SUCHE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Druckversion
Globales
Washingtons Iran-Politik:
Spekulationen über Militärschlag halten an
Von Klaus von Raussendorff
US-Diplomat William Burns
Am 13. Juli berichtete die britische Sunday Times: „Trotz der Opposition seiner eigenen Generäle sowie einer verbreiteten Skepsis, dass Amerika bereit ist, das Risiko der militärischen, politischen und wirtschaftlichen Folgen eines Luftschlages gegen den Iran einzugehen, hat der Präsident ,gelbes Licht’ für einen israelischen Plan gegeben, die hauptsächlichsten Atomanlagen des Iran mit Langstrecken-Bombereinsätzen anzugreifen,“ erklärte ein (Pentagon-)Vertreter gegenüber der Sunday Times. „Gelb bedeutet, setzt eure Vorbereitungen fort, macht euch für einen unmittelbaren Angriff bereit und sagt uns, wann ihr fertig seid,“ so heißt es weiter. „Aber den Israelis wurde auch gesagt, dass sie keine Hilfe von den US-amerikanischen Streitkräften erwarten können und nicht die Möglichkeit haben, US-Militärbasen im Irak für logistische Unterstützung zu nutzen.“ General Amos Gilad, ein hoher Beamter des israelischen Verteidigungsministeriums, erklärte am 14. Juli in einem Interview mit BBC Radio Four, Israel bereite sich auf Militäraktionen gegen Iran vor und werde diese durchführen, falls die Diplomatie versage.
John Bolton
In diesem Zusammenhang bewegt John Bolton die naheliegende Frage: „Was werden die USA tun, falls Israel sich dazu entschließt, eine militärische Aktion einzuleiten?“ In einem Kommentar in „The Wallstreet Journal“ vom 15. Juli empfiehlt Bolton: „Statt darüber zu debattieren, wie viel länger die fünfjährige verfehlte Diplomatie noch weitergehen soll, sollten wir intensiv darüber nachdenken, welche Zusammenarbeit die USA Israel vor, während und nach einem Schlag gegen den Iran gewähren werden.“ Bolton, einer der aus der Bush-Regierung ausgeschiedenen Neokonservativen, argumentiert: „Wir werden für den Schlag ohnehin verurteilt werden, und mit Sicherheit jegliche negativen Konsequenzen zu spüren bekommen.“
Daher gebietet für ihn „die zwingende Logik“, den Militärschlag „so erfolgreich wie möglich zu machen.“ Zumindest sollten die USA „Israel keine Hindernisse in den Weg legen und seine Anstrengungen erleichtern, wo wir können.“ Noch mehr Sanktionen wären nach Boltons Meinung „einfach zu wenig, zu spät.“ Bekanntlich drängen Abgeordnete beider Parteien der USA den Präsidenten zur Verhängung weitergehender Sanktionen, darunter „strenger Inspektionsauflagen gegenüber allen Personen, Fahrzeugen, Schiffen, Flugzeugen, Zügen und Güterverkehr nach und aus Iran“. Eine Blockade ist nach Völkerrecht ein kriegerischer Akt. Ferner führen die USA nach Medienberichten innerhalb des Iran seit einiger Zeit „verdeckte Operationen“ durch. Nach Enthüllungen von Seymour Hersh in „The New Yorker“ vom 7. Juli 2008 hat der Kongress hierfür 400 Millionen Dollar bewilligt.
Condoleezza Rice, im Hintergrund John Bolton
Boltons politische Vorschläge seien zwar „nachweisbar verrückt“, kommentiert Gary Sick, ein Berater früherer US-Regierungen (in „News by Jim Lobe“ vom 18. Juli 2008). Aber Bolton halte sich, scharfsinnig wie er ist, an das, was die Bush-Regierung tatsächlich tut, nicht an ihre Rhetorik. Bolton nehme „den realen Pragmatismus und die Mäßigung in Washington“ zur Kenntnis. Tatsächlich hätten die USA „in den letzten zwei Jahren ihre Haltung zu den europäischen Gespräche mit dem Iran völlig revidiert“. Zuerst hätte Washington angedeutet, an den Verhandlungen nur teilnehmen zu wollen, sofern diese Erfolge zeigtigten. Dann hätte man sich trotz Ausbleibens von Erfolgen aktiv an der Ausarbeitung „eines neuen attraktiveren Angebot von Anreizen“ beteiligt. Dieses habe schließlich auch die Unterschrift von US-Außenministerin Condoleeza Rice getragen. Das Gravitationszentrum der Macht sei innerhalb der Bush-Regierung von Vizepräsident Dick Cheney zu Außenministerin Condoleezza Rice und Verteidigungsminister Richard Gates verschoben worden.
Schließlich habe der Vorsitzende der Vereinten Stabschefs der US-Streitkräfte so deutlich wie nur möglich zu verstehen gegeben, „dass die militärische Option, obgleich als theoretische Möglichkeit niemals aufgegeben, die am wenigsten attraktive Option und angesichts unserer Überbeanspruchung im Irak und in Afghanistan so gut wie unmöglich ist.“
Israelische Streitkräfte in gemeinsamer
Übung mit US-Marines
Ohne Unterstützung durch die US-Streitkräfte gilt den meisten Kommentatoren ein israelischer Luftangriff gegen den Iran als technisch undurchführbar. Auf eine solche Unterstützung wird in Israel trotz gegenteiliger Behauptung aus dem Pentagon offenbar spekuliert. An demselben 13. Juli, als Sunday Times Bushs „gelbes Licht“ für einen israelischen Angriff auf den Iran meldet, berichtet die Jerusalem Post: „Am Freitag, erklärten Quellen im irakischen Verteidigungsministerium gegenüber einer örtlichen Nachrichtenagentur, dass Flugzeuge der israelischen Luftwaffe in Vorbereitung auf einen potentiellen Schlag gegen den Iran im irakischen Luftraum üben und auf US-Luftbasen im Land landen.“
Die stellvertretende Chefredakteurin von Jerusalem Post, Caroline Glick, kommentiert am 17. Juli: „Die Entscheidung von Präsident George W. Bush, die Tür für einen israelischen Präventivschlag gegen den Iran weit offen zu lassen, ist eine positive Entwicklung. Aber eine offene Tür ist nur dann von Bedeutung, wenn jemand willens ist, durch sie hindurchzugehen,“ Es sei aber alles andere als klar, dass die Olmert-Livni-Barak-Yishai-Regierung dazu bereit ist. Am 16. Juli fand der Gefangenenaustausch mit dem Libanon statt, der von vielen Israelis als demütigend empfunden wird.
Carolin Glick greift die israelische Regierung und die israelischen Medien heftig an. Sie kommt zu dem Schluss: „So wie die Dinge heute in Israel liegen, werden alle offenen Türen der Welt in diesem Augenblick der Krise nicht helfen. Nur zwei Dinge können gewährleisten, dass Israels Führer gegen den Iran vorgehen. Entweder wird jemand mit einem Weg für einen garantierten Erfolg hervortreten – und das ist nicht wahrscheinlich; oder die Regierung wird stürzen, und die Nation wird neue Führer wählen, die ihre Verantwortung für Israels nationales Schicksal verstehen und fähig sind, die Nation durch diese offene Tür gehen zu lassen.“
Israelische Luftwaffe: übte schon Angriffe auf mögliche Ziele im Iran
Der militärpolitische Korrespondent der israelischen Tageszeitung Haaretz, Yossi Melman, erwägt den Gedanken, dass Bush durch die Teilnahme an den Atom-Gesprächen mit dem Iran nur den Eindruck von Kompromissbereitschaft vermitteln will, „um die öffentliche Meinung zuhause und im Ausland auf eine Verschärfung der Maßnahmen gegen den Iran vorzubereiten.“ Für Melman steht die militärische Option „in den USA und Israel weiter auf der Tagesordnung“.
Der kanadische Wirtschaftswissenschaftler Michel Chossudovsky argumentiert in „junge Welt“ vom 21. Juli, dass die Kriegs- und Sanktionsdrohungen mit den internationalen Finanzmanipulationen zusammenhängen. Durchaus absichtlich werde eine weltweite Atmosphäre der Unsicherheit geschürt. „Die wirtschaftlichen und finanziellen Verwerfungen, die aus dem Anstieg der Preise für Rohöl und Grundnahrungsmittel resultieren, sind die Quelle finanzieller Gewinne einer Handvoll globaler Akteure.“ (CH)
Lesen Sie dazu auch „Damoklesschwert Iran-Krieg“ von Ali Fathollah-Nejad in dieser Ausgabe der NRhZ.
Online-Flyer Nr. 157 vom 30.07.2008
Druckversion
Globales
Washingtons Iran-Politik:
Spekulationen über Militärschlag halten an
Von Klaus von Raussendorff
US-Diplomat William Burns
John Bolton
Daher gebietet für ihn „die zwingende Logik“, den Militärschlag „so erfolgreich wie möglich zu machen.“ Zumindest sollten die USA „Israel keine Hindernisse in den Weg legen und seine Anstrengungen erleichtern, wo wir können.“ Noch mehr Sanktionen wären nach Boltons Meinung „einfach zu wenig, zu spät.“ Bekanntlich drängen Abgeordnete beider Parteien der USA den Präsidenten zur Verhängung weitergehender Sanktionen, darunter „strenger Inspektionsauflagen gegenüber allen Personen, Fahrzeugen, Schiffen, Flugzeugen, Zügen und Güterverkehr nach und aus Iran“. Eine Blockade ist nach Völkerrecht ein kriegerischer Akt. Ferner führen die USA nach Medienberichten innerhalb des Iran seit einiger Zeit „verdeckte Operationen“ durch. Nach Enthüllungen von Seymour Hersh in „The New Yorker“ vom 7. Juli 2008 hat der Kongress hierfür 400 Millionen Dollar bewilligt.
Condoleezza Rice, im Hintergrund John Bolton
Boltons politische Vorschläge seien zwar „nachweisbar verrückt“, kommentiert Gary Sick, ein Berater früherer US-Regierungen (in „News by Jim Lobe“ vom 18. Juli 2008). Aber Bolton halte sich, scharfsinnig wie er ist, an das, was die Bush-Regierung tatsächlich tut, nicht an ihre Rhetorik. Bolton nehme „den realen Pragmatismus und die Mäßigung in Washington“ zur Kenntnis. Tatsächlich hätten die USA „in den letzten zwei Jahren ihre Haltung zu den europäischen Gespräche mit dem Iran völlig revidiert“. Zuerst hätte Washington angedeutet, an den Verhandlungen nur teilnehmen zu wollen, sofern diese Erfolge zeigtigten. Dann hätte man sich trotz Ausbleibens von Erfolgen aktiv an der Ausarbeitung „eines neuen attraktiveren Angebot von Anreizen“ beteiligt. Dieses habe schließlich auch die Unterschrift von US-Außenministerin Condoleeza Rice getragen. Das Gravitationszentrum der Macht sei innerhalb der Bush-Regierung von Vizepräsident Dick Cheney zu Außenministerin Condoleezza Rice und Verteidigungsminister Richard Gates verschoben worden.
Schließlich habe der Vorsitzende der Vereinten Stabschefs der US-Streitkräfte so deutlich wie nur möglich zu verstehen gegeben, „dass die militärische Option, obgleich als theoretische Möglichkeit niemals aufgegeben, die am wenigsten attraktive Option und angesichts unserer Überbeanspruchung im Irak und in Afghanistan so gut wie unmöglich ist.“
Israelische Streitkräfte in gemeinsamer
Übung mit US-Marines
Die stellvertretende Chefredakteurin von Jerusalem Post, Caroline Glick, kommentiert am 17. Juli: „Die Entscheidung von Präsident George W. Bush, die Tür für einen israelischen Präventivschlag gegen den Iran weit offen zu lassen, ist eine positive Entwicklung. Aber eine offene Tür ist nur dann von Bedeutung, wenn jemand willens ist, durch sie hindurchzugehen,“ Es sei aber alles andere als klar, dass die Olmert-Livni-Barak-Yishai-Regierung dazu bereit ist. Am 16. Juli fand der Gefangenenaustausch mit dem Libanon statt, der von vielen Israelis als demütigend empfunden wird.
Carolin Glick greift die israelische Regierung und die israelischen Medien heftig an. Sie kommt zu dem Schluss: „So wie die Dinge heute in Israel liegen, werden alle offenen Türen der Welt in diesem Augenblick der Krise nicht helfen. Nur zwei Dinge können gewährleisten, dass Israels Führer gegen den Iran vorgehen. Entweder wird jemand mit einem Weg für einen garantierten Erfolg hervortreten – und das ist nicht wahrscheinlich; oder die Regierung wird stürzen, und die Nation wird neue Führer wählen, die ihre Verantwortung für Israels nationales Schicksal verstehen und fähig sind, die Nation durch diese offene Tür gehen zu lassen.“
Israelische Luftwaffe: übte schon Angriffe auf mögliche Ziele im Iran
Der militärpolitische Korrespondent der israelischen Tageszeitung Haaretz, Yossi Melman, erwägt den Gedanken, dass Bush durch die Teilnahme an den Atom-Gesprächen mit dem Iran nur den Eindruck von Kompromissbereitschaft vermitteln will, „um die öffentliche Meinung zuhause und im Ausland auf eine Verschärfung der Maßnahmen gegen den Iran vorzubereiten.“ Für Melman steht die militärische Option „in den USA und Israel weiter auf der Tagesordnung“.
Der kanadische Wirtschaftswissenschaftler Michel Chossudovsky argumentiert in „junge Welt“ vom 21. Juli, dass die Kriegs- und Sanktionsdrohungen mit den internationalen Finanzmanipulationen zusammenhängen. Durchaus absichtlich werde eine weltweite Atmosphäre der Unsicherheit geschürt. „Die wirtschaftlichen und finanziellen Verwerfungen, die aus dem Anstieg der Preise für Rohöl und Grundnahrungsmittel resultieren, sind die Quelle finanzieller Gewinne einer Handvoll globaler Akteure.“ (CH)
Lesen Sie dazu auch „Damoklesschwert Iran-Krieg“ von Ali Fathollah-Nejad in dieser Ausgabe der NRhZ.
Online-Flyer Nr. 157 vom 30.07.2008
Druckversion
NEWS
KÖLNER KLAGEMAUER
FILMCLIP
FOTOGALERIE