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Anmerkungen zum ersten realen TransDemokraten
Der Cavaliere aus Italien
Von Ekkes Frank
Für den TransDemokraten gibt es in diesem Jahr 2008 erneut Grund zum Feiern. Die Weiterentwicklung der immer schneller dahinsiechenden guten, alten PD, der parlamentarischen Demokratie, hinüber in die neue, zeitgemäße Form – eben jene, die wir mit dem Übergangsbegriff Transdemokratie kennzeichnen – ist wieder einen großen Schritt vorangekommen. Avantgarde, und zwar besonders deutlich, ist dabei ausgerechnet das Land, wo die Zitronen blühn – wer hätte das gedacht?!
„Der Cavaliere und der Cowboy"
Foto: Tina Hagen
Sonst ist dieses Italien doch in fast allen Belangen höchstens Durchschnitt, oft noch darunter, etwa auf den Feldern des Fußballs, der Fernsehprogrammqualität oder der Frauenemanzipation. Und nun plötzlich ganz vorn auf dem langen Marsch in die Post-Demokratie! So kühn war ja nicht mal George Daddeldu! Der ist bloß mit gefälschten Stimmenzählungen bei der letzten Wahl in den USA ins Amt gekommen, und er nutzt die ihm dadurch zugefallene Macht sehr wohl im Sinne derer, die ihn dafür ausgesucht haben (also die Neocons, die christlichen Fundis und die Erdöl-Profiteure wie Dick Cheney und Donald Rumsfeld). Nein, Silvio Berlusconi, der „Cavaliere“, der weitaus reichste Mann Italiens, mit besten Verbindungen zum Heiligen Stuhl und zur Mafia, benutzt die politische Macht, die er bei den Wahlen in diesem April in erstaunlichem Ausmaß erhalten hat – nur für sich: für seine ganz persönlichen, eigenen Interessen. Großartig, wunderbar, klasse!
Ein bisschen merkwürdig: die eigenartig verhaltenen, fast verschämten Reaktionen darauf, sowohl seitens der Regierungen als auch der Presse in Europa. Man stelle sich vor, ein Staat in Afrika, Asien oder Südamerika hält sich nicht an die von der „ersten Welt“ vorgegebene Kleiderordnung (übrigens auch ganz wörtlich: das fängt ja schon bei der Krawatte an...); dann ist ein Lärmen zu vernehmen, aus Politikermündern und Redaktionsstuben: das gehe so aber nicht, da werde man doch alsbald sämtliche Subventionen streichen und alle Geschäftsbeziehungen abbrechen müssen, wenn nicht... Nichts dergleichen im Fall des Cavaliere. [1]
Warum? Die Antwort ist gar nicht so schwer: Was sich da in Italien abspielt, ist sozusagen eine Art Präludium, ein Vorspiel zu einer Entwicklung, die sich bald in vielen, letzten Endes in allen anderen westlichen Staaten abspielen wird. Die Voraussetzungen, die Bedingungen dafür sind weit verbreitet und weit gediehen. Es gibt eine große und rasch zunehmende Wahlmüdigkeit. Die Unzufriedenheit mit dem politischen System der parlamentarischen Demokratie greift um sich, beispielsweise in der BRD betrachten 73 Prozent die Verhältnisse als ungerecht). Die Parteienlandschaften erodieren, nicht überall so plötzlich und so heftig wie in Italien, aber doch sehr auffallend – in England ist Labour bei einer der letzten Nachwahlen auf dem fünften Platz gelandet; in der SZ vom 28. Juni 08 spricht Heribert Prantl ganz offen und direkt vom „Finale der Volksparteien“.
Nach dem Zusammenbruch des RES (real existierender Sozialismus) sehen die Mächtigen im Westen – und das sind die Reichen – keine vernünftigen Gründe mehr für irgendeine Art „Sozialklimbim“, mit dem alljährlich neu und verstärkt ablesbaren Ergebnis: die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander.
Die Privatisierungen, eine der Konsequenzen dessen, was Naomi Klein in „Die Schock-Therapie“ so faktenreich und eindrucksvoll schildert, haben ein vor kurzem noch unvorstellbares Ausmaß erreicht: der USA-Krieg im Irak wird überwiegend von Angestellten eines privaten Konzerns geführt. Und auch das nicht verschämt oder klammheimlich, sondern stolz und offen (wer hier mehr wissen möchte, lese das Buch „Blackwater – Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt“ von Jeremy Scahill)
„Berlusconi, wo er hingehört...", findet
Matteo Bertini (Foto)
Silvio Berlusconi ist: der mit solider Mehrheit ausgestattete Chef der gegenwärtigen italienischen Regierung; ehemaliger Alleinunterhalter auf Kreuzfahrtschiffen; früheres Mitglied der berüchtigten „Loge P2“; Milliardär und überaus dubioser Geschäftsmann; vielfach in Verdacht geratener, oft genug angeklagter, aber nie verurteilter Krimineller; geschmackloser Zotenreißer auch in höchsten Staatsämtern; eitler Schwätzer; Demagoge; gläubiger Katholik und bevorzugter Gast des jetzigen Papstes (der seinem Besucher als erstem die Ehre erwies, in den Vatikanischen Gärten lustzuwandeln); und mit all diesen Eigenschaften ist er der erste real existierende TransDemokrat an der Spitze eines nicht völlig unbedeutenden europäischen Staates.
Ist es nicht ein wunderschöner Zufall, dass ausgerechnet in diesem neuerdings so fortschrittlichen Land seit ein paar Jahren auch der TransDemokrat zu Hause ist?
Eine aktuelle Ergänzung: Dass so einer wie der Cavaliere vor nichts zurückschreckt, sieht man an dem neuen Schachzug mit der „Robin-Hood-Steuer“ – den Reichen nehmen (in diesem Fall den Erdöl-Multis, nicht etwa sich selbst...), um es den Armen zu geben. (Näheres dazu siehe „Den Reichen nehmen und den Armen geben!“)
Giulio Tremonti, im Hintergrund der
Sherwood Forest | Foto: C. Guzzanti
Bevor uns nun die Tränen der Rührung den Blick trüben, hier ein Zitat aus einer Internet-Information: Aber auch dieser sehr populäre Schachzug erweist sich sehr schnell als banaler Taschenspielertrick. Abgesehen davon, dass noch niemand weiß, wie viel der moderne Robin Hood alias Tremonti (Berlusconis Wirtschaftsminister, TD) von dem, was er den Reichen abgenommen hat, letztlich den Armen geben wird, machen erste Rechnungen klar, dass die Reichen diese neue Steuer ohne Schwierigkeiten verkraften werden. Der italienische Energie-Gigant ENI, der über 10 Milliarden Euro Reingewinn pro Jahr macht, wird maximal 350 Millionen Robin-Hood-Steuer zahlen müssen. Und es wird ihm genügen, den Benzinpreis um 1 Cent zu erhöhen, um die heroische Steuer ganz zu absorbieren. In Zeiten wie diesen eines der geringsten Probleme.
Und so wird es am Ende dann schließlich der Arme sein, der dem Reichen die Ausgaben für die Robin-Hood-Steuer zurückzahlt. Der vollständige Text von Wolfgang Pruscha ist auf www.reise-nach-italien.de nachzulesen.
Altro? – No, basta, grazie! [2]
Der TransDemokrat (CH)
Online-Flyer Nr. 155 vom 16.07.2008
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Anmerkungen zum ersten realen TransDemokraten
Der Cavaliere aus Italien
Von Ekkes Frank
Für den TransDemokraten gibt es in diesem Jahr 2008 erneut Grund zum Feiern. Die Weiterentwicklung der immer schneller dahinsiechenden guten, alten PD, der parlamentarischen Demokratie, hinüber in die neue, zeitgemäße Form – eben jene, die wir mit dem Übergangsbegriff Transdemokratie kennzeichnen – ist wieder einen großen Schritt vorangekommen. Avantgarde, und zwar besonders deutlich, ist dabei ausgerechnet das Land, wo die Zitronen blühn – wer hätte das gedacht?!
„Der Cavaliere und der Cowboy"
Foto: Tina Hagen
Ein bisschen merkwürdig: die eigenartig verhaltenen, fast verschämten Reaktionen darauf, sowohl seitens der Regierungen als auch der Presse in Europa. Man stelle sich vor, ein Staat in Afrika, Asien oder Südamerika hält sich nicht an die von der „ersten Welt“ vorgegebene Kleiderordnung (übrigens auch ganz wörtlich: das fängt ja schon bei der Krawatte an...); dann ist ein Lärmen zu vernehmen, aus Politikermündern und Redaktionsstuben: das gehe so aber nicht, da werde man doch alsbald sämtliche Subventionen streichen und alle Geschäftsbeziehungen abbrechen müssen, wenn nicht... Nichts dergleichen im Fall des Cavaliere. [1]
Warum? Die Antwort ist gar nicht so schwer: Was sich da in Italien abspielt, ist sozusagen eine Art Präludium, ein Vorspiel zu einer Entwicklung, die sich bald in vielen, letzten Endes in allen anderen westlichen Staaten abspielen wird. Die Voraussetzungen, die Bedingungen dafür sind weit verbreitet und weit gediehen. Es gibt eine große und rasch zunehmende Wahlmüdigkeit. Die Unzufriedenheit mit dem politischen System der parlamentarischen Demokratie greift um sich, beispielsweise in der BRD betrachten 73 Prozent die Verhältnisse als ungerecht). Die Parteienlandschaften erodieren, nicht überall so plötzlich und so heftig wie in Italien, aber doch sehr auffallend – in England ist Labour bei einer der letzten Nachwahlen auf dem fünften Platz gelandet; in der SZ vom 28. Juni 08 spricht Heribert Prantl ganz offen und direkt vom „Finale der Volksparteien“.
Nach dem Zusammenbruch des RES (real existierender Sozialismus) sehen die Mächtigen im Westen – und das sind die Reichen – keine vernünftigen Gründe mehr für irgendeine Art „Sozialklimbim“, mit dem alljährlich neu und verstärkt ablesbaren Ergebnis: die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander.
Die Privatisierungen, eine der Konsequenzen dessen, was Naomi Klein in „Die Schock-Therapie“ so faktenreich und eindrucksvoll schildert, haben ein vor kurzem noch unvorstellbares Ausmaß erreicht: der USA-Krieg im Irak wird überwiegend von Angestellten eines privaten Konzerns geführt. Und auch das nicht verschämt oder klammheimlich, sondern stolz und offen (wer hier mehr wissen möchte, lese das Buch „Blackwater – Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt“ von Jeremy Scahill)
„Berlusconi, wo er hingehört...", findet
Matteo Bertini (Foto)
Ist es nicht ein wunderschöner Zufall, dass ausgerechnet in diesem neuerdings so fortschrittlichen Land seit ein paar Jahren auch der TransDemokrat zu Hause ist?
Eine aktuelle Ergänzung: Dass so einer wie der Cavaliere vor nichts zurückschreckt, sieht man an dem neuen Schachzug mit der „Robin-Hood-Steuer“ – den Reichen nehmen (in diesem Fall den Erdöl-Multis, nicht etwa sich selbst...), um es den Armen zu geben. (Näheres dazu siehe „Den Reichen nehmen und den Armen geben!“)
Giulio Tremonti, im Hintergrund der
Sherwood Forest | Foto: C. Guzzanti
Und so wird es am Ende dann schließlich der Arme sein, der dem Reichen die Ausgaben für die Robin-Hood-Steuer zurückzahlt. Der vollständige Text von Wolfgang Pruscha ist auf www.reise-nach-italien.de nachzulesen.
Altro? – No, basta, grazie! [2]
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