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Lokales
Wir sollen für eure Krise Zahlen?
„Dagegen wehren wir uns!“
Von Hans-Dieter Hey

Noch immer scheint das volle Ausmaß der Wirtschaftskrise in manchen deutschen Köpfen nicht richtig angekommen zu sein. Dabei greift die Politik – ohne nennenswerten Erfolg – längst tief in die Taschen der Steuerzahler, um die von ihr mitverursachten Probleme zu lösen. Vergangenen Samstag begannen in der Alten Feuerwache Köln Vorbereitungen, diese Politik nicht mehr hinzunehmen. Attac, andere Nichtregierungs-Organisationen und die Partei DIE.LINKE wollen am 28.3. in Berlin und Frankfurt dagegen protestieren.

Die weltweite Wirtschaftskrise ist nicht – wie viele meinen – Gotteswerk oder vom Himmel gefallen, sondern Ergebnis falschen ökonomischen Handelns völlig außer Kontrolle geratener Marktteilnehmer, das unzweifelhaft im Kapitalismus bzw. Neoliberalismus zu verorten ist. Dass dies möglich war, war die Folge der Politik des „mehr vom Alten“ über viele Jahrzehnte – von Helmut Kohl über Gerhard Schröder bis zu Angela Merkel. Sie alle haben die Weichen dafür gestellt – auch auf internationaler Ebene. Infolge dieser seit dem Jahr 1929 schwersten Wirtschaftskrise, die von den meisten Medien immer noch verharmlost wird, bekommen allerdings auch immer mehr Menschen die Folgen zu spüren.

Konservative Politik ohne Perspektiven

Steigende Arbeitslosigkeit, zunehmende Kurzarbeit, verlorene Häuser, sinkende Löhne, steigende Preise oder Obdachlosigkeit machen das ganze Ausmaß deutlich. Bis zur Bundestagswahl im Oktober wird man deshalb noch reichlich Tünche über die Probleme schütten und medial Zuversicht streuen. Doch Diskussionen über eine vorgezogene Bundestagswahl zeigen die Nervosität einiger „Berufspolitiker“ – vor allem der ewig Gestrigen aus dem neoliberalen Lager –, die fürchten, die Krisendiskussion bei den Wahlen politisch nicht zu überleben, was allerdings die richtige Konsequenz aus ihrem Versagen sein könnte.


Scheint sich wohl dem Irrsinn zu nähern ....

Inzwischen haben die Vertreter des Neoliberalismus eine deutliche Legitimationskrise. Thies Gleis, Mitglied des Parteivorstandes DIE.LINKE und des Forums „Kölner GewerkschafterInnen mit Biss“ erkennt die Krise als Normalfall: „Die jetzige Krise ist die Normalität, die seit einigen hundert Jahren unsere Gesellschaften beherrscht. Es ist unsere Aufgabe, das aufzuzeigen.“ Sie bedeute für die Menschen die permanente Unsicherheit des „hire and fire“. Wenn das klar werde, würden „Massen von Menschen sagen: Ich bin nicht mehr bereit, Eure Normalität zu akzeptieren“, vor allem, wenn das „normale Leben mehr gefürchtet wird, anstatt dass man sich wehren würde“.

Doch dass alles im Wesentlichen so weitergehen soll wie bisher, zeigt Kanzlerin Angela Merkel, die genau die Personen aus der Wirtschaft zur Problemlösung an den Tisch geholt hatte, die die Verantwortung für das Desaster mittragen. Und das bedeutet: Nachdem in guten wirtschaftlichen Zeiten die Gewinne der Unternehmen durch Bürgerinnen und Bürger finanziert wurden, sollen in Krisenzeiten in gleicher Weise die Verluste durch die Steuerzahler getragen werden. „Die machen einfach weiter“ – klagt die Gewerkschaftszeitung Publik von ver.di in diesem März deshalb auch. „Sie haben uns in die Krise geritten, haben Milliarden verspielt – und heute reden sie schon wieder mit. Aber keiner hat sie gewählt.“ Vom Verursachungsprinzip also kein Spur. Josef Ackermann und Konsorten können also dank schwarz-roter Regierung ruhig schlafen.

Für Claus Ludwig von der Kölner Ratsfraktion DIE.LINKE ist deshalb klar: „Der Kapitalismus ist nicht am Ende, weil er immer, wenn er nicht gestürzt wird, Auswege findet. Aber diese Auswege sind nicht schön: Es wird verstärkte Konkurrenz zwischen Unternehmen und Staaten und es wird weitere Verarmung geben. Es wird Kriege bedeuten und auch den Fortgang der ökologischen Zerstörung, und zwar ungeachtet, ob es sich um einen Aufschwung oder einen Abschwung handelt“.


Wer gratis mitfahren will: einfach Trampen.
Fotos: gesichter zei(ch/g)en

„Dagegen wehren wir uns!“

- heißt es deshalb im Aufruf zu den Demonstrationen am 28.3. in Berlin und Frankfurt. Die Zahl derer, die diese Politik der Entsolidarisierung der Bevölkerung und des Krisenmanagements nicht mehr mittragen wollen, wächst nämlich deutlich. Sie fordern die längst überfällige solidarische Gesellschaft und dass diese endlich auf eine demokratische Basis gestellt wird, in der die Macht nicht mehr den Herrschenden überlassen wird. Die Überlebensrechte und Lebensperspektiven der Menschen sollen nicht mehr der Knechtschaft des Marktes überlassen werden, denn diese Krise wird nicht die letzte sein. Es steht weit mehr auf der Tagesordnung. Die Krise betrifft nicht nur die wohlhabenden Staaten. Die Beschleunigung des Klimawandels, Rohstoff-Kriege, Hungerrevolten, Finanzmarkt-Crash und Rezession machen diese Weltkrise aus.



Attac-Trailer zum Mitmachen | Quelle: you tube

Offenbar haben wir als Exportland auch verkannt, dass wir nicht ohne die Länder der übrigen Welt leben können. Doch wir sind für das Desaster mitverantwortlich. „Ausgehend von den Industrieländern wird auch der globale Süden hart getroffen, weil noch weniger Mittel für Klimaschutz und Entwicklung bleiben, und weil die globale Konkurrenz um Märkte und Profit noch brutaler zu werden droht. Millionen Menschen verlieren ihre Arbeit, ihre Wohnungen und ihre Lebensperspektiven“ – heißt es in dem Aufruf von attac.

Deshalb machen sie sich für ein anderes Wirtschaftssystem stark, eines „...das Mensch und Natur dient; das auf den Prinzipien globaler Solidarität, ökologischer Nachhaltigkeit und demokratischer Kontrolle aufbaut. Dazu gehört, dass Bildung, Gesundheit, Alterssicherung, Kultur und Mobilität, Energie, Wasser und Infrastruktur nicht als Waren behandelt werden, sondern als gesellschaftliche Leistungen, die allen Menschen zur Verfügung stehen müssen“ – so der Aufruf.

Reiner Schmidt von der Interventionistischen Linken in Köln sieht Hoffnung für den 28.3. in Berlin und Frankfurt. Es gäbe jetzt endlich ein „Zeitfenster, und da müssen wir jetzt reinhauen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.“ Alle möglichen persönlichen Vorhaben solle man für die Aktion zurückstellen, um Erfolg zu erzielen. (HDH)

Termine:

Am 28. April in Berlin und Frankfurt: „Wir zahlen nicht für eure Krise!


Am 3. und 4. April beim NATO-Jubiläum in Straßburg/Baden-Baden gegen Krise und Krieg.

Am 1. Mai bei den Kundgebungen und Maidemonstrationen

Am 16. Mai bundesweite Demonstration des EGB/DGB in Berlin

Vom 15. bis 19. Juni in der bundesweiten Aktionswoche Bildungsstreik




Online-Flyer Nr. 190  vom 25.03.2009

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