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Sport
Post für den Finanzier des Erstligisten TSG 1899 Hoffenheim
DFB will Pöbeleiern gegen Hopp künftig bestrafen
Von Hermann

„DFB will Pöbeleiern (sic!) gegen Hopp künftig bestrafen“ meldete der SWR kürzlich auf seiner Sportseite www.swr.de. Der Grund: SAP-Gründer Hopp sei bei Hoffenheims 4:1-Heimsieg gegen Borussia Dortmund „beleidigt worden“. BVB-Fans hatten ein Transparent mit dem Konterfei des SAP-Gründers im Fadenkreuz und der Aufschrift „Hasta la vista, Hopp" hochgehalten. Dies veranlasste unseren Sportkolumnisten zum folgenden Brief. – Die Redaktion.


Montage: Hermann
Lieber Dietmar, ich hoffe, ich darf 'du' sagen, ohne mit Stadionverbot oder Schimpfe von deinen Anwälten rechnen zu müssen, aber ein gewisser Markus Sieger, seines Zeichens Pressesprecher deines Projekts, hatte dem Tagesspiegel ja mitgeteilt, dass du „eine außergewöhnliche Persönlichkeit“ bist, aber „trotzdem finden Sie ihn im Stadion eher an Würstchenbude statt im VIP-Bereich.“ Wer so menschelt wird wohl verkraften können, geduzt zu werden.
 
Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, dich und dein Projekt auf eurem weiteren Wege geflissentlich zu ignorieren, aber die Entwicklungen der letzten Wochen lassen das einfach nicht zu.

Vermutlich liegt es an eben dieser erwähnten außergewöhnlichen Persönlichkeit, dass du andere Vorlieben hast, als weniger außergewöhnliche Personen. Stadionbesuche gehören zurzeit wohl nicht unbedingt dazu. Aber das ist ja eigentlich nicht weiter schlimm. Ich war zum Beispiel einmal in der Oper. Ich kann mich nicht mehr erinnern, welche Begegnung gezeigt wurde, aber ich langweilte mich fürchterlich und zog schließlich ein gepflegtes Nickerchen dem Kulturgenuss vor. Aus dieser Erfahrung habe ich Konsequenzen gezogen, und alle weiteren Opernaufführungen dieser Welt werden ohne meine Anwesenheit über die Bühne gehen müssen. So einfach kann das sein.


Dietmar Hopp – SAP-Gründer und
Hoffenheim-Würstchenstand-Fan
Foto:
www.dietmar-hopp-stiftung.de
Hätte ich allerdings den Intendanten persönlich gekannt, hätte ich natürlich dafür gesorgt, dass sämtliche Darsteller umgehend auf der Straße landen und das ganze Publikum, welches das Treiben auf der Bühne am Schluss sogar noch mit frenetischem Applaus quittierte, ein sofortiges Hausverbot ausgesprochen bekäme. Nein, das hätte ich natürlich nicht getan, aber ich habe ein wenig den Verdacht, dass du so gehandelt hättest. Zumindest lässt deine an den Tag gelegte Empfindlichkeit darauf schließen. Nun ist es ja so, dass du dir bei deinen Stadionbesuchen so einiges anhören musst. Regelmäßig spekulieren die gegnerischen Fans ebenso wild wie unüberhörbar über den Beruf deiner Mutter. Scheinbar liegen sie mit ihrer Vermutung falsch, deshalb stimmt dich das vielleicht so traurig. Aber du kannst dir sicher sein, jeder Schiedsrichter von der Kreis- bis zur Bundesliga darf sich Woche für Woche ähnliches anhören. Die scheinen allerdings mit der Gabe gesegnet zu sein, einfach wegzuhören.
 
„Man kennt sich, man hilft sich“
 
Da hätten wir schon mal zwei Möglichkeiten, dein Problem in den Griff zu bekommen. Entweder du ignorierst die Anfeindungen, oder du bleibst einfach zu Hause. Das wäre konsequent, schließlich waren die Anderen vor dir da, also kannst du wohl kaum verlangen, dass die sich nach dir richten. Tust du aber. Wenn dich jetzt der Herr Papa deines Frauenfußballmanagers in Watte packt, werden deine Sympathiewerte nicht unbedingt ins Exorbitante steigen. Das soll natürlich kein Vorwurf sein, dass hier ein wenig geklüngelt wurde. Wie Markus Sieger schon schrieb: „Denken Sie in der Tat, dass es die Herren Hopp und Zwanziger tatsächlich nötig haben, sich auf dieses Niveau zu begeben?“ Und Harald Stenger, DFB-Direktor Kommunikation formulierte es so: „Glauben Sie wirklich, dass zwei Persönlichkeiten wie Hopp und Dr. Zwanziger sich auf diesem Niveau begegnen und einen solchen Deal nötig haben?“ Die Ähnlichkeit der Wortwahl ist überraschend. Hier in Köln nennt man so etwas aber nicht Klüngel, sondern schlicht „Man kennt sich, man hilft sich“.
 
Etat von Energie Cottbus?
 
Mit ungeschickt gestreuten Halb- und Unwahrheiten solltest du künftig vielleicht auch etwas kürzer treten. Das nagt auf Dauer doch an der Glaubwürdigkeit. Jahr für Jahr wird quasi als Entschuldigung für den Erfolg behauptet, die erste Mannschaft deines Projekts würde ja mit dem Kader des Vorjahres antreten. Dabei wird wohl vergessen, dass bereits in der letzten Winterpause ordentlich Geld in die Hand genommen wurde, weil es wohl nicht so lief wie erwartet, und vor Beginn dieser Saison wurde erneut ein nicht unerheblicher Millionenbetrag locker gemacht. Das hindert deinen Trainer allerdings nicht daran, von einem Etat zu sprechen, der dem von Energie Cottbus entspräche.
 
Wann immer Kritik wie diese an dir und deinem Projekt laut wird, weist du gerne auf deine selbstlose Unterstützung der Jugendarbeit hin. Da passt natürlich hervorragend deine Anzeige gegen den 19jährigen BVB-Fan zu, der ein kleines Transparent zeigte, auf dem er in künstlerischer Form dein Konterfei mit einem Fadenkreuz versah. Juristisch wird dir das wenig bringen, da es sich laut Meyers Lexikon bei einem Fadenkreuz um „eine in der objektivseitigen Brennebene des Okulars eines Fernrohrs oder Mikroskops angebrachte Markierung in Form zweier rechtwinklig sich kreuzender Fäden oder in eine Glasplatte eingeätzter feiner Striche“ handelt, die „als Ziel- oder Einstellvorrichtung“ dienen. Vielleicht wollte der junge Mann lediglich zum Ausdruck bringen, dass es zum Betrachten einer Persönlichkeit deiner Größe eines Fernrohres bedarf. Als Dankeschön hat er jetzt Stadionverbot. Damit ist ihm vielleicht das, was ihm in seinem jungen Leben das wichtigste ist, genommen worden. Vermutlich unterstützt er schon seit Kindertagen seinen Verein und musste nicht erst, wie es von einem gewissen milliardenschweren Mäzen berichtet wird, durch die Region ziehen, um sich bei allerlei Klubs anzubiedern.
 
Würstchenstand die richtige Umgebung?
 
Denk doch einfach mal darüber nach, ob der Würstchenstand im Stadion wirklich die richtige Umgebung für dich ist, Ralf Zwanzigers Vater wird nie allen den Mund verbieten können. Aber bestimmt sind die alle nur neidisch auf deinen Erfolg. Den du ja eigentlich gar nicht wolltest, wie du im DSF-Doppelpass gesagt hast. Die Sponsoren der 'Metropolregion' wollten Bundesligafußball. Du bist ja quasi deren Opfer. Den Medien kannst du vielleicht was vormachen, den Fans nicht. Erfolg kannst du vielleicht kaufen, Respekt nicht.
 
Hasta la vista und viel Spaß in der Oper wünscht
dein Hermann

Online-Flyer Nr. 168  vom 15.10.2008

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