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Aktueller Online-Flyer vom 24. November 2024  

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Lokales
Krise im Verband deutscher Schriftsteller Köln und NRW
Duldung eines Rechten
Von Eva Weissweiler

Wie weit darf „Meinungsfreiheit“ und Toleranz gegenüber Andersdenkenden gehen? Muß der Verband deutscher Schriftsteller (VS) in der Gewerkschaft ver.di als „Anwalt des freien Wortes“ auch Mitglieder dulden, die für die „Junge Freiheit“ schreiben und Thesen äußern, die als ausländerfeindlich, rassistisch und islamophob gelten könnten oder gar als Verharmlosung der NS-Geschichte?

„Junge Freiheit“-Autor Rolf Stolz
„Junge Freiheit“-Autor Rolf Stolz        
Quelle: www.rolfstolz.de
Diese Fragen haben den VS NRW und den VS Köln in eine schwere Krise gebracht. Zwei verdiente Mitglieder des Landesvorstandes sind bereits zurückgetreten. Der Unmut der verschiedenen Parteien wächst immer mehr. Nicht nur ausländische Mitglieder erwägen den Austritt und bleiben den Kölner Sitzungen erbittert fern. Es ist die Rede von der Diskussion über Rolf Stolz, die sich inzwischen zu einem „Fall Rolf Stolz“ ausgeweitet hat. Seine Vorgeschichte reicht zurück bis 1995:

„Ausländer“ niemals „Mitbürger“

 


Der diplomierte Psychologe und Autor von Büchern über den „Deutsche(n) Komplex“ und den „Vormarsch des Islam in Europa“, war damals von der Kölner Stadtrevue scharf attackiert worden, weil er den Begriff des „ausländischen Mitbürgers“ als „Widerspruch in sich“ definiert hatte. Ein „Ausländer“ könne hier niemals „Mitbürger“, sondern allenfalls „Gast“ sein, sofern er sich nicht als „Drogendealer, Zuhälter, Hütchenspieler (und) Zigarettenschmuggler“ betätige.
 
Als Rolf Stolz den VS als Bürgen für seine demokratische Grundhaltung anführte und ihn darum bat, ihn in seinem Rechtsstreit mit dem Stadtmagazin zu unterstützen, reagierten nicht nur ausländische Mitglieder empört. Nach langen, sehr heftig geführten Kontroversen, in denen sogar sein Ausschluss aus dem Verband gefordert wurde, nahm man ihm das Versprechen ab, den VS nicht mehr für seine Thesen zu benutzen.
 
„Wartburgfest“ und „Junge Freiheit“
 
Schon zwei Jahre später trat Rolf Stolz auf dem „Wartburgfest“ der als rechtsextrem einzustufenden „Deutschland-Bewegung“ mit der Behauptung auf, es gebe im VS „Ausländer, die gleich nach ihrem Beitritt ... erfolglos“ gefordert hätten, „daß dieser seinen unanständig-rassistischen Namen ändere, etwa in ‚Verband von Schriftstellerinnen in der Bundesrepublik Deutschland.‘“ Tatsächlich war damals ein solcher Antrag gestellt worden, allerdings nicht von „Ausländern“, sondern von dem inzwischen verstorbenen Kollegen Jens Hagen, der aber für seine Idee keine Mehrheit fand...
 
Rolf Stolz radikalisierte sich in den letzten Jahren immer mehr, ob in Reden vor den Burschenschaften „Thessalia“, „Germania“ und „Danubia“ oder als Autor der „Jungen Freiheit“, wo er als regelmäßiger Kolumnist auftritt.
 
„Scharia Germanistan“
 
Seine wichtigsten Thesen sind folgende: Nationale Kräfte von Rechts und Links müssten ein „deutsches Pantheon“ aufbauen, „eine Waffe im Kampf“ gegen alles Undeutsche. Deutschland müsse aufhören, sich in „pseudoreligiös verabsolutierten Schuldkomplex(en)“ der NS-Vergangenheit zuzuwenden. Es bedürfe des entschlossenen Vorgehens gegen das „Multikuli-Katastrophenmodell“ und die durch „Muftis und Mullahs“ vertretenen „Islamisten“, die aus Deutschland ein „Scharia Germanistan“ machen wollten, in dem „den“ Deutschen lediglich einige „Museumsdörfer“ zugedacht werden sollten. Unsere Gesellschaft sei dabei, sich zu „afrikanisieren“ und zu „orientalisieren“. Die „Ausländerghettos“ unserer Städte, deren Bewohner hier wie in Frankreich „kriminelles Pack“ seien, müssten „geräumt“ werden, sonst herrschten hier bald „albanische Ehrenkodexe“ und „polnische oder russische Ghetto-Maximen“.
 
Rolf Stolz ist ein strikter Gegner der doppelten Staatsbürgerschaft und verlangt die „ethnische Assimilierung“ der Migranten sowie Beschränkung der Zuwanderung auf Gruppen wie „Volksdeutsche“ und EU-Bürger. Wer seine „nationalrevolutionären“ Thesen ablehnt, ist „halbintellektueller Pöbel“, ein „politischer Kammerjäger“ und Erbe des nationalsozialistischen Antisemitismus, wobei es „Juden“ für Stolz eigentlich gar nicht gibt. Denn sie seien nie etwas anderes gewesen als ein „zu den... germanischen Stämmen hinzugekommener weiterer deutscher Stamm.“
 

Podium Islamkonferenz
Kritische Islamkonferenz – mit dem Kölner Moscheekritiker Ralph Giordano auf dem Podium (rechts) | Quelle: www.pi-news.net

Der Kölner „Jugendclub Courage“ zitiert Stolz als einen von drei rechten Kölner Publizisten. Die „Kritische Islamkonferenz“ lud ihn wegen seiner Artikel für die „Junge Freiheit“ aus. Politikwissenschaftler wie Christoph Butterwegge ordnen ihn einem geistigen Spektrum zu, dessen Wurzeln auf die völkischen Strömungen zurückgehen, die Hitler vor 1933 den Weg ebneten. Nur der Vorstand des Kölner VS, dessen Vorsitzende Margit Hähner auch dem Landesverband NRW vorsteht, heißt ihn nach wie vor als geschätztes Mitglied willkommen und verweigert jede kritische Diskussion seiner Texte, die von vielen Kollegen dringend gewünscht wird, nicht zuletzt übrigens auch von ihm selbst, der sich als „unabhängigen Linken“ jenseits der „verrotteten Altparteien“ versteht und um „faire Chance auf Gehör und Prüfung“ bittet.   

Schlichtweg das Wort verboten
 
Als der kritische Kölner Publizist Klaus Schmidt auf einer Mitgliederversammlung Stolz-Texte aus der „Jungen Freiheit“ zitieren wollte, wurde ihm schlichtweg das Wort verboten. Dabei fielen Ausdrücke wie „politische Hure“, ohne dass der Vorstand regulierend eingriff. Die vom Redakteur der Mitgliederzeitung „Kunst und Kultur“ mehrfach geäußerte Bitte um einen Artikel oder wenigstens eine Presse-Erklärung hat der Vorstand mit der Begründung zurückgewiesen, er werde nicht „gegen einen Kollegen zu Felde ziehen.“

„Zu Felde“ zieht er jedoch gegen mich, die Autorin dieses Textes, der in leicht gekürzter Form im Oktoberheft von „Kunst und Kultur“ in der Absicht, endlich eine Debatte anzustoßen, publiziert wurde. Ohne mir Gelegenheit zur Entgegnung zu geben, verabschiedete er am 12. November eine „Erklärung“, in der er mir „Verleumdung“ und „gewerkschaftsschädigendes“ Verhalten vorwarf. Dabei wurden weder der Name „Stolz“ noch der politische Anlass des Artikels mit einer Silbe erwähnt. Er weigert sich also erneut, politisch Position zu beziehen und verstärkt damit den unschönen Eindruck, daß er Rolf Stolz und seine Thesen nicht nur schätzt, sondern auch schützt.

Ein Vorstandsmitglied hat sich bereits in aller Form distanziert und ist zurückgetreten, um seine politische Glaubwürdigkeit nicht zu beschädigen. Die Unterdrückung einer kontroversen Debatte über den Rechtsextremismus eigener Mitglieder passt schlecht zu Schriftstellern in der Stadt Heinrich Bölls, die sich auf ihrer Verbandshomepage rühmen, offen für „alle“ politischen und sozialen Fragen zu sein. (PK) 

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Gegendarstellung zu dem Artikel von Eva Weissweiler „Krise im Verband Deutscher Schriftsteller Köln und NRW – „Duldung eines Rechten“, „Neue Rheinische Zeitung“, Online-Ausgabe vom 27. 11. 2008

1. E. Weißweiler bezichtigt mich - ohne Beweise vorzulegen – des Rechtsextremismus und behauptet, ich äußere Thesen, „die als ausländerfeindlich, rassistisch und islamophob gelten könnten oder gar als Verharmlosung der NS-Geschichte“. Ich habe als Mitbegründer und Mitglied der GRÜNEN mich stets gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit engagiert und für eine aktive Bekämpfung von Alt- und Neufaschisten eingesetzt. Meine Kritik am Islamismus und an einer reaktionären Koranauslegung ist nicht „islamophob“, sondern unterstützt Reformmuslime und wird von diesen unterstützt. Ich habe niemals irgendeinen negativen Satz über die Ausländer geschrieben, sondern stets deutlich gemacht, daß politische und unpolitische Kriminelle (also etwa Terrorunterstützer und Drogendealer), gegen die man mit rechtstaatlichen Mitteln vorgehen muß, nur eine kleine Minderheit unter den Ausländern ausmachen.
2. Ich habe den Begriff „ausländischer Mitbürger“ deshalb als Widerspruch in sich bezeichnet, weil Ausländer in keinem Land der Welt alle Bürgerrechte besitzen. Ich habe klar gefordert, daß Ausländern die Einbürgerung ermöglicht wird und diejenigen, die als Gast in Deutschland leben wollen, als Mitmensch mit allen Menschenrechten im Rahmen der demokratischen Rechtsordnung gesichert leben und arbeiten können.
3. Ich habe nie die Bewohner der Ausländerghettos als „kriminelles Pack“ bezeichnet. Ich habe lediglich Nicolas Sarkozy zugestimmt in seiner Kennzeichnung jener kleinen Tätergruppe, die Juden verprügelt, Kirchen, Schulen und Autos in Brand setzt.
4.    Ich habe nie  mit „Reden“ vor den Burschenschaften  diesen unbe-
zahlte verbale Unterstützung geleistet. Ich habe im Rahmen meiner publizistischen Tätigkeit vor Burschenschaften wie auch vor anderen politischen und sozialen Organisationen des demokratischen Spektrums gegen Honorar wissenschaftlich fundierte Vorträge gehalten.
5.    Ich   habe  nie  die  „ethnische    Assimilierung    der      Migranten“
verlangt.  Ich vertrete freiwillige Assimilation (also „Ähnlich-Werden“, weder Zwangsgermanisierung noch totale Angleichung) als Staatsziel für die Mehrheit der Zuwanderer. Ich habe  nie die Zuwanderung auf „Volksdeutsche“ und EU-Bürger begrenzen wollen, sondern z. B. die  Aufnahme von Asylbedürftigen oder russischen Juden entschieden verteidigt. Ebenso bin ich kein „Nationalrevolutionär“, sondern habe diese Richtung stets als sektiererisch und nationalistisch kritisiert.
6.    Ich habe 1997 auf dem Wartburg-Fest der  Deutschland-Bewegung
gesprochen - damals eine unzweifelhaft demokratische, von Alfred Mechtersheimer, dem ehemaligen grünen Bundestagsabgeordneten und Friedensforscher, kurz vorher gegründete Organisation. Ich habe (siehe Wikipedia) 1998 meine Zusammenarbeit mit Mechtersheimer (und damit auch mit der Deutschland-Bewegung) beendet  - wegen seiner plötzlich geäußerten Bereitschaft zu Absprachen mit „Republikanern“, DVU, NPD.
7.    Ich  habe nie zum „Kampf gegen alles Undeutsche“ aufgerufen oder
den denunziatorischen Begriff „Undeutsches“ benutzt.

Rolf Stolz

 

Online-Flyer Nr. 174  vom 26.11.2008

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