Filmclips
„Ein publizistisches Sicherheitsrisiko"
Von Peter Kleinert
„Ein publizistisches Sicherheitsrisiko" nannte der Chef des Kölner Medienkonzerns MDS, Alfred Neven DuMont, den Redakteur und Gewerkschafter Hartmut Schergel, um dessen Kündigung nach 25 Jahren untadeliger Redakteursarbeit beim Kölner Stadt-Anzeiger vor dem Arbeitsgericht zu begründen. So lieferte er denn gleich den Titel des Films, den das - ein Jahr später unter Ministerpräsident Clement gestoppte - unabhängige NRW-Fernsehfenster KANAL 4 1997 auf der Frequenz von RTL sendete. Clement ist inzwischen Aufsichtsrat bei M.DuMont Schauberg.
Als „publizistisches Sicherheitsrisiko“ hatte sich ein Jahr zuvor Neven DuMont selbst erwiesen. Einen von der stellvertretenden Chefredakteurin bei den Autoren Werner Rügemer und Erasmus Schöfer nach einer Rundfunksendung für die Wochenendbeilage seines KStA bestellten kritischen Artikel erkannten die Autoren bei dessen Veröffentlichung nicht wieder. An 82 Stellen war er geändert, zum Teil ins Gegenteil umgeschrieben worden - zugunsten der für die Vergiftung des Kölner Abwassers Verantwortlichen im Rathaus und in Kölner Betrieben. Darüber berichtet Werner Rügemer ausführlich in dem hier vorliegenden Filmclip.
Die Film- und TV-Produktion KAOS Film- und Video-Team Köln musste RTL, auf dessen Frequenz KANAL 4-Filme zehn Jahre lang gesendet werden konnten, durch eine Einstweilige Verfügung beim Kölner Landgericht davon abhalten, diesen Film aus dem Programm für Karnevalssonntag zu kippen. Den Verdacht, Alfred Neven, der durch eine - natürlich - abgeschlagene Bitte um ein Interview von dem Projekt erfahren hatte, könnte bei RTL telefonisch interveniert haben, ließ dieser vor Gericht zurückweisen: Ein leitender Mitarbeiter seines Verlages habe in diesem Telefongespräch sogar ausdrücklich darum ersucht, den Film auf alle Fälle zu senden, ließ er vortragen.
Die FAZ berichtete am 11. Februar 1997 unter der Überschrift „Nevens Nachtmahr": „An Weiberfastnacht schrieb Dieter Czaja, bei RTL für den Jugendschutz und die Betreuung der Kultur- und Fensterprogramme zuständig, dem Geschäftsführer des unabhängigen Kultursenders "Kanal 4" einen Brief, in dem er mitteilte, eine für den folgenden Karnevalssonntag geplante Sendung im Fensterprogramm werde "zunächst zurückgestellt"... Nachdem die vorläufige Verschiebung des Fernsehbeitrags... bekanntgeworden war, handelte Kleinert schnell. Am Freitag erwirkte er vor Gericht eine einstweilige Verfügung und stellte diese RTL per Eilgerichtsvollzieher zu. Währenddessen forderte der Verlag DuMont Schauberg von Kleinert, binnen einer Stunde eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Kleinert hatte behauptet - und will beweisen können -, daß RTL seine Sendung "nach einer massiven Intervention des Kölner Medienkonzerns M.DuMont Schauberg" abzusetzen versucht habe. In der Nacht von Sonntag auf Montag lief die Sendung trotzdem. "Ein Höllenritt" sei das Hin und Her gewesen, sagt Kleinert und wartet, wie es weitergeht.“ (PK)
Filmautor und Regisseur: Peter Kleinert, Auftraggeber: Kanal 4, Produktionsjahr: 1997, Länge: 29 und 59 Minuten. Bestellungen möglich bei www.kaos-Archiv.de.
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