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Lokales
SPD und CDU: Godorfer Hafen auf Kosten des Naturschutzgebiets erweitern
„Ohne Opfer geht es nicht“
Von Peter Kleinert
Protest von Bürgerinitiativen und Umweltschützern
Als Opfer sehen sich die Bewohner des Kölner Südens, die seit Ende der 80er Jahre unter anderem in den Dorfgemeinschaften Sürth, Weiß, Immendorf, in der Bürgervereinigung Rodenkirchen, im Umweltforum Kölner Süden, der Bürgerinitiative Hochwasser, in NABU, und BUND gegen den Hafenausbau protestieren. Damals hatte die der Stadt Köln und den Stadtwerken gehörende Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK) die Erweiterung des Hafens zu einem modernen Container- und Logistikstandort gefordert.
Geplant sind in Godorf zurzeit zusätzliche Umschlagskapazitäten von 120.000 Containern, 100.000 Tonnen Stückgütern und 500.000 Tonnen Schüttgut. Das würde, so das Gutachten, den Lastwagenverkehr zugunsten von Schiffen und Eisenbahn reduzieren, aber auch „zu Beeinträchtigungen der Wohnqualität des Standortes, des Erholungswertes, zu Einschnitten am Naturschutz und Verkehrsbelastungen im unmittelbaren Hafenumfeld“ führen. Erstellt wurde das Gutachten von Professor Herbert Baum vom Institut für Verkehrswirtschaft der Kölner Uni. vom Kölner Büro für Faunistik, von KE-Consult und von der Europa Fachhochschule Fresenius für 90.000 Euro.
Professor Herbert Baum: Nutzen für die Allgemeinheit
Quelle: Bundesverband Internationaler Kurierdienste
Gutachten gibt „Wirtschaftlichkeit“ den Vorrang
Opfer der Erweiterung wird - neben den Anwohnern - auch das Naturschutzgebiet am Godorfer Hafen, denn so das Gutachten, es werde zum „Verlust von Biotopen“ und zu „negativen Auswirkungen auf besonders und streng geschützte Arten“ kommen. Doch dem gegenüber steht laut Professor Baum ein „Nutzen-Kosten-Verhältnis von 2,5“, wodurch „die gesamtwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit des Hafenausbaus…gesichert“ sei, weil jeder einzelne der für den Ausbau notwendigen 61,5 Millionen Euros am Ende „einen Nutzen von 2,50 € für die Allgemeinheit“ bringen werde. Eine ähnlich positive Studie hat der Kölner Verkehrsexperte 2004 hinsichtlich der "Produktivitäts- und Wachstumseffekte der Kurier-, Express- und Paketdienste für die arbeitsteilige Wirtschaft" für den Bundesverband Internationaler Express- und Kurierdienste vorgestellt.
Grüne und pro Sürth e.V.: „Ziemlich forsch“
„Ziemlich forsch“ nennen pro sürth e.V. und Grüne Baums Gutachten, weil dieser sich über die Zerstörung des Naturschutzgebietes „Sürther Aue“ mit dem Hinweis hinweg setze, dass es doch „grundsätzlich regenerierbar“ sei. Und das positive Kosten-Nutzen-Verhältnis komme „erst richtig durch fiktive öffentliche Zuschüsse (Bund, EU) zum Tragen“, die aber als selbstverständlich bereits eingerechnet wurden. Keine Aussage gebe es im Gutachten zur dauerhaften Wettbewerbsfähigkeit des ausgebauten Hafens, dem es im Gegensatz zu Konkurrenten an Fläche zur Etablierung weitergehender, flächenzehrender logistischer Wertschöpfungsketten fehle. Darüber hinaus werde die Tatsache, dass die Binnenschifffahrt gegenwärtig im Vergleich zur Schiene eine schlechtere Ökobilanz aufweise, einfach ignoriert.
Protest der Bürgerinitiative Hochwasser am Rand der Sürther Aue
Quelle: www.hochwasser.de
Die Grünen im Kölner Rat, der Bürgerverein pro sürth e.V. und der BUND NRW e.V. haben deshalb unabhängige, externe Wissenschaftler des Beratungsunternehmens Citizen Consult GmbH Wuppertal beauftragt, das Baum-Gutachten kurzfristig einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Mitte August sollen die Ergebnisse dieser Überprüfung vorliegen, damit die Fachausschüsse bis zur entscheidenden Ratssitzung am 30. August ihre Beratungen abgeschlossen haben können.
Schützenhilfe erhalten die Ausbau-Gegner von der Kölner FDP. Die Liberalen sperren sich seit Jahren gegen die Erweiterung, die ihres Erachtens „wirtschaftliche Risiken“ berge, und dem Gutachten lasten sie an, dass „Hochwasser, Sicherheit und Umwelt-Aspekte nicht ausreichend gewürdigt“ seien.
KStA: Industriestandort muss punkten
Kommentar des Kölner Stadt-Anzeiger zum Versuch von Bürgern, Umweltverbänden und Grünen, auf diese Weise in letzter Minute ein Desaster für Bewohner und Natur im Kölner Süden abzuwenden: „Was bleibt, ist das verständliche Interesse der Anwohner, das wunderschöne Stück Natur am Rhein zu erhalten. Doch ihr Wunsch steht den Gesamtinteressen der Stadt und den Perspektiven des Industriestandortes, der mit seiner verkehrsgünstigen Lage punkten muss, entgegen. Die Abwägung ist schmerzhaft, weil es ohne Opfer nicht geht. An ihrem Ende kann jedoch nur der Beschluss für die Hafenerweiterung stehen.“
Das müssten auch „die Klientel- und Wahlkreispolitiker im Kölner Süden nachvollziehen“. Die CDU sei „jahrzehntelang herumgeeiert, um die Stammwählerschaft im Süden nicht zu vergrätzen“. Jetzt steht sie „in der Pflicht“, zu der sich - neben OB Schramma - auch Fraktionschef Winrich Granitzka bekannt habe. Fazit: „Die Wirtschaftlichkeit ist nachgewiesen, nun muss die CDU zustimmen.“
CDU-Fraktionschef Granitzka: Wirtschaftlichkeit nachgewiesen
Foto: Stadt Köln
Und dabei wird sich zeigen, ob Granitzka seine CDU-Mannschaft im Griff hat, oder ob es bei den Christdemokraten Ratsmitglieder gibt, die doch eher ihrem Gewissen oder ihren Versprechen im eigenen Wahlkreis folgen. Das rot-grüne Kernbündnis wird bei dieser schwerwiegenden Entscheidung offenbar keiner gemeinsamen Abstimmungslinie folgen, und weil die Linke im Rat ebenfalls aus umweltpolitischen Gründen mit „Nein“ stimmen will, wird das Abstimmungsergebnis einzig an Granitzkas Fähigkeit liegen, die „Südlichter“ in seiner Fraktion einzubinden und auf Zustimmung einzuschwören.
SPD seit Heugels Zeiten für Hafenerweiterung
Keine Probleme dürfte es in dieser Hinsicht bei der SPD geben. Deren Ratsmitglieder wurden schon 1995 vom damaligen Fraktionsvorsitzenden Klaus Heugel, dessen politische Karriere 1999 wegen Insidergeschäften unrühmlich endete, auf dieses „Schlüsselprojekt für die wirtschaftliche Entwicklung Kölns“ eingeschworen. Und heute setzt sich - als Vorsitzender des HGK-Aufsichtsrats - SPD-Ratsmitglied Johannes Eckard Waschek im Liegenschafts- und Stadtentwicklungsausschuss nachdrücklich für die Hafenerweiterung ein.
SPD-Ratsmitglied Wascheck setzt Heugels Politik fort
Quelle: www.koelnspd.de
Ob der Kölner Stadt-Anzeiger nach der Erfüllung seines Befehls durch den Stadtrat am 30. August und nach der Auftragsvergabe für die Hafenerweiterung eines schönen Tages über einen neuen Skandal à la Köln-Messe oder Köln-Arena berichten muss, wird man sehen. Beim Umweltforum Kölner Süden scheint man dessen sicher zu sein. Sprecher Helmut Feld zur NRhZ: "Der einzige Grund zur Erweiterung des Godorfer Hafen ist die spätere Nutzung des Deutzer Hafens als Luxusimmobilienstandort. Dies ist nachweisbar durch Aussagen von Herrn Martin Börschel (SPD), vom Wirtschaftdezernenten der Stadt, Dr. Norbert Walter-Borjans, und anderen. Die Öffentlichkeit wird also wissentlich von Verantwortlichen der Stadt belogen." (PK)
Online-Flyer Nr. 105 vom 25.07.2007
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SPD und CDU: Godorfer Hafen auf Kosten des Naturschutzgebiets erweitern
„Ohne Opfer geht es nicht“
Von Peter Kleinert
Protest von Bürgerinitiativen und Umweltschützern
Als Opfer sehen sich die Bewohner des Kölner Südens, die seit Ende der 80er Jahre unter anderem in den Dorfgemeinschaften Sürth, Weiß, Immendorf, in der Bürgervereinigung Rodenkirchen, im Umweltforum Kölner Süden, der Bürgerinitiative Hochwasser, in NABU, und BUND gegen den Hafenausbau protestieren. Damals hatte die der Stadt Köln und den Stadtwerken gehörende Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK) die Erweiterung des Hafens zu einem modernen Container- und Logistikstandort gefordert.
Geplant sind in Godorf zurzeit zusätzliche Umschlagskapazitäten von 120.000 Containern, 100.000 Tonnen Stückgütern und 500.000 Tonnen Schüttgut. Das würde, so das Gutachten, den Lastwagenverkehr zugunsten von Schiffen und Eisenbahn reduzieren, aber auch „zu Beeinträchtigungen der Wohnqualität des Standortes, des Erholungswertes, zu Einschnitten am Naturschutz und Verkehrsbelastungen im unmittelbaren Hafenumfeld“ führen. Erstellt wurde das Gutachten von Professor Herbert Baum vom Institut für Verkehrswirtschaft der Kölner Uni. vom Kölner Büro für Faunistik, von KE-Consult und von der Europa Fachhochschule Fresenius für 90.000 Euro.
Professor Herbert Baum: Nutzen für die Allgemeinheit
Quelle: Bundesverband Internationaler Kurierdienste
Gutachten gibt „Wirtschaftlichkeit“ den Vorrang
Opfer der Erweiterung wird - neben den Anwohnern - auch das Naturschutzgebiet am Godorfer Hafen, denn so das Gutachten, es werde zum „Verlust von Biotopen“ und zu „negativen Auswirkungen auf besonders und streng geschützte Arten“ kommen. Doch dem gegenüber steht laut Professor Baum ein „Nutzen-Kosten-Verhältnis von 2,5“, wodurch „die gesamtwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit des Hafenausbaus…gesichert“ sei, weil jeder einzelne der für den Ausbau notwendigen 61,5 Millionen Euros am Ende „einen Nutzen von 2,50 € für die Allgemeinheit“ bringen werde. Eine ähnlich positive Studie hat der Kölner Verkehrsexperte 2004 hinsichtlich der "Produktivitäts- und Wachstumseffekte der Kurier-, Express- und Paketdienste für die arbeitsteilige Wirtschaft" für den Bundesverband Internationaler Express- und Kurierdienste vorgestellt.
Grüne und pro Sürth e.V.: „Ziemlich forsch“
„Ziemlich forsch“ nennen pro sürth e.V. und Grüne Baums Gutachten, weil dieser sich über die Zerstörung des Naturschutzgebietes „Sürther Aue“ mit dem Hinweis hinweg setze, dass es doch „grundsätzlich regenerierbar“ sei. Und das positive Kosten-Nutzen-Verhältnis komme „erst richtig durch fiktive öffentliche Zuschüsse (Bund, EU) zum Tragen“, die aber als selbstverständlich bereits eingerechnet wurden. Keine Aussage gebe es im Gutachten zur dauerhaften Wettbewerbsfähigkeit des ausgebauten Hafens, dem es im Gegensatz zu Konkurrenten an Fläche zur Etablierung weitergehender, flächenzehrender logistischer Wertschöpfungsketten fehle. Darüber hinaus werde die Tatsache, dass die Binnenschifffahrt gegenwärtig im Vergleich zur Schiene eine schlechtere Ökobilanz aufweise, einfach ignoriert.
Protest der Bürgerinitiative Hochwasser am Rand der Sürther Aue
Quelle: www.hochwasser.de
Die Grünen im Kölner Rat, der Bürgerverein pro sürth e.V. und der BUND NRW e.V. haben deshalb unabhängige, externe Wissenschaftler des Beratungsunternehmens Citizen Consult GmbH Wuppertal beauftragt, das Baum-Gutachten kurzfristig einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Mitte August sollen die Ergebnisse dieser Überprüfung vorliegen, damit die Fachausschüsse bis zur entscheidenden Ratssitzung am 30. August ihre Beratungen abgeschlossen haben können.
Schützenhilfe erhalten die Ausbau-Gegner von der Kölner FDP. Die Liberalen sperren sich seit Jahren gegen die Erweiterung, die ihres Erachtens „wirtschaftliche Risiken“ berge, und dem Gutachten lasten sie an, dass „Hochwasser, Sicherheit und Umwelt-Aspekte nicht ausreichend gewürdigt“ seien.
KStA: Industriestandort muss punkten
Kommentar des Kölner Stadt-Anzeiger zum Versuch von Bürgern, Umweltverbänden und Grünen, auf diese Weise in letzter Minute ein Desaster für Bewohner und Natur im Kölner Süden abzuwenden: „Was bleibt, ist das verständliche Interesse der Anwohner, das wunderschöne Stück Natur am Rhein zu erhalten. Doch ihr Wunsch steht den Gesamtinteressen der Stadt und den Perspektiven des Industriestandortes, der mit seiner verkehrsgünstigen Lage punkten muss, entgegen. Die Abwägung ist schmerzhaft, weil es ohne Opfer nicht geht. An ihrem Ende kann jedoch nur der Beschluss für die Hafenerweiterung stehen.“
Das müssten auch „die Klientel- und Wahlkreispolitiker im Kölner Süden nachvollziehen“. Die CDU sei „jahrzehntelang herumgeeiert, um die Stammwählerschaft im Süden nicht zu vergrätzen“. Jetzt steht sie „in der Pflicht“, zu der sich - neben OB Schramma - auch Fraktionschef Winrich Granitzka bekannt habe. Fazit: „Die Wirtschaftlichkeit ist nachgewiesen, nun muss die CDU zustimmen.“
CDU-Fraktionschef Granitzka: Wirtschaftlichkeit nachgewiesen
Foto: Stadt Köln
Und dabei wird sich zeigen, ob Granitzka seine CDU-Mannschaft im Griff hat, oder ob es bei den Christdemokraten Ratsmitglieder gibt, die doch eher ihrem Gewissen oder ihren Versprechen im eigenen Wahlkreis folgen. Das rot-grüne Kernbündnis wird bei dieser schwerwiegenden Entscheidung offenbar keiner gemeinsamen Abstimmungslinie folgen, und weil die Linke im Rat ebenfalls aus umweltpolitischen Gründen mit „Nein“ stimmen will, wird das Abstimmungsergebnis einzig an Granitzkas Fähigkeit liegen, die „Südlichter“ in seiner Fraktion einzubinden und auf Zustimmung einzuschwören.
SPD seit Heugels Zeiten für Hafenerweiterung
Keine Probleme dürfte es in dieser Hinsicht bei der SPD geben. Deren Ratsmitglieder wurden schon 1995 vom damaligen Fraktionsvorsitzenden Klaus Heugel, dessen politische Karriere 1999 wegen Insidergeschäften unrühmlich endete, auf dieses „Schlüsselprojekt für die wirtschaftliche Entwicklung Kölns“ eingeschworen. Und heute setzt sich - als Vorsitzender des HGK-Aufsichtsrats - SPD-Ratsmitglied Johannes Eckard Waschek im Liegenschafts- und Stadtentwicklungsausschuss nachdrücklich für die Hafenerweiterung ein.
SPD-Ratsmitglied Wascheck setzt Heugels Politik fort
Quelle: www.koelnspd.de
Ob der Kölner Stadt-Anzeiger nach der Erfüllung seines Befehls durch den Stadtrat am 30. August und nach der Auftragsvergabe für die Hafenerweiterung eines schönen Tages über einen neuen Skandal à la Köln-Messe oder Köln-Arena berichten muss, wird man sehen. Beim Umweltforum Kölner Süden scheint man dessen sicher zu sein. Sprecher Helmut Feld zur NRhZ: "Der einzige Grund zur Erweiterung des Godorfer Hafen ist die spätere Nutzung des Deutzer Hafens als Luxusimmobilienstandort. Dies ist nachweisbar durch Aussagen von Herrn Martin Börschel (SPD), vom Wirtschaftdezernenten der Stadt, Dr. Norbert Walter-Borjans, und anderen. Die Öffentlichkeit wird also wissentlich von Verantwortlichen der Stadt belogen." (PK)
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