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Arbeit und Soziales
Bundesregierung weiter erfolgreich auf Kurs gegen die Mehrheit
Immer mehr werden immer ärmer
Von Hans-Dieter Hey
Während beispielsweise im afrikanischen Ghana die Verletzung des Amtseides durch den Präsidenten strafrechtliche Folgen haben kann, ist der Amtseid in der Bananenrepublik Deutschland offenbar keinen Pfifferling wert. Als Angela Merkel 2005 die rechte Hand hob und schwor, den „Wohlstand des Deutschen Volkes zu mehren“, musste sie offenbar für die Wohlstandsmehrung an ein anderes Klientel gedacht haben. Und erst in diesen Tagen wurden mit dem sogenannten Konjunkturpaket II die sogenannten „Leistungsträger der Gesellschaft“ aufs Beste bedient, während Erwerbslose, Rentner, Kranke, Behinderte, prekär Beschäftigte oder Leiharbeitnehmer leer ausgingen. Einen gesetzlichen Mindestlohn, von dem man auch leben kann, gibt es bis heute nicht. Und diese Politik der Verarmung hat deutliche Folgen.
Immer mehr haben immer weniger
Foto: gesichter zei(ch/g)en
Das DIW (Institut der Deutschen Wirtschaft) wies in einer von der Hans-Böckler-Stiftung mitfinanzierten Studie darauf hin, dass die Ungleichheit der Vermögensverteilung in den letzten Jahren weiter zugenommen hat. Auf ein Hundertstel der Bevölkerung entfallen 25 Prozent des gesamten Vermögens in der Bundesrepublik. 10 Prozent der Bevölkerung besitzen inzwischen 61,1 Prozent des gesamten privaten Vermögens, im Jahre 2002 waren es noch 57,9 Prozent.
Mehrheit hat immer weniger in der Tasche
Die Mehrheit der Erwachsenen im Lande, nämlich 70 Prozent, verfügte im Jahr 2007 nur noch über 9 Prozent des gesamten Nettovermögens, 1,5 Prozent weniger als im Jahr 2002. Das haben Dr. Joachim R. Frick und Dr. Markus M. Grabka vom DIW herausgefunden, veröffentlicht in Böckler-Impuls 1/2009. Dem DIW zufolge verfügen 27 Prozent aller Erwachsenen über kein nennenswertes Vermögen oder haben sogar Schulden. Trotz des Wirtschaftsaufschwungs in den vorigen Jahren habe sich der Anteil gegenüber 2002 kaum verändert. Vor allem die Vermögensunterschiede zwischen Ost und West hätten sich zum Nachteil von Ostdeutschland deutlich verschlechtert.
Die Forscher gehen sogar noch weiter und rechnen damit, dass dieser Zustand weiter eskaliert und sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet. Diejenigen, die sich privat durch Geldanlagen und Aktien absichern wollten, hätten durch die Finanzkrise zum Teil herbe Verluste erlitten. Weit deutlicher seien aber jene von Armut betroffen, die arbeitslos waren und deren Vermögen aufgezehrt sei. Vor allem die von den meisten Medien als Erfolg gepriesenen Hartz-Reformen führten zu einer deutlichen Verarmung. Die Forscher Frick und Grabka vermuten, dass vor allem die Bezieher von Arbeitslosengeld II „zu einem stärkeren Entsparen im Falle von Arbeitslosigkeit beigetragen haben, da eigenes Vermögen zunächst weitgehend aufgezehrt werden muss, bevor diese staatliche Unterstützung in Anspruch genommen werden kann". So die Studie, die heute im DIW-Wochenbericht 4/2009 erschienen ist.
Diese Entwicklung führe dazu, dass das Risiko von Altersarmut weiter wachse. Verstärkt werde dies dadurch, dass auch die Rentner bei weiter sinkendem Rentenniveau auf ihre privaten Vermögen zurückgreifen müssten. Auch die Abgeltungssteuer und die reformierte Erbschaftssteuer seien nicht geeignet, Menschen mit geringem Vermögen besser zu stellen, sondern dies werde „zu einer weiteren Vermögenskonzentration führen und die ökonomische Ungleichheit in Deutschland weiter verstärken", so die Forscher. Es sei daher geboten, die Erbschaftssteuer zu überarbeiten, um wieder das "Prinzip der Chancengleichheit in Deutschland zu stärken“.
Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen
Ohne KFZ, Hausrat und Grund- und Boden belief sich das gesamte Nettovermögen privater Haushalte im Jahr 2007 auf ca. 8,055 Billionen Euro, dem ca. 1,4 Billionen Euro Schulden gegenüber standen. Netto also ca. 6,6. Theoretisch verfügte jeder Haushalt damit über 88.000 Euro Geldvermögen. Das ist nur ein Druchschnitt, der nichts über die Verteilung des Wohlstandes aussagt. Die Frage ist nämlich, wie die Trennung zwischen dem wohlhabenden Teil und dem ärmeren Teil der Bevölkerung aussieht. Der mittlere Wert (Median) macht dies deutlich.
Im Jahr 2007 lag dieser mittlere Wert bei 15.288 Euro und stieg damit gegenüber 2002 trotz Wirtschaftswachstum geringfügig um weniger als 300 Euro an. Dabei sei sogar noch zu berücksichtigen – so die Forscher – dass dieser Zuwachs weitgehend durch einen Zuwachs im Westen Deutschlands zustande kam. Der mittlere Wert sank im Osten Deutschlands – dem 1990 von CDU-Kanzler Kohl noch blühende Landschaften verkündet wurden – erheblich. Der Zuwachs betraf also vor allem die Reichen im Westen Deutschlands. So wuchs das durchschnittliche Nettovermögen im wohlhabendsten Teil der Bevölkerung von durchschnittlich 208.000 Euro auf gut 222.000 Euro. Das reichste erste Prozent der Bevölkerung besaß im Jahr 2002 im Durchschnitt ca. 743.000 Euro, im Jahr 2007 waren es schon 817.000 Euro.
Durchschnittsverdiener in der Armutsfalle
Es ist nichts Neues, dass die Forscher wieder erhebliche Unterschiede in den Vermögen zwischen der werktätigen Bevölkerung und Unternehmern herausgefunden haben. Selbständige und Unternehmer hatten das höchste durchschnittlicher Nettovermögen. Selbständige ohne Angestellte besaßen 2007 durchschnittlich rund 177.000 Euro, mit zehn und mehr Mitarbeitern schon bis zu 1,1 Millionen Euro. Ihr Vermögen stieg in diesem Zeitraum um bis zu 50.000 Euro an.
Danach folgen höhere Beamte oder Beschäftigte in Führungspositionen. Sie besitzen im Durchschnitt ein Nettovermögen von rund 140.000 Euro. In diesen Einkommensgruppen – darauf weisen die Forscher hin – gibt es die wenigsten Menschen, die kein Vermögen besitzen oder Schulden haben. Qualifizierte Beschäftigte oder kleinere Beamte besitzen zwischen 63.000 und 70.000 Euro auf der hohen Kante, während kleinere Angestellte und Arbeiter auf ungefähr 35.000 bis 45.000 Euro kommen.
Aber der Teil der Menschen ohne jegliches Vermögen wuchs in den letzten Jahren deutlich an. Unter den Arbeitslosen waren dies im Jahr 2002 ca. 41 Prozent, die überhaupt nichts besaßen, im Jahr 2007 stieg diese Zahl auf 49 Prozent. Erneut mussten auch Erwerbstätige trotz Tarifsteigerungen Nettoeinbußen hinnehmen. Nicht nur die kleinen und mittleren Beschäftigten und Beamten erhielten im Jahr 2007 weniger, vor allem Erwerbslose hatten rund 13 Prozent oder 7.400 Euro weniger als im Jahr 2002, so die Untersuchung der Berliner Wissenschaftler.
Deutlich zurück gingen die Geldvermögen von 30 Prozent der Beschäftigten mit den niedrigsten Einkommen. Wer 2002 nur durchschnittlich verdiente, hatte nicht mehr als 2007. Nur die obersten zehn Prozent der Einkommenspyramide hatten bis 2007 ca. 60.000 Euro mehr als im Jahr 2002.
Zu dieser Negativentwicklung – so die Forscher des DIW – habe vor allem die hohe Arbeitslosigkeit beigetragen. In der Altersgruppe zwischen 35 und 65 Jahren seien die durchschnittlichen Vermögen um mehr als zehn Prozent gesunken. Dieser Schwund sei „auch sozialpolitisch besorgniserregend", warnen Frick und Grabka. Ihnen drohe ohne eigenes Vermögenspolster Altersarmut. Doch die gewünschten Vermögenspolster dürften, wenn die Politik Angela Merkels so fortgeführt wird, gar nicht erst angespart werden können. (HDH)
Online-Flyer Nr. 181 vom 21.01.2009
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Arbeit und Soziales
Bundesregierung weiter erfolgreich auf Kurs gegen die Mehrheit
Immer mehr werden immer ärmer
Von Hans-Dieter Hey
Während beispielsweise im afrikanischen Ghana die Verletzung des Amtseides durch den Präsidenten strafrechtliche Folgen haben kann, ist der Amtseid in der Bananenrepublik Deutschland offenbar keinen Pfifferling wert. Als Angela Merkel 2005 die rechte Hand hob und schwor, den „Wohlstand des Deutschen Volkes zu mehren“, musste sie offenbar für die Wohlstandsmehrung an ein anderes Klientel gedacht haben. Und erst in diesen Tagen wurden mit dem sogenannten Konjunkturpaket II die sogenannten „Leistungsträger der Gesellschaft“ aufs Beste bedient, während Erwerbslose, Rentner, Kranke, Behinderte, prekär Beschäftigte oder Leiharbeitnehmer leer ausgingen. Einen gesetzlichen Mindestlohn, von dem man auch leben kann, gibt es bis heute nicht. Und diese Politik der Verarmung hat deutliche Folgen.
Immer mehr haben immer weniger
Foto: gesichter zei(ch/g)en
Das DIW (Institut der Deutschen Wirtschaft) wies in einer von der Hans-Böckler-Stiftung mitfinanzierten Studie darauf hin, dass die Ungleichheit der Vermögensverteilung in den letzten Jahren weiter zugenommen hat. Auf ein Hundertstel der Bevölkerung entfallen 25 Prozent des gesamten Vermögens in der Bundesrepublik. 10 Prozent der Bevölkerung besitzen inzwischen 61,1 Prozent des gesamten privaten Vermögens, im Jahre 2002 waren es noch 57,9 Prozent.
Mehrheit hat immer weniger in der Tasche
Die Mehrheit der Erwachsenen im Lande, nämlich 70 Prozent, verfügte im Jahr 2007 nur noch über 9 Prozent des gesamten Nettovermögens, 1,5 Prozent weniger als im Jahr 2002. Das haben Dr. Joachim R. Frick und Dr. Markus M. Grabka vom DIW herausgefunden, veröffentlicht in Böckler-Impuls 1/2009. Dem DIW zufolge verfügen 27 Prozent aller Erwachsenen über kein nennenswertes Vermögen oder haben sogar Schulden. Trotz des Wirtschaftsaufschwungs in den vorigen Jahren habe sich der Anteil gegenüber 2002 kaum verändert. Vor allem die Vermögensunterschiede zwischen Ost und West hätten sich zum Nachteil von Ostdeutschland deutlich verschlechtert.
Die Forscher gehen sogar noch weiter und rechnen damit, dass dieser Zustand weiter eskaliert und sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet. Diejenigen, die sich privat durch Geldanlagen und Aktien absichern wollten, hätten durch die Finanzkrise zum Teil herbe Verluste erlitten. Weit deutlicher seien aber jene von Armut betroffen, die arbeitslos waren und deren Vermögen aufgezehrt sei. Vor allem die von den meisten Medien als Erfolg gepriesenen Hartz-Reformen führten zu einer deutlichen Verarmung. Die Forscher Frick und Grabka vermuten, dass vor allem die Bezieher von Arbeitslosengeld II „zu einem stärkeren Entsparen im Falle von Arbeitslosigkeit beigetragen haben, da eigenes Vermögen zunächst weitgehend aufgezehrt werden muss, bevor diese staatliche Unterstützung in Anspruch genommen werden kann". So die Studie, die heute im DIW-Wochenbericht 4/2009 erschienen ist.
Diese Entwicklung führe dazu, dass das Risiko von Altersarmut weiter wachse. Verstärkt werde dies dadurch, dass auch die Rentner bei weiter sinkendem Rentenniveau auf ihre privaten Vermögen zurückgreifen müssten. Auch die Abgeltungssteuer und die reformierte Erbschaftssteuer seien nicht geeignet, Menschen mit geringem Vermögen besser zu stellen, sondern dies werde „zu einer weiteren Vermögenskonzentration führen und die ökonomische Ungleichheit in Deutschland weiter verstärken", so die Forscher. Es sei daher geboten, die Erbschaftssteuer zu überarbeiten, um wieder das "Prinzip der Chancengleichheit in Deutschland zu stärken“.
Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen
Ohne KFZ, Hausrat und Grund- und Boden belief sich das gesamte Nettovermögen privater Haushalte im Jahr 2007 auf ca. 8,055 Billionen Euro, dem ca. 1,4 Billionen Euro Schulden gegenüber standen. Netto also ca. 6,6. Theoretisch verfügte jeder Haushalt damit über 88.000 Euro Geldvermögen. Das ist nur ein Druchschnitt, der nichts über die Verteilung des Wohlstandes aussagt. Die Frage ist nämlich, wie die Trennung zwischen dem wohlhabenden Teil und dem ärmeren Teil der Bevölkerung aussieht. Der mittlere Wert (Median) macht dies deutlich.
Im Jahr 2007 lag dieser mittlere Wert bei 15.288 Euro und stieg damit gegenüber 2002 trotz Wirtschaftswachstum geringfügig um weniger als 300 Euro an. Dabei sei sogar noch zu berücksichtigen – so die Forscher – dass dieser Zuwachs weitgehend durch einen Zuwachs im Westen Deutschlands zustande kam. Der mittlere Wert sank im Osten Deutschlands – dem 1990 von CDU-Kanzler Kohl noch blühende Landschaften verkündet wurden – erheblich. Der Zuwachs betraf also vor allem die Reichen im Westen Deutschlands. So wuchs das durchschnittliche Nettovermögen im wohlhabendsten Teil der Bevölkerung von durchschnittlich 208.000 Euro auf gut 222.000 Euro. Das reichste erste Prozent der Bevölkerung besaß im Jahr 2002 im Durchschnitt ca. 743.000 Euro, im Jahr 2007 waren es schon 817.000 Euro.
Durchschnittsverdiener in der Armutsfalle
Es ist nichts Neues, dass die Forscher wieder erhebliche Unterschiede in den Vermögen zwischen der werktätigen Bevölkerung und Unternehmern herausgefunden haben. Selbständige und Unternehmer hatten das höchste durchschnittlicher Nettovermögen. Selbständige ohne Angestellte besaßen 2007 durchschnittlich rund 177.000 Euro, mit zehn und mehr Mitarbeitern schon bis zu 1,1 Millionen Euro. Ihr Vermögen stieg in diesem Zeitraum um bis zu 50.000 Euro an.
Danach folgen höhere Beamte oder Beschäftigte in Führungspositionen. Sie besitzen im Durchschnitt ein Nettovermögen von rund 140.000 Euro. In diesen Einkommensgruppen – darauf weisen die Forscher hin – gibt es die wenigsten Menschen, die kein Vermögen besitzen oder Schulden haben. Qualifizierte Beschäftigte oder kleinere Beamte besitzen zwischen 63.000 und 70.000 Euro auf der hohen Kante, während kleinere Angestellte und Arbeiter auf ungefähr 35.000 bis 45.000 Euro kommen.
Aber der Teil der Menschen ohne jegliches Vermögen wuchs in den letzten Jahren deutlich an. Unter den Arbeitslosen waren dies im Jahr 2002 ca. 41 Prozent, die überhaupt nichts besaßen, im Jahr 2007 stieg diese Zahl auf 49 Prozent. Erneut mussten auch Erwerbstätige trotz Tarifsteigerungen Nettoeinbußen hinnehmen. Nicht nur die kleinen und mittleren Beschäftigten und Beamten erhielten im Jahr 2007 weniger, vor allem Erwerbslose hatten rund 13 Prozent oder 7.400 Euro weniger als im Jahr 2002, so die Untersuchung der Berliner Wissenschaftler.
Deutlich zurück gingen die Geldvermögen von 30 Prozent der Beschäftigten mit den niedrigsten Einkommen. Wer 2002 nur durchschnittlich verdiente, hatte nicht mehr als 2007. Nur die obersten zehn Prozent der Einkommenspyramide hatten bis 2007 ca. 60.000 Euro mehr als im Jahr 2002.
Zu dieser Negativentwicklung – so die Forscher des DIW – habe vor allem die hohe Arbeitslosigkeit beigetragen. In der Altersgruppe zwischen 35 und 65 Jahren seien die durchschnittlichen Vermögen um mehr als zehn Prozent gesunken. Dieser Schwund sei „auch sozialpolitisch besorgniserregend", warnen Frick und Grabka. Ihnen drohe ohne eigenes Vermögenspolster Altersarmut. Doch die gewünschten Vermögenspolster dürften, wenn die Politik Angela Merkels so fortgeführt wird, gar nicht erst angespart werden können. (HDH)
Online-Flyer Nr. 181 vom 21.01.2009
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