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Lokales
Neues Gutachten zum „Fluchhafen“ Essen/Mülheim
„Den Bock zum Gärtner gemacht“
Von Peter Kleinert

Eine „Einmalige Chance für die gesamte Region“ (im Original natürlich ohne Anführungsstriche) nannte die WAZ am 13. November per Schlagzeile ein Gutachten zum umstrittenen Essen-Mülheimer Flughafenausbau. Dass es sich bei dem Gutachter um einen „Partner der Interessengemeinschaft der Regionalflughäfen“ handelt, wie die oppositionelle MBI-Fraktion im Mülheimer Stadtrat weiß, stand nicht in dem Jubel-Artikel, über den sich vor allem der Unternehmer Theodor Wüllenkemper gefreut haben dürfte (siehe NRhZ 162 und 166).
Klophaus
Professor Richard Klophaus –
bekannt durch ähnliche
partnerschaftliche Gutachten
Quelle: www.umwelt-campus.de
„Die Weiterentwicklung des Flughafens Essen/Mülheim stellt für die gesamte Region eine einmalige wirtschaftliche Chance dar. Das ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Forschungsstude, die vom Zentrum für Recht und Wirtschaft des Luftverkehrs, Fachhochschule Trier, durchgeführt worden ist“, teilte die WAZ ihren Lesern mit. Verantwortlich dafür ist Professor Richard Klophaus, laut eigener Biografie unter www.umwelt-campus.de vier Jahre lang in „Fach- und Führungspositionen bei der Deutschen Lufthansa AG“. Die von ihm durch den Ausbau prognostizierte Steigerung der Zahl der Geschäftsflüge bis zum Jahr 2015 um etwa 5.000 würde „nur eine sehr geringfügige Mehrbelastung an Lärm“ mit sich bringen, sekundiert ihm Flughafenchef Rainer Eismann. Und IHK-Präsident Dirk Grünewald und Heinz Lison, laut WAZ „Sprecher der Mülheimer Wirtschaft“, fordern Kommunalpolitiker und Anwohner auf, endlich ihren Widerstand dagegen aufzugeben, denn mit der Entwicklung zum Geschäftsflughafen würden laut Gutachten bis 2015 an die 1500 „direkte und indirekte Arbeitsplätze“ entstehen.
 
Bezahlt von Clement-Spezi Brauser
 
Bezahlt wurde das Gutachten von der "Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr", deren Geschäftsführer Hans-Ludwig Brauser – so der Sprecher der Fraktion der Mülheimer BürgerInitiativen (MBI) Lothar Reinhard – „viele Jahre als Chef des kläglich gescheiterten "Projekt Ruhr" sehr viel Geld verbrauchte, was dem Ruhrgebiet aber nichts nützte“. Dazu gehörte die von der ThyssenKrupp AG und der Siemens AG ins Gespräch gebrachte  Metrorapid-Zugstrecke, für deren Planung Ministerpräsident Clement Brauser eingestellt habe. Anstatt das sündhaft teure "Projekt Ruhr" nach dem Scheitern des Metrorapid unter Clement-Nachfolger Peer Steinbrück aufzulösen, sei es noch Jahre ohne klar erkennbare Funktion weiter gelaufen. Reinhard: „Als es beim Regionalverband Ruhr 2006 um die Gründung einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft ging, gab es monatelangen schweren Zoff. Die SPD wollte mit aller Gewalt "Projekt Ruhr" vor der überfälligen Auflösung retten, CDU und Grüne waren dagegen. Schließlich fielen die Grünen um, und als politischen Kompromiss schenkte man Brauser die "Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr", die aber keine richtigen Kompetenzen besitzt, um z.B. das Ruhrgebiet endlich mehr zusammen zu schweißen. Und dieser Brauser bestellte nun ein Gutachten, das einseitig für die sattsam bekannten Minderheitspositionen aus Mülheim und gegen die eindeutige Essener Haltung zum Flughafenausbau Stellung bezieht.“
 
Wüllenkemper
Unternehmer Theodor Wüllenkemper –
braucht in Essen/Mülheim einen
Düsenflughafen
Quelle: www.wdl-luftschiff.de
Reinhard weiter: „Alles, was diese angeblich "wissenschaftliche Forschungsstudie" vorgibt, ist in dieser oder ähnlicher Form seit dem unseligen Mülheimer Geschäftsflughafenbeschluss 2001 per gekaufter Überläuferstimme bereits vielfach in Studien oder Gutachten oder Stellungnahmen litaneiartig wiederholt worden. Das macht es nicht richtiger, und wer die derzeitigen Riesenprobleme der Kleinflughäfen in NRW betrachtet, kann ahnen, dass diese Protagonisten irgendwie nicht mehr auf der Höhe der Zeit zu sein scheinen.“ Mit diesem Professor habe man „den Bock zum Gärtner gemacht“.
 
24-Stunden-Betriebsgenehmigung?
 
Ähnlich wie der MBI-Fraktionsvorsitzende beurteilt auch die Geschäftsführerin eines Mülheimer Unternehmens, Heike Loer, das Gutachten. Nach ihrer Kenntnis könne man das Resümee des "neutralen" Experten Klophaus schon in ähnlichen Veröffentlichungen nachlesen, so „in dem von ihm erstellten Positionspapier für die Interessengemeinschaft der Regionalflughäfen“ vom Februar 2007“ oder in den „wissenschaftlichen Forschungsstudien“ zu den Flughäfen Zweibrücken, Frankfurt-Hahn oder Kassel. Darin komme der langjährige Lufthansamitarbeiter, so Heike Loer, „stets zum gleichen Ergebnis: Ausbau, Ausbau, Ausbau!“ Ehrlicherweise sollte man den Bürgern Mülheims auch mitteilen, dass derselbe Gutachter „stets als wesentliches Qualitätsmerkmal und wichtige Rahmenbedingung für einen erfolgreichen Flughafenbetrieb "eine langfristig garantierte 24-Stunden-Betriebsgenehmigung" und "die Verlängerung der Start- und Landebahnen" fordert. Sie wüsste gern, ob diese Empfehlung eigentlich auch in diesem neuen Gutachten stehe. (PK)

Online-Flyer Nr. 173  vom 19.11.2008

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