruppe „pro Köln“ seit Monaten polemisiert.
„Ralph Giordano“ wird von Rouhs und Anderegg durchs Veedel getragen
Foto: „pro Köln”
Für Samstag, den 16. Juni, hatte die selbsternannte Bürgerbewegung „pro Köln“ zu einer Demonstration aufgerufen. Weitere Gruppen und Prominente der rechten Szene wie der Vorsitzende der FPÖ, ein Abgeordneter des rechtsextremen „Vlaams Belang“ aus Belgien, Mitglieder der Republikaner, der „Autonomen Rechten“ und der NPD waren ihrem Ruf gefolgt. Die Polizei konnte sich dazu überwinden, rund 190 Neonazis aus dem Ruhrgebiet wieder nach Hause schicken, nachdem sie grölend, randalierend und „Hitler grüßend“ durch die Kölner Innenstadt gezogen waren. 18 Rechtsradikale wurden vorübergehend festgenommen.
Die selbsternannte „Bürgerbewegung pro Köln" – vom Verfassungsschutz beobachtet und vom Oberlandesgericht als rechtsextremistisch eingestuft – wandte sich noch am Vortag der Demonstration an die Öffentlichkeit, um mit zurückhaltenden Worten auf die angeblich friedlichen Absichten ihres Schweigemarsches hinzuweisen. Genauso versuchte sie sich tunlichst von den Mobilisierungen der NPD zu distanzieren. Doch wer die Brandstifter des braunen Ungeistes waren, der an dem Wochenende in Köln herrschte, ist allzu offensichtlich.
Brandstifter im Biedermannoutfit: Rouhs und Beisicht – führende Köpfe von „pro Köln“ | Foto: H-D Hey, Arbeiterfotografie
Dass die Unterschiede zwischen Rechtsradikalen und Rechtsextremen, von militanten Neonazis zu sogenannten „Patrioten“, Erzkonservativen und Islamophobikern fließend sind, zeigte die illustre Runde, die sich zu der rund 150 (überwiegend) Mann „starken“ Kundgebung am Ehrenfelder Bürgerzentrum eingefunden hatte: Manfred Rouhs, selbst Begründer von „pro Köln“, hatte seine Politkarriere in der Jungen Union gestartet, und war seitdem durch fast alle verfügbaren Gruppierungen des rechten Rands gesumpft: von der NPD, über die Republikaner, die „Deutsche Liga für Volk und Heimat“, bis er dann dieselbe bei „pro Köln“ fand.
Noch vor nicht allzu langer Zeit vertrieb er über sein Portal „Nation24“ CDs mit Chören von „Hitlerjungen und BDM-Mädel“, von denen er sich wohl mittlerweile wegen des Schulterschlusses mit pro-israelischen aber islamfeindlichen Organisationen distanziert. Nach wie vor aber bietet er dort Lieder wie „Klar zum Gefecht“ vom „Musikkorps Leibstandarte Adolf Hitler“ zum Kauf an sowie „Hitlerjugend“, ein Buch von Axel Axmann, des letzten „Reichsjugendführers“, der unter anderem der Verteufelung (der Naziorganisation) entgegenwirke, wie es auf der Webseite des „pro Köln“ Vizes heißt.
Schulterschluss von Rechtsradikalen und „Neokons“
Ähnliche Verquickungen wiesen auch die anderen Gestalten auf der Bühne der rot-weiß lackierten Braunen auf: FPÖ-Chef Hans Christian Strache, Hauptredner auf der Veranstaltung am Bürgerzentrum Ehrenfeld, wurde durch die Salzburger Nachrichten „eine Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut" bescheinigt. Er selbst schließt nicht aus, dass von ihm noch Fotos mit dem Hitlergruß existieren. Bart „Robocop“ Debie, vorbestrafter Abgeordneter der rechtsextremen Partei „Vlaams Belang" in Belgien, wurde wegen gefälschter Vernehmungsprotokolle und „übertriebener polizeilicher Gewalt“ vor allem gegenüber Migranten vom Polizeidienst suspendiert.
Die volksnah daherkommende Sprecherin der „Anwohnerinitiative“ gegen den Moscheeausbau Marylin Anderegg kandidierte vor kurzem noch für die „Republikaner“. Mittlerweile ist sie zum Star bei „Politically Incorrect“ avanciert, einem neokonservativen Internetportal, das die Weltpolitik auf die äußerst differenzierte Formel bringt: „USA und Israel = gut“, und jeder, der gegen ihre Politik Kritik anmeldet, ist eine Achsenmacht des Bösen. Sicher ist der Schmusekurs mit den Rechtsradikalen kein Versehen, sondern verrät die geistige Verwandtschaft beider Strömungen.
„Neonazis ’rus us Kölle!“
In diesem Fall allerdings bestand „Die Achse Bösen“ aus einem breiten bunten Bündnis von Gewerkschaften, Kirchen, islamischen Gemeinden, verschiedensten bürgerlichen und linken Parteien und zahlreichen Initiativen und Organisationen, die 1300 Bürger gegen den Aufmarsch der Rechten in Ehrenfeld aufgerufen hatten. Polizeipräsident Steffenhagen konnte dagegen „nur“ 1000 seiner (und ausgeliehener) Beamter aufbieten. Bei der vom DGB organisierten Kundgebung auf dem Neptunplatz sagte Peter Trinogga von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes über die Doppelzüngigkeit der Rechten: „Sie sagen: kein Neubau der Moschee und meinen Ausländer raus! – sie sagen: christliches Abendland und meinen Deutschland den Deutschen!“
Mikro-Kosmos Ehrenfeld: Tanzgruppe Şilifke
Foto: Carl H. Ewald
Auf der Venloer Straße vereinigte sich ein zweiter Zug Antifaschisten, bevor es zur Kundgebung am Mahnmal der hingerichteten Edelweißpiraten am Ehrenfelder Bahnhof ging, wo auch Jean Jülich, einer der letzten Überlebenden der Widerstandsgruppe sprach. Dass Volksgut in Köln mit Weltoffenheit und Toleranz zu tun hat, bewiesen Rolly Brings und Family in einer kölschen Neuvertonung von „Glory, glory hallelujah“:
„Wir haben das Kölner Hänneschen, die Bläck Föös und den Böll.
Die zwölf Jahre mit dem Schnäuzer – nein – die brachten uns die Hölle.
Wir haben Edelweißpiraten und den Willi Ostermann –
Und an die kommt keiner ran.
Neonazis rus us Kölle!“
Die Nazis von heute tragen keine Schnäuzer mehr, doch auch ohne Hitlerbärtchen dürften sie gut zu erkennen sein – wie der deutliche Widerstand vieler Kölner, denen das Schicksal ihrer Stadt ernsthaft am Herzen liegt:
Lesen Sie auch die Erklärung verschiedener Demonstrationsteilnehmer zur Verhaftung von Claus Ludwig und zur falschen Darstellung durch die Neven DuMont-Presse im Anschluss an die Galerie:
Foto: H-D Hey, Arbeiterfotografie
Foto: Peter Ruthardt
Die T-Shirts sprechen für sich und für uns
Foto: H-D Hey, Arbeiterfotografie
Ein Zeichen für Toleranz – bestickt von einer 85jährigen Kölnerin
Foto: Carl H. Ewald
Migranten: zwischen Tradition und Moderne
Foto: Carl H. Ewald
Die deutschen Kollegen von „Robocop“ bei der „Arbeit“
Foto: H-D Hey, Arbeiterfotografie
Demonstranten am Bahnhof Ehrenfeld
Foto: Carl H. Ewald
Entscheiden, wie die Zukunft aussieht
Foto: H-D Hey, Arbeiterfotografie
Mehr in: „Nach Brühl verfrachtet“ in dieser Ausgabe
Online-Flyer Nr. 100 vom 20.06.2007
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Rechte demonstrieren in Köln – ein breites Bürgerbündnis auch: dagegen!
Biedermänner und Brandstifter
Von Carl H. Ewald und Hans-Dieter Hey
„Es gibt kein Grundrecht auf den Bau einer Großmoschee“, hatte Ralph Giordano, jüdischer Schriftsteller aus Köln im „Fernsehen“ des Kölner Stadt-Anzeiger verkündet (siehe NRhZ 97). Zum Dank trugen Rechtsextreme seine Worte auf einem großen Transparent bei einem Demonstrationszug durch Ehrenfeld – eins der lebendigsten Stadtviertel Kölns. Dort möchte die moderat-islamische DITIB-Gemeinde schlichtweg ihre längst vorhandene Moschee ausbauen, wogegen die rechtsextreme Gruppe „pro Köln“ seit Monaten polemisiert.
„Ralph Giordano“ wird von Rouhs und Anderegg durchs Veedel getragen
Foto: „pro Köln”
Für Samstag, den 16. Juni, hatte die selbsternannte Bürgerbewegung „pro Köln“ zu einer Demonstration aufgerufen. Weitere Gruppen und Prominente der rechten Szene wie der Vorsitzende der FPÖ, ein Abgeordneter des rechtsextremen „Vlaams Belang“ aus Belgien, Mitglieder der Republikaner, der „Autonomen Rechten“ und der NPD waren ihrem Ruf gefolgt. Die Polizei konnte sich dazu überwinden, rund 190 Neonazis aus dem Ruhrgebiet wieder nach Hause schicken, nachdem sie grölend, randalierend und „Hitler grüßend“ durch die Kölner Innenstadt gezogen waren. 18 Rechtsradikale wurden vorübergehend festgenommen.
Die selbsternannte „Bürgerbewegung pro Köln" – vom Verfassungsschutz beobachtet und vom Oberlandesgericht als rechtsextremistisch eingestuft – wandte sich noch am Vortag der Demonstration an die Öffentlichkeit, um mit zurückhaltenden Worten auf die angeblich friedlichen Absichten ihres Schweigemarsches hinzuweisen. Genauso versuchte sie sich tunlichst von den Mobilisierungen der NPD zu distanzieren. Doch wer die Brandstifter des braunen Ungeistes waren, der an dem Wochenende in Köln herrschte, ist allzu offensichtlich.
Brandstifter im Biedermannoutfit: Rouhs und Beisicht – führende Köpfe von „pro Köln“ | Foto: H-D Hey, Arbeiterfotografie
Dass die Unterschiede zwischen Rechtsradikalen und Rechtsextremen, von militanten Neonazis zu sogenannten „Patrioten“, Erzkonservativen und Islamophobikern fließend sind, zeigte die illustre Runde, die sich zu der rund 150 (überwiegend) Mann „starken“ Kundgebung am Ehrenfelder Bürgerzentrum eingefunden hatte: Manfred Rouhs, selbst Begründer von „pro Köln“, hatte seine Politkarriere in der Jungen Union gestartet, und war seitdem durch fast alle verfügbaren Gruppierungen des rechten Rands gesumpft: von der NPD, über die Republikaner, die „Deutsche Liga für Volk und Heimat“, bis er dann dieselbe bei „pro Köln“ fand.
Noch vor nicht allzu langer Zeit vertrieb er über sein Portal „Nation24“ CDs mit Chören von „Hitlerjungen und BDM-Mädel“, von denen er sich wohl mittlerweile wegen des Schulterschlusses mit pro-israelischen aber islamfeindlichen Organisationen distanziert. Nach wie vor aber bietet er dort Lieder wie „Klar zum Gefecht“ vom „Musikkorps Leibstandarte Adolf Hitler“ zum Kauf an sowie „Hitlerjugend“, ein Buch von Axel Axmann, des letzten „Reichsjugendführers“, der unter anderem der Verteufelung (der Naziorganisation) entgegenwirke, wie es auf der Webseite des „pro Köln“ Vizes heißt.
Schulterschluss von Rechtsradikalen und „Neokons“
Ähnliche Verquickungen wiesen auch die anderen Gestalten auf der Bühne der rot-weiß lackierten Braunen auf: FPÖ-Chef Hans Christian Strache, Hauptredner auf der Veranstaltung am Bürgerzentrum Ehrenfeld, wurde durch die Salzburger Nachrichten „eine Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut" bescheinigt. Er selbst schließt nicht aus, dass von ihm noch Fotos mit dem Hitlergruß existieren. Bart „Robocop“ Debie, vorbestrafter Abgeordneter der rechtsextremen Partei „Vlaams Belang" in Belgien, wurde wegen gefälschter Vernehmungsprotokolle und „übertriebener polizeilicher Gewalt“ vor allem gegenüber Migranten vom Polizeidienst suspendiert.
Die volksnah daherkommende Sprecherin der „Anwohnerinitiative“ gegen den Moscheeausbau Marylin Anderegg kandidierte vor kurzem noch für die „Republikaner“. Mittlerweile ist sie zum Star bei „Politically Incorrect“ avanciert, einem neokonservativen Internetportal, das die Weltpolitik auf die äußerst differenzierte Formel bringt: „USA und Israel = gut“, und jeder, der gegen ihre Politik Kritik anmeldet, ist eine Achsenmacht des Bösen. Sicher ist der Schmusekurs mit den Rechtsradikalen kein Versehen, sondern verrät die geistige Verwandtschaft beider Strömungen.
„Neonazis ’rus us Kölle!“
In diesem Fall allerdings bestand „Die Achse Bösen“ aus einem breiten bunten Bündnis von Gewerkschaften, Kirchen, islamischen Gemeinden, verschiedensten bürgerlichen und linken Parteien und zahlreichen Initiativen und Organisationen, die 1300 Bürger gegen den Aufmarsch der Rechten in Ehrenfeld aufgerufen hatten. Polizeipräsident Steffenhagen konnte dagegen „nur“ 1000 seiner (und ausgeliehener) Beamter aufbieten. Bei der vom DGB organisierten Kundgebung auf dem Neptunplatz sagte Peter Trinogga von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes über die Doppelzüngigkeit der Rechten: „Sie sagen: kein Neubau der Moschee und meinen Ausländer raus! – sie sagen: christliches Abendland und meinen Deutschland den Deutschen!“
Mikro-Kosmos Ehrenfeld: Tanzgruppe Şilifke
Foto: Carl H. Ewald
Auf der Venloer Straße vereinigte sich ein zweiter Zug Antifaschisten, bevor es zur Kundgebung am Mahnmal der hingerichteten Edelweißpiraten am Ehrenfelder Bahnhof ging, wo auch Jean Jülich, einer der letzten Überlebenden der Widerstandsgruppe sprach. Dass Volksgut in Köln mit Weltoffenheit und Toleranz zu tun hat, bewiesen Rolly Brings und Family in einer kölschen Neuvertonung von „Glory, glory hallelujah“:
„Wir haben das Kölner Hänneschen, die Bläck Föös und den Böll.
Die zwölf Jahre mit dem Schnäuzer – nein – die brachten uns die Hölle.
Wir haben Edelweißpiraten und den Willi Ostermann –
Und an die kommt keiner ran.
Neonazis rus us Kölle!“
Die Nazis von heute tragen keine Schnäuzer mehr, doch auch ohne Hitlerbärtchen dürften sie gut zu erkennen sein – wie der deutliche Widerstand vieler Kölner, denen das Schicksal ihrer Stadt ernsthaft am Herzen liegt:
Lesen Sie auch die Erklärung verschiedener Demonstrationsteilnehmer zur Verhaftung von Claus Ludwig und zur falschen Darstellung durch die Neven DuMont-Presse im Anschluss an die Galerie:
Foto: H-D Hey, Arbeiterfotografie
Foto: Peter Ruthardt
Die T-Shirts sprechen für sich und für uns
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Ein Zeichen für Toleranz – bestickt von einer 85jährigen Kölnerin
Foto: Carl H. Ewald
Migranten: zwischen Tradition und Moderne
Foto: Carl H. Ewald
Die deutschen Kollegen von „Robocop“ bei der „Arbeit“
Foto: H-D Hey, Arbeiterfotografie
Demonstranten am Bahnhof Ehrenfeld
Foto: Carl H. Ewald
Entscheiden, wie die Zukunft aussieht
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Online-Flyer Nr. 100 vom 20.06.2007
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