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Inland
Werner Rügemer entlarvt PPP als gefährliche Mogelpackung
Ein modernes Lügenmärchen
Von Ulla Lessmann
Ausplünderung öffentlicher Kassen
Was auf den ersten Blick vernünftig klingt, ist, so Werner Rügemer, Kölner Privatisierungs- und Korruptionsexperte (eine sinnvolle fachliche Kombination), ein kaum glaubliches Projekt zur Ausplünderung öffentlicher Kassen, das zu mehr öffentlicher Verschuldung, höherer Arbeitslosigkeit und schleichendem Demokratieschwund führt. Von Partnerschaft kann zudem überhaupt keine Rede sein.
Rügemer beginnt seine Studie in England, wo sich in der „City of London“ die weltweit führenden Finanzjongleure, die „Heuschrecken“, auf Tony Blair als glühenden PPP-Verfechter verlassen durften und wo man die katastrophalen Folgen von PPP am Beispiel der Londoner Metro besichtigen kann. Die Prinzipen von PPP sind absolute Geheimhaltung (Politiker bekommen die mehrere tausend Seiten schweren Verträge, über die sie entscheiden, nie zu sehen), horrende Honorare für ein Heer von Beratern und Anwälten, miese Qualität der Produkte, für die die „Privaten“ nie haften, Steuerverluste für den Staat, Ausserkraftsetzen von Mieterrechten der Kommunen, maximaler Gewinn bei minimalstem Einsatz von Kapital, Privatisierung der Justiz.
Abgeordnete und Ratsmitglieder werden übergangen
Rügemer: „In Wirklichkeit stellt PPP eine neue Form der Wertschöpfung für die Privaten dar. Kein PPP-Vertrag, der bisher in Deutschland abgeschlossen wurde, wurde in seiner vollständigen und rechtsgültigen Form vor der Entscheidung den Mitgliedern des Bundestages, der Landes-, Stadt- und Landkreisräte vorgelegt und der Diskussion im politischen Beschlussgremium zugänglich gemacht.
Korruptionsexperte Werner Rügemer – entlarvt mafiöse Strukturen
Foto: www.aender-mich.de
Der Staat geht langfristige Verpflichtungen ein, die nicht nur den Bürgern, sondern auch den Parlamenten verheimlicht werden.“ Zahlreiche Beispiele aus Deutschland („Toll Collect“ als berühmtestes), Porträts der wichtigsten globalen Akteure und die detaillierte Analyse des Prozedere bei PPP-Projekten sind für ökonomische Laien verständlich, häufig mit süffisanter Ironie geschrieben: „Nichts ist dem Staatskritiker und Privatsierungsbefürworter zu dämlich, um für seine Sache zu werben.“
Das macht die Lektüre trotz des sperrigen Themas überaus kurzweilig. Rügemer lässt uns auch nicht völlig resigniert zurück: „Unter dem PPP-Reglement herrschen Geheimhaltung, Vorsicht, Katzbuckelei, Schönrednerei, Unehrlichkeit, Angst und Schweigen, aber auch erste Ausbruchsversuche haben begonnen.“ Letzteren verdankt der Autor unter anderem Einblicke in die Strukturen der Beratermafia und Berichte über den Umgang der „Investoren“ mit gewählten Gremien.
Pflichtlektüre für Stadträte
Dieses Buch müsste zur Pflichtlektüre von Stadträten werden, damit sie lernen, dass PPP („ein faktenresistentes Glaubensbekenntnis“) nicht nur ein skrupelloses Täuschungsmanöver ist, sondern auch, dass der vielgeschmähte Staat die meisten Projekte preiswerter, qualitätsvoller und, verblüffend für alle Ideologen, effektiver verwirklichen könnte!
Anmerkung der NRhZ-Redaktion: Dieser Text erschien zuerst in den ver.di-news vom 1. Juni 2008. Auf den Seiten 110 bis 117 von Werner Rügemers Buch gibt es ein hochinteressantes Kapitel über Mülheim/Ruhr, aufgehängt an "Forfaitierung mit Einredeverzicht": 30-jährige PPP-Mietverträge wurden von der Stadtspitze an eine Bank verkauft - ein Forderungsverkauf wie bei den Hypothekenkrediten in den USA. Diesen Skandal hat die Fraktion der Mülheimer Bürgerinitiativen MBI im Zusammenhang mit dem PPP-projekt "Medienhaus" in die Öffentlichkeit gebracht - das erste Mal, dass eine Ratsfraktkion das in Deutschland gemacht hat. Siehe NRhZ 106 „MBI schalten Landesrechnungshof ein“. (PK)
Werner Rügemer: "Heuschrecken" im öffentlichen Raum Public Private Partnership – Anatomie eines globalen Finanzinstruments, Mai 2008, 172 S., kart., 16,80 €, transcript verlag, ISBN 978-3-89942-851-3, Reihe X-Texte
Online-Flyer Nr. 149 vom 04.06.2008
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Inland
Werner Rügemer entlarvt PPP als gefährliche Mogelpackung
Ein modernes Lügenmärchen
Von Ulla Lessmann
Ausplünderung öffentlicher Kassen
Was auf den ersten Blick vernünftig klingt, ist, so Werner Rügemer, Kölner Privatisierungs- und Korruptionsexperte (eine sinnvolle fachliche Kombination), ein kaum glaubliches Projekt zur Ausplünderung öffentlicher Kassen, das zu mehr öffentlicher Verschuldung, höherer Arbeitslosigkeit und schleichendem Demokratieschwund führt. Von Partnerschaft kann zudem überhaupt keine Rede sein.
Rügemer beginnt seine Studie in England, wo sich in der „City of London“ die weltweit führenden Finanzjongleure, die „Heuschrecken“, auf Tony Blair als glühenden PPP-Verfechter verlassen durften und wo man die katastrophalen Folgen von PPP am Beispiel der Londoner Metro besichtigen kann. Die Prinzipen von PPP sind absolute Geheimhaltung (Politiker bekommen die mehrere tausend Seiten schweren Verträge, über die sie entscheiden, nie zu sehen), horrende Honorare für ein Heer von Beratern und Anwälten, miese Qualität der Produkte, für die die „Privaten“ nie haften, Steuerverluste für den Staat, Ausserkraftsetzen von Mieterrechten der Kommunen, maximaler Gewinn bei minimalstem Einsatz von Kapital, Privatisierung der Justiz.
Abgeordnete und Ratsmitglieder werden übergangen
Rügemer: „In Wirklichkeit stellt PPP eine neue Form der Wertschöpfung für die Privaten dar. Kein PPP-Vertrag, der bisher in Deutschland abgeschlossen wurde, wurde in seiner vollständigen und rechtsgültigen Form vor der Entscheidung den Mitgliedern des Bundestages, der Landes-, Stadt- und Landkreisräte vorgelegt und der Diskussion im politischen Beschlussgremium zugänglich gemacht.
Korruptionsexperte Werner Rügemer – entlarvt mafiöse Strukturen
Foto: www.aender-mich.de
Der Staat geht langfristige Verpflichtungen ein, die nicht nur den Bürgern, sondern auch den Parlamenten verheimlicht werden.“ Zahlreiche Beispiele aus Deutschland („Toll Collect“ als berühmtestes), Porträts der wichtigsten globalen Akteure und die detaillierte Analyse des Prozedere bei PPP-Projekten sind für ökonomische Laien verständlich, häufig mit süffisanter Ironie geschrieben: „Nichts ist dem Staatskritiker und Privatsierungsbefürworter zu dämlich, um für seine Sache zu werben.“
Das macht die Lektüre trotz des sperrigen Themas überaus kurzweilig. Rügemer lässt uns auch nicht völlig resigniert zurück: „Unter dem PPP-Reglement herrschen Geheimhaltung, Vorsicht, Katzbuckelei, Schönrednerei, Unehrlichkeit, Angst und Schweigen, aber auch erste Ausbruchsversuche haben begonnen.“ Letzteren verdankt der Autor unter anderem Einblicke in die Strukturen der Beratermafia und Berichte über den Umgang der „Investoren“ mit gewählten Gremien.
Pflichtlektüre für Stadträte
Dieses Buch müsste zur Pflichtlektüre von Stadträten werden, damit sie lernen, dass PPP („ein faktenresistentes Glaubensbekenntnis“) nicht nur ein skrupelloses Täuschungsmanöver ist, sondern auch, dass der vielgeschmähte Staat die meisten Projekte preiswerter, qualitätsvoller und, verblüffend für alle Ideologen, effektiver verwirklichen könnte!
Anmerkung der NRhZ-Redaktion: Dieser Text erschien zuerst in den ver.di-news vom 1. Juni 2008. Auf den Seiten 110 bis 117 von Werner Rügemers Buch gibt es ein hochinteressantes Kapitel über Mülheim/Ruhr, aufgehängt an "Forfaitierung mit Einredeverzicht": 30-jährige PPP-Mietverträge wurden von der Stadtspitze an eine Bank verkauft - ein Forderungsverkauf wie bei den Hypothekenkrediten in den USA. Diesen Skandal hat die Fraktion der Mülheimer Bürgerinitiativen MBI im Zusammenhang mit dem PPP-projekt "Medienhaus" in die Öffentlichkeit gebracht - das erste Mal, dass eine Ratsfraktkion das in Deutschland gemacht hat. Siehe NRhZ 106 „MBI schalten Landesrechnungshof ein“. (PK)
Werner Rügemer: "Heuschrecken" im öffentlichen Raum Public Private Partnership – Anatomie eines globalen Finanzinstruments, Mai 2008, 172 S., kart., 16,80 €, transcript verlag, ISBN 978-3-89942-851-3, Reihe X-Texte
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