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Lokales
Mülheims SPD und ein vermutlich gekauftes Fraktionsmitglied
„Tollhaus an der Ruhr“
Von Peter Kleinert
Vorwürfe gegen Mounir Yassine
Mounir Yassine (35) soll vor der geplanten Teilprivatisierung der städtischen Wasserversorgung RWW von der Berliner Wirtschaftsberatungs- und Beteiligungsgesellschaft (WIB) im Auftrag von RWE 20.000 Mark erhalten haben. So der ehemalige WIB-Mitarbeiter Christian Luerweg in einer schriftlichen Erklärung. Wasserwerks-Geschäftsführer und SPD-Ehrenvorsitzender Gerd Müller habe für dieses Geschäft die RWE Aqua GmbH ins Gespräch gebracht, RWE die WIB in Berlin eingeschaltet. Als WIB-Mitarbeiter erhielt Luerweg nach seinen Angaben im Frühjahr 2001 den Auftrag, Kontakt zu dem gebürtigen Marokkaner aufzunehmen, der damals noch zur Fraktion der Mülheimer BürgerInitiativen gehörte. „Die MBI war das Zünglein an der Waage”, so Luerweg. Im Mülheimer Rat gab es damals ein politisches Patt, und die SPD habe deshalb Yassine in die eigene Fraktion holen wollen. Das Honorar dafür will Luerweg dem Politiker in zwei Raten im Juli und im August 2001 auf dessen Konto überwiesen haben. Im März 2002 beschloss der Rat den Verkauf der RWW-Anteile an RWE. Es gab zwar Gegenstimmen. Yassines gehörte aber nicht dazu. Er gehörte inzwischen zur SPD-Fraktion.
Mülheims OB Dagmar Mühlenfeld und ihre Verwaltungsspitze
Quelle: Stadt Mülheim
Nachdem Luerweg bei der Staatsanwaltschaft Selbstanzeige erstattet hatte, kam es zur Kündigung Yassines bei der MEG, in der er - wie die MBI vermutet, nicht ohne Hilfe seiner neuen Parteifreunde - als Leiter der Vergärungsanlage eingestellt worden war, und zu seinem Rausschmiss aus der SPD-Fraktion. Am 5. März fand vor dem Arbeitsgericht eine erste Verhandlung wegen der fristlosen Kündigung Yassines statt. Die hier anwesenden Vertreter der MEG nannten drei Gründe: Yassine habe sich mit einem gefälschten Uni-Zeugnis beworben. Er sei kein Diplom-Chemiker, was aber für die Leitung einer Vergärungsanlage notwendig gewesen wäre. Und er habe in 68 Fällen nicht geleistete Überstunden abgerechnet. Zu einer Entscheidung durch Arbeitsgerichtsdirektor Rudolf Reichert kam es nicht. Die Parteien werden sich dort Ende April wieder treffen.
SPD-Fraktion hält still
Mounir Yassine
Quelle: MBI
Weil bis zur Ratsitzung am Tag danach kein Antrag der SPD-Fraktion vorlag, wie mit Yassine umgegangen werden soll - der war nach seinem Übertritt aus der MBI-Fraktion mit Hilfe der SPD nicht nur stellvertretender Vorsitzender im Rechnungsprüfungsausschuss und im Sozialausschuss, sondern auch Mitglied des Finanzausschusses und des Werksausschusses Immobilienservice, darüber hinaus auch Aufsichtsrat der Job Service GmbH und der Sozialholding geworden -, hatte die Fraktion der Mülheimer BürgerInitiativen vorsorglich einen Ratsantrag auf Neuwahlen bezüglich aller Posten von Yassine in Ausschüssen und sonstigen Gremien gestellt. Die MBI liefen mit ihrem Antrag gegen die Wand.
Die Stadtverwaltung von OB Dagmar Mühlenfeld (SPD) bezeichnete den MBI-Antrag nämlich als verfristet. Er könne deshalb nicht behandelt werden. Weitere Begründung: Yassine erhalte ohnehin nur 345 Euro als Pauschale für Stadtverordnete. Deshalb brenne nichts an. SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering ging noch einen Schritt weiter: Neuwahlen für die Ausschüsse, in denen Yassine einen Platz hat, seien nicht notwendig, weil die Fraktion mit ihm eine schriftliche Abmachung habe, dass er in keinem der Ausschüsse mehr erscheinen werde. Außerdem habe nur die SPD das Recht, Yassines Ausschusssitze neu zu besetzen.
Mit der Begründung, dass dies zumindest für Ausschussvorsitzende und deren Stellvertreter nicht gilt, beantragten die MBI für Anfang April eine Sondersitzung des Rates nur zum Tagesordnungspunkt Neu- und Umwahlen von Ratsgremien. SPD, CDU und FDP stimmten dagegen. Die nächste reguläre Ratsitzung findet am 24. April statt.
Pokern mit Yassine?
Kommentar des MBI-Fraktionsvorsitzenden Lothar Reinhard: „Wer weiß, was dann passiert! Vielleicht will die SPD weiter auf Zeit spielen, weil z.B. Mr. Y. mit ihr pokert? Ein absolutes Trauerspiel. Die Parteienvertreter scheinen entweder überfordert, oder sie möchten lieber - weil sie Furcht haben, Sitze zu verlieren - einen nachweislichen Lügner, Betrüger und Demokratieschädling in allen Positionen belassen. Hauptsache, er erscheint nicht.“
SPD-Fraktions-Chef Wiechering
Quelle: Stadt Mülheim
„Völlig daneben und sicherlich sittenwidrig“, so Reinhard, sei die schriftliche Vereinbarung der SPD mit dem aus ihrer Fraktion Ausgeschlossenen, „dass der sich verpflichtet, an keiner Sitzung teilzunehmen, während er zumindest vorläufig alle Sitze behält“. Das heiße ja nichts anderes, als dass eine Fraktion einem auch noch als Direktkandidat gewählten Volksvertreter verbieten könne, sein Mandat wahrzunehmen, und das per schriftlichem Vertrag. Das könne „einfach nicht erlaubt sein und stellt einen weiteren Hammer im Tollhaus an der Ruhr dar“.
„Ratsmandat meistbietend verkauft“
Die MBI fänden es darüber hinaus „untragbar, dass „ein nachgewiesener Betrüger“ weiterhin den Vorsitz „ausgerechnet auch noch im Rechnungsprüfungsausschuss“ wahrnehmen könne. „Es ist aber auch ein Schlag ins Gesicht von Hartz IV- bzw. ALG II-Empfängern, wenn er als jemand, der sich einen hoch dotierten Job erschlichen und wohl per Fraktionswechsel erkauft hat, weiterhin Aufsichtsratsgelder für die Job Service GmbH erhält, deren Hauptaufgabe die Vermittlung und Weiterbildung von Langzeitarbeitslosen ist. Es ist ferner ein Affront gegen alle rechtschaffenen Steuerzahler, wenn Yassine weiterhin einen Sitz im Finanzausschuss innehat als jemand, der sich in angeblich 68 Fällen Überstunden betrügerisch erschlichen hat und so sein Gehalt verdreifachte.“
Lothar Reinhard: Ein weiterer Hammer
Foto: NRhZ-Archiv
Lothar Reinhard abschließend: „Ebenso sollte kein Sitz im Sozialausschuss von jemandem besetzt sein, der sich - inzwischen nachweisbar - mehr als unsozial verhalten hat, als er 2001 sein MBI-Ratsmandat meistbietend verkaufte, damit die damalige MBI-Fraktion sprengte und somit in vollem Bewusstsein die damaligen Angestellten in die Arbeitslosigkeit trieb! Dass Mr. Y. auch weiterhin stellvertretender Vorsitzender im Sozialausschuss ist, setzt dem Ganzen die Krone auf. Das ist eine Beleidigung für alle sozial engagierten Menschen.“ (PK)
Online-Flyer Nr. 137 vom 12.03.2008
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Mülheims SPD und ein vermutlich gekauftes Fraktionsmitglied
„Tollhaus an der Ruhr“
Von Peter Kleinert
Vorwürfe gegen Mounir Yassine
Mounir Yassine (35) soll vor der geplanten Teilprivatisierung der städtischen Wasserversorgung RWW von der Berliner Wirtschaftsberatungs- und Beteiligungsgesellschaft (WIB) im Auftrag von RWE 20.000 Mark erhalten haben. So der ehemalige WIB-Mitarbeiter Christian Luerweg in einer schriftlichen Erklärung. Wasserwerks-Geschäftsführer und SPD-Ehrenvorsitzender Gerd Müller habe für dieses Geschäft die RWE Aqua GmbH ins Gespräch gebracht, RWE die WIB in Berlin eingeschaltet. Als WIB-Mitarbeiter erhielt Luerweg nach seinen Angaben im Frühjahr 2001 den Auftrag, Kontakt zu dem gebürtigen Marokkaner aufzunehmen, der damals noch zur Fraktion der Mülheimer BürgerInitiativen gehörte. „Die MBI war das Zünglein an der Waage”, so Luerweg. Im Mülheimer Rat gab es damals ein politisches Patt, und die SPD habe deshalb Yassine in die eigene Fraktion holen wollen. Das Honorar dafür will Luerweg dem Politiker in zwei Raten im Juli und im August 2001 auf dessen Konto überwiesen haben. Im März 2002 beschloss der Rat den Verkauf der RWW-Anteile an RWE. Es gab zwar Gegenstimmen. Yassines gehörte aber nicht dazu. Er gehörte inzwischen zur SPD-Fraktion.
Mülheims OB Dagmar Mühlenfeld und ihre Verwaltungsspitze
Quelle: Stadt Mülheim
Nachdem Luerweg bei der Staatsanwaltschaft Selbstanzeige erstattet hatte, kam es zur Kündigung Yassines bei der MEG, in der er - wie die MBI vermutet, nicht ohne Hilfe seiner neuen Parteifreunde - als Leiter der Vergärungsanlage eingestellt worden war, und zu seinem Rausschmiss aus der SPD-Fraktion. Am 5. März fand vor dem Arbeitsgericht eine erste Verhandlung wegen der fristlosen Kündigung Yassines statt. Die hier anwesenden Vertreter der MEG nannten drei Gründe: Yassine habe sich mit einem gefälschten Uni-Zeugnis beworben. Er sei kein Diplom-Chemiker, was aber für die Leitung einer Vergärungsanlage notwendig gewesen wäre. Und er habe in 68 Fällen nicht geleistete Überstunden abgerechnet. Zu einer Entscheidung durch Arbeitsgerichtsdirektor Rudolf Reichert kam es nicht. Die Parteien werden sich dort Ende April wieder treffen.
SPD-Fraktion hält still
Mounir Yassine
Quelle: MBI
Die Stadtverwaltung von OB Dagmar Mühlenfeld (SPD) bezeichnete den MBI-Antrag nämlich als verfristet. Er könne deshalb nicht behandelt werden. Weitere Begründung: Yassine erhalte ohnehin nur 345 Euro als Pauschale für Stadtverordnete. Deshalb brenne nichts an. SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering ging noch einen Schritt weiter: Neuwahlen für die Ausschüsse, in denen Yassine einen Platz hat, seien nicht notwendig, weil die Fraktion mit ihm eine schriftliche Abmachung habe, dass er in keinem der Ausschüsse mehr erscheinen werde. Außerdem habe nur die SPD das Recht, Yassines Ausschusssitze neu zu besetzen.
Mit der Begründung, dass dies zumindest für Ausschussvorsitzende und deren Stellvertreter nicht gilt, beantragten die MBI für Anfang April eine Sondersitzung des Rates nur zum Tagesordnungspunkt Neu- und Umwahlen von Ratsgremien. SPD, CDU und FDP stimmten dagegen. Die nächste reguläre Ratsitzung findet am 24. April statt.
Pokern mit Yassine?
Kommentar des MBI-Fraktionsvorsitzenden Lothar Reinhard: „Wer weiß, was dann passiert! Vielleicht will die SPD weiter auf Zeit spielen, weil z.B. Mr. Y. mit ihr pokert? Ein absolutes Trauerspiel. Die Parteienvertreter scheinen entweder überfordert, oder sie möchten lieber - weil sie Furcht haben, Sitze zu verlieren - einen nachweislichen Lügner, Betrüger und Demokratieschädling in allen Positionen belassen. Hauptsache, er erscheint nicht.“
SPD-Fraktions-Chef Wiechering
Quelle: Stadt Mülheim
„Ratsmandat meistbietend verkauft“
Die MBI fänden es darüber hinaus „untragbar, dass „ein nachgewiesener Betrüger“ weiterhin den Vorsitz „ausgerechnet auch noch im Rechnungsprüfungsausschuss“ wahrnehmen könne. „Es ist aber auch ein Schlag ins Gesicht von Hartz IV- bzw. ALG II-Empfängern, wenn er als jemand, der sich einen hoch dotierten Job erschlichen und wohl per Fraktionswechsel erkauft hat, weiterhin Aufsichtsratsgelder für die Job Service GmbH erhält, deren Hauptaufgabe die Vermittlung und Weiterbildung von Langzeitarbeitslosen ist. Es ist ferner ein Affront gegen alle rechtschaffenen Steuerzahler, wenn Yassine weiterhin einen Sitz im Finanzausschuss innehat als jemand, der sich in angeblich 68 Fällen Überstunden betrügerisch erschlichen hat und so sein Gehalt verdreifachte.“
Lothar Reinhard: Ein weiterer Hammer
Foto: NRhZ-Archiv
Lothar Reinhard abschließend: „Ebenso sollte kein Sitz im Sozialausschuss von jemandem besetzt sein, der sich - inzwischen nachweisbar - mehr als unsozial verhalten hat, als er 2001 sein MBI-Ratsmandat meistbietend verkaufte, damit die damalige MBI-Fraktion sprengte und somit in vollem Bewusstsein die damaligen Angestellten in die Arbeitslosigkeit trieb! Dass Mr. Y. auch weiterhin stellvertretender Vorsitzender im Sozialausschuss ist, setzt dem Ganzen die Krone auf. Das ist eine Beleidigung für alle sozial engagierten Menschen.“ (PK)
Online-Flyer Nr. 137 vom 12.03.2008
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