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Aktueller Online-Flyer vom 21. November 2024  

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Aktuelles
Arbeitsagentur Köln hilft Adecco beim Kündigen
Hiobsbotschaft zur Vor-Weihnachtszeit
Von Hans-Dieter Hey

„Adecco? Nie wieder!“ klagt ein Beschäftigter der Leiharbeitsfirma im Internet. Das wird nun für 379 Beschäftigte in Köln vielleicht schneller so sein, als ihnen lieb ist. Die Firma hatte bei der Kölner Arbeitsagentur durchgesetzt, dass sie einen Monat früher kündigen konnte, als dies normalerweise möglich gewesen wäre. Ein weiterer ARGE-Skandal zu Lasten der Gekündigten und des Steuerzahlers. 


Volle Taschen bei Adecco


Adecco Worldwide – für Köln nichts übrig?
Quelle: wikipedia – Common Licence
Mit rund 37.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 21 Milliarden Euro ist Adecco Weltmarktführer beim Verleihen von Menschen. 2006 wollte Adecco-Chef Klaus Jacobs der „Geschäftswelt als Vorbild dienen und sie zu mehr philanthropischem Denken anregen“. Aus diesem Anlass wollte er der Bremer Universität mal eben 200 Millionen Euro spenden. Mit großen Händen greift Adecco inzwischen nach dem Niederländischen Konkurrenten De Nederlanden Compagnie. Rund 1.200 Beschäftigte an Manövriermasse mehr. Dafür will man 56 Millionen Euro aufbringen. Den Griff nach dem britischen Dienstleister Michael Page hatte Adecco noch Mitte September aufgegeben, denn das hätte den Konzern nach unbestätigten Meldungen zwei Millarden Euro gekostet. Für derartige Überlegungen scheint also genug Geld da zu sein – nicht aber für die 379 Beschäftigten in Köln, die für die Ford-Werke arbeiten.

Trotz vollmundiger Sprüche des Konzerns („Zeitarbeit bringt Ihnen viele Vorteile...“) spüren viele Adecco-Beschäftigte nur noch Unverständnis und Zorn. Sie sprechen von Ausbeutung und "Menschen zweiter Klasse". Vergangenen Freitag, am 21. November hatten sich 250 von ihnen mit Vertretern der Gewerkschaft IG-Metall getroffen, um ihren Unmut zu äußern. Am 31. Oktober hatte Adecco bei der Arbeitsagentur einen Antrag auf Massenentlassung eingereicht. Nach den gesetzlichen Regelungen über die sogenannte „Regelsperrfrist“ hätten bis zum 30. November keine Kündigungen ausgesprochen werden dürfen. Durch Kungelei in der Arbeitsagentur Köln hatte Adecco die Verkürzung dieser Entlassungssperre auf Kosten der Beschäftigten auf den 29. November durchgesetzt, so dass schon zum 30. November gekündigt werden konnte anstatt erst zum 31. Dezember.

ARGE stimmt Verkürzung der Kündigung zu


Dr. Witich Roßmann
Quelle: IG-Metall
 Wer diese Vereinbarung zu Lasten des Steuerzahlers getroffen hat, darf die Öffentlichkeit nicht erfahren. Der erste Bevollmächtigte der IG-Metall, Dr. Witich Roßmann, am 19. November: „Adecco hat über einen nicht-öffentlichen Ausschuss der Arbeitsagentur Köln die Verkürzung durchgeboxt.“ Die Geheimsache kostet den Steuerzahler nun rund 400.000 Euro. Die staatlichen Normen zur Vermeidung von Massenentlassungen – so Witich Roßmann – seien in Deutschland gegenüber vielen anderen Ländern ausgesprochen dürftig. Die Arbeitsagentur beziehungsweise deren Ausschuss dürfe die Regelsperrfrist von einem Monat auf zwei Monate verlängern oder verkürzen. Offenbar hat die Kölner Arbeitsverwaltung das Interesse der Beschäftigten nicht genügend berücksichtigt, was gesetzlich jedoch vorgeschrieben ist. Hier hätte die Arbeitsverwaltung „einseitig und grundlos in Abweichung vom Regelverfahren zugunsten des Arbeitgebers Adecco gehandelt“, so die IG-Metall. Es sei nämlich das öffentliche Interesse, Arbeitslosigkeit zu verhindern und nicht soziale Konflikte in der Stadt zu verschärfen.


MDB Ulla Lötzer / DIE.LINKE
Quelle: Deutscher Bundestag
Ulla Lötzer, Mitglied des Deutschen Bundestages der Fraktion DIE.LINKE, bezeichnet deshalb die Zustimmung „des von Ratsfraktionen und Regierungspräsidium benannten Vertreters der Kölner Politik im zuständigen Gremium der Agentur für Arbeit“ zur Fristverkürzung als ausgemachten Skandal. Nun werde den Betroffenen und ihren Familien als Weihnachtsgeschenk der ihnen zustehende Lohn für Dezember genommen. In Köln gibt es rund 10.000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter. Sie würden nun „zunehmend Krisenopfer auf dem Kölner Arbeitsmarkt. Politik und Arbeitsagentur haben in Köln ein fatales Zeichen gesetzt und Adecco selbst das gesetzlich vorgeschriebene Minimum sozialer Verantwortung erlassen.“ DIE.LINKE rechne deshalb mit einer Zeitbombe für den Kölner Arbeitsmarkt und fordere dringend Gespräche mit konkreten Ergebnissen zur Absicherung gekündigter Kolleginnen und Kollegen.

Bleibt am Schluss der Sozialplan?

Der politische Hintergrund dieses Skandals stellt sich wie folgt dar: Liberalisierte Leiharbeit ohne Zeitbegrenzung war eine Agenda 2010-Idee der Regierung von Gerhard Schröder und sollte angeblich eine Brücke für Langzeiterwerbslose und Geringqualifizierte in den Arbeitsmarkt darstellen. Inzwischen fällt jedoch jeder dritte Job unter Leiharbeit. Es gibt sogar Unternehmen, die eigene Leiharbeitsfirmen gegründet haben, in denen bis zu 70 Prozent der gesamten Belegschaft arbeiten. Gefördert wurde dieses System besonders vom ehemaligen Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD), der sich inzwischen von seiner Partei verabschiedet hat, worüber dort merkwürdigerweise manche führende Genossen traurig sind. Lobby Control hierzu: „Ein besonders viel beschäftigter Mann ist Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Nachdem er als Minister tief greifende Arbeitsmarktreformen vorgenommen hatte, wechselte er nicht einmal ein Jahr nach Ende der rot-grünen Koalition in den Aufsichtsrat der Zeitarbeitsfirma ‚Deutsche Industrie Service AG’ (DIS AG). Als diese vom schweizerischen Konkurrenten Adecco übernommen worden war, wurde er zum Vorsitzenden der firmeneigenen Denkfabrik ‚Adecco Institut zur Erforschung der Arbeit’ berufen.“ Dort wollte sich der ehemalige Sozialdemokrat der „Neudefinition der Arbeit“ widmen.


Demnächst: Adecco kriegt die Krise | Quelle: Adecco-Werbung

Neudefinierte Arbeit gibt es für die Kolleginnen und Kollegen von Adecco einstweilen wohl nicht. Sie werden ihren Job verlieren. Allerdings hat die IG-Metall noch nicht aufgegeben und Adecco Gespräche angeboten. Vielleicht kommt dabei wenigstens noch ein Sozialplan heraus. (HDH)

Online-Flyer Nr. 174  vom 26.11.2008

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