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Arbeit und Soziales
Klagen über Schwierigkeiten mit den Arbeitsagenturen häufen sich
Zahltag
Von Hans-Dieter Hey
Während die Mainstream-Medien laufend über Aufschwung berichten, kommt dieser wohl bei immer weniger Menschen an. Und es gibt es noch eine weitere Realität. Im Juli 2007 wurden vom Deutschen Landkreistag 7,4 Millionen Arbeitslosengeld-II-Empfänger gemeldet, bei denen dieser Aufschwung ebenfalls nicht ankommt. Für sie werden die Probleme mit Hartz-IV immer existenzbedrohender, vor allem in Familien. Die Universität Bonn belegt in einer umfangreichen Studie längst, dass das Arbeitslosengeld II nicht ausreicht, um Kinder gesund zu ernähren und mit Schulmaterial zu versorgen. Die Grünen-Politikerin Marlis Bredehorst sieht das anders. Nach ihr reichen 2,71 Euro am Tag zum Überleben. Dass viele Eltern die Schulernäherung für ihre Kinder nicht mehr bezahlen können, ist für die Kölner Dezernentin für soziale Belange offensichtlich belanglos. Sie möchte, dass die Regelsätze nicht erhöht werden. Und da wirkt es zusätzlich zynisch, wenn Erwerbslosen durch die ARGE vor Ablauf des Monats vorgeworfen wird, sie sollten sich gefälligst ihr Geld einteilen.
Das große Ziel steht auf der Agenda ...
Die Not steigt und die Probleme mit den ARGEs auch. Erwerbslose beschweren sich über zunehmende Schwierigkeiten, denn mit der Einführung von Hartz IV scheint es zur Normalität geworden zu sein, Erwerbslosen neben ihrer sozialen Ausgrenzung auch fundamentale Rechte zu entziehen und den Druck weiter zu erhöhen. Erst vor wenigen Tagen hat man nach den „schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen" nun die „schwervermittelbaren Kurzzeitarbeitslosen" als „Target" für arbeitsmarktliche Sanktionen erfunden. Die Einzelfälle von Entrechtung und Entwürdigung, über die geklagt wird, häufen sich: Die staatliche Schnüffelei bei Erwerbslosen nimmt zu, Menschen – vor allem jüngere Bürgerinnen und Bürger – werden unverhältnismäßig unter Druck gesetzt, zweifelhafte Förderungsangebote und ungewollte Jobs anzunehmen, nur um die Statistik zu bereinigen. Die Schlangen auf den Arbeitsagenturen werden immer länger, Akten verschwinden auf merkwürdige Weise oder Geld wird nicht ausgezahlt. Die ARGEs werden gegenseitig unter Druck gesetzt, möglichst viel an Arbeitslosengeld II einzusparen – egal wie.
... zivilen Widerstandes
Fotos: H.-D. Hey, arbeiterfotografie.com
Berichtet wird über teilweise hahnebüchende Vorgänge. Und dies klingt im Originalton dann so: "Sie müssen Ihren Widerspruch zurücknehmen, dann erhalten Sie wieder Geld". Aus nichtigen Anlässen wird das Arbeitslosengeld II um 30 Prozent gekürzt. Anfang Februar protestierten 100 Hartz-IV-Empfänger in der Arbeitsagentur Herne so lange ziemlich heftig, bis ihnen endlich das Geld ausgezahlt wurde. In einem weiteren Fall musste ein Erwerbsloser die Polizei rufen, damit er endlich das zustehende Arbeitslosengeld bekam. Am 5. September nahm eine 49jährige Frau mit einer Waffe zwei ARGE-Mitarbeiterinnen zur Durchsetzung ihrer Forderungen als Geisel, weil sie sich nicht anders zu wehren wusste. Inzwischen wurde auch der eine oder andere Schreibtisch in einer ARGE umgekippt.
Derlei Handlungen führen im Einzelfall immer zu einer Reihe von persönlichen Problemen dieser Einzelkämpfer. Deshalb wollen Erwerbslose sich stärker vernetzen, sich gegenseitig unterstützen und Hilfe anbieten, um gegen Sanktionen und sinnlose Maßnahmen der Arbeitsagenturen vorzugehen.
Vom 1. bis zum 2. Oktober ist deshalb ein Zeltcamp vor der Arbeitsagentur in Köln vorgesehen, mit Live-Musik und Volksküche. Mit Informationsveranstaltungen, der Einrichtung einer inoffiziellen Hartz-IV-Beschwerdestelle, der Durchsetzung von Barzahlungen, der Unterstützung bei Widersprüchen und der Annahme von Beschwerden will man endlich gemeinsam den Schwierigkeiten zu Leibe rücken. Unterstützt werden die Erwerbslosen unter anderem durch die Gruppen „Die Überflüssigen", den „Erwerbslosenrat Köln", die "Kölner Erwerbslosen in Aktion", über die wir in dieser Ausgabe berichten, und „Agenturschluss". (HDH)
Wer sich informieren will, kann sich wenden an:
aktionscamp@yahoo.de
Online-Flyer Nr. 112 vom 12.09.2007
Druckversion
Arbeit und Soziales
Klagen über Schwierigkeiten mit den Arbeitsagenturen häufen sich
Zahltag
Von Hans-Dieter Hey
Während die Mainstream-Medien laufend über Aufschwung berichten, kommt dieser wohl bei immer weniger Menschen an. Und es gibt es noch eine weitere Realität. Im Juli 2007 wurden vom Deutschen Landkreistag 7,4 Millionen Arbeitslosengeld-II-Empfänger gemeldet, bei denen dieser Aufschwung ebenfalls nicht ankommt. Für sie werden die Probleme mit Hartz-IV immer existenzbedrohender, vor allem in Familien. Die Universität Bonn belegt in einer umfangreichen Studie längst, dass das Arbeitslosengeld II nicht ausreicht, um Kinder gesund zu ernähren und mit Schulmaterial zu versorgen. Die Grünen-Politikerin Marlis Bredehorst sieht das anders. Nach ihr reichen 2,71 Euro am Tag zum Überleben. Dass viele Eltern die Schulernäherung für ihre Kinder nicht mehr bezahlen können, ist für die Kölner Dezernentin für soziale Belange offensichtlich belanglos. Sie möchte, dass die Regelsätze nicht erhöht werden. Und da wirkt es zusätzlich zynisch, wenn Erwerbslosen durch die ARGE vor Ablauf des Monats vorgeworfen wird, sie sollten sich gefälligst ihr Geld einteilen.
Das große Ziel steht auf der Agenda ...
Die Not steigt und die Probleme mit den ARGEs auch. Erwerbslose beschweren sich über zunehmende Schwierigkeiten, denn mit der Einführung von Hartz IV scheint es zur Normalität geworden zu sein, Erwerbslosen neben ihrer sozialen Ausgrenzung auch fundamentale Rechte zu entziehen und den Druck weiter zu erhöhen. Erst vor wenigen Tagen hat man nach den „schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen" nun die „schwervermittelbaren Kurzzeitarbeitslosen" als „Target" für arbeitsmarktliche Sanktionen erfunden. Die Einzelfälle von Entrechtung und Entwürdigung, über die geklagt wird, häufen sich: Die staatliche Schnüffelei bei Erwerbslosen nimmt zu, Menschen – vor allem jüngere Bürgerinnen und Bürger – werden unverhältnismäßig unter Druck gesetzt, zweifelhafte Förderungsangebote und ungewollte Jobs anzunehmen, nur um die Statistik zu bereinigen. Die Schlangen auf den Arbeitsagenturen werden immer länger, Akten verschwinden auf merkwürdige Weise oder Geld wird nicht ausgezahlt. Die ARGEs werden gegenseitig unter Druck gesetzt, möglichst viel an Arbeitslosengeld II einzusparen – egal wie.
... zivilen Widerstandes
Fotos: H.-D. Hey, arbeiterfotografie.com
Berichtet wird über teilweise hahnebüchende Vorgänge. Und dies klingt im Originalton dann so: "Sie müssen Ihren Widerspruch zurücknehmen, dann erhalten Sie wieder Geld". Aus nichtigen Anlässen wird das Arbeitslosengeld II um 30 Prozent gekürzt. Anfang Februar protestierten 100 Hartz-IV-Empfänger in der Arbeitsagentur Herne so lange ziemlich heftig, bis ihnen endlich das Geld ausgezahlt wurde. In einem weiteren Fall musste ein Erwerbsloser die Polizei rufen, damit er endlich das zustehende Arbeitslosengeld bekam. Am 5. September nahm eine 49jährige Frau mit einer Waffe zwei ARGE-Mitarbeiterinnen zur Durchsetzung ihrer Forderungen als Geisel, weil sie sich nicht anders zu wehren wusste. Inzwischen wurde auch der eine oder andere Schreibtisch in einer ARGE umgekippt.
Derlei Handlungen führen im Einzelfall immer zu einer Reihe von persönlichen Problemen dieser Einzelkämpfer. Deshalb wollen Erwerbslose sich stärker vernetzen, sich gegenseitig unterstützen und Hilfe anbieten, um gegen Sanktionen und sinnlose Maßnahmen der Arbeitsagenturen vorzugehen.
Vom 1. bis zum 2. Oktober ist deshalb ein Zeltcamp vor der Arbeitsagentur in Köln vorgesehen, mit Live-Musik und Volksküche. Mit Informationsveranstaltungen, der Einrichtung einer inoffiziellen Hartz-IV-Beschwerdestelle, der Durchsetzung von Barzahlungen, der Unterstützung bei Widersprüchen und der Annahme von Beschwerden will man endlich gemeinsam den Schwierigkeiten zu Leibe rücken. Unterstützt werden die Erwerbslosen unter anderem durch die Gruppen „Die Überflüssigen", den „Erwerbslosenrat Köln", die "Kölner Erwerbslosen in Aktion", über die wir in dieser Ausgabe berichten, und „Agenturschluss". (HDH)
Wer sich informieren will, kann sich wenden an:
aktionscamp@yahoo.de
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