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Stadion-Event-Management auf Ballermann-Niveau
Stoppt die Brüllonkel!
Von Hermann
Eine Seuche grassiert in unseren Stadien. Selbst die Stiftung Warentest schwieg dazu in ihrem vernichtenden Urteil über unsere Spielstätten. Die Rede ist von den menschenverachtenden Grausamkeiten, die aus den Lautsprechern über den Rängen wabern.
Zugegeben, die Musik war schon immer eine schaurige Mischung aus Dorffest, Rollschuhdisco und Apres-Ski-Prollgebollere an den allermeisten Spielorten, aber in Laufe der Jahre hat sich ein noch viel schlimmerer Aspekt hinzugesellt. Gemeint sind die Ballermann-Animateure, die die Riege der rechtschaffenen Stadionsprecher nach und nach in den Schoß der Arbeitslosigkeit treiben. Rekrutiert werden diese krächzenden B-Prominenten, deren korrekte Berufsbezeichnung "Stadion-Event-Manager" lautet, im Bürgerfunk oder im Privatfernsehen, und ihre einzige Qualifikation besteht darin, dass sie sich in der Vergangenheit zu dem Verein bekannt haben, dessen Stadion sie jetzt zugrölen dürfen.
Und das Schlimme ist, diese Brüllonkel scheinen auch noch beim Publikum anzukommen. Ich kenne gestandene Fußballfans, die mit Begeisterung auf alles eingehen, was ihnen eine johlende Aufziehpuppe, sei es Stefan Lehmann, Horst Schömbs oder Matthias Opdenhövel, vorexerziert. An dem Tag, an dem Ex-Big Brother Jürgen oder ein ähnliches Kaliber in Müngersdorf ein Mikrofon zur Hand bekommt, werde ich vor der Geschäftsstelle des Vereins in Hungerstreik treten. Denn dann würden wir auch hier nach Torerfolgen sinnfreie Dialoge wie: "Wir" - "Eins" - "Die Gäste" - "Null" (ungeachtet des tatsächlichen Spielstands natürlich) - "Danke" - "Bitte" - "Gern geschehen" - "Keine Ursache" mit dem Schreihals führen dürfen, und ich befürchte, die meisten auf den Rängen würden diesen Blödsinn sogar mitmachen. Das, was der Grölheini der Kurve entlockt, wird dann als Stimmung verkauft.
Sprecherkabine des SV Liebertwolkwitz 58
Foto: NRhZ-Archiv
Gerne macht ein Sprecher dieser Zunft auch seine so genannte Stimmung gegen die Gäste. Ein ehrenwerter Verfechter der klassischen Stadionansage hier in Köln, Hans-Gerhard König, hatte einst die Kampagne "Stimmung ja - Krawalle nein" gegründet und vielleicht wäre es mal nötig, dass die Gästefans dem hetzerischen Gefauche aus der Sprecherkabine mit unverhohlener Aggression begegnen, damit der Veranstalter merkt, dass die seriösen Durchsagen aus der Vergangenheit auch erkennbare Vorteile mit sich brachten. Zumal die Entwicklung der Grobiane an den Stadionmikrofonen noch nicht einmal ihren Höhepunkt erreicht hat. Ich dachte, ich hätte bereits alles gehört, bis ich erleben durfte, wie Lothar Buttkus, der Wüterich auf der Bielefelder Alm, nach einer zugegebenermaßen gelungenen Parade während des laufenden Spiels: "Unser Torwart Mathias Hein, super gehalten" in sein Mikrofon jubelte. Diese Ungehobeltheit ist mir schon auf Dorfplätzen begegnet, in der Bundesliga hätte ich damit nie gerechnet. Nur wenn der kleine Marvin seinen Vater sucht, oder zur Ermahnung pyrotechnikzündelnder Jugendlicher sind Durchsagen, während der Ball rollt, angemessen. Sonst haben wir bald in jedem Stadion einen Beckmannverschnitt sitzen, der für alle Zuschauer das Offensichtliche noch geistreich kommentieren möchte.
Vielleicht werden wir aber von der Seuche geheilt, wenn auch die Heimfans merken, dass sie sich nicht auf der Jaguarbahn befinden, sondern bei einem Ereignis, bei dem das auf dem Rasen Gebotene allein für Begeisterungsstürme ausreichen sollte und keinen Stadion-Event-Manager braucht. Hoffentlich merkt dann auch die VIVA-Generation, dass Jo Brauner bedeutend lässiger ist als Lotto King Karl.
Online-Flyer Nr. 30 vom 07.02.2006
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Stadion-Event-Management auf Ballermann-Niveau
Stoppt die Brüllonkel!
Von Hermann
Eine Seuche grassiert in unseren Stadien. Selbst die Stiftung Warentest schwieg dazu in ihrem vernichtenden Urteil über unsere Spielstätten. Die Rede ist von den menschenverachtenden Grausamkeiten, die aus den Lautsprechern über den Rängen wabern.
Zugegeben, die Musik war schon immer eine schaurige Mischung aus Dorffest, Rollschuhdisco und Apres-Ski-Prollgebollere an den allermeisten Spielorten, aber in Laufe der Jahre hat sich ein noch viel schlimmerer Aspekt hinzugesellt. Gemeint sind die Ballermann-Animateure, die die Riege der rechtschaffenen Stadionsprecher nach und nach in den Schoß der Arbeitslosigkeit treiben. Rekrutiert werden diese krächzenden B-Prominenten, deren korrekte Berufsbezeichnung "Stadion-Event-Manager" lautet, im Bürgerfunk oder im Privatfernsehen, und ihre einzige Qualifikation besteht darin, dass sie sich in der Vergangenheit zu dem Verein bekannt haben, dessen Stadion sie jetzt zugrölen dürfen.
Und das Schlimme ist, diese Brüllonkel scheinen auch noch beim Publikum anzukommen. Ich kenne gestandene Fußballfans, die mit Begeisterung auf alles eingehen, was ihnen eine johlende Aufziehpuppe, sei es Stefan Lehmann, Horst Schömbs oder Matthias Opdenhövel, vorexerziert. An dem Tag, an dem Ex-Big Brother Jürgen oder ein ähnliches Kaliber in Müngersdorf ein Mikrofon zur Hand bekommt, werde ich vor der Geschäftsstelle des Vereins in Hungerstreik treten. Denn dann würden wir auch hier nach Torerfolgen sinnfreie Dialoge wie: "Wir" - "Eins" - "Die Gäste" - "Null" (ungeachtet des tatsächlichen Spielstands natürlich) - "Danke" - "Bitte" - "Gern geschehen" - "Keine Ursache" mit dem Schreihals führen dürfen, und ich befürchte, die meisten auf den Rängen würden diesen Blödsinn sogar mitmachen. Das, was der Grölheini der Kurve entlockt, wird dann als Stimmung verkauft.
Sprecherkabine des SV Liebertwolkwitz 58
Foto: NRhZ-Archiv
Gerne macht ein Sprecher dieser Zunft auch seine so genannte Stimmung gegen die Gäste. Ein ehrenwerter Verfechter der klassischen Stadionansage hier in Köln, Hans-Gerhard König, hatte einst die Kampagne "Stimmung ja - Krawalle nein" gegründet und vielleicht wäre es mal nötig, dass die Gästefans dem hetzerischen Gefauche aus der Sprecherkabine mit unverhohlener Aggression begegnen, damit der Veranstalter merkt, dass die seriösen Durchsagen aus der Vergangenheit auch erkennbare Vorteile mit sich brachten. Zumal die Entwicklung der Grobiane an den Stadionmikrofonen noch nicht einmal ihren Höhepunkt erreicht hat. Ich dachte, ich hätte bereits alles gehört, bis ich erleben durfte, wie Lothar Buttkus, der Wüterich auf der Bielefelder Alm, nach einer zugegebenermaßen gelungenen Parade während des laufenden Spiels: "Unser Torwart Mathias Hein, super gehalten" in sein Mikrofon jubelte. Diese Ungehobeltheit ist mir schon auf Dorfplätzen begegnet, in der Bundesliga hätte ich damit nie gerechnet. Nur wenn der kleine Marvin seinen Vater sucht, oder zur Ermahnung pyrotechnikzündelnder Jugendlicher sind Durchsagen, während der Ball rollt, angemessen. Sonst haben wir bald in jedem Stadion einen Beckmannverschnitt sitzen, der für alle Zuschauer das Offensichtliche noch geistreich kommentieren möchte.
Vielleicht werden wir aber von der Seuche geheilt, wenn auch die Heimfans merken, dass sie sich nicht auf der Jaguarbahn befinden, sondern bei einem Ereignis, bei dem das auf dem Rasen Gebotene allein für Begeisterungsstürme ausreichen sollte und keinen Stadion-Event-Manager braucht. Hoffentlich merkt dann auch die VIVA-Generation, dass Jo Brauner bedeutend lässiger ist als Lotto King Karl.
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