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Globales
Geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Auswanderung
Frauen und Männer im anderen Land
Von Tanja Krienen
Doch die „Mode“ entstammt meist nicht der Freiwilligkeit. Sie resultiert aus objektiven oder subjektiv empfundenen mangelnden Karrierechancen in Deutschland, Perspektivlosigkeit, Reglementierungsüberdruss und hier und da auch aus Abenteuerlust.
Mann: ausgewandert
Foto: Kassandra/pixelio.de
„Allein schafft man es nicht“
Mehrere – neudeutsch – „Doku-Serien“ zeigen dem Fernsehzuschauer aktuell auswanderungswillige Deutsche, begleiten die Kandidaten in den Wochen vor ihrer Ausreise und in den ersten Monaten im neuen Land ihrer Wahl. Fast immer fallen Sätze wie: „Allein schafft man es nicht. Da müssen alle Mitglieder der Familie mitziehen.“ Aber ist das nicht bereits eine Grundlage, die weit über das Normale hinausgeht? Impliziert nicht eine derartige Bemerkung reale Ängste, das Wissen um ein mögliches Vabanquespiel, sowie ein bewusst in Kauf genommenes Risiko mit „Open end“?
Immer sind es Männer, die solche - sachlich durchaus richtigen - Vorgaben äußern. Man muss keine Feministin sein, um zu bemerken, dass sich die geschlechterspezifische Wahrnehmung der neuen Situation einer Auswanderung sehr unterschiedlich darstellt - und auch objektiv ist. Wieso das?
Der Mann zieht hinaus ins feindliche Leben …
Nun, der Mann, so ist bei genauer Beobachtung immer festzustellen, beginnt sofort mit dem „Jagen und Sammeln“, während die Frauen noch beim „Auspacken, Einordnen und Repräsentieren“ sind. Diese Übereinstimmungen und Parallelen im Verhalten der Neuankömmlinge verblüffen. Konkret meint dies, dass Männer sehr schnell mit der neuen Umgebung vertraut werden und aktiv nach außen wirken, zumal sie es ja meist auch sind, die für den Broterwerb sorgen. Aber nicht nur deshalb. Sie finden sich in der Regel schneller im Alltag zurecht, orientieren sich örtlich rascher, sind mobiler, passen sich problemloser an.
Frauen reagieren sensibler, nachdenklicher, ängstlicher. An jedem ausgepackten Stück klebt eine Erinnerung wie ein schöner Ton aus der alten Welt, von dem man zunächst nicht weiß, ob er hier schwingen wird. Die Schritte nach vorn sind kleiner, die Blicke skeptischer, komplizierter. Für sie spielt das „drinnen“ eine wichtigere Rolle als das „draußen“. Bei „ihm“ ist das umgekehrt. Dieser Fakt zieht sich durch sämtliche weibliche Sichtweisen, die oft, und stärker als bei Männern, Gefühlsweisen zu sein scheinen.
Foto: Stephanie Hofschläger/pixelio.de
Frauen kehren eher zurück
Spricht man die aktuellen Erfahrungen während der Auswanderung an, bejahen Männer das neue Leben meist kurz und knapp. Frauen schweigen. Zunächst. Verzögert beginnen sie zu reden, relativieren hier, beschreiben Missstände da. Nun schweigen die Männer - oder übergehen Einsprüche mit „Jaja, aber…“
Männer, die ihre Auswanderung bereuen oder zurückgehen, weil sie dies aus eigenem Antrieb wollen, sind äußerst selten. Hauptsächlich allein stehende Frauen – oft auch nach dem Tod des Gatten – drehen um, gehen dorthin zurück, woher sie kamen. Viele Ausharrende äußern die Vorstellung, es ihnen irgendwann gleichzutun.
Probezeit?
Zu raten wäre, vorher bedingungslos zu prüfen, inwieweit die Zustände im ausgewählten Land rechtlich akzeptabel und menschlich lebbar sind. Nicht noch einmal möchte ich es z.B. erleben, während eines Gespräches in der Autowerkstatt, obwohl erheblich mehr spanisch sprechend als mein Mann, nicht beachtet zu werden, weil man mit Frauen nun einmal nicht über ein defektes Auto spricht. Ein Kompromiss wäre– analog zur garstigen Wortschöpfung „Lebensabschnittspartner“ – ein zeitlich begrenzter Aufenthalt, ein nicht endgültiger, sondern revidierbarer Schritt.
Nicht wenige Menschen haben ein paar Jahre gebraucht, um zu bemerken, dass sie ein Land verließen, in dem doch ganz passable Standards herrschen – auch auf dem Gebiet der weiblichen Selbstverwirklichung. (YH)
Online-Flyer Nr. 101 vom 27.06.2007
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Globales
Geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Auswanderung
Frauen und Männer im anderen Land
Von Tanja Krienen
Doch die „Mode“ entstammt meist nicht der Freiwilligkeit. Sie resultiert aus objektiven oder subjektiv empfundenen mangelnden Karrierechancen in Deutschland, Perspektivlosigkeit, Reglementierungsüberdruss und hier und da auch aus Abenteuerlust.
Mann: ausgewandert
Foto: Kassandra/pixelio.de
„Allein schafft man es nicht“
Mehrere – neudeutsch – „Doku-Serien“ zeigen dem Fernsehzuschauer aktuell auswanderungswillige Deutsche, begleiten die Kandidaten in den Wochen vor ihrer Ausreise und in den ersten Monaten im neuen Land ihrer Wahl. Fast immer fallen Sätze wie: „Allein schafft man es nicht. Da müssen alle Mitglieder der Familie mitziehen.“ Aber ist das nicht bereits eine Grundlage, die weit über das Normale hinausgeht? Impliziert nicht eine derartige Bemerkung reale Ängste, das Wissen um ein mögliches Vabanquespiel, sowie ein bewusst in Kauf genommenes Risiko mit „Open end“?
Immer sind es Männer, die solche - sachlich durchaus richtigen - Vorgaben äußern. Man muss keine Feministin sein, um zu bemerken, dass sich die geschlechterspezifische Wahrnehmung der neuen Situation einer Auswanderung sehr unterschiedlich darstellt - und auch objektiv ist. Wieso das?
Der Mann zieht hinaus ins feindliche Leben …
Nun, der Mann, so ist bei genauer Beobachtung immer festzustellen, beginnt sofort mit dem „Jagen und Sammeln“, während die Frauen noch beim „Auspacken, Einordnen und Repräsentieren“ sind. Diese Übereinstimmungen und Parallelen im Verhalten der Neuankömmlinge verblüffen. Konkret meint dies, dass Männer sehr schnell mit der neuen Umgebung vertraut werden und aktiv nach außen wirken, zumal sie es ja meist auch sind, die für den Broterwerb sorgen. Aber nicht nur deshalb. Sie finden sich in der Regel schneller im Alltag zurecht, orientieren sich örtlich rascher, sind mobiler, passen sich problemloser an.
Frauen reagieren sensibler, nachdenklicher, ängstlicher. An jedem ausgepackten Stück klebt eine Erinnerung wie ein schöner Ton aus der alten Welt, von dem man zunächst nicht weiß, ob er hier schwingen wird. Die Schritte nach vorn sind kleiner, die Blicke skeptischer, komplizierter. Für sie spielt das „drinnen“ eine wichtigere Rolle als das „draußen“. Bei „ihm“ ist das umgekehrt. Dieser Fakt zieht sich durch sämtliche weibliche Sichtweisen, die oft, und stärker als bei Männern, Gefühlsweisen zu sein scheinen.
Foto: Stephanie Hofschläger/pixelio.de
Frauen kehren eher zurück
Spricht man die aktuellen Erfahrungen während der Auswanderung an, bejahen Männer das neue Leben meist kurz und knapp. Frauen schweigen. Zunächst. Verzögert beginnen sie zu reden, relativieren hier, beschreiben Missstände da. Nun schweigen die Männer - oder übergehen Einsprüche mit „Jaja, aber…“
Männer, die ihre Auswanderung bereuen oder zurückgehen, weil sie dies aus eigenem Antrieb wollen, sind äußerst selten. Hauptsächlich allein stehende Frauen – oft auch nach dem Tod des Gatten – drehen um, gehen dorthin zurück, woher sie kamen. Viele Ausharrende äußern die Vorstellung, es ihnen irgendwann gleichzutun.
Probezeit?
Zu raten wäre, vorher bedingungslos zu prüfen, inwieweit die Zustände im ausgewählten Land rechtlich akzeptabel und menschlich lebbar sind. Nicht noch einmal möchte ich es z.B. erleben, während eines Gespräches in der Autowerkstatt, obwohl erheblich mehr spanisch sprechend als mein Mann, nicht beachtet zu werden, weil man mit Frauen nun einmal nicht über ein defektes Auto spricht. Ein Kompromiss wäre– analog zur garstigen Wortschöpfung „Lebensabschnittspartner“ – ein zeitlich begrenzter Aufenthalt, ein nicht endgültiger, sondern revidierbarer Schritt.
Nicht wenige Menschen haben ein paar Jahre gebraucht, um zu bemerken, dass sie ein Land verließen, in dem doch ganz passable Standards herrschen – auch auf dem Gebiet der weiblichen Selbstverwirklichung. (YH)
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