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Aktueller Online-Flyer vom 23. November 2024  

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Lokales
Erfolgreicher Widerstand von „Agenturschluss"
Zahltag für die ARGE Köln
Von Hans-Dieter Hey

Die Besetzung der Kölner Arbeitsagentur durch die Organisation „Agenturschluss“ am Montag und Dienstag (01. und 02.10.) sei ein voller Erfolg gewesen, sagte Manfred Behrsing vom Erwerbslosenforum Deutschland. In dreizehn Fällen sind Sanktionen gegen Erwerbslose zurück genommen oder ist das Arbeitslosengeld ausgezahlt worden. Mitglieder von „Agenturschluss“ kündigten an, die Aktionen fortzusetzen, weil sie befürchten, dass Sanktionen und Kürzungen inzwischen zum Grundprinzip für Hartz IV – Berechtigte geworden sei. Filmclips zur „Besetzung” der ARGE Köln an Ende des Artikels.
Schon Tage vorher liefen die aufwändigen Planungen zur Besetzung der Arbeitsagentur in Köln an. Ein großes Zelt für die Übernachtung, Heizmaterial, Toilette, Geschirr, Lebensmittel und Getränke, Tische, Bänke und Schlafgelegenheiten mussten besorgt werden. Wichtiger war jedoch die Vorbereitung der Informationsveranstaltungen und Schulungen über die Wirkung von Hartz IV. In Einzelberatungen durch die Erwerbsloseninitiative „Tacheles e.V." aus Wuppertal wollte man Erwerbslosen sofort und individuell in der Auseinandersetzung mit der ARGE beistehen. Auch für Kultur wurde gesorgt. Die Künstlerin Anne Radstaakt von „Kunststimmen gegen Armut" produzierte ein Gemälde mit einem großen Hintern. Dieses sollte dem Chef der Kölner Arbeitsagentur, Josef Ludwig, überreicht werden. Für seine Beschäftigten, die die meisten Erwerbslosen unter Druck gesetzt hatten, war eine Urkunde „Das goldene A" vorgesehen, wobei das „A" hier sicher nicht näher erläutert werden muss.


ARGE-Chef Ludwig: „Das bekommt einen Ehrenplatz"
und Urkunde für MitarbeiterInnen | Bild: Agenturschluss


Chaos durch falsche Ratgeber

Als Roland Berger-Freund Wolfgang Clement, der ehemalige Arbeitsminister, die Unternehmensberatung gleichen Namens für die „Modernisierung" der Arbeitsagenturen wärmstens empfohlen hatte, hatte er wichtiges vergessen. Nämlich mitzuteilen, dass es sich bei einer Arbeitsagentur nicht um eine Firma handelt. Denn seit eben dieser Roland Berger in den Arbeitsagenturen herumorganisiert, sind die Schlangen in der Arbeitslosenverwaltung nach Eindruck der Betroffenen länger und länger geworden und die Probleme für die Erwerbslosen größer. Offensichtlich hatte Clement auch noch vergessen mitzuteilen, dass es sich bei Erwerbslosen um zwangsweise ausrangierte Menschen unserer Gesellschaft handelt und nicht um Kunden. Denn der Spielraum persönlicher Ermächtigung der ARGE-Beschäftigten ist in einer Weise ausgeweitet worden, der der Willkür, Erwerbslose zu drangsalieren und ihnen das Arbeitslosengeld zu kürzen, Tür und Tor öffnet. Das Ganze scheint zum Grundprinzip zu werden, wie Detlef Hartmann in seinem Artikel „Bis aufs Hemd ausgezogen" in dieser Ausgabe der NRhZ schreibt.

Der Staat untergräbt die Menschenwürde, um sich auf Kosten der Ärmsten zu sanieren. In den letzten beiden Jahren wurden dem Bund auf diese Weise rund 20 Mrd. Euro durch die ARGEn zurück gezahlt. Die ARGE Köln wird da einen ordentlichen Anteil durch „Einsparungen“ beigesteuert haben. Mit konkreten Zahlen wird gegeizt, wie auch schon die Kölner Linksfraktion feststellen musste, als sie bei der Verwaltung anfragte, wie vielen Bürgerinnen und Bürgern das Arbeitslosengeld um 30 oder 50 Prozent gekürzt worden sei und wie vielen es ganz gestrichen wurde. Statt entsprechendes Zahlenmaterial herauszurücken, zeigte sich die Verwaltung unfähig, weil sie darüber nicht verfüge. Merkwürdig nur, dass andere Gemeinden zu solchen Erhebungen in der Lage sind. Gibt es in Köln etwas zu verbergen?


Von Wolfgang Clement wärmstens empfohlen: Roland Berger
Foto: wikipedia


Drangsalierung statt Menschenwürde

Gegen die zunehmende Drangsalierung auf Kosten der Menschenwürde haben sich „Agenturschluss" und andere gewendet. „Raus aus der Opferrolle", titulierte schon im Vorfeld der Kölner Erwerbslosen Anzeiger. Mit den gedemütigten und durch Kürzungen bis an den Rand ihrer Existenz gedrängten Erwerbslosen wollten die Beistände am Montag rechtmäßige Forderungen gegenüber der Arbeitsagentur durchsetzen. Doch sie hatten die Rechnung ohne die eiligst hinzugezogene Polizei gemacht, die ihnen den Zugang zu den SachbearbeiterInnen verwehrte. Zwar haben Erwerbslose nach § 13 SGB X das Recht, Beistände zu ihrer Unterstützung hinzuzuziehen. Doch der Polizei war zunächst die Durchsetzung von Hausverboten der Kölner ARGE wichtiger als die Durchsetzung der Existenzrechte der Erwerbslosen. Es kam zu handfesten Rangeleien. Ein Beistand wurde von Polizisten in den Schwitzkasten genommen, und als ein anderer ihm zur Seite eilte, wurde ihm „versuchte Gegangenenbefreiung" vorgeworfen. Beide erwartet jetzt eine Anzeige.

Presse unerwünscht

Die Kölner ARGE ist eine der größten Arbeitsagenturen in Deutschland und seit Arbeitsamtszeiten Handlanger bei der Vorbereitung der „Neuen Deutschen Armut". Da passt negative Berichterstattung nicht ins Bild einer „erfolgreichen" Arbeitsagentur. Private Unternehmen machen dann die Schotten dicht und so eben auch die Arbeitsagentur. Der angereisten Presse wurden Fotos und Drehgenehmigungen versagt. Offenbar war die kritische Unterrichtung und Aufklärung der Öffentlichkeit nicht im Interesse von Agenturchef Ludwig. Maulkorb – auch für die Neue Rheinische Zeitung und möglicherweise eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Ob allerdings auch dem Westdeutschen Rundfunk, RTL, dem Kölner Stadtanzeiger und anderen Anzeigen drohen, ist bis jetzt unbekannt.


Kritische Berichterstattung nicht gewünscht: Foto- und Drehverbot
für NRhZ-Journalisten | Foto: arbeiterfotografie.com


Ein Aktionsteilnehmer kommentierte dann auch: „Die faschistoide Denkweise werden wir wohl nie los, auch wenn jetzt was anderes auf der Verpackung steht. Demokratie ade.“ Er hat sich dabei wohl an die deutsche Geschichte erinnert, denn in den 1920er Jahren wurden in den Arbeitsämtern Polizeidienststellen eingerichtet, um Arbeitslose in der Durchsetzung ihrer Rechte zu hindern. (HDH)

Ein Filmclip zur „Besetzung" der Kölner ARGE kann hier gesehen werden:

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Online-Flyer Nr. 115  vom 03.10.2007

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